ROM: Silber für Lukas Märtens, Silber und Bronze für Isabel Gose. Das Magdeburger Paar prägt die Schwimm-EM aus deutscher Sicht. Zum Wochenstart will auch Olympiasieger Florian Wellbrock nach seinen Corona-Problemen im Freiluftbecken von Rom endlich durchstarten.
Unter dem ohrenbetäubenden Applaus der begeisterten Schwimmfans bejubelte Isabel Gose die nächste EM-Medaille, auf der Tribüne freute sich ihr Freund Lukas Märtens mit - tags zuvor war es noch umgekehrt gewesen. Selbstbewusst, mit Edelmetall um den Hals und fast immer mit einem Lächeln im Gesicht genießen Märtens und Gose die Europameisterschaften unter der Sonne Roms als deutsche Hauptdarsteller. In Abwesenheit des Erfolgspaares Florian und Sarah Wellbrock sind die beiden Freistil-Asse bislang die Medaillengaranten für das deutsche Team bei den stimmungsvollen Titelkämpfen im Foro Italico.
Viel Zeit für Zweisamkeit bleibt beim dicht getakteten Programm der beiden Topschwimmer nicht. Alle drei bisherigen EM-Medaillen für das deutsche Team gehen auf ihr Konto. «Im Moment haben wir nicht so viel Zeit zum Feiern. Aber es gibt immer mal wieder ein Küsschen und eine Umarmung, und das reicht dann erstmal», sagte Gose.
Zu ihrem Rennen sagte die Freistilschwimmerin, die nach Silber über 800 Meter am Sonntagabend auch noch Bronze über 200 Meter gewann: «Man erhofft sich das. Damit rechnen tut man nicht.» Die ehrgeizige Athletin ergänzte mit einem Grinsen: «In Europa vorne mitschwimmen zu können, ist schon mal ein kleiner Anfang.»
Ihr Freund Märtens freute sich nicht nur über ihre Leistung, sondern auch über seine eigene Silbermedaille im 800-Meter-Rennen am Samstag. «Ich bin super glücklich», sagte Märtens. Der 20-Jährige hatte sich in einem starken Feld mit seiner Zeit von 7:42,65 Minuten nur Gregorio Paltrinieri geschlagen geben müssen. Der Italiener wurde von den Fans am malerischen Freiluftbecken wie ein Volksheld gefeiert.
«Ich kann immer gar nicht so richtig hinschauen, weil ich so aufgeregt bin», sagte Gose zu Märtens' Rennen. «Ich glaube, ich bin bei ihm aufgeregter als bei mir.» Bei Instagram teilte sie ein Bild, auf dem sie gemeinsam mit ihrem Partner mit EM-Maskottchen posiert.
Der Plan der beiden Magdeburger Mittel- und Langstreckenexperten geht bislang voll auf. «Das ist so, wie es sein sollte und wie ich es erwartet habe», sagte Bundestrainer Bernd Berkhahn. «Das haben die beiden toll gelöst.»
Und da kann noch mehr kommen. «Ich denke, es ist auf jeden Fall noch sehr viel drin», sagte Märtens. Unter anderem seine zuletzt erfolgreichste Strecke, die 400 Meter Freistil, kommt erst noch. Bei den Weltmeisterschaften in Ungarn holte Märtens auf der Distanz Silber. «Jetzt hat er Blut geleckt und geht begeistert in jedes Rennen», sagte Berkhahn.
Märtens qualifizierte sich als Viertschnellster der Halbfinals für den Endlauf über 200 Meter Freistil an diesem Montag. «Schön regenerieren, ein bisschen ausschwimmen und dann wird das noch besser», sagte er optimistisch.
Märtens Teamkollege wurde von den Folgen einer Corona-Infektion bislang ausgebremst. Florian Wellbrock, der bei der WM vor gut anderthalb Monaten bei fünf Starts noch fünf Medaillen gewonnen hatte, konnte in der italienischen Hauptstadt bislang nur trainieren. Der Freiwasser-Olympiasieger will am Montag im Vorlauf über 1500 Meter Freistil endlich ins Wettkampfgeschehen eingreifen.
Ein Belastungstest am Samstag, an dem der Rumäne David Popovici in einem furiosen Rennen in 46,86 Sekunden den Weltrekord über 100 Meter Freistil verbesserte, sei «sehr gut» gewesen, verriet Berkhahn. Trotzdem sei die Gefühlslage bei Wellbrock, dessen Frau und Olympia-Bronzegewinnerin Sarah wegen ihres Studiums nicht dabei ist, kompliziert. Wellbrock schwanke zwischen Unsicherheit in Bezug auf seine Form und Lust darauf, endlich bei der großen italienischen Schwimm-Party mitzumachen. «Das geht jetzt so ein bisschen durcheinander in der Seele des Sportlers», sagte Berkhahn.
Wie für Wellbrock geht am Montag auch für die Wasserspringer die EM los. Angeführt von der Olympia-Dritten Tina Punzel zählt das deutsche Team zu den Topfavoriten. Bei der vergangenen EM belegte Deutschland im Medaillenspiegel Rang zwei. Die damals noch erfolgreicheren Russen dürfen diesmal wegen des Kriegs in der Ukraine nicht teilnehmen.