«Die Welt» zur Rettung:
Wir Deutsche wären keine Deutschen, fänden wir nicht auch im Jubel über etwas Schönes Grund zur Bitterkeit, der mit unserem Nationalhobby, dem Moralisieren, zu tun hätte. Kinder und Trainer in Thailand sind aus einer sinnbildlich aussichtslosen Lage befreit worden. Es ist ein Triumph der Menschlichkeit und der Empathie - aber auch instrumenteller Vernunft und Verwegenheit. So weit, so gut. Es folgt der Auftritt, nein, die Kanzelpredigt deutscher Moralisten in Politik und Publizistik, die das Mitgefühl mit den Eingeschlossenen in Südostasien verrechnen wollen mit der vermeintlich mangelnden Empathie für die Flüchtlinge auf ihren Schrottkähnen im Mittelmeer. So werden falsche Dichotomien aufgebaut. Es geht nicht um die Rettung, sondern um das, was mit den Geretteten passiert. Die europäische Flüchtlingspolitik muss kühl und geordnet gedacht werden - im Wissen um das humanistische Erbe des Kontinents.
«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zur Rettung:
Wir, die Zuschauer, nahmen Anteil aus der Ferne, in Zeiten von sozialen Medien in «Echtzeit» und fast «hautnah». Es rührte uns an, wie die Jungen in scheinbarer Aussichtslosigkeit gemeinsam in der Höhle beteten und vermeintlich letzte Briefe an ihre Eltern schrieben. Ihr Schicksal hat über Tage die Welt bewegt, mehr als das Schicksal so vieler anderer, die im Krieg in Syrien sterben oder auf der Flucht im Mittelmeer ertrinken. Perfide ist es, das eine gegen das andere aufzurechnen. Einzelschicksale haben stets eine größere Aufmerksamkeit und Wirkung als Katastrophen, die eine anonyme Masse heimsuchen. Auch das ist menschlich. Freuen wir uns also über die Rettung in Thailand und nehmen wir sie als das, was sie ist: ein großes Wunder.
Leserkommentare
Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.