WARSCHAU (dpa) - Zwei Tage vor der Parlamentswahl in Polen hat Außenminister Jacek Czaputowicz die Berichterstattung deutscher Medien über sein Land gerügt.
«Das Bild Polens in deutschen Medien ist falsch. Die Kritik an Polen geht zu weit», sagte Czaputowicz in einem Interview mit der Zeitung «Gazeta Wyborcza» (Freitag). Die Meinungsvielfalt in Deutschland sei durch politische Korrektheit eingeschränkt.
Vergleichsweise zurückhaltend äußerte sich Czaputowicz zum Thema Entschädigungsforderungen an Deutschland. Man befinde sich gemeinsam mit der deutschen Seite in der «Etappe der Expertendiskussion». Es sei wichtig, zu klären, ob Polen behandelt worden sei wie andere Länder in Westeuropa, die Reparationszahlungen bekommen hätten.
«In Deutschland gibt es kein ausreichendes Bewusstsein dafür, welche Verluste die Polen im Zweiten Weltkrieg erlitten haben», so der Außenminister. Er verwies auf die Kommission des polnischen Parlaments, die derzeit die Höhe der möglichen Entschädigungsforderungen ermitteln soll.
In Polen wird an diesem Sonntag ein neues Parlament gewählt. Sowohl Staatspräsident Andrzej Duda als auch Regierungschef Mateusz Morawiecki hatten in den vergangenen Monaten Wiedergutmachung von Deutschland für die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg gefordert. Deutschland betrachtet die Reparationsfrage jedoch als abgeschlossen. Die Bundesregierung beruft sich dabei auf den Zwei-plus-Vier-Vertrag über die außenpolitischen Folgen der deutschen Einheit von 1990.