Papst prangert Gleichgültigkeit gegenüber Schicksal von Migranten an

Papst Franziskus nimmt an einem marianischen Gebet mit dem Diözesanklerus in der Basilika Notre-Dame de la Garde in Marseille teil. Foto: epa/Alessandro Di Meo
Papst Franziskus nimmt an einem marianischen Gebet mit dem Diözesanklerus in der Basilika Notre-Dame de la Garde in Marseille teil. Foto: epa/Alessandro Di Meo

MARSEILLE: Papst Franziskus findet an einem Monument für im Mittelmeer ertrunkene Migranten in Marseille klare Worte. Die Zivilisation könne die Tragödien auf dem Meer nicht länger gleichgültig hinnehmen. Menschen in Not müssten gerettet werden, das sei eine Pflicht.

Papst Franziskus hat Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der Migranten angeprangert, die von Afrika aus versuchen, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. «Gewöhnen wir uns nicht daran, Schiffbrüche als Schlagzeilen und die Toten auf See als bloße Zahl zu betrachten», sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche am Freitag zum Auftakt eines Besuchs in der französischen Hafenstadt Marseille. «Menschen, die zu ertrinken drohen, wenn sie auf den Wellen ausgesetzt werden, müssen gerettet werden. Das ist eine Pflicht der Menschlichkeit, eine Pflicht der Zivilisation», sagte der Pontifex an einem Monument für im Mittelmeer ertrunkene Migranten.

«Und so ist dieses wunderschöne Meer zu einem riesigen Friedhof geworden, wo viele Brüder und Schwestern selbst des Rechtes auf ein Grab beraubt werden - nur die Menschenwürde wird hier begraben», sagte der Papst. «Freunde, auch vor uns liegt ein Scheideweg: Auf der einen Seite die Geschwisterlichkeit, die die menschliche Gemeinschaft mit Guten bereichert; auf der anderen Seite die Gleichgültigkeit, die das Mittelmeer mit Blut befleckt», mahnte der 86-Jährige.

«Wir befinden uns an einem Scheideweg der Zivilisation. Wir können uns nicht damit abfinden, Menschen zu sehen, die als Tauschware behandelt, eingesperrt und auf grausame Weise gefoltert werden, wir können nicht länger die Tragödien von Schiffbrüchen mit ansehen, die durch abscheulichen Menschenhandel und einen Fanatismus der Gleichgültigkeit verursacht werden», sagte das Kirchenoberhaupt.

Das Schicksal von Migranten steht im Zentrum des Marseille-Besuchs von Franziskus anlässlich eines Jugendtreffens mit Teilnehmern aus 29 Ländern des Mittelmeerraums. Allein auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa landeten in diesem Monat mehr als 10.000 Migranten. Immer wieder kommt es auch zu tödlichen Zwischenfällen. Über die Zustände dort äußerte der Papst sich zum Auftakt seiner Reise erschüttert. «Die Lage auf Lampedusa ist grausam, ein schrecklicher Mangel an Menschlichkeit.»

Franziskus äußerte sich auf dem Hinflug vor Journalisten auch zur Situation in Libyen, wo viele Migranten darauf warten, übers Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Wörtlich sagte er nach einem Bericht des italienischen Fernsehsenders RAI: «Sie halten sie in Libyen in Lagern fest und werfen sie dann ins Meer.» Viele der Boote, die Menschen gegen Bezahlung aus afrikanischen Ländern nach Lampedusa bringen, kommen aus Libyen und Tunesien. Immer wieder ertrinken Migranten bei der Überfahrt.

Auch bei einem Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Samstag wird Migration nach französischen Angaben ein wichtiges Thema sein. Zu einer Messe im Stadion Vélodrome werden 60.000 Gläubige erwartet.

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