«Persona non grata»

Venezuela wirft deutschen Botschafter raus

Foto: epa/Raul Martinez
Foto: epa/Raul Martinez

CARACAS (dpa) - Der Diplomat hatte den selbst ernannten Interimspräsidenten Guaidó am Flughafen erwartet. Für Staatschef Maduro war das Empfangskomitee eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des krisengebeutelten Landes - Berlin reagiert.

Die Bundesregierung hat im Machtkampf in Venezuela klar Stellung bezogen, jetzt muss der deutsche Botschafter in Caracas seine Koffer packen. Daniel Kriener ist zur unerwünschten Person erklärt worden und soll Venezuela innerhalb von 48 Stunden verlassen. Die sozialistische Regierung von Staatschef Nicolás Maduro wirft dem Diplomaten vor, sich in die inneren Angelegenheiten des südamerikanischen Landes eingemischt zu haben.

Kriener hatte am Montag gemeinsam mit anderen Diplomaten aus Europa, Lateinamerika und den USA den selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó am Hauptstadtflughafen Maiquetía erwartet. Damit wollten sie offenbar verhindern, dass der Oppositionsführer bei seiner Rückkehr ins Land festgenommen wird. Guaidó bedankte sich später für die Unterstützung der Diplomaten. Der 35-Jährige hatte trotz eines laufenden Ermittlungsverfahrens und einer Ausreisesperre das Land verlassen.

Bundesaußenminister Heiko Maas erklärte am Mittwochabend, er habe entschieden, den Botschafter zu Konsultationen zurück nach Hause zu rufen. «Wir haben die Entscheidung, Botschafter Kriener zur «persona non grata» zu erklären, zur Kenntnis genommen», sagte der SPD-Politiker. Die Entscheidung sei unverständlich, verschärfe die Lage und trage nicht zur Entspannung bei. «Unsere, die europäische Unterstützung für Juan Guaidó ist ungebrochen. Botschafter Kriener leistet in Caracas, auch gerade in den letzten Tagen, hervorragende Arbeit.»

Kriener sei auf seinen persönlichen Wunsch zum Flughafen gefahren, um mit seiner Anwesenheit eine Verhaftung von Guaidó zu verhindern, sagte Maas im Interview des Saarländischen Rundfunks. Obwohl auch andere Diplomaten an der Aktion beteiligt waren, sei nach derzeitigem Stand nur der deutsche Botschafter von der Ausweisung betroffen.

Die Regierung in Caracas warf Kriener politische Parteinahme vor. «Venezuela sieht es als inakzeptabel an, dass ein ausländischer Diplomat sich in seinem Territorium eher wie ein politischer Führer verhält, in Übereinstimmung mit der Verschwörungsagenda der extremistischen Sektoren der venezolanischen Opposition», teilte das Außenministerium mit. «Venezuela ist frei und unabhängig. Deshalb sind Handlungen von diplomatischen Vertretern, die eine Einmischung in die Angelegenheiten des Volkes und der Regierung darstellen, nicht erlaubt.»

Guaidó hingegen stellte sich hinter Kriener. «Der deutsche Botschafter in Venezuela kann auf unsere volle Unterstützung und Anerkennung zählen», schrieb er auf Twitter. «Wir sind Zeugen geworden, dass er sich unserer Demokratie verpflichtet fühlt, unsere Verfassung respektiert und solidarisch mit dem venezolanischen Volk ist.»

Guaidó war rund eineinhalb Wochen durch Südamerika gereist, um für Unterstützung zu werben. Am Montag kehrte er unbehelligt heim. «Wir wollen helfen und unterstützen, dass er sicher zurückkehrt», hatte Kriener im Fernsehsender NTN24 gesagt. Guaidós Rückkehr nach Venezuela sei «ein Schritt hin zu einem politischen und friedlichen Prozess zur Überwindung der Krise in Venezuela», twitterte die Deutsche Botschaft in Caracas.

Damit hatte Kriener den Bogen offenbar überspannt. Vizepräsidentin Delcy Rodríguez erwähnte die Begebenheit explizit in ihrer Stellungnahme: «Es muss erwähnt werden, dass Kriener am vergangenen Montag am internationalen Flughafen Maiquetía vorstellig wurde, um bei der Ankunft des abtrünnigen Abgeordneten Juan Guaidó anwesend zu sein.»

In dem südamerikanischen Land tobt seit Wochen ein erbitterter Machtkampf zwischen Maduro und Guaidó. Der junge Abgeordnete hatte sich am 23. Januar zum Interimspräsidenten erklärt und den Staatschef damit offen herausgefordert. Zahlreiche Staaten, darunter auch Deutschland, haben Guaidó bereits als rechtmäßigen Übergangspräsidenten anerkannt.

Mit der Anerkennung rückte die Bundesregierung von ihrer bisherigen Praxis ab, nur Staaten, nicht aber Regierungen förmlich anzuerkennen. Laut einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags gab es zudem «starke Gründe für die Annahme», dass die Anerkennung Guaidós eine Einmischung in innere Angelegenheiten sei.

Dem Gutachten zufolge ist es für die Frage der völkerrechtlichen Zulässigkeit wichtig, ob sich der neue Präsident bereits endgültig durchgesetzt hat. Die Anerkennung dürfe nicht vorzeitig erfolgen. Diese Frage lasse sich im Fall Venezuelas allerdings nicht zweifelsfrei beantworten. Zugleich betont das Gutachten: «Die bloße Anerkennung verleiht der neuen Regierung keine Legitimität.»

Tatsächlich verfügt Guaidó trotz der Anerkennung durch die USA, zahlreiche EU-Länder und viele lateinamerikanische Staaten in Venezuela selbst noch immer über keine echte Machtposition. Zwar kommen regelmäßig Tausende Anhänger zu seinen Kundgebungen, aber der Staatsapparat ist größtenteils weiterhin auf Regierungslinie. Vor allem die mächtigen Militärs halten Maduro noch immer die Treue.

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Jurgen Steinhoff 08.03.19 10:45
Endlich ein Diplomat mit "Eiern in der Hose"
Ein mutiger Auftritt ist besser als nur zu ducken. Wenn man kein Fan von Diktator Maduro ist, der das Parlament entmachtet hat, dem über 3 Millionen Bürger davongelaufen sind und dem es egal ist, dass das Volk leidet, der kann so einen Fanatismus nicht unterstützen. Was ist denn falsch an wirklich freien Wahlen ohne Betrug? Wovor hat der angeblich demokrarisch gewählte President Angst. Wenn das Volk ihn haben will, kann er das durch eine freie Wahl mit int. Beobachtern doch beweisen? Es lebe ein wirklich freies Venezuela.
Norbert Kurt Leupi 07.03.19 14:39
Adios Kriener-Koffer packen
Der Fall ist mehr als eindeutig , Einmischung in die inneren Angelegenheiten Venezuelas und Anerkennung eines "selbst ernannten Präsidenten " ! Damit hat die Regierung Maduro nur das " Wiener - Abkommen über diplomatische Beziehungen " , mit Recht , durchgesetzt !