Prozess um Wuppertaler «Scharia-Polizei» wird neu verhandelt

Ein Mann schaut auf die Berichterstattung über die «Scharia-Polizei» im Internet. Foto: Oliver Berg/Dpa
Ein Mann schaut auf die Berichterstattung über die «Scharia-Polizei» im Internet. Foto: Oliver Berg/Dpa

WUPPERTAL (dpa) - War das Tragen von Warnwesten mit dem Aufdruck «Shariah Police» strafbar oder nicht? Vor fünf Jahren patrouillierten Islamisten so durch Wuppertal. Vom Landgericht wurden sie freigesprochen, doch nun beginnt die vom Bundesgerichtshof angeordnete Neuauflage.

Die Empörung über die selbst ernannte «Scharia-Polizei» in Wuppertal war groß. Vor fünf Jahren zogen Islamisten in Warnwesten mit der Aufschrift «Shariah Police» durch die nordrhein-westfälische Stadt. Damals kursierten gelbe Flyer mit der Aufschrift «Shariah Controlled Zone» (Scharia-kontrollierte Zone).

Sieben Angeklagte landeten danach vor Gericht - wegen Verstoßes gegen das Uniformverbot oder Beihilfe dazu - und wurden im November 2016 freigesprochen. «Ein Gesetz, das hier gegriffen hätte, gibt es nicht», hatte der Vorsitzende Richter des Landgerichts gesagt.

Doch der Bundesgerichtshof hob die Freisprüche des Landgerichts auf und verwies den Fall zur Neuverhandlung an das Landgericht zurück. Die beginnt an diesem Montagmorgen. Vier Verhandlungstage hat das Landgericht angesetzt.

Als entscheidenden Mangel rügte der BGH, dass das Gericht darauf abgehoben hatte, dass sich keiner der Zeugen des Geschehens eingeschüchtert gefühlt hatte und einer den Auftritt sogar mit einem feuchtfröhlichen Junggesellenabschied verwechselte. Es genüge, wenn die Aktion grundsätzlich dazu geeignet gewesen sei, Muslime einzuschüchtern, so der BGH.

Warnwesten würden in der Dunkelheit von verschiedenen Gruppen getragen, etwa von Gewerkschaftern, hatten die Verteidiger argumentiert. Die Islamisten hatten ihren Auftritt selbst gefilmt und ins Internet gestellt.

Auf den Flyern in Wuppertal hatten die Beschuldigten Verhaltensregeln der radikalen Muslime festgehalten: Kein Alkohol, kein Glücksspiel, keine Musik und Konzerte, keine Pornografie und Prostitution, keine Drogen. Dabei beriefen sie sich auf die Scharia, das islamische Recht. Vertreter von Bundes- und Landesregierung hatten dafür die Härte des Gesetzes eingefordert.

Am zweiten Tag des neu aufgelegten Prozesses soll kommenden Freitag ein prominenter einstiger Islamistenführer als Zeuge aussagen: Sven L. gilt als Initiator der Patrouille, doch dieses Verfahren war wegen des schwerwiegenderen Vorwurfs der Terrorhilfe eingestellt worden. Von seiner Strafe von fünfeinhalb Jahren Haft hat Sven L. inzwischen zwei Drittel abgesessen, das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte vergangene Woche seine Freilassung beschlossen.

Seinen einstigen Gefolgsleuten drohen maximal zwei Jahre Freiheitsstrafe. Die Männer waren im September 2014 nachts durch die Wuppertaler Innenstadt gezogen.

Initiator Sven L. war, als die Aktion Wellen schlug, zurückgerudert: «Der Name war vielleicht sehr provokant. Vielleicht war es auch ein Fehler von uns», sagte er damals in einer Video-Botschaft. Polizisten hatten die Gruppe damals angesprochen. Ihre Westen durften sie behalten.

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