Rätselraten: Wer wird Schäubles Nachfolger?

Übergabe des Tätigkeitsberichts des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit an den Bundestag. Foto: epa/Christian Marquardt
Übergabe des Tätigkeitsberichts des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit an den Bundestag. Foto: epa/Christian Marquardt

BERLIN: In Deutschland steht nach der Bundestagswahl vom September die Besetzung des ersten politischen Spitzenpostens an. Am nächsten Dienstag wählt der neue Bundestag bei seiner Konstituierung den Parlamentspräsidenten. Um die Besetzung gibt es Kontroversen.

Es geht um die Nachfolge von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), der den Vorsitz im Hohen Hause nach der Wahlschlappe der Christdemokraten nicht weiter ausüben kann. Dieser steht traditionell der stärksten Fraktion zu, dass wären nun die Sozialdemokraten. Letztere geraten nun unter Druck, dafür eine Frau zu nominieren.

Entsprechend äußerte sich die Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, Beate von Miquel. «Es ist unglaubwürdig, dass ausgerechnet die Partei, die in ihrem Wahlprogramm ein «Jahrzehnt der Gleichstellung» einfordert, jetzt offenbar überwiegend Männer in die höchsten Staatsämter schicken will», sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Ähnlich hatte sich am Montag bereits die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen geäußert. Zuvor hatte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans den bisherigen Chef der Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, für das Amt ins Spiel gebracht.

Damit wären jedoch mit dem möglichen Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nicht nur die ranghöchsten politischen Posten allesamt mit Männern besetzt. Mit dem Bundesratspräsident und dem Präsidenten des Verfassungsgerichts wären alle Verfassungsorgane des Bundes männlich geführt.

«Mit Blick auf eine männliche Doppelspitze in Kanzler- und Bundespräsidialamt sollte die SPD dringend eine Frau für das Amt der Bundestagspräsidentin und eine weitere für den Fraktionsvorsitz nominieren, um Parität zu wahren», verlangte von Miquel.

Die Zeit drängt, aber die Sozialdemokraten haben ein Personalproblem. Unter den erfahrenen Fraktionsmitgliedern drängt sich keine Frau für den Posten auf. Zwar hat die SPD-Fraktion mit 42 Prozent eine vergleichsweise hohe Frauenquote - viele der Parlamentarierinnen sind aber noch jung oder gar gerade erst ins Parlament eingezogen.

Findet die SPD keine weibliche Bundestagspräsidentin könnte sich das auf die Besetzung der anderen Verfassungsorgane und auch auf die Koalitionsverhandlungen auswirken. Schon länger wird spekuliert, Steinmeier müsste dann womöglich auf eine zweite Amtszeit als Bundespräsident verzichten.

Ins höchste Staatsamt könnte im kommenden Frühjahr etwa die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt gewählt werden. Das wiederum könnte Auswirkungen auf die Ansprüche der Grünen bei der Verteilung der Ministerien in den Koalitionsverhandlungen haben.

SPD, Grüne und Liberale (FDP) hatten sich nach gemeinsamen Sondierungen Ende voriger Woche geeinigt, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Diese sollen am Donnerstagnachmittag beginnen. Die Wahl des Bundeskanzlers durch den Bundestag und die Vereidigung der neuen Regierung sollen in jedem Fall vor Weihnachten abgeschlossen werden.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Ingo Kerp 20.10.21 14:10
Laschet hatte von Erneuerung und Modernisierung gesprochen, sollte er Kanzler weren. Der 79jährige Schäuble hatte sich im Zuge dessen weiterhin als Bundestagspräsident gesehen. So wäre Erneuerung bei der CDU verstanden worden.