Nordkorea will Atomanlagen schließen

US-Präsident Donald J. Trump (r.) und der südkoreanische Präsident Moon Jae-in (l.). Archivbild: epa/Oliver Contreras
US-Präsident Donald J. Trump (r.) und der südkoreanische Präsident Moon Jae-in (l.). Archivbild: epa/Oliver Contreras

PJÖNGJANG (dpa) - In das Ringen um Nordkoreas atomare Abrüstung kommt Bewegung. Kim will seine wichtigste Atomstätte und eine Raketenanlage demontieren. US-Präsident Trump ist ganz angetan. Was bietet er ihm im Gegenzug?

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un plant konkrete Abrüstungsschritte, fordert aber ein Entgegenkommen der USA. Auf seinem Gipfel mit Südkoreas Präsident Moon Jae In in Pjöngjang bot Kim am Mittwoch überraschend die Demontage seines wichtigsten Atomkomplexes an. Auch will er eine Raketentestanlage weiter abbauen und Inspekteure ins Land lassen. US-Präsident Donald Trump begrüßte die Gipfelergebnisse als «sehr spannend». Ob die festgefahrenen Verhandlungen der USA mit Nordkorea über eine atomare Abrüstung des kommunistischen Regimes wieder im Gang kommen, blieb offen.

Feierlich unterzeichneten Kim und Moon nach der zweiten Runde ihrer dreitägigen Gipfelgespräche eine «Erklärung von Pjöngjang». Nordkoreas Machthaber bekräftigte anschließend seine grundsätzliche Bereitschaft zur Abrüstung, ließ aber weiter offen, wann und wie sein Atomwaffen- und Raketenarsenal konkret abgebaut werden kann. «Wir haben vereinbart, die koreanische Halbinsel zu einem Land des Friedens ohne Atomwaffen und ohne nukleare Bedrohung zu machen», sagte Kim bei einem gemeinsamen Auftritt mit Moon. Der Konflikt schwelt seit Jahrzehnten, ein Friedensvertrag wurde nie geschlossen.

Die Streitkräfte beider Seiten vereinbarten vertrauensbildende Maßnahmen nahe der schwer militarisierten Grenze, um Zwischenfälle zu vermeiden. Dafür unterzeichneten die Verteidigungsminister eine eigene Vereinbarung. Ab 1. November wollen beide Seiten nahe der Demarkationslinie auch auf den jeweiligen Nachbarn abzielende Militärübungen einstellen. Es werden Flugverbotszonen im Grenzgebiet eingerichtet. In einer Pufferzone im Gelben Meer wollen beide Seiten Schießübungen und Marinemanöver aussetzen.

Südkoreas Präsident berichtete, Kim habe auf dem Gipfel angeboten, seine größte Atomanlage Yongbyon zu schließen, wenn ihm die USA mit «entsprechenden Maßnahmen» entgegenkämen. In dem Komplex stehen ein Atomreaktor und eine Wiederaufbereitungsanlage, die atomwaffenfähiges Plutonium erzeugen können. Es gibt auch eine Anlage zur Anreicherung von Uran, das ebenfalls zum Atomwaffenbau verwendet werden kann.

Als konkrete Maßnahme will Nordkorea nach Angaben des südkoreanischen Präsidenten ferner die Testanlage für Raketenantriebe in Sohae an der Westküste und die dortige Startrampe unter Aufsicht internationaler Inspekteure abbauen. US-Experten hatten im Juli berichtet, Nordkorea habe mit der Demontage wichtiger Teile der Raketenanlage begonnen. Sie spielte eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der ballistischen Interkontinentalraketen Nordkoreas, berichteten Experten.

«Nordkorea beginnt die praktische Phase der nuklearen Demontage», sagte ein Sprecher des südkoreanischen Präsidialamtes zu dem Gipfel. Ohne die Yongbyon-Anlage könne Nordkorea kein Atommaterial mehr produzieren. Moon werde US-Präsident Trump am Montag in New York am Rande der UN-Vollversammlung treffen und persönlich unterrichten.

Trump bewertete die Ergebnisse umgehend positiv. Nordkoreas Führung habe den dauerhaften Rückbau der Raketentest- und Startanlage im Beisein internationaler Inspekteure zugesagt, schrieb Trump auf Twitter. In der Zwischenzeit werde es keine Raketen- oder Atomtests geben. Trump erwähnte zudem, dass die Kontrollen der Atomanlagen unter dem Vorbehalt «finaler Verhandlungen» stünden.

Eine atomwaffenfreie Halbinsel sei nicht mehr allzu weit entfernt, sagte Südkoreas Präsident zuversichtlich. Doch blieb unklar, was Kim im Gegenzug erwartet. Beobachter gehen davon aus, dass Nordkoreas Führer vor allem eine Lockerung oder Aufhebung der internationalen Sanktionen sowie Sicherheitsgarantien von den USA fordert.

Kim will nach eigenen Angaben auch «bald» zu einer Visite nach Seoul reisen. In der Geschichte des geteilten Koreas wäre es der erste Besuch eines nordkoreanischen Machthabers in Südkoreas Hauptstadt. Beide Staaten wollen sich zudem gemeinsam um die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2032 bewerben, berichtete Moon.

Es ist der dritte Korea-Gipfel in diesem Jahr und der erste zwischen Moon und Kim in Pjöngjang. Bei den Gipfeln mit Trump im Juni in Singapur und mit Moon im April und Mai im Grenzort Panmunjom hatte Kim bereits seine Bereitschaft zur «Denuklearisierung» wiederholt, ohne sich allerdings zu einem Zeitplan zur Beseitigung seiner Atomwaffen oder Interkontinentalraketen zu verpflichten.

Zum Abschluss ihres dreitägigen Gipfels wollen Kim und Moon am Donnerstag den als heilig verehrten Berg Paektu an der Grenze zu China besuchen. Kim hatte überraschend den Ausflug zum höchsten Vulkan in Nordkorea vorgeschlagen. Der mehr als 2.700 Meter hohe Paektu hat für Süd- wie Nordkoreaner hohe mythische Bedeutung.

Im stalinistisch geprägten Nordkorea gilt der Berg auch als Symbol der Herrscherfamilie. Der Propaganda zufolge wurde der Ende 2011 gestorbene Vater von Machthaber Kim Jong Un, Kim Jong Il, dort geboren, obwohl er woanders zur Welt kam. Moon wird am Donnerstag direkt von einem Flughafen nahe des Berges nach Seoul zurückkehren.

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