Kann die PiS ihren Erfolg wiederholen?

Foto: epa/Jakub Kaminski
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WARSCHAU (dpa) - Am 13. Oktober wählen die Polen ein neues Parlament. Alles deutet auf einen Sieg der nationalkonservativen Regierungspartei PiS hin. Die punktet bei den Wählern mit Sozialreformen. Doch in Brüssel überlegt man, wie es nach schwierigen Jahren mit Warschau weitergehen soll.

Mit deutlichen Worte schlugen gleich drei ehemalige polnische Staatschefs vor der Parlamentswahl in ihrem Land Alarm. «Am 13. Oktober stehen bei uns keine normalen Wahlen an. Vielmehr wird sich entscheiden, ob Polen ein demokratischer Rechtsstaat sein wird oder weiter in Richtung einer autoritären Diktatur abgleitet», heißt es in einem offenen Brief von Lech Walesa, Aleksander Kwasniewski und Bronislaw Komorowski. Die Ex-Präsidenten befürchten negative Folgen, sollte die nationalkonservative Regierungspartei «Recht und Gerechtigkeit (PiS) ihren Wahlerfolg von 2015 wiederholen.

Auch in Berlin und Brüssel wird man den Ausgang der Abstimmung genau beobachten. Denn die PiS-Regierung hat nicht nur mit ihren Entschädigungsforderungen das Verhältnis zu Deutschland abgekühlt und Widerstand gegen die EU-Asylpolitik geleistet. Wegen ihrer umstrittenen Justizreform hat die EU-Kommission bereits mehrere Klagen beim Europäischen Gerichtshof erhoben.

Alle Umfragen sehen die PiS mit Regierungschef Mateusz Morawiecki als Spitzenkandidaten mit deutlichen Vorsprung vorn. Die Partei kommt in jüngsten Umfragen auf Werte zwischen 42 und 48 Prozent. Ob das reichen wird, um erneut die absolute Mehrheit der 460 Sitze im Sejm zu ergattern, ist noch nicht klar.

Die Opposition hat einen schweren Stand. Das liberalkonservative Bündnis Bürgerkoalition (KO), das aus der früheren Regierungspartei Bürgerplattform (PO) hervorgegangen ist, liegt bei 26 bis 29 Prozent. Die nur fünf Wochen vor der Wahl nominierte Spitzenkandidatin Malgorzata Kidawa-Blonska hat es nicht geschafft, die Werte zu verbessern. Voraussichtlich werden auch das Linksbündnis SLD und die Polnische Koalition der Bauernpartei PSL in den Sejm einziehen.

Rein rechnerisch sind die Kräfte zwischen PiS und «Anti-PiS», wie die Oppositionsparteien in Polen gerne genannt werden, fast gleich verteilt. Die Opposition ist jedoch untereinander zerstritten und hat im Wahlkampf wenige klare Botschaften vermittelt.

Doch was macht die PiS bei Polens Wählern so beliebt? «Die Partei durchbricht die klassische Aufteilung in Rechte und Linke», sagt der Politologe Jaroslaw Flis. Die PiS propagiere einerseits den Ausbau des Sozialstaats, vertrete aber anderseits die Position der Rechten, dass über Lebensstil und Moralfragen die Gemeinschaft entscheide - nicht das Individuum. «Beides sind Ansichten, die besonders von ärmeren Menschen vertreten werden», so Flis.

Polen muss beim Sozialstaat zu Westeuropa aufschließen, argumentiert PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski im Wahlkampf. Er verweist auf Reformen seiner Partei. Familien erhalten Kindergeld in Höhe von monatlich 500 Zloty (115 Euro) pro Kind. Berufsanfänger sind von der Einkommenssteuer befreit. Rentner erhielten im Mai eine Einmalzahlung von umgerechnet 254 Euro. Möglich ist das alles, weil die polnische Wirtschaft stabil gewachsen ist.

Und Kaczynski verspricht noch mehr: Rentner-Prämie auch in den kommenden Jahren, höherer Mindestlohn, Steuererleichterungen für Kleinunternehmer. Der Parteichef verbindet dies mit erzkonservativen Botschaften. «Eine normale Familie - das sind Mutter, Vater und Kinder», wettert der 70-Jährige gegen die Homoehe.

«Niemand soll anderen vorschreiben, was eine normale Familie ist», kontert die KO-Spitzenkandidatin Kidawa-Blonska. Sie wirbt für eingetragene Partnerschaften, die es in Polen noch nicht gibt. Den Umbau der Justiz will sie rückgängig machen. Doch ihre Aufrufe zu mehr Toleranz verblassen angesichts der üppigen Versprechen der PiS.

Die Liberalkonservativen sind dadurch heftig in die Defensive geraten. Sie und die anderen Oppositionsparteien eifern der PiS mit eigenen Sozialprogrammen nach. Vor allem aber müssen die Oppositionsvertreter immer wieder eines betonen: Dass sie bei einem Machtwechsel den Bürgern die neuen Sozialleistungen nicht wieder wegnehmen werden. Denn diese Angst schürt die PiS geschickt mit ihren Wahlkampfspots - und mobilisiert so ihr Elektorat.

Für die EU wird die Wahl in Polen sicher Anlass zum Nachdenken, wie es nach schwierigen Jahren mit Warschau weiter gehen soll. Ende 2017 hatte die EU-Kommission wegen der PiS-Justizreformen ein Rechtsstaatsverfahren nach Artikel 7 gestartet. Die Maßnahme wegen mutmaßlicher Verstöße gegen EU-Grundwerte gilt als «Atombombe», weil sie im Extremfall die EU-Stimmrechte eines Landes auf Eis legen könnte. Das Verfahren tritt allerdings seit Monaten auf der Stelle.

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