Nordkorea will Atomprogramm vorantreiben - USA «Hauptfeind»

Leute verfolgen Nachrichten über den nordkoreanischen Führer Kim Jong-un und sein Moratorium für Atom- und Langstreckenraketentests . Foto: epa/Jeon Heon-kyun
Leute verfolgen Nachrichten über den nordkoreanischen Führer Kim Jong-un und sein Moratorium für Atom- und Langstreckenraketentests . Foto: epa/Jeon Heon-kyun

SEOUL: Der Atomstreit mit Nordkorea ist eine der größten außenpolitischen Herausforderungen der USA. Der künftige Präsident Joe Biden muss einen eigenen Kurs im Umgang mit Pjöngjang entwickeln. Davor macht Nordkoreas Machthaber klar, dass das nicht leicht werden wird.

Vor dem Regierungswechsel in den USA fordert Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un mit neuen Kampfansagen den künftigen amerikanischen Präsidenten Joe Biden heraus. Beim achten Kongress der herrschenden Arbeiterpartei in Pjöngjang bezeichnete Kim die USA als «Hauptfeind» und kündigte den Ausbau des Atomwaffenarsenals sowie neue Raketentests an. Der Schwerpunkt der außenpolitischen Aktivitäten müsse darauf liegen, «über die USA zu triumphieren und sie zu unterwerfen», sagte Kim den staatlich kontrollierten Medien vom Samstag zufolge. Den USA warf er eine feindselige Politik vor.

In der ersten Stellungnahme des streng abgeschotteten Staates zum Wechsel der US-Präsidentschaft sagte Kim, er erwarte keine Änderung der Politik Washingtons gegenüber seinem Land. Das sei unabhängig davon, wer in den USA regiere. Biden wird am 20. Januar als neuer US-Präsident vereidigt. Sein scheidender Amtsvorgänger Donald Trump hatte mit spektakulären Treffen mit Kim versucht, Nordkorea zur atomaren Abrüstung zu bewegen.

Mit seinen Äußerungen dämpft Kim auch die Hoffnungen auf neue Impulse für die festgefahrenen Verhandlungen der USA mit Nordkorea über sein Atomwaffenprogramm. Die Gespräche kommen seit dem gescheiterten Gipfeltreffen Kims mit Trump im Februar 2019 in Vietnam nicht mehr voran. Insgesamt hatte Kim Trump drei Mal getroffen.

Nordkorea hatte Trumps politischen Rivalen Biden in der Vergangenheit mehrfach heftig beschimpft und ihn einen «tollwütigen Hund» genannt. Biden hatte Kim als Tyrannen bezeichnet. Auch kritisierte er die Art der Annäherung Trumps an die kommunistische Führung in Pjöngjang.

Kim ging in seinem neunstündigen Bericht, den er Staatsmedien zufolge zwischen dem Kongressbeginn am Dienstag und Donnerstag vortrug, auf eine Reihe von Projekten ein, mit denen die Streitkräfte gestärkt und das Atomwaffenarsenal einschließlich «Erstschlags-» und «Vergeltungskapazitäten» erweitert werden sollen.

Pjöngjang treibt seit Jahren die Entwicklung von Raketen voran, die nicht nur Südkorea und Japan treffen, sondern auch Atomsprengköpfe bis in die USA tragen können. Es ist deswegen harten internationalen Sanktionen unterworfen, die auch die wirtschaftliche Entwicklung des Landes hemmen. Nach Schätzungen der amerikanischen Organisation Arms Control Association vom August 2020 lagern in Nordkorea 30 bis 40 Atomsprengköpfe.

Kim forderte nun die Entwicklung taktischer Atomwaffen sowie neuer Interkontinentalraketen mit Feststoffantrieben, die aus dem Wasser und vom Boden aus gestartet werden können. Auch müssten Spionagesatelliten und Aufklärungsdrohnen eingeführt werden. Sein Land bereite jetzt den Test und die Produktion verschiedener Waffen einschließlich einer Rakete mit Mehrfachsprengköpfen vor, wurde Kim weiter zitiert. Die Planungen für ein neues Atom-U-Boot seien nahezu abgeschlossen.

Zur Abschreckung Nordkoreas haben die USA neben ihrer - mehrere Flugzeugträgerverbände umfassenden - Pazifikflotte Stützpunkte in Südkorea mit 28.500 Soldaten sowie Hunderten Kampfflugzeugen. Unter Trump wurden Programme zur Modernisierung der US-Atomwaffen beschleunigt. Nordkorea verlangte in den Verhandlungen mit Washington auch den Abzug der US-Atomwaffen aus der Region.

Es gibt im Ausland die Befürchtung, Nordkorea könne nun seine Atomtests wiederaufnehmen. Ende 2019 hatte Kim erklärt, dass sich Pjöngjang grundsätzlich nicht mehr an sein Testmoratorium für Atombomben und Interkontinentalraketen gebunden sehe.

Kim habe in seinem Bericht unmissverständlich auf «taktische Nuklearwaffen» Bezug genommen, schrieb der Experte Ankit Panda auf Twitter. Das könne «eine Rückkehr zu den Nukleartests andeuten». Kims Bericht beschrieb er als «möglicherweise eine der wichtigsten Erklärungen Nordkoreas über seine geplante qualitative nukleare Modernisierung». Ob das Land die Mittel hat, die angekündigten neuen Waffensysteme zu entwickeln, gilt als unklar.

Kim erläuterte beim Kongress auch einen neuen Fünf-Jahres-Entwicklungsplan, den der Parteikongress verabschieden sollte. Der Kern des Plans sei «die Selbstständigkeit und wirtschaftliche Unabhängigkeit». Zum Auftakt des Kongresses hatte Kim eingeräumt, die Ziele des alten, 2016 aufgestellten Fünf-Jahres-Plans seien nicht erfüllt worden. Formal ist der Kongress, der ursprünglich alle fünf Jahre stattfinden sollte, das wichtigste Gremium der Partei. Allerdings war der siebte Kongress im Mai 2016 der erste seit 36 Jahren gewesen.

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Leserkommentare

Vom 10. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Ingo Kerp 10.01.21 14:07
Jetzt hat Kim seinen guten Freund Donald verloren, obschon dieser ihm auch keine Erleichterungen für sein Land beschert hat. Viel besser, nach der Ankündigung von weiteren A-Test und sogar dem Bau eines U-Bootes mit A-Waffen dürfte es bei Biden auch nicht werden. Es wird interessant sein, die Ereignissse weiter zu verfolgen.