Opposition lehnt geforderte Zusammenarbeit ab

Olaf Scholz, der deutsche Bundeskanzler, schaut im Schloss Bellevue in Berlin zu. Foto: epa/Filip Singer
Olaf Scholz, der deutsche Bundeskanzler, schaut im Schloss Bellevue in Berlin zu. Foto: epa/Filip Singer

BERLIN/NEUHARDENBERG: Schnelle Vertrauensfrage, wenn die «demokratischen Fraktionen» noch Gesetzen zustimmen. Mit diesem Angebot kommt der Kanzler zunächst nicht weiter. Auch der Vizekanzler meldet sich zu Wort.

Union und FDP lehnen nach dem Aus der Ampel-Koalition die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angebotene Zusammenarbeit im Bundestag ab. «Es ist höchste Zeit, dass der Kanzler angesichts seiner zerbrochenen Koalition die Vertrauensfrage stellt. Das ist eine Selbstverständlichkeit und wird von den Bürgern auch so erwartet», sagte der Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), der «Welt am Sonntag». Anschließend könnten die anstehenden Gesetzesvorhaben unverzüglich weiter beraten und beschlossen werden.

Scholz hatte sich nach dem Bruch seiner Ampel-Koalition gesprächsbereit über den Zeitpunkt einer Vertrauensfrage und der folgenden Neuwahl gezeigt, nachdem er zunächst den 15. Januar für die Vertrauensfrage genannt hatte. Am Rande des informellen EU-Gipfels in Budapest mahnte er aber eine Einigung im Bundestag darüber an, welche Gesetze noch beschlossen werden sollen.

Habeck will keine zu lange Hängepartie

Zweifel an möglichen Bedingungen für eine schnelle Vertrauensfrage meldete Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) an. Dieser Schritt sei Sache des Kanzlers selbst und müsse auch entlang der Organisation einer sicheren Wahldurchführung abgewogen werden, sagte der Wirtschaftsminister am Rande eines Besuchs in Neuhardenberg. Er sei der Meinung, dass es keine zu lange Hängepartie geben sollte. «Wo ich sehr skeptisch bin ist, ob diese guten oder schlechten Gründe - darüber mag man denken, wie man will - vermengt werden sollten mit der Umsetzung politischer Lieblingsprojekte», sagte Habeck.

SPD nennt der Union ihre wichtigen Gesetzesvorhaben

Wie Scholz signalisierte auch SPD-Generalsekretär Matthias Miersch in der «Süddeutschen Zeitung» Bereitschaft für Gespräche mit der Union - verbunden mit Forderungen. «Dabei müssen wir aber stets die Bedenken der Bundeswahlleiterin berücksichtigen und sicherstellen, dass eine faire und ordnungsgemäß vorbereitete Wahl möglich ist», sagte Miersch. Und eine Bedingung sei, dass die Union helfe, noch bestimmte Projekte vor einer Neuwahl im Bundestag zu beschließen.

«Olaf Scholz hat angeboten, dass wir uns konkret mit der Union darüber verständigen, welche wichtigen Projekte wir im Bundestag noch gemeinsam voranbringen - wie Kindergeld, Pflegeversicherung und das Deutschlandticket», betonte Miersch. «Wenn diese konstruktive Zusammenarbeit gesichert ist, können wir gern über den Zeitpunkt der Vertrauensfrage und der Neuwahlen sprechen.»

Besonders forderte Miersch die Union dazu auf, noch das Rentenpaket mit einer Stabilisierung der Altersbezüge gemeinsam zu verabschieden. «Friedrich Merz hat auf dem Deutschlandtag der Jungen Union gesagt, er will keinen Renten-Wahlkampf führen: Dann lassen Sie uns das und das Rentenniveau auf 48 Prozent festschreiben. Das Rentenpaket können wir gemeinsam beschließen.»

Liberale finden den Kanzler unglaubwürdig

Die FDP forderte Scholz erneut auf, zügig den Weg zur Neuwahl freimachen. Dass der Kanzler dies nun mit Hinweis auf staatspolitische Verantwortung hinauszögere, sei völlig unglaubwürdig, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur.

«Die Freien Demokraten hatten ihm das Angebot unterbreitet, die Koalition gemeinsam zu einem geordneten Ende zu bringen und zeitkritische Projekte schnell abzuschließen. Er hat sich jedoch anders entschieden», sagte Djir-Sarai. In den gescheiterten Verhandlungen über die Rettung der Ampel-Koalition hatte der Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner eine geordnete Neuwahl gefordert und Scholz ihn entlassen.

«Die Restregierung des noch amtierenden Bundeskanzlers besteht nun aus zwei Kanzlerkandidaten, die über keine Mehrheit im Parlament mehr verfügen. Unser Land ist führungslos», sagte Djir-Sarai. Es fehle an Kraft und Wille, um die drängenden Probleme zu lösen und die Wirtschaft wieder auf den Erfolgspfad zu führen. Die Hängepartie sei unverantwortlich.

Welcher Neuwahl-Termin ist für die Wahlleiter überhaupt zu schaffen?

Bundeswahlleiterin Ruth Brand hatte allerdings an Scholz appelliert, seinen Zeitplan nicht zu überstürzen. Aus organisatorischen Gründen sei eine Neuwahl im Januar oder Februar riskant, schrieb sie in einem Brief an den Kanzler.

Am Montag wollen sich die Wahlleiter von Bund und Ländern für eine erste Besprechung der Wahlvorbereitung treffen. Einen entsprechenden Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland bestätigte das Büro der Bundeswahlleitung. Wie auch bei regulären Wahlen bestehe Bedarf zum Austausch zum Beispiel über neue Verfahren nach einer Änderung der Bundeswahlordnung.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder
Helge Fitz 20.11.24 10:56
Meine Lust auf Winterwahlkampf ist ähnlich hoch wie die Vorfreude auf eine Blinddarmentzündung. Doch wenn jemand jetzt den letzten Stolz der Unterschicht retten kann
ist es ein respektvolles Ergebnis für die deutsche Linke.
Tim Beam 11.11.24 18:50
@J.F. 07.30 h
Und ich habe heute in Köln erfahren, dass Olaf Schulz immer noch sehr populär ist. Um 11.11 h haben Tausende gerufen "KÖLLE OLAF!"
Norbert Schrader 11.11.24 16:30
Rattenfänger
Der Bundespräsident hat nicht die Meinung anderer angegriffen. Er hat die Extremisten angeprangert. Aber schon wird von QD und VT sein Wortlaut verdreht. Da ein Wort hinzufügen und an anderer Stelle weglassen. Schlimm, wenn man keine eigene Meinung hat und sich von Extremisten oder einzelnen Personen beeinflussen läßt.
Scheinbar wird das Handeln von Extremisten nur als eine andere Meinung dargestellt und schon dürfen sie Kinder, Jugendliche und Erwachsene abschlachten.
Dazu kommt noch, dass im Bericht nichts vom Bundespräsidenten steht. Aber irgendwo Fake News gelesen und schon wird hier Fake News verbreitet, gerade von den Personen, die immerwieder darauf verweisen, dass Kommentare zum Bericht passen sollten.

Der Bundespräsident hat zu einem breiten Bündnis für Demokratie und gegen Extremismus aufgerufen. "Wenn unsere Demokratie angegriffen wird, dann ist eine Grenze überschritten, bei der Gegensätze hintenanstehen. Dann muss die demokratische Mitte, die große Mehrheit unserer Gesellschaft, Position beziehen", sagte Steinmeier in Berlin. Quer durch Unternehmen, Kultur und Gesellschaft müsse deutlich werden: Wir lassen uns dieses Land nicht von extremistischen Rattenfängern kaputtmachen.
Helge Fitz 11.11.24 13:12
Kindergeld, Pflegeversicherung, Rentenpaket II und Deutschlandticket = alles für den Wähler/ die Wählerinnen brandheiße Themen in 2025 Sollten die Neoliberalen und Pseudochristen diese Gesetzesvorschläge ablehnen, stehen sie mit heruntergelassenen Hosen da.
Milliarden für Rüstung, aber soziale Projekte der Regierung boykottieren? Da weiß der geneigte Wähler doch sogleich, bei wem man besser KEIN KREUZ machen sollte.
Konrad Benz 11.11.24 13:10
Mvb
Ein Bundespräsident der diesen Titel verdient, sollte sich der abschätzigen Bedeutung dieses Begriffes bewusst sein
michael von wob 11.11.24 11:00
@ JF , du bist echt fertig !
Der Ausdruck „Rattenfänger“ bezeichnet heute jede Person, die andere durch ihre Fähigkeiten oder Fertigkeiten bezaubern oder verführen kann, oft durch Musik oder andere attraktive Mittel . Er kann auch allgemeiner verwendet werden und sich auf jemanden beziehen, der andere in die Irre führt oder sie zu seinem eigenen Vorteil manipuliert. (google) Es hat nix mit den Ratten zu tun !
michael von wob 11.11.24 10:40
@ JF
Ich such mich tot und finde im Forum nicht das Wort "Ratten".
Jürgen Franke 11.11.24 07:30
Es ist schon widerlich eine große Anzahl
von Menschen als Ratten zu bezeichnen, nur weil sie eine andere Meinung haben. Und das aus dem Munde des Bundespräsidenten.
Michael 10.11.24 21:40
@Jörg Obermeier 10.11.24 16:10
Falsch. Diese "Ampel" hat genau das geliefert, was viele befürchtet haben.
Hartmut Wirth 10.11.24 20:50
Neuwahlen
Zuerst hieß es, Neuwahlen seien kein Problem. Bis Januar wäre das locker zu schaffen.

Dann teilte die Bundeswahlleiterin mit, dass nicht genügend Papier für die Wahlzettel zur Verfügung stehen würde.

Jetzt kommt aus der gleichen Richtung der Hinweis, der scheidende Bundeskanzler solle nichts überstürzen.

Dazu sollte man wissen, dass die Bundeswahlleiterin vor der 180-Grad-Wende, rein zufällig natürlich, Besuch von der SPD hatte. Und von dieser, bzw. von dem Besucher, aufgefordert wurde, diesen Brief zu verfassen.

Dieses alles wurde von einem "Politmagazin" bereits online bekanntgemacht.

Aber das Ganze passt wie ein Puzzlestück zu dem Restpuzzle der politischen Landschaft.

Aber irgendwie ist bzw. bleibt sich der Olaf treu: auch noch kurz vor dem "Untergang" Forderungen stellen (von Erpressung gar nicht zu reden)
Jürgen Franke 10.11.24 18:10
Herr Sukkon, Ihren Zeilen von 12:40
kann man nur zustimmen. Es ist zu hoffen, dass wir recht bald ein neues Parlament bekommen.
Jörg Obermeier 10.11.24 16:10
Für mich ist es keine Frage, dass diese Ampel nicht im Ansatz geliefert hat was man sich bei Antritt dieser Regierung versprechen konnte. Zweifellos eine Enttäuschung. Was hier aber alles behauptet und der Ampel angehängt wird, ist für meine Begriffe dann aber doch nur billige Propaganda für's geistige Proletariat.
Harald N.. 10.11.24 14:40
Die Arbeit und den Wohlstand von 2 Nachkriegsgenerationen aus dem Stand in 3 Jahren mehr oder weniger vernichtet, inkl. der Nachwirkungen, das schafft nicht jeder. Vorbereitet durch eine untätige Kanzlerin und wahrscheinlich mit Vollgas in eine erneute GroKo.
Ingo Kerp 10.11.24 14:10
Da scheint sich der unfähige Noch-Kanzler an seinem Stuhl festkleben zu wollen. Nein, keiner will ihn mehr aber er ignoriert es und will sich durchlavieren, wie bisher. Vielleicht tut man ihm aber auch unrecht und er hat nur vergessen, das er keine Regierungsmehrheit mehr hat. Soll bei hm schon mal vorkommen, das er etwas vergißt.
Laddawan Sukkon 10.11.24 12:40
Die NZZ ist eine
..... absolut gegenstandslose Querverbindung, mit Verlaub. Und wenn schon, dann die SVP mit einbeziehen 8-).

Scholz und seine Gauklertruppe - und zwar ausnahmslos alle Mitglieder der Bundesregierung in Berlin - gehen in die Geschichte Deutschlands ein. Unfähiger ging es nicht und dank dem Papierwerk nach 1945 (Kanzlerakte lässt grüssen) kann der deutsche Wähler heute noch nicht ein Referendum ergreifen und somit können Politiker, einmal gewählt, tun und lassen was sie wollen.
Dass mit Trump's Wahl in ganz Europa auf individueller Länderbasis sowie auch im kontinentalen Verständnis (EU, NATO etc.) die Karten richtig gut durchgemischt und neu verteilt werden, wusste auch jeder. Scholz klammert sich nun an die Kochschürze des deutschen Wählers und der Opposition, weil er partout nicht kapieren kann, was für ein absoluter Vollpfopf er, seine Mannen und vor allem seine Frauen in dem Ampelverein ist.

Den Schaden der ignoranten Arroganz ist immens und wird Deutschland zig Jahre dauern, bis die BRD den Stand "vor Scholz" wieder erreicht hat. Karnevalswürdig, die Lauterbachs, Baerbocks, Langs, Habecks und die ganzen ministerialen Küchenhilfen und ähnlich nicht-qualifizierten Exekutiven haben derart gewütet, dass man eigentlich alle vor das Schöffengericht schleppen müsste. Hätte jemand vor 20+ Jahren eine solche Prognose zu Deutschland's Regierung gewagt, wäre er als Spinner oder Abtrünniger verhöhnt und ausgelacht worden.

Mal sehen, wie die Büttenreden 2025 ausfallen ;-)
Jürgen Franke 09.11.24 17:10
Scholz hätte nie Kanzler
werden dürfen, bei dieser Vorgeschichte von Skandalen. Doch die SPD hatte leider keinen anderen Kandidaten zu dieser Zeit
Norbert K. Leupi 09.11.24 16:20
Dass die NZZ ....
gegen die Ampel motzt ist ja einleuchtend , sie ist ja das Sprachrohr der schweizerischen , unnötigen FDP !