Impfpflicht und Impf-Lotterie

​Zuckerbrot und Peitsche 

Ein Aufkleber, der auf die Maskenpflicht hinweist, ist in einem Parkhaus an der Türe angebracht. Foto: Felix Kästle/dpa
Ein Aufkleber, der auf die Maskenpflicht hinweist, ist in einem Parkhaus an der Türe angebracht. Foto: Felix Kästle/dpa

WIEN: Lange Zeit wurde sie ausgeschlossen, jetzt kommt sie doch - die allgemeine Corona-Impfpflicht in Österreich. Das Land geht in der EU damit so weit wie bisher kein anderes Mitglied. Der Erfolg der Maßnahme ist ungewiss.

Mit einer umfassenden Impfpflicht will sich Österreich gegen künftige Corona-Wellen wappnen. Das Parlament segnete den in der Öffentlichkeit kontrovers diskutierten Schritt am Donnerstag mit breiter Mehrheit ab. Österreichs Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) verteidigte die Impfpflicht als Akt der Solidarität. «Je mehr Menschen eine Corona-Schutzimpfung haben, desto weniger sterben an den Folgen einer Corona-Pandemie», sagte der Minister am Donnerstag im Parlament. Bis auf die rechte FPÖ trägt die Opposition die Maßnahme mit. Der Schritt ist die bisher weitreichendste Regelung in der EU. Italien und Griechenland haben eine Impfpflicht lediglich für ältere Menschen.

Die Regierung agiert mit Zuckerbrot und Peitsche. Denn mit der Impfpflicht wurde auch ein milliardenschweres Paket von Anreizen verabschiedet. Eine Impf-Lotterie soll die Bereitschaft zur Immunisierung steigern. Laut Regierung sind pro Teilimpfung 500 Euro zu gewinnen, die als Gutscheine in der Gastronomie oder im Handel eingelöst werden können.

Teilnehmen können nicht nur Spätentschlossene, sondern auch jene, die schon geschützt sind. Rund jeder zehnte Stich soll so belohnt werden. Für Gemeinden mit einer Impfquote von 80 Prozent werden insgesamt 75 Millionen Euro ausgeschüttet, bei 85 Prozent 150 Millionen, und bei 90 Prozent 300 Millionen Euro. In Summe stünden bis zu 1,4 Milliarden Euro zur Verfügung, sagte Kanzler Karl Nehammer von der konservativen ÖVP.

Die Impfpflicht soll für alle Bürger gelten, die mindestens 18 Jahre alt sind. Ausnahmen sind vorgesehen für Schwangere sowie alle, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen dürfen. Auch Genesene sind bis 180 Tage nach der Erkrankung von der Impfpflicht befreit. Bei Verstößen gegen die Verpflichtung drohen einkommensabhängige Strafen von bis zu 3600 Euro. Der Bundesrat, also die Länderkammer, muss dem Gesetz voraussichtlich am 3. Februar ebenfalls noch zustimmen - das gilt aber als Formsache.

Auch die Chefin der oppositionellen Sozialdemokraten stellte sich hinter den Plan. «Die Impfung rettet Leben, das eigene und das Leben anderer», sagte die SPÖ-Vorsitzende und Epidemiologin Pamela Rendi-Wagner. Die liberalen Neos forderten einen Fahrplan für die Aufhebung der Freiheitsbeschränkungen. Die rechte FPÖ ist als einzige Parlamentspartei gegen den Schritt. «Die Einführung dieses Zwangs ist ein gigantischer Anschlag auf die Freiheit der Menschen in Österreich, ein Attentat auf die Menschenwürde der Bevölkerung», sagte FPÖ-Chef Herbert Kickl.

Das Gesetz soll in mehreren Stufen umgesetzt werden. Erst ab Mitte März sind stichprobenartige Kontrollen durch die Behörden vorgesehen. So soll zum Beispiel die Polizei bei ihren Einsätzen auch den Impfstatus überprüfen. Vonseiten der Polizeigewerkschaft gab es wegen dieser zusätzlichen Aufgabe auch Kritik. Die ursprünglich geplante lückenlose Kontrolle durch einen Abgleich des Melderegisters mit dem Impfregister ist nur noch als Möglichkeit vorgesehen. Diese Maßnahme soll davon abhängig gemacht werden, ob die Impfquote wie erhofft deutlich steigt.

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) bezeichnete eine Quote von 85 bis 90 Prozent unter der impfbaren Bevölkerung ab fünf Jahren als Ziel. Aktuell liegt sie bei rund 75 Prozent. Die Impfquote der Gesamtbevölkerung liegt bei 72 Prozent.

Die Regierung aus ÖVP und Grünen hatte eine Impfpflicht lange ausgeschlossen. Ein Strategiewechsel erfolgte im November 2021 in der vierten Corona-Welle. Der damals erneut verhängte dreiwöchige Lockdown soll die letzte Ausgangsbeschränkung gewesen sein, so die Hoffnung.

Der ursprüngliche Gesetzentwurf wurde auch unter dem Eindruck einer Rekordzahl von Stellungnahmen in seinem Charakter noch wesentlich geändert. Statt von einem Automatismus sei das Gesetz nun von Flexibilität geprägt, hieß es jüngst bei einer Parlamentsanhörung.

«Ich kann mich kaum an ein Gesetz erinnern, das derart aufwendig vorbereitet wurde», sagte der Verfassungsjurist Heinz Mayer der Deutschen Presse-Agentur. Die bis Mitte März geltende Frist, die Impfung straffrei nachholen zu können, sei angemessen. Flexibel sei der Gesundheitsminister auch beim Kreis der zugelassenen Impfstoffe, deren Auswahl nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen erfolgen könne. Zwar würden Impfgegner wohl zig Tausende von Verfahren anstrengen, aber sie müssten dies jeweils gut begründen. «Zu sagen, «Ich lasse mich nicht impfen, das Gesetz ist verfassungswidrig», das reicht nicht», so Mayer.

Auch auf europäischer Ebene seien im Streitfall die juristischen Aussichten gut. «Die Chancen sind intakt, dass es vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hält», sagte Mayer.

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Andreas Keasling 21.01.22 21:30
Natürlich reicht es nicht...
einfach zu sagen, das Gesetz ist verfassungswidrig um zu begründen dass man nicht geimpft werden möchte. Allein der freie Wille ist ja mit dem Gesetz ausgeschlossen. An seine Stelle ist eine willkürlich festgesetzte, jeglicher Begründung entbehrte Impfflicht. An Gründen mangelt es also nicht. Eine Gen Therypie die Impfung genannt wird, deren Wirkung aber so mangelhaft ist dass man sie vernachlässigen kann. Weder wird eine weitergabe der Infektion unterbunden, noch wird verlässlich eigene Infektion, noch wird verlässlich eigene Erkrankung, noch wird verlässlich eigene schwere Erkrankung unterbunden. Man kann mit Fug und Recht fragen: " Wozu dient diese sogenannte Impfung eigentlich". Denn genau dieser Umstand ist ja der Grund für das Rätselraten was sich als wahrer Grund dahinter verbergen könnte, wenn es denn nicht gesundheitlich wirksame Gründe sind die dazu berechtigen. Und auch meiner Meinung nach ist eine solche "Impfung" so überflüssig wie ein Kropf, angesichts der Tatsache, dass schon im Jahr 2020, mit der gefährlicheren Alpha Variante keine Übersterblichkeit zu sehen war und 80% der PCR positiven symptomlos war. Warum diese Impfen? Das wäre nur sinnvoll gewesen, wenn damit eine Weitergabe des Virus unterbunden wäre. ist es aber nicht. Allein der Umstand dass man evtl. nicht schwer erkranken könnte, reicht doch nicht für eine Allgmeine Impfpflicht die mehr Risiken bietet als positive Wirkung. Und alle Statistiken zeigen genau das.
Jürgen Franke 21.01.22 19:20
In Österreich wurde über die Einführung
der Impfpflicht abgestimmt. So funktioniert Demokratie.
Andreas Keasling 21.01.22 19:00
Nun, die Meinung
von Heinz Meyer, ist auch nur eine Meinung. Es gibt sicher zahllose weitere Verfassungsrechtler die gegensätzlicher Meinung sind. In einem gebe ich ihm allerdings Recht. Ein Gang vor den europäischen Gerichtshof wird wohl nicht erfolgreich sein. Eine Krähe hackt bekanntlich einer anderen kein Auge aus. Genau das ist ja das Dilemma das wir auch schon innerhalb Deutschlands haben. Einige Richter wurden diszipliniert, schon duckt sich der Rest. Ein unabhängiges Rechtssystem ist das nicht mehr, und ein moralisches Recht auf Polen oder Ungarn zu zeigen, haben diese Regierungen sowohl in Österreich als auch in Deutschland und Frankreich, verwirkt.
Dracomir Pires 21.01.22 15:30
Oh diese armen Österreicher
Man sagt, dass jedes Land jene Regierung habe, die es verdient. Aber nein, das stimmt diesmal nicht. Die Österreicher sind viel zu sympathisch, um diese panische Regierung ertragen zu müssen.