Orban deutet Möglichkeit eines EU-Austritts an

Foto: epa/Yuri Kochetkov
Foto: epa/Yuri Kochetkov

BUDAPEST: Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat erstmals die Möglichkeit eines EU-Austritt seines Landes angedeutet. Die Europäische Union führe unter dem Schlagwort des Rechtsstaats «einen heiligen Krieg, einen Dschihad», sagte der rechtsnationale Politiker am Samstag in einer Rede vor Anhängern in Budapest. Zugleich forderte er von der EU «Toleranz» gegenüber Ungarn. Ansonsten werde es nicht möglich sein, weiterhin einen gemeinsamen Weg zu gehen.

Orban sprach wenige Tage, bevor der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg über den neuen Rechtsstaatsmechanismus der EU befinden soll. Die Regelung sieht vor, dass Ländern, die gegen Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit verstoßen, Mittel aus dem gemeinsamen EU-Haushalt gekürzt werden können. Ungarn und Polen hatten gegen den im Dezember 2020 beschlossenen Mechanismus geklagt. Der EuGH soll am kommenden Mittwoch (16. Februar) sein Urteil verkünden.

EU-Gremien und Menschenrechtsorganisationen werfen Orban, der seit 2010 in Ungarn regiert, den Abbau von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vor. Orban trat dieser Einschätzung am Samstag entgegen. «Für sie ist der Rechtsstaat ein Mittel, mit dessen Hilfe sie uns zu etwas kneten wollen, was ihnen ähnelt», sagte er.

Ungarn würde aber nicht so werden wollen wie Westeuropa, so wie es umgekehrt vom Westen nicht erwarte, dass dieser die ungarische Asyl- oder Familienpolitik übernehme. Ungarn wolle «trotz wachsender kultureller Entfremdung» die EU zusammenhalten. Deshalb habe Budapest sowohl Brüssel als auch Berlin schon mehrfach «Toleranzangebote» unterbreitet. «Es gibt keine andere Lösung, nur die Toleranz. Nur so können wir einen gemeinsamen Weg finden», führte Orban weiter aus.

Die EU-Mitgliedschaft wird in Ungarn von fast 80 Prozent der Menschen begrüßt. Orban hatte in der Vergangenheit immer wieder scharfe Attacken gegen die «Bürokraten in Brüssel» geritten, sich aber mit Austrittsdrohungen zurückgehalten. Seine jährliche «Rede zur Lage der Nation» fiel am Samstag mit dem Wahlkampfauftakt zusammen.

Am 3. April wählen die Ungarn ein neues Parlament. Orban sieht sich erstmals einer geschlossen antretenden Opposition gegenüber, deren Bündnis von links bis rechts reicht. Meinungsumfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus.

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Leserkommentare

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Frank Filser 27.02.22 15:18
Waehlt gut ....
Ungarn waehlt gut und weise.

Die Auswirkungen sind auf Ungarn und die EU und die Welt.
aurel aurelis 13.02.22 18:20
Umfinanzieren
Polen, Ungarn, usw. deren Bonzen wir fälschlich groß gefüttert haben lassen sich leicht zur Räson bringen.
Die größeren dort angesiedelten Betriebe in Kurzarbeit schicken oder schließen. Dann werden die eigenen Leute streiken und sich das gestohlene Geld wieder von den Bonzen holen. Es geht doch nicht um links oder rechts. Es geht nur darum, dass sie die Bonzen Geld zusammen klauen und die öffentliche Meinung ablenken wollen.
Ingo Kerp 13.02.22 16:10
Ob sich da der gute Herr Orban nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt hat? 80% der ungar. Bevoelkerung sind für die EU und in Ungarn stehen Wahlen an. Vielleicht nicht der geschickteste Schachzug, jetzt mit einem EU Austritt zu drohen.
David Ender 13.02.22 13:30
Eine Frage der Werte ...
Hier muessen sich die Ungarn (nicht Orban) entscheiden: Wollen sie im grossen und ganzen auf Basis der liberalen Werte der EU leben, oder sind ihnen womoeglich die Werte des Schwellenlandes Russlands naeher? Dann sollen sie austreten, allerdings eben auch auf die Investitionen jender Industriestaaten verzichten, welche auf Basis eben genau dieser liberalen Werte einen mehrfachen Wohlstand im Vergleixh zu Russland (oder auch Ungarn) erreicht haben. Audi-Werk in Gyoer zusperren, ebenso Autoproduktion stoppen von BMW, Benz, Opel usw. Und die EU-Zahlungen nach Budapest beenden. Pro-Kopf zaehlen die Ungarn zu den groessten Netto-Empfaengern. Sicherlich finden sie einen anderen Sponsor - in Moskau oder Peking vielleicht. Die sind ja bekanntlich besonders uneigennuetzig und deren Werte liegen den Ungarn womoeglich auch naeher. Soll passen aus meiner Sicht ... Zollschranken wieder hoch und gut ist.
Man Farang 13.02.22 13:20
Orban
Besser heute als morgen . Und der Steppen-Lukaschenko moege doch den katholischen Gummiball aus Polen und seinen Du-Depp-Da gleich mitnehmen. Die Werte die beide wegen Geld unterschrieben hatten wollten sie ohnehin nie einhalten oder respektieren. Die lachen uns doch aus waehrend wir Knete reinstopfen. Anschliessend muss die EU beiden eine Rechnung ausstellen fuer ausgezahlte Subventionen und EU Gelder, wenn es sein muss kann man die Doerfer und Konzerne die der Familie des Plattensee- Adolfs inzwischen gehoeren ueber den Int'n Gerichtshof enteignen und der Allgemeinheit zufuehren , denn der sind diese ja geklaut worden. Dann waere es prima sofort mit der Bildung einer EU Armee zu beginnen und unsere Affairen selbst in die Hand zu nehmen um auch von den sogenannten "Freunden" in Uebersee unabhaengig zu werden und ihm ob dessen Drohung unsere Entscheidungen gegen sein vergoldetes Gas notfalls mit Gewalt zu forcieren, mit dem sehr unbequemen und etwas gewalttaetigen aber immerhin europaeischen Nachbarn Russland zu einer Einigung zu kommen und gemeinsam dem Feind China entgegenzutreten, der sich klammheimlich bereits ueberall eingeschlichen und uns unterminiert hat, unsere Entwicklungen geklaut hat und die Freiheit der ganzen Menschheit als antiquarisch bedroht als waere es sein Recht . Mao sagte ja : das Recht kommt aus dem Ende des Gewehrs und der boese Kaiser setzt es um, nachdem sich unsere Konzerne von ihm abhaengig gemacht haben um des lieben "shareholder values" wegen.
Guenter Scharf 13.02.22 12:00
Austritt Ungarns
Soll sich Orban bzw. Ungarn doch zum Austritt entschließen. Dann ist die EU einen Querulanten los.