ÖVP droht historisches Debakel 

​Bei Tiroler Landtagswahl

Karl Nehammer, Austrian Chancellor, in Vienna. Photo: epa/MAX BRUCKER
Karl Nehammer, Austrian Chancellor, in Vienna. Photo: epa/MAX BRUCKER

INNSBRUCK: Die Umfragen deuteten eine Katastrophe für die ÖVP an: Bei der Wahl in Tirol drohte ein Minus von bis zu 20 Prozentpunkten. So schlimm kam es nicht, aber es wurde schlimm genug.

In Österreich hat die konservative ÖVP bei der Landtagswahl in Tirol ein Debakel erlebt. Die Partei von Kanzler Karl Nehammer stürzte laut vorläufigem Endergebnis im Vergleich zur letzten Wahl 2018 um rund zehn Prozentpunkte auf ein historisches Tief von 34,7 Prozent. Ihr bisher schlechteste Ergebnis in Tirol lag bei 39,3 Prozent. Die rechte FPÖ kommt bei spürbaren Zugewinnen den Angaben zufolge auf den zweiten Platz mit 18,9 Prozent. Die sozialdemokratische SPÖ stagniert bei 17,5 Prozent. Die Grünen, Koalitionspartner der ÖVP, kommen auf 9,2 Prozent. Eine Fortsetzung dieses Bündnisses ist nun auch rechnerisch nicht mehr möglich. Die liberalen Neos erreichen 6,3 Prozent. Die Liste Fritz, die sich unter anderem für bessere Bildungsangebote und bezahlbares Wohnen einsetzt, klettert auf 9,9 Prozent.

«Wir haben verloren, das ist uns bewusst», sagte ÖVP-Spitzenkandidat Anton Mattle. Der 59-jährige Tiroler Wirtschaftsminister stellte den Führungsanspruch der ÖVP als stimmenstärkste Partei. Die ÖVP sei bei Beginn des Wahlkampfs von 25 Prozent gestartet und habe dank einer Aufholjagd deutlich zugelegt, so Mattle. Man werde alles tun, um das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen. Mattle schloss erneut eine Koalition mit der FPÖ aus. Vieles spricht nach Meinung von Beobachtern nun für ein Bündnis mit der SPÖ. Die ÖVP stellt in Tirol seit 77 Jahren den Ministerpräsidenten.

Der 59-Jährige hatte mit einem eher geringen Bekanntheitsgrad zu kämpfen. Der langjährige Ministerpräsident Günther Platter hat seinen Posten erst mit der Wahl abgegeben. Dadurch fehlte Mattle ein etwaiger Amtsbonus. Bei der Wahl 2018 profitierte die Landespartei vom bundespolitischen Rückenwind durch den damals parteiintern noch gefeierten Neu-Kanzler Sebastian Kurz. Dieser bundespolitische Effekt blieb diesmal aus. Obendrein trüben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Korruptionsvorwürfen gegen ehemalige ÖVP-Spitzenpolitiker das Image der Partei.

Die für die Wähler wichtigsten Themen waren die Teuerung, die Sicherung der Energieversorgung sowie leistbares Wohnen, wie aus einer Wahltagsbefragung der Institute Sora und ISA sowie des ORF hervorgeht. Corona spielte nur eine untergeordnete Rolle. So scheiterte die impfkritische Partei MFG (Menschen - Freiheit - Grundrechte) auch deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde.

Die Landtagswahl in Tirol ist Auftakt einer Wahlserie in Österreich. Am 9. Oktober wird der Bundespräsident gewählt. 2023 folgen drei Landtagswahlen - unter anderem in Niederösterreich und Salzburg, zwei weiteren Kernländern der ÖVP.

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