Putin trifft Mütter toter Soldaten

Nato erschüttert über Angriffe

Russischer Präsident Putin trifft sich in Moskau mit Müttern von Militärangehörigen. Foto: epa/Alexander Shcherbak
Russischer Präsident Putin trifft sich in Moskau mit Müttern von Militärangehörigen. Foto: epa/Alexander Shcherbak

MOSKAU: Russlands Präsident Putin hat den Müttern toter Soldaten kondoliert. Doch bei dem sorgfältig orchestrierten Treffen bleibt es nicht nur bei Beileidsbekundungen. Putin lässt sich auch über vermeintlichen Gender-Wahn aus.

Mehr als neun Monate nach dem Beginn des von ihm angeordneten Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Kremlchef Wladimir Putin Mütter getöteter sowie derzeit kämpfender Soldaten getroffen. Staatliche russische Medien veröffentlichten am Freitag ein kurzes Video, das zeigt, wie Putin mehr als ein Dutzend ausgewählter Frauen in seiner Residenz in Nowo-Ogarjowo bei Moskau empfängt und ihnen Kaffeetässchen reicht.

«Ich möchte, dass Sie wissen, dass wir diesen Schmerz mit Ihnen teilen, und dass wir natürlich alles dafür tun werden, damit Sie sich nicht vergessen fühlen», sagte Putin bei dem Treffen an die Familien der Getöteten gerichtet. «Wir tun alles uns Mögliche dafür, dass Sie eine Schulter an Ihrer Seite spüren.»

Den offiziellen Angaben zufolge waren 17 Frauen aus verschiedenen russischen Regionen sowie aus völkerrechtswidrig von Moskau annektierten Gebieten der Ostukraine angereist. Aus Putins Ansprache ging hervor, dass unter ihnen auch Mütter von Männern waren, die derzeit im Nachbarland kämpfen. Oppositionelle Medien verwiesen darauf, dass vor allem Vertreterinnen Kreml-naher Organisationen eingeladen worden seien.

Der Mutter eines bereits 2019 in der Ostukraine getöteten Soldaten sagte Putin, dieser habe gewusst, wofür er sein Leben gegeben habe. In Russland gebe es jährlich etwa 30.000 Verkehrstote und ebenso viele Tote durch Alkohol. «Wichtig ist, dass wir alle sterblich sind, dass wir in Gottes Hand sind und irgendwann aus dieser Welt scheiden. Die Frage ist, wie wir gelebt haben», zitierte die Agentur Tass den Kremlchef. «Und ihr Sohn hat gelebt. Er hat sein Ziel erreicht.»

Angesichts militärischer Niederlagen sind auf Putins Befehl seit Ende September rund 300.000 Reservisten für die Kämpfe in der Ukraine eingezogen worden. Die Teilmobilmachung erwies sich als äußerst unpopuläre Maßnahme und löste in Russland eine regelrechte Massenflucht sowie die größten Anti-Kriegs-Proteste seit Monaten aus. Organisiert wurden die Demonstrationen oft von Frauen.

Kritiker beklagen, dass der Kreml schlecht ausgebildete Männer in einem aussichtslosen Krieg als Kanonenfutter verheize. Zudem häuften sich in den vergangenen Wochen Berichte über völlig unzureichend ausgerüstete Rekruten. Aktuellen Einschätzungen britischer Geheimdienste zufolge ist eine hohe Zahl der eingezogenen russischen Reservisten bereits in der Ukraine gefallen.

Putin erneuerte bei dem Treffen seine Kritik am Westen und an der angeblich dort vorherrschenden Gender-Ideologie. «An vielen Orten weiß man schon nicht mehr, was Mama bedeutet.» Dort gebe es «Elternteil 1 und Elternteil 2», die verschiedenen Gender würden nach Dutzenden gezählt, behauptete der 70-Jährige.

«Nach dem Zerfall der Sowjetunion schien es vielen von uns, dass nun das süße Leben beginnt, dass wir leben werden wie in Paris.» Doch nun wollten viele in Russland schon nicht mehr leben wie in Paris, denn die russische Kultur sei eine andere, sagte Putin.

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Jürgen Franke 27.11.22 18:00
Herr Kostag, leider konnte ich Ihrem Kommentar
keine Antwort auf meine präzis gestellte Frage entnehmen.
Klaus-Peter Kostag 27.11.22 12:07
Lieber Herr Franke!
In der Schule musste ich zur Strafe hundert mal in Schönschrift abliefern:
"Der Geist ist machtlos, wenn die Macht geistlos ist"
Täglich lese ich im Web und sehe bei YOUTUBE Andrej Martyanow, Douglas McGregor, Scott Ritter, Pepe Escobar den Andrej VINEYARDSAKER in/aus Island, Alexander Mercouris zu den Auswirkungen jenes Hundertsatzes. Herr Mercouris, englischer Grieche oder griechischer Engländer zerlegte bei YOUTUBE mitleidslos Herrn Put - ler den russischen und da gerät man blitzeschnelle von Fakten, Fakten, Fakten zu Meinung, Meinung, Meinung. Und dass die meine voll und ganz unsere DOITSCHE Regierungsmeinung reflektiert, könnte vielleicht auch die Ihre in Freiheit bleibend beflügeln helfen. Oder?
Jürgen Franke 26.11.22 18:10
Herr Kostag, leider kann ich das meinem
Vater nun nicht mehr sagen, was Ihrer Meinung nach Soldaten waren, die in einen Krieg geschickt wurden. Ich überlasse es anderen Kommentatoren, Ihre etwas eigenwillige Aussage zu bewerten.
Peter Brechbühl 26.11.22 16:23
Unabhängige Medien
Herr Kerb Sie kennen unabhängige Medien ???
Wäre für Beispiele sehr dankbar :-)
Klaus-Peter Kostag 26.11.22 15:50
Lieber Herr Kerp,
Eine Farce, also eine Sache, die als wichtig dargestellt wird, im Verhältnis zu diesem Anspruch aber lächerlich wirkt, das hat der Herr Putin nun mal so drauf. Lächerlich, bei Verlust eines einzigen Sohnes so Dinge wie den Müttern angeblich wichtig Beileidserklärungen/Zuspruch/gesellschaftliche Fürsorge vorzugaukeln und zu erklären, dass er sich genauso betroffen fühlen würde.

Und überhaupt eine Auswahl zu treffen, Einladungen zu versenden verstößt schon mal prinzipiell gegen jedwede Chancengleichheit.

Was man auch nicht vergessen darf, diese toten Söhne waren sämtlich VÖLKERRECHTSBRECHER. Hier bei uns in unserem großartigen Deutschland wäre also der Herr Putin, der das öffentlich gutheißt, gemäß § 130, Volksverhetzung schon bis zu drei Jahre im Gefängnis, oder? Also die Frauen sollten sich vielleicht schämen, solche Verbrecher an ihrer eigen Brust großgezogen zu haben? Habe ich Sie also richtig verstanden, lieber Herr Kerp?
Urs Widmer 26.11.22 15:40
Diese inszenierte Show ist an Zynismus kaum zu überbieten.
Ingo Kerp 26.11.22 13:40
Unabhängige Medien ließen inzwischen erkennen, das dieses Treffen eine Farce war. Die Frauen waren handverlesene Politikerinnen und Frauen von regimenahen Organisationen.