HEIDELBERG: Mateusz Morawiecki spricht in Heidelberg zur Zukunft Europas. Dabei erteilt er Bestrebungen, die EU weiter zu vereinheitlichen, eine deutliche Absage. Nur mit souveränen Nationalstaaten seien Krisen zu bewältigen. Auch Brüssels Bürokratie bekommt ihr Fett ab.
Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat die Existenz von Nationalstaaten und die Bewahrung ihrer Identität als entscheidend für ein modernes Europa bezeichnet. Nichts könne in Europa besser für die Freiheit von Nationen, ihre Kultur und ihre militärische Sicherheit garantieren, als die Nationalstaaten selbst, sagte Morawiecki am Montag in Heidelberg in einer Rede zur Zukunft Europas. Es sei ein Irrweg, einen europäischen Superstaat anzustreben, wie dies manche Bürokraten in Brüssel wollten. «Die Basis unserer Identität liegt in unserer nationalen Identität. Und nicht darin, dass wir unsere Identität verleugnen.»
Morawiecki warnte vor einer «Gleichschaltung» innerhalb der EU. «Wenn die EU-Eliten hartnäckig auf der Vision eines zentralisierten Superstaates beharren, werden sie auf den Widerstand weiterer europäischer Nationen stoßen, und je mehr sie darauf beharren, desto heftiger wird die Rebellion ausfallen», sagte der nationalkonservative Politiker.
Natürlich sei es möglich, Nationen durch Organisationen wie etwa die EU zu unterstützen. Niemals aber ließen sich Nationalstaaten ersetzen. Gerade in Zeiten politischer Krisen seien sie unabdingbar, betonte Morawiecki auch mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Auch in der Vergangenheit habe sich bewährt, wie effizient einzelne Staaten agiert hätten - etwa im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Jedes System, das sich über die Souveränität einzelner Nationen oder deren Willen hinwegsetze, werde früher oder später in Tyrannei oder der Utopie landen, prophezeite er.
Gleichzeitig kritisierte Morawiecki diejenigen scharf, die auf eine Kooperation mit Russland gesetzt hätten im Tausch gegen Energie und im Sinne von «Wandel durch Handel». Diese Politiker hätten einen schrecklichen Fehler gemacht, der nun offenbar werde. Wäre die Ukraine auch nur auf materielle Güter konzentriert gewesen, hätte sie längst klein beigegeben angesichts der russischen Aggression. Stattdessen habe sie sich auf sich selbst als Nation besonnen.
Morawiecki warf dabei dem ehemaligen deutschen Kanzler Gerhard Schröder (SPD/1998-2005) vor, er habe mit seiner russlandfreundlichen Politik ganz Europa gefährdet. «Es ist ein Versagen, nicht auf die Stimmen der Länder zu hören, die mit ihrer Meinung zu Putin Recht hatten.» Leute wie Schröder hätten Europa von Russland abhängig gemacht und den ganzen Kontinent in existenzielle Gefahr gebracht, sagte Morawiecki. Die Politik, mit Russland Deals zu machen, sei gescheitert.
Polen ist seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine einer der wichtigsten Unterstützer und Waffenlieferanten des überfallenen Landes und nahm bisher rund 1,5 Millionen Flüchtlinge auf.