BERLIN: Olaf Ludwig gewann Etappen bei der Tour de France und wurde Olympiasieger. Aktuell sieht er den deutschen Radsport in einer schwierigen Position.
Der dreimalige Tour-de-France-Etappensieger Olaf Ludwig vermisst einen deutschen Radsportler in der Weltspitze und sieht für seine Sportart einen schweren Stand in Deutschland. «Wir haben einige gute Jungs wie Lennard Kämna, Nils Politt oder Emanuel Buchmann, die immer mal wieder punktuell vorne reinfahren können. Das sind super Rennfahrer. Aber ich glaube nicht, dass es reicht, um konstant vorne mitmischen zu können», sagte der Olympiasieger von 1988 in einem Interview im Rahmen des Charity Bike Cups in Marbach.
Entsprechend schätzt Ludwig die Begeisterung in Deutschland für den Radsport nüchtern ein. «Ich glaube nicht, dass wir aus Deutschland noch eine Radsportnation machen», so der 63-Jährige: «Mein Eindruck ist, dass sich die Deutschen mit Ausnahme vom Fußball nur dann für Sportarten interessieren, wenn auch Deutsche gewinnen. Und auf den Radsport bezogen selbst dann nur, wenn es um die Tour de France geht.»
Ludwig war einst für das Team Telekom bei der Tour de France gefahren, anschließend wechselte er in die sportliche Leitung des Rennstalls und war später auch Teamchef von Jan Ullrich, dem einzigen deutschen Toursieger. Nach dem Fuentes-Skandal um Ullrich und weiteren Radprofis musste auch Ludwig seinen Posten räumen. Heute verfolgt er den Sport aus einer «gewissen Distanz», wie er sagt: «Das ist nicht mehr mein Radsport. Aber bitte nicht falsch verstehen: Ich meine das gar nicht wertend.»
Damit spricht Ludwig die Professionalisierung und Verwisschenschaftlichung des Radsports an. Aber auch bei Rennen wie der Tour müsse es «immer noch höher gehen, immer noch brutaler werden», so der einstige Friedensfahrt-Gewinner: «Vier Berge? Ach ne, lass lieber fünf machen. Spektakel, Spektakel, Spektakel. Muss das wirklich sein?» Eine Tour de France sei mittlerweile «modernes Gladiatorentum».