ASTANA: Für Deutschland ist das rohstoffreiche Kasachstan der wichtigste Partner in Zentralasien. Nach der Präsidentenwahl dürfte Amtsinhaber Tokajew vor weiteren sieben Jahren an der Staatsspitze stehen, wie Nachwahlbefragungen ergaben. Er hat Reformen versprochen.
Nach der Präsidentenwahl in der öl- und gasreichen Ex-Sowjetrepublik Kasachstan scheint Amtsinhaber Kassym-Schomart Tokajew auf Siegeskurs. Eine Nachwahlbefragung des Instituts «Offene Gesellschaft» habe für Tokajew einen Stimmenanteil von 82,4 Prozent ergeben, berichteten kasachische Medien am Sonntagabend. Eine weitere Befragung im Auftrag der Einheitspartei «Amanat» habe für Tokajew 85,5 Prozent Zustimmung errechnet. Offizielle Angaben oder Reaktionen zum Wahlausgang lagen zunächst nicht vor. Die Beteiligung an der Abstimmung lag nach Angaben der zentralen Wahlkommission bei 68,7 Prozent, wie die Staatsagentur Kasinform berichtete. Gut zehn Monate nach den blutigen Unruhen in der zentralasiatischen Republik verlief die Stimmabgabe nach offiziellen Angaben ruhig.
Tokajew (69) wollte sich nach einer Verfassungsänderung für sieben Jahre ins Amt wählen lassen. Bisher waren Präsidenten für jeweils fünf Jahre gewählt worden. Rund zwölf Millionen Menschen waren in dem an China und Russland grenzenden Land zur Wahl aufgerufen. Neben Tokajew waren fünf weitere Bewerber ins Rennen gegangen. Für sie gab es jeweils nur knapp über zwei Prozent der Stimmen, wie die Nachwahlbefragungen ergaben.
Der Wahlkampf und die Wahl seien weitgehend in einer ruhigen Atmosphäre verlaufen, teilte die kasachische Generalstaatsanwaltschaft nach Angaben russischer Agenturen mit. Bei den Behörden seien lediglich drei Beschwerden eingegangen.
Internationale Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wollen am Montag ihr Urteil über die Wahl abgeben. Schon vorab hatten sie unter anderem Einschränkungen bei der Registrierung von Kandidaten zur Wahl und mangelnde Transparenz bei den Eigentumsverhältnissen von Medien kritisiert.
Tokajew hatte im März 2019 seinen autoritären Vorgänger Nursultan Nasarbajew entmachtet, der Kasachstan rund 30 Jahre regiert hatte. Bei der von Polizeigewalt begleiteten Wahl im Juni 2019 war Tokajew mit 70,96 Prozent der Stimmen gewählt worden. Nasarbajew, der auch nach seinem Rücktritt weitreichende Befugnisse behalten hatte, gab am Sonntag ebenfalls seine Stimme ab.
Tokajew hatte nach blutigen Ausschreitungen im Januar, bei denen mehr als 200 Menschen ums Leben kamen, eine Verfassungsänderung durchgesetzt und Reformen eingeleitet. Für Deutschland ist das rohstoffreiche Land der wichtigste Partner in Zentralasien.
Im Januar waren in Kasachstan Proteste gegen hohe Preise und soziale Ungerechtigkeit in einen beispiellosen Machtkampf umgeschlagen. Tokajew gab damals einen Schießbefehl gegen die Demonstranten, die er als «Terroristen» bezeichnete. Und er musste Russlands Präsident Wladimir Putin um Hilfe des von Russland dominierten Militärbündnisses «Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit» (OVKS) bitten. Die Soldaten sorgten für Ruhe - und zogen rasch wieder ab.