Nordzypern treibt Öffnung von Varosha voran

​Kritik aus der EU

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan besucht Zypern. Foto: epa/Pressestelle Des TÜrkischen PrÄsidenten H
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan besucht Zypern. Foto: epa/Pressestelle Des TÜrkischen PrÄsidenten H

NIKOSIA: Griechische Zyprer im Süden und türkische Zyprer im Norden - seit 47 Jahren ist die Mittelmeerinsel geteilt. Gespräche für eine Lösung stecken seit Langem fest. Nun sorgt Nordzypern mit einer umstrittenen Entscheidung für Unmut - mit prominenter Unterstützung.

Die nur von der Türkei anerkannte Republik Nordzypern treibt die umstrittene Öffnung der einst von griechischen Zyprern bewohnten Küstensiedlung Varosha voran. Nordzyperns Präsident Ersin Tatar kündigte am Dienstag nach Angaben der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu an, den Status als militärisches Sperrgebiet aufzuheben und weitere Flächen dieses Teils der Stadt Famagusta zugänglich zu machen. Berechtigte könnten auch die Rückgabe von Besitz beantragen, sagte er. Tatar nahm mit seinem Unterstützer, dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, an einer Veranstaltung zur Teilung der Insel vor 47 Jahren teil.

Erdogan sprach von einer «neuen Ära» für die frühere Touristenhochburg Varosha. Die zyprische Regierung in Nikosia dagegen reagierte empört auf den Schritt ausgerechnet am Jahrestag der Teilung der Mittelmeerinsel. Die Ankündigung sei ein Versuch, den Status Quo der Stadt Famagusta aufzuweichen. Das verstoße gegen UN-Resolutionen zum Konflikt um die geteilte Insel, sagte Zyperns Präsident Nikos Anastasiades. Er kündigte Reaktionen an.

Kritik kam auch von Seiten der EU und aus Griechenland. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach am Abend in einer Erklärung von einer «inakzeptablen einseitigen Entscheidung zur Änderung des Status von Varosha» und kündigte an, dass die EU nach Beratungen des UN-Sicherheitsrats an diesem Mittwoch über das weitere Vorgehen entscheiden werde. Der griechische Außenminister Nikos Dendias sagte: «Die Türkei muss ihr provokatives und widerrechtliches Verhalten unverzüglich einstellen und das Völkerrecht einhalten.»

Griechisch-zyprische Nationalgardisten hatten 1974 auf Zypern mit dem Ziel geputscht, die Insel mit Griechenland zu vereinigen. Es folgte eine türkische Militärintervention. Die Insel ist seitdem in einen größeren griechisch-zyprischen Teil im Süden und einen kleineren türkisch-zyprischen Teil im Norden geteilt. Aus dem griechisch-zyprischen Stadtteil Varosha in Famagusta waren damals rund 40.000 Bewohner vor der türkischen Armee geflüchtet.

Vergangenes Jahr hatte Tatar in Nordzypern - damals noch als Regierungschef - bereits entschieden, eine Strandpromenade in Varosha wieder zu öffnen. Für die Republik Zypern war dies eine schwere Provokation, die auch international scharf kritisiert wurde. Der nun angekündigte Schritt geht aber deutlich weiter. Griechische Zyprer könnten damit unter Druck gesetzt werden, entweder in ihre alten Häuser einzuziehen, und damit unter türkisch-zyprischer Verwaltung zu leben, oder sich eine Entschädigung auszahlen zu lassen.

Erdogan weihte am Dienstag per Videoschalte aus dem nordzyprischen Lefkosa auch eine Moschee in Varosha ein. Er sprach sich bei seinem zweitägigen Besuch auf dem Nordteil der Insel mehrmals für eine Zwei-Staaten-Lösung aus und knüpfte daran auch weitere Lösungsgespräche. «Wenn nicht akzeptiert wird, dass es zwei Völker und zwei Staaten mit gleichberechtigtem Status gibt, kann kein Vorankommen bei den Verhandlungen gewährleistet werden», sagte er.

Die Vereinten Nationen (UN) bemühen sich seit Jahrzehnten erfolglos um eine Lösung des Zypernkonflikts. Ziel der UN ist, eine Föderation zweier politisch gleichberechtigter Bundesländer zu bilden - ein griechisch-zyprisches im Süden und ein türkisch-zyprisches im Norden. Die Türkei ist dagegen. Die Bildung von zwei Staaten, wie Tatar und Erdogan sie fordern, lehnt die EU dagegen ab. Zypern ist seit 2004 EU-Mitglied. EU-Regelwerk und EU-Recht gelten aber nur im griechisch-zyprischen Süden.

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Ingo Kerp 21.07.21 14:00
Vielleicht gefällt Varosha dem Erdowahn so gut, das er für sich und seine Frau, die die Presse als verschwenderisch beschreibt, noch einen privaten Palast ans Meer setzen läßt.