Porträt – Film – Plädoyer

Porträt – Film – Plädoyer

Am 17. Mai wird seit Jahren der Internationale Tag gegen Homophobie begangen. Dazu diese Kolumne.

Zu meiner Person:

„Ich heiße Peter Müller, bin 52 Jahre alt, lebe in Brandenburg, bin schwul und seit 12 Jahren fest mit einem 8 Jahre jüngeren Mann liiert. Von Beruf bin ich Regisseur. Ich benutze ein Pseudonym, weil ich verhindern möchte, dass Schwulenhasser mein Haus belagern. Danke dafür, dass Sie gekommen sind, um meinen Film zu sehen.“

Der Film:

Ein kleiner Junge, der so aussieht wie alle kleinen Jungs in diesem Alter und der verspielt in die Kamera winkt. Dann ist er 16 Jahre alt, ein schöner Teenager mit lockigen blonden Haaren. Er lacht und wirkt sehr sympathisch. Mit 20 Jahren sieht man ihn mit einem gleichaltrigen Mann. Sie sind zärtlich miteinander, küssen sich. Zwei Jahre später wird er verhaftet wegen homosexueller Handlungen mit einem Gleichgeschlechtlichen. Sein Freund hat sich rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Er wird zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Es ist der 05.07.1963. Als er endlich frei kommt ist er ein gebrochener Mann. Die Liebe seines Freundes baut ihn langsam wieder auf.

Plädoyer:

Die Zeit hat sich verändert. Den Paragraphen 175, der am 01.01.1871 in Deutschland eingeführt und durch die Nazis verschärft wurde, gibt es seit dem 11.06.1994 nicht mehr. In vielen Ländern geht man heute mit diesem Thema liberaler um. Leider nicht überall. In 66 Ländern wird Homosexualität bis auf den heutigen Tag strafrechtlich verfolgt. In 12 Ländern droht sogar die Todesstrafe, beispielsweise in 5 der islamischen Staaten – Iran, Jemen, Sudan, Saudi-Arabien und Mauretanien. Andererseits gibt es viele positive Signale besonders im Westen. Der Aufstand der Schwulen bei einer Polizeirazzia am 28.06.1969 in der New Yorker Schwulenbar „Stonewall“ in der Christopher Street dauerte 3 Tage an. Er führte zur Radikalisierung von Schwulen und Lesben. Weltweit gibt es heute Gay Pride-Paraden unter dem schwul-lesbischen Symbol der Regenbogenfahne. Inzwischen sind Lebenspartnerschaften anerkannt, die rechtlich der Ehe gleichgestellt sind. Selbst christliche Ehen für Schwule und Lesben sind nicht mehr tabu. Kürzlich hat sich sogar der Papst für Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare ausgesprochen.

In meiner Wahlheimat in Thailand war das niemals ein Thema. Hier werden die Kinder frei erzogen und können sich frei entwickeln. Eine thailändische Mutter sagte vor einigen Jahren zu mir: „Ich habe leider nur ein Kind, einen Sohn. Als er mir mit 16 Jahren anvertraute, dass er schwul ist, hatte ich plötzlich zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Dafür danke ich Buddha von Herzen.“

Wie die Akzeptanz sich in den nächsten Jahren entwi­ckeln wird, ist fraglich. In immer mehr Ländern im Westen ist der Rechtspopulismus im Vormarsch, oftmals mit rückwärts gerichteten Ansichten. Ähnlich wie gegen Asylanten und Juden sind Angriffe auf Homosexuelle wieder an der Tagesordnung – als wären wir noch im Mittelalter.

Wenn ich dann sehe, wie hier in Thailand Farangs mit ihren Thai-Freunden unbeschwert durch die Straßen laufen, dann weiß ich wieder, warum Thailand das „Land der Freien“ genannt wird. Wie lange wird es noch dauern, bis die ganze Welt begreift, dass Menschen unterschiedlich veranlagt sind und jeder das Recht hat nach seinen natürlichen Bedürfnissen zu leben. Mein Motto lautet: Solange keiner andere in ihrer Freiheit bedrängt, soll er nach seiner eigenen Façon selig werden.

Und von Richard von Weizsäcker ist der Satz überliefert:

„Es ist normal verschieden zu sein.“

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