Stichwahl muss über Polens Präsidenten entscheiden

Foto: epa/Roman Zawistowski
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WARSCHAU: Jubel im Lager von Polens Regierungspartei PiS: Amtsinhaber Andrzej Duda liegt bei der Präsidentenwahl nach Prognosen zwar vorn. Er verfehlte aber die absolute Mehrheit. Nun muss er in die Stichwahl gegen Rafal Trzaskowski.

Bei der Präsidentenwahl in Polen hat der nationalkonservative Amtsinhaber Andrzej Duda nach ersten Prognosen die für eine Wiederwahl nötige absolute Stimmenmehrheit verpasst. Er muss sich nun in zwei Wochen einer Stichwahl gegen den oppositionellen Kandidaten Rafal Trzaskowski stellen. Duda kam auf 41,8 Prozent der Stimmen, Trzaskowski auf 30,4 Prozent.

Die Wahlbeteiligung war trotz der Corona-Pandemie hoch. Bis um 17 Uhr hatten fast 48 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, wie die Wahlkommission am Sonntag in Warschau mitteilte. Bei der Präsidentenwahl 2015 hatte die Gesamtwahlbeteiligung am Ende des Tages bei rund 49 Prozent gelegen.

Duda dankte am Sonntagabend seinen Wählern in Lowicz für die Unterstützung. Wichtig sei, dass das Land so geführt werde, wie es die Mehrheit der Bevölkerung wolle, sagte Duda unter Jubelrufen seiner Anhänger. Er gratulierte seinem Herausforderer Trzaskowski zu dessen Erfolg.

Trzaskowski sagte vor Anhängern in Warschau, das Ergebnis zeige, dass ein hoher Prozentsatz der Polen den Wechsel wolle. «Wir haben immer noch die Chance, zu siegen.» Die zweite Wahlrunde werde darüber entscheiden, ob Polen einen Präsidenten bekomme, der der Regierung genau auf die Finger sehe, oder jemanden, der seine eigene Unterschrift nicht achte.

Die Wahl galt auch als eine Art Volksabstimmung über die Politik der PiS, die seit 2015 den Präsidenten stellt und über die absolute Mehrheit im Parlament verfügt. Eine zweite Amtszeit Dudas würde das Machtmonopol der Partei bis zur nächsten Parlamentswahl im Jahr 2023 untermauern.

Das Amt des polnischen Staatspräsidenten ist nicht rein repräsentativ, der Präsident hat weitreichende Vollmachten und kann Gesetze nicht nur mit einem Veto blockieren, sondern auch eigene Gesetzesinitiativen anstoßen.

Trzaskowski repräsentiert das größte Oppositionsbündnis, die liberalkonservativen Bürgerkoalition (KO). Sein Sieg in der zweiten Runde könnte bedeuten, dass die PiS bei fast allen Gesetzesvorhaben damit rechnen muss, dass der Präsident von seinem Veto-Recht Gebrauch macht und die Initiativen stoppt. Trzaskowski hat bereits angekündigt, dass er die umstrittene Justizreform der PiS rückgängig machen will.

Die Wahl war urspünglich für der 10. Mai geplant. Da zu diesem Zeitpunkt wegen der Corona-Pandemie das öffentliche Leben praktisch lahmgelegt war, wurde der Termin nach einem heftigen politischen Streit kurzfristig verschoben. In den Wahllokalen galten am Sonntag besondere Schutzvorschriften. Im Zentrum von Warschau standen die Menschen mit Gesichtsmasken vor den Wahllokalen Schlange, da in den Räumen nur eine begrenzten Personenzahl zugelassen war. Desinfektionsmittel standen am Eingang bereit, die Wahlhelfer trugen Handschuhe und durchsichtige Gesichtsvisiere. Wähler waren gehalten, ihr Kreuzchen mit einem eigenen Stift zu machen.

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