Premierministerin May präsentiert Vorstellungen zum Brexit

Foto: epa/ Neil Hall
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LONDON (dpa) - Leidenschaftlich haben auch deutsche Politiker und Wirtschaftsvertreter die Briten zum Verbleib in der EU aufgerufen. Doch deutet wenig auf einen solchen Umschwung hin. Es bleibt beim Brexit, sagt Regierungschefin May. Doch was ist der konkrete Plan?

Nach dem Scheitern ihres Brexit-Abkommens im britischen Parlament legt Premierministerin Theresa May an diesem Montag eine Erklärung über den weiteren Fahrplan zum EU-Austritt vor. Dass sie dabei einen konkreten Plan B präsentiert, ist aber nicht unbedingt zu erwarten. Als wahrscheinlicher gilt in London, dass die konservative Regierungschefin einen Fahrplan zur Konsensfindung im Parlament vorlegt.

Das mit der EU ausgehandelte Abkommen wurde vergangene Woche im Parlament mit überwältigender Mehrheit abgelehnt. Einem folgenden Misstrauensvotum hielt die Premierministerin jedoch stand. May führte daraufhin Gespräche mit den Oppositionsparteien und Rebellen im eigenen Lager.

Es gibt allerdings Zweifel, ob es die Regierungschefin mit der Suche nach einem Konsens wirklich ernst meint. Einige Beobachter halten für möglich, dass May auf Zeit spielt und hofft, doch noch genügend Abgeordnete für ihren Deal zu gewinnen, wenn der 29. März näher rückt - das Datum für den geplanten Austritt aus der Europäischen Union.

Ansonsten droht ein ungeregelter Austritt mit drastischen Folgen für die Wirtschaft und andere Lebensbereiche. Eine Mehrheit der Abgeordneten will ein solches Szenario, einen «No Deal»-Brexit, verhindern.

Am 29. Januar soll im Unterhaus über Mays Vorschlag debattiert und abgestimmt werden. Die Abgeordneten haben dabei die Möglichkeit, die Beschlussvorlage abzuändern.

Ein großer Teil der Opposition wünscht sich eine engere Anbindung an die EU als bisher vorgesehen. Die Mitgliedschaft in der Europäischen Zollunion und möglicherweise auch im Binnenmarkt dürfte daher auf den Tisch kommen.

Forderungen nach Nachverhandlungen mit Brüssel über die als Backstop bekannte Garantie für eine offene Grenze zwischen Irland und Nordirland dürften ebenfalls aufkommen. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) reagierte zurückhaltend auf Berichte, dass die britische Regierung den Abschluss eines eigenen Vertrags mit dem EU-Mitglied Irland erwägt, um harte Kontrollen an der Grenze zur britischen Provinz Nordirland zu vermeiden. Wie das funktionieren soll, sei ihm nicht klar, sagte Maas am Sonntagabend im ZDF. «Mir ist etwas schleierhaft, was die britische Regierung mit Dublin verhandeln will, oder was für ein Zusatzabkommen das sein soll.»

Der «Bild»-Zeitung (Montag) sagte Maas: «Was wir jetzt brauchen, sind konkrete Vorschläge der Briten.» Deutschland sei auf alle Szenarien vorbereitet, «einschließlich einer Notfallplanung». Wenn London neue Vorschläge mache, werde sich die Bundesregierung das genau anschauen. «Wir werden alles daransetzen und wollen helfen, dass es keinen Austritt ohne Abkommen gibt.»

Der Luxemburger Außenminister Jean Asselborn riet dazu, sich nun vor allem auf einen Verbleib des Königreichs in der Zollunion zu konzentrieren. Wenn dies nicht gelinge und der Brexit am 29. März chaotisch und ohne jedes Abkommen vonstatten gehe, werde dies in einer «Katastrophe» münden, sagte er am Sonntagabend in der ARD-Sendung «Anne Will». Ein solches «No Deal»-Szenario könne Zehntausende Jobs kosten.

Die 1968 gegründete Zollunion bedeutet, dass der Staatenverbund einheitlich Zollabgaben auf Einfuhren von außerhalb der EU erhebt. Diese Abgaben werden grundsätzlich dort bezahlt, wo die Waren zuerst ankommen. Danach erfolgen keine weiteren Zahlungen oder Kontrollen.

Grünen-Chef Robert Habeck sprach sich für eine zweite Volksabstimmung in Großbritannien über den EU-Austritt aus. Das Brexit-Referendum 2016 habe «unter Vorspiegelung falscher Tatsachen» stattgefunden, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Den Menschen sei eingeredet worden, der Ausstieg sei ganz einfach und es gebe kein Risiko. «Es wäre also durchaus nachvollziehbar, wenn Menschen nun im Wissen um die realen Folgen eines Brexits ihre Meinung ändern würden - und jetzt in der EU bleiben wollen.»

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