Papst besucht Holocaust-Mahnmal und kleine Nonnen-Einrichtung

Der slowakische Präsident Zuzana Caputova (R) begrüßt Papst Franziskus im Präsidentenpalast in Bratislava. Foto: epa/Christian Bruna
Der slowakische Präsident Zuzana Caputova (R) begrüßt Papst Franziskus im Präsidentenpalast in Bratislava. Foto: epa/Christian Bruna

BRATISLAVA: Papst Franziskus reist in die Slowakei - und viele fragten sich, weshalb. Nun wird seine Botschaft klarer. Beim Treffen mit den Bischöfen weicht er öfter von seinem Redetext ab - für einen Witz.

Papst Franziskus hat während seines Besuchs in der Slowakei seine Botschaft von Gemeinschaft in der Welt und Offenheit in der Kirche verbreitet. Bei einem Treffen mit Präsidentin Zuzana Caputova forderte das vatikanische Staatsoberhaupt am Montag mehr Gemeinschaft - eine Botschaft, die er aus der Slowakei heraus nach ganz Europa zu verbreiten wollen scheint.

Gleich danach redete Franziskus in der Kathedrale St. Martin, vor Vertretern der katholischen Ortskirche. Der slowakische Klerus gilt als verschlossen und nicht auf Franziskus' Linie. Die Bischöfe mussten durchaus befürchten, dass der Papst ihnen die Leviten liest. In seiner Rede forderte er die Kirche auf, sich dem «realen Leben der Menschen» wieder zu nähern. «Das Zentrum der Kirche ist nicht die Kirche», erklärte der 84-Jährige.

In der Rede vor einigen Hunderten Gläubigen und Kirchenvertretern wich der sichtlich gut aufgelegte Franziskus mehrmals von seinem Redetext ab, sorgte mit Anekdoten für Lacher. So erzählte er von einem Brief eines Bischofs, der klagte, sein Land habe 400 Jahre unter den Türken und 50 unter den Kommunisten gelitten, aber die vergangenen sieben Jahre mit dem dortigen Apostolischen Nuntius, dem vatikanischen Botschafter, seien schlimmer gewesen.

Viele offizielle Treffen zum Beginn gehören zum Standard auf Papstreisen, da Franziskus auch als Staatsoberhaupt die Länder besucht. Mit seinen Treffen darüber hinaus kann er seine Richtung vorgeben. In Bratislava besuchte er einen bislang unscheinbaren Schwesternorden, der sich um Obdachlose und Bedürftige kümmert. In diesem «Zentrum Betlehem» arbeiten die Missionarinnen der Nächstenliebe, ein von Mutter Teresa gegründeter Orden. Von den Balkonen der Plattenbauten beobachteten viele Menschen den Besuch des Papstes. «Danke, für die Arbeit, die Ihr hier leistet», sagte Franziskus zu den Nonnen.

Gleich danach wollte der Pontifex zu einem Holocaust-Mahnmal im Stadtzentrum, am Fischplatz (Rybne namestie) aufbrechen. Dort hatte die jüdische Gemeinde ihre Synagoge. Sie überstand den Zweiten Weltkrieg, die Kommunisten rissen sie im Jahr 1963 jedoch ab. Heute ist der Ort ein Mahnmal im Gedenken an die Holocaust-Opfer.

Antisemitismus und Holocaust sind für die katholische Kirche der Slowakei ein heikles Thema. Die Slowakei war während des Zweiten Weltkriegs ein von Nazi-Deutschland abhängiger Vasallenstaat mit dem katholischen Priester Jozef Tiso als Präsidenten und anderen führenden Klerikern als aktiven Unterstützern. Das Tiso-Regime verbot alle demokratischen Parteien und deportierte nahezu 70.000 Juden in deutsche Konzentrationslager wie Auschwitz und Theresienstadt.

Die Kirchen-Repräsentanten befürchteten noch immer, dass sie etwas von ihrer Machtposition verlieren, wenn sie die Mitschuld oder zumindest die Passivität der Kirche gegenüber der jüdischen Tragödie eingestehen würden, meint der frühere Parlamentspräsident und Symbolfigur der katholischen Slowakei, Frantisek Miklosko. Slowakische Medien kritisieren seit langem, dass der Klerus sich nie zu einer eindeutigen Distanzierung oder gar Verurteilung Tisos durchgerungen hat.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.