Chinesische Soldaten räumen Barrikaden weg

HONGKONG (dpa) - Erstmals seit Ausbruch der Proteste gegen die Regierung in Hongkong haben chinesische Soldaten in der Stadt für einen Einsatz ihre Kaserne verlassen. Auf einem Video des Lokalsenders RTHK war zu sehen, wie Männer der Volksbefreiungsarmee unbewaffnet in kurzen Hosen und T-Shirts Steine und andere Objekte von der Straße in der Nähe der zuvor von Demonstranten besetzten Hong Kong Baptist University räumten. Dutzenden Soldaten beteiligten sich an den Aufräumarbeiten.

Der ungewöhnliche Einsatz fand große Beachtung, weil es unter einigen Hongkongern seit Monaten Befürchtungen gibt, dass China sein Militär nutzen könnte, um die Proteste in der Stadt niederzuschlagen.

Nach monatelangen Demonstrationen hatte Chinas kommunistische Führung zuletzt zwar angedeutet, den Griff zu verstärken. Eine militärische Niederschlagung der Proteste halten die meisten Beobachter dennoch für unwahrscheinlich, weil China dafür international geächtet würde. Stattdessen sollen Hongkongs Regierung und die Polizei aus Sicht Pekings für Ordnung sorgen.

Mehr als 10 000 Soldaten der Volksbefreiungsarmee sind seit der Rückgabe der britischen Kronkolonie 1997 an China in Hongkong stationiert. Nach unbestätigten Berichten soll die Truppenstärke heimlich aufgestockt worden sein.

Nach geltendem Recht könnte Hongkongs Regierung die Zentralregierung in Peking um militärische Hilfe bitten, wenn sie mit den Protesten nicht mehr klarkommt. So einen Hilfegesuch zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung gab es jedoch noch nie.

Doch rückten Soldaten schon in der Vergangenheit aus, um in der Sonderverwaltungsregion aufzuräumen. So halfen 400 Soldaten im vergangenen Jahr bei der Beseitigung von Schäden durch den Taifun «Mangkhut», wie lokale Medien berichteten.

In den Tagen zuvor hatte Hongkong die gewaltsamsten Zusammenstöße seit dem Ausbruch der Proteste gegen die Regierung am 9. Juni erlebt. Die ganze Woche über blockierten Demonstranten Straßen und sorgten so für erhebliche Verzögerungen im Berufsverkehr. Erstmals wurden auch viele Hochschulen der Stadt zu Brennpunkten, wo sich Studenten verschanzten und es zu teilweise heftigen Kampfszenen zwischen Polizisten und radikalen Demonstranten kam.

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