Polens Regierungschef warnt vor zu viel Europa

Der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki nimmt an einer Pressekonferenz teil. Foto: epa/Rafal Guz
Der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki nimmt an einer Pressekonferenz teil. Foto: epa/Rafal Guz

HEIDELBERG: Mateusz Morawiecki spricht in Heidelberg zur Zukunft Europas. Dabei erteilt er Bestrebungen, die EU weiter zu vereinheitlichen, eine deutliche Absage. Nur mit souveränen Nationalstaaten seien Krisen zu bewältigen. Auch Brüssels Bürokratie bekommt ihr Fett ab.

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat die Existenz von Nationalstaaten und die Bewahrung ihrer Identität als entscheidend für ein modernes Europa bezeichnet. Nichts könne in Europa besser für die Freiheit von Nationen, ihre Kultur und ihre militärische Sicherheit garantieren, als die Nationalstaaten selbst, sagte Morawiecki am Montag in Heidelberg in einer Rede zur Zukunft Europas. Es sei ein Irrweg, einen europäischen Superstaat anzustreben, wie dies manche Bürokraten in Brüssel wollten. «Die Basis unserer Identität liegt in unserer nationalen Identität. Und nicht darin, dass wir unsere Identität verleugnen.»

Morawiecki warnte vor einer «Gleichschaltung» innerhalb der EU. «Wenn die EU-Eliten hartnäckig auf der Vision eines zentralisierten Superstaates beharren, werden sie auf den Widerstand weiterer europäischer Nationen stoßen, und je mehr sie darauf beharren, desto heftiger wird die Rebellion ausfallen», sagte der nationalkonservative Politiker.

Natürlich sei es möglich, Nationen durch Organisationen wie etwa die EU zu unterstützen. Niemals aber ließen sich Nationalstaaten ersetzen. Gerade in Zeiten politischer Krisen seien sie unabdingbar, betonte Morawiecki auch mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Auch in der Vergangenheit habe sich bewährt, wie effizient einzelne Staaten agiert hätten - etwa im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Jedes System, das sich über die Souveränität einzelner Nationen oder deren Willen hinwegsetze, werde früher oder später in Tyrannei oder der Utopie landen, prophezeite er.

Gleichzeitig kritisierte Morawiecki diejenigen scharf, die auf eine Kooperation mit Russland gesetzt hätten im Tausch gegen Energie und im Sinne von «Wandel durch Handel». Diese Politiker hätten einen schrecklichen Fehler gemacht, der nun offenbar werde. Wäre die Ukraine auch nur auf materielle Güter konzentriert gewesen, hätte sie längst klein beigegeben angesichts der russischen Aggression. Stattdessen habe sie sich auf sich selbst als Nation besonnen.

Morawiecki warf dabei dem ehemaligen deutschen Kanzler Gerhard Schröder (SPD/1998-2005) vor, er habe mit seiner russlandfreundlichen Politik ganz Europa gefährdet. «Es ist ein Versagen, nicht auf die Stimmen der Länder zu hören, die mit ihrer Meinung zu Putin Recht hatten.» Leute wie Schröder hätten Europa von Russland abhängig gemacht und den ganzen Kontinent in existenzielle Gefahr gebracht, sagte Morawiecki. Die Politik, mit Russland Deals zu machen, sei gescheitert.

Polen ist seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine einer der wichtigsten Unterstützer und Waffenlieferanten des überfallenen Landes und nahm bisher rund 1,5 Millionen Flüchtlinge auf.

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Leserkommentare

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Jürgen Franke 21.03.23 20:57
Der Ministerpräsidenten Polens hat in seiner
Rede auf gravierende Schwächen der EU hingewiesen. Dass ferner jedes EU Mitgliedsland, ob groß oder klein, mit einer Stimme bei Entscheidungen abstimmen kann, ist ein grober Fehler. Grundsätzlich haben in der Vergangenheit alle Länder die finanzielle Unterstützungen genossen, da die Wirtschaftskraft Deutschlands dazu in der Lage war. Dank der derzeitigen Regierung, gehört das jetzt der Vergangenheit an.
Helmut Szynka 21.03.23 16:50
Polen warnt vor zu viel Europa
Der Mann hat Recht. Man sollte den Wasserkopf in Brüssel dezimieren genau wie jetzt auch den Bundestag in Berlin. Man kann von vielen Nationalstaaten lernen und sich gegenseitig stützen. aber nicht nur Schröder ist der Schuldige was Russland betrifft, die Hauptschuldige ist Angela Merkel mit Ihren Getreuen. Schröder wollte nur Kumpel sein, weil er einer ist. Putin war aber nicht zu berechnen.
Michael R. 21.03.23 16:20
Riesenfehler
Der ganz grundlegende Fehler in Bezug auf die EU wurde schon mit der Osterweiterung derselben gemacht. In einem Verein bei dem man niemanden mehr gegen seinen WIllen rausschmeissen kann, wäre es umso wichtiger gewesen zuerst genau zu überlegen, wen man überhaupt drinnen haben will und wer es voraussichtlich nur aufs Geld abgesehen hat. Dazu ist es aber längst zu spät. Es wird längerfristig kein Weg für die Willigen darum herum führen, ein vertieftes Europa der zwei Geschwindikeiten einzuführen. Da kann dann Orban, Morawiecki und ihre Freunde ihr Ding machen, der Westen macht seins. So ist es auch von der Mentalität der Völker her besser.
Ingo Kerp 21.03.23 11:50
Die Polen demonstrieren jeden Tag, das bei ihrer polit. Ausrichtung der Nationalstaat absolutes Vorrecht hat. Bei Zahlungen aus Brüssel hat man bisher keine Einwände gehabt, was die Hoehe anbelangte. Deshalb würde eine Erweiterung der EU nur stoeren, da die Zahlungen kleiner würden.
Norbert Kurt Leupi 21.03.23 01:10
Weiter so ...
Herr Morawiecki ! Wir hätten nichts dagegen , wenn Sie auch die rund 80000 Ukrainer , die momentan in der CH leben , auch aufnehmen würden ! Bei uns ist das Boot nämlich schon längstens überfüllt !