Pressestimmen zur Rettung in Mae Sai

Ein Mädchen freut sich über die Rettung ihres Klassenkameraden. Foto: epa/Rungroj Yongrit
Ein Mädchen freut sich über die Rettung ihres Klassenkameraden. Foto: epa/Rungroj Yongrit



«Die Welt» zur Rettung:

Wir Deutsche wären keine Deutschen, fänden wir nicht auch im Jubel über etwas Schönes Grund zur Bitterkeit, der mit unserem Nationalhobby, dem Moralisieren, zu tun hätte. Kinder und Trainer in Thailand sind aus einer sinnbildlich aussichtslosen Lage befreit worden. Es ist ein Triumph der Menschlichkeit und der Empathie - aber auch instrumenteller Vernunft und Verwegenheit. So weit, so gut. Es folgt der Auftritt, nein, die Kanzelpredigt deutscher Moralisten in Politik und Publizistik, die das Mitgefühl mit den Eingeschlossenen in Südostasien verrechnen wollen mit der vermeintlich mangelnden Empathie für die Flüchtlinge auf ihren Schrottkähnen im Mittelmeer. So werden falsche Dichotomien aufgebaut. Es geht nicht um die Rettung, sondern um das, was mit den Geretteten passiert. Die europäische Flüchtlingspolitik muss kühl und geordnet gedacht werden - im Wissen um das humanistische Erbe des Kontinents.

«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zur Rettung:

Wir, die Zuschauer, nahmen Anteil aus der Ferne, in Zeiten von sozialen Medien in «Echtzeit» und fast «hautnah». Es rührte uns an, wie die Jungen in scheinbarer Aussichtslosigkeit gemeinsam in der Höhle beteten und vermeintlich letzte Briefe an ihre Eltern schrieben. Ihr Schicksal hat über Tage die Welt bewegt, mehr als das Schicksal so vieler anderer, die im Krieg in Syrien sterben oder auf der Flucht im Mittelmeer ertrinken. Perfide ist es, das eine gegen das andere aufzurechnen. Einzelschicksale haben stets eine größere Aufmerksamkeit und Wirkung als Katastrophen, die eine anonyme Masse heimsuchen. Auch das ist menschlich. Freuen wir uns also über die Rettung in Thailand und nehmen wir sie als das, was sie ist: ein großes Wunder.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Hermann Auer 12.07.18 04:20
@Jürgen Franke
Prinzipiell richtig, aber leider nur die halbe Wahrheit (Vergangenheitsform: "hat geleistet"). Die andere Hälfte der Wahrheit ist, dass kein Gedanke daran verschwendet wird, das in Zukunft nicht mehr zu tun. Beim ganzen Theater, das sich in der EU die letzten Wochen zum Flüchtlingsthema abgespielt hat, ist das Thema "Fluchtursachen bekämpfen" nicht ausreichend zur Sprache gekommen. Statt der Fluchtursachen werden die Flüchtlinge bekämpft. Und das in Zukunft verstärkt und im Ausverkauf der "Wertegemeinschaft". An alle, die das Wort "Gutmenschen" verballhornend gebrauchen: Nicht nur Kriege, sondern auch unfaire Handelspraktiken sind Fluchtursachen! Ertrinkende absichtlich absaufen zu lassen ist Mord - unabhängig davon, warum sie sich in diese Lage versetzt haben.
Jürgen Franke 11.07.18 14:22
Zu allen Unruheherden in dieser Welt
hat auch Deutschland, als Nato Mitglied und als Rüstungsexporteur, seinen aktiven Beitrag geleistet. Für diese Schuld muß jetzt auch gezahlt werden.
Ingo Kerp 11.07.18 13:27
Das war wohl klar. Die moralinsauren Deutschen koennen ein glücklich beendetes Unglück nicht mal so hinnehmen mit Freude und Zustimmung. Sofort werden die im Mittelmeer ertrunkenen Menschen als Vergleich daneben gestellt. Was ertrunkene Kinder oder Jugendliche oder Erwachsene im Mittelmeer angeht, so steigen sie, auch bei rauher See, in Schlauchboote. Dabei kann man auch als Landratte spüren und wissen, das geht nicht gut, wenn man längere Zeit damit übers Meer fährt. Muß man aber nicht, da die "Schlepper"-Schiffe der Gutmenschen schon in Sichtweite liegen und die gemischte Gruppe von Asylsuchenden und Wirtschaftsflüchtlingen aufnehmen. Und jetzt? Italien und Malta hat schon die Häfen gesperrt.