Parlamentswahlkampfbeginnt nach umstrittener Kandidatenwahl

Ali Laridschani, Präsident des iranischen Parlaments, spricht während einer Parlamentssitzung. Foto: -/Icana /dpa
Ali Laridschani, Präsident des iranischen Parlaments, spricht während einer Parlamentssitzung. Foto: -/Icana /dpa

TEHERAN (dpa) - Eine erwartet niedrige Wahlbeteiligung könnten bei den Parlamentswahlen im Iran eine entscheidende Rolle spielen. Auch die kontroverse Ablehnung zahlreicher Kandidaten beschert einer Fraktion eher schlechte Karten.

Überschattet von der kontroversen Ablehnung moderater Kandidaten hat im Iran der Wahlkampf für die Parlamentswahlen begonnen. Für die Reformer um Präsident Hassan Ruhani geht es bei der Wahl am 21. Februar auch darum, enttäuschte Wähler zu mobilisieren, um den Vormarsch der Hardliner zu stoppen.

Für die Wahl dieses Jahr haben die Reformer schon im Vorfeld schlechte Karten. Der laut Verfassung für die ideologische Qualifikation der Kandidaten zuständige Wächterrat hat eine große Anzahl der reformorientierten und moderaten Kandidaten ohne eine plausible Erklärung abgelehnt.

Insgesamt wurden mehr als 7.000 Kandidaten für das Rennen um die 290 Parlamentssitze zugelassen. Allein in der Hauptstadt Teheran stehen mehr als 1.400 Kandidaten zur Wahl. Vergeben werden hier in der Wahl am 21. Februar 30 Sitze. Die Sitze in der Hauptstadt gelten als besonders wichtig und politisch richtungsweisend.

Da es im Iran kein Parteiensystem gibt, konkurrieren hauptsächlich diverse Fraktionen untereinander. Die vier wichtigsten sind die Reformer um Präsident Hassan Ruhani, die Neokonservativen, die Erzkonservativen und die Hardliner. Wahlberechtigt sind laut Innenministerium fast 58 Millionen der 83 Millionen Iraner.

Bei der letzten Wahl 2016 gingen alle Teheraner Sitze an die Reformerliste, was für die Hardliner und Erzkonservativen eine herbe Niederlage bedeutete. Die Wahl entschied damals eine Koalition der pro-Ruhani Reformer und der relativ moderaten Neokonservativen um Parlamentspräsident Ali Laridschani für sich.

Unbestätigten Medienberichten zufolge kommen mehr als 75 Prozent der zugelassenen Kandidaten aus den Lagern der Konservativen und Hardliner. Die Reformer sollen nicht mal genügend Kandidaten für eine Liste in Teheran haben, geschweige denn in den Provinzen.

Auch Präsident Ruhani zeigte sich darüber erbost. «Die größte Gefahr für eine Demokratie und einen Staat ist, wenn es keine Auswahl gibt und die Wahlen zu einer reinen Formalität werden», sagte er.

Viele Beobachter im Land gehen besonders in der Hauptstadt Teheran von einer niedrigen Wahlbeteiligung aus. Ruhani mahnte, das gesamte System solle sich der außenpolitischen Folgen bewusst sein. «Unsere Feinde wollen der Welt beweisen, dass der Iran eine isolierte Insel ist», sagte Ruhani. Dies würde ihnen bei geringer Beteiligung gelingen.

Den Hardlinern und Erzkonservativen würde eine niedrige Wahlbeteiligung aber wohl nicht schaden, da deren Anhänger regelmäßig wählen gehen. Die beiden Flügel hatten in den letzten sieben Jahren alle Wahlen verloren und hoffen nun auf ein politisches Comeback. Einige von ihnen sollen im Falle eines Sieges als erstes ein Amtsenthebungsverfahren gegen Ruhani planen, um die Weichen für einen Präsidenten aus ihren eigenen Reihen zu stellen.

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