Große Folgeschäden durch zweite Corona-Welle

Touristen warten neben einer Souvenir-Ausstellung an der Alpspitzbahnstation der Alpspitzbahn im Wettersteingebirge bei Garmisch-Partenkirchen. Foto: epa/Philipp Guelland
Touristen warten neben einer Souvenir-Ausstellung an der Alpspitzbahnstation der Alpspitzbahn im Wettersteingebirge bei Garmisch-Partenkirchen. Foto: epa/Philipp Guelland

BERLIN: Führende Ökonomen haben sich besorgt über die gestiegene Zahl der täglichen Corona-Infektionen geäußert. «Eine zweite Welle könnte wirtschaftlich schädlicher sein als die erste Welle. Denn viele Unternehmen sind angeschlagen, haben hohe Schulden und kaum mehr Rücklagen», sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, der «Rheinischen Post» (Samstag).

Die Erfahrung der USA zeige, dass klare Regeln und frühzeitige Beschränkungen wichtig seien, um eine Infektionswelle so gering wie möglich zu halten und den wirtschaftlichen Schaden zu begrenzen. «Nur wenn sich die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung verantwortlich verhält, kann es gelingen, die Restriktionen zeitlich zu begrenzen und den Schaden zu minimieren», sagte Fratzscher.

Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, ermahnte die Bundesregierung, angesichts des Infektionsgeschehens einen zweiten bundesweiten Lockdown nicht übereilt zu verhängen. «Ein bundesweiter Lockdown setzt eine epidemische Lage von nationaler Tragweite voraus», sagte Hüther der Zeitung. Eine solche nationale Gefahrenlage sei derzeit aber nicht gegeben. «Ich halte einen zweiten bundesweiten Lockdown für weder geboten noch mit Blick auf die sozialen und ökonomischen Kollateraleffekte für verantwortlich», sagte der IW-Chef. «Es muss um regionale Antworten gehen», sagte Hüther.

Auch Mittelstands-Präsident Mario Ohoven appelliert an die Politik, im Falle steigender Infektionszahlen einen zweiten Lockdown zu verhindern. «Es wäre unverantwortlich, die deutsche Wirtschaft durch einen weiteren Lockdown in den Ruin zu treiben», sagte der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW) den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Auch wenn lokale Ausbrüche zu partiell erhöhten Infektionszahlen führen, darf daraus kein zweiter Shutdown entstehen», mahnte Ohoven.

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Bernd Wendland 03.08.20 19:52
Wenn die Verantwortung nicht wäre...
Mehrfach ist diesem Artikel des FARANG von der Verantwortung die Rede. Der Präsident des DIW, Marcel Fratzscher, meint, nur wenn sich die Bevölkerung "verantwortlich" verhalte, könne es gelingen, die Restriktionen zu begrenzen. Gemeint ist aber, dass sich die Menschen nicht "verantwortlich", sondern "verantwortungsvoll" verhalten müssten. -- Mittelstandspräsident Ohoven hingegen meint, es sei "unverantwortlich", die deutsche Wirtschaft mittels eines Lockdowns in den Ruin zu treiben. Er meint aber gar nicht, dass niemand eine Verantwortung trage, sondern dass dies "verantwortungslos" sei. -- IW-Chef Michael Hüther schließlich hat sich vermutlich etwas mehr Zeit bei der Überlegung genommen, wie man das Wort "Verantwortung" sinnvoll einsetzen kann. Allein auch er wird seiner Verantwortung nicht ganz gerecht, da er einen zweiten Lockdown weder für geboten noch mit Blick auf die Kollateraleffekte für "verantwortlich" hält. Gemeint ist jedoch das schöne Wort "verantwortbar". Aus den drei Zitaten ergibt sich nun die Frage, wer für die unzulängliche Ausdrucksweise unserer Wirtschaftsmagnaten -- und hier passt dieses schöne alte Wort endlich einmal -- "verantwortlich" ist. Sollten es die Schulen sein? Das wäre vonseiten unserer Regierung weder verantwortungsvoll noch verantwortbar, sondern schlichtweg verantwortungslos. Oder sollte der Umgang mit dem Wort "Verantwortung" deshalb so vermeintlich ungeschickt sein, weil niemand die Verantwortung für irgend etwas übernehmen möchte?