Prozess gegen Ex-KZ-Sekretärin: Haftbefehl gegen flüchtige Angeklagte

Besucher gehen am Eingang des Stutthof Museums in Sztutowo (Polen) vorbei, in dem an die Verbrechen im ehemaligen deutschen Konzentrationslager Stutthof erinnert wird. Foto: Piotr Wittman/Pap/dpa
Besucher gehen am Eingang des Stutthof Museums in Sztutowo (Polen) vorbei, in dem an die Verbrechen im ehemaligen deutschen Konzentrationslager Stutthof erinnert wird. Foto: Piotr Wittman/Pap/dpa

ITZEHOE: Im womöglich letzten NS-Prozess in Deutschland sollte am Donnerstag die Hauptverhandlung beginnen. Doch die 96 Jahre alte Angeklagte taucht unter. Das Landgericht Itzehoe schickt die Polizei los.

In Deutschland ist die 96-Jährige Angeklagte im Itzehoer Prozess um Beihilfe zum Mord im KZ Stutthof flüchtig. Das Landgericht in Norddeutschland habe einen Haftbefehl erlassen, sagte der Vorsitzende Richter Dominik Groß am Donnerstag. Es bleibe abzuwarten, ob man ihrer habhaft werde. Die geplante Hauptverhandlung könnte dann erst nach Verkündung des Haftbefehls und Prüfung ihrer Verhandlungsfähigkeit beginnen.

Der Angeklagten Irmgard F. wird Beihilfe zum Mord in über 11.000 Fällen vorgeworfen. Als Stenotypistin und Schreibkraft in der Lagerkommandantur des KZ Stutthof bei Danzig soll sie zwischen Juni 1943 und April 1945 den Verantwortlichen des Lagers bei der systematischen Tötung von Gefangenen Hilfe geleistet haben.

Die 96-Jährige habe ihr Heim in Quickborn am Morgen in unbekannte Richtung verlassen, sagte Gerichtssprecherin Frederike Milhoffer. «Sie hat ein Taxi genommen.» Fahrziel sei eine U-Bahn-Station in Norderstedt am Hamburger Stadtrand gewesen.

Im Verhandlungssaal in einem Industriegebäude warteten unterdessen mehr als 50 Journalisten und Zuschauer, 12 Vertreter der 30 Nebenkläger, der Verteidiger und weitere Prozessbeteiligte. Geplant war zum Auftakt des Prozesses die Verlesung der Anklage.

Im deutschen KZ Stutthof und seinen Nebenlagern sowie auf den sogenannten Todesmärschen zu Kriegsende starben nach Angaben der für die Aufklärung von NS-Verbrechen zuständigen Zentralstelle in Ludwigsburg rund 65.000 Menschen.

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