Noch mehr Kreditinstitute führen Strafzinsen ein

Euro-Geldscheine liegen in einem Sparbuch. Foto: Daniel Karmann/Dpa
Euro-Geldscheine liegen in einem Sparbuch. Foto: Daniel Karmann/Dpa

FRANKFURT/MAIN (dpa) - Auf Erspartes kaum Zinsen mehr zu bekommen, ist für viele Bankkunden ohnehin schon ein Ärgernis. Immer mehr Institute greifen aber sogar zu Negativzinsen - und bitten die Sparer damit zur Kasse. Das Finanzministerium beobachtet die Entwicklung kritisch.

Zum Start ins neue Jahr Negativzinsen: Mindestens 16 Institute, vor allem Volksbanken und Sparkassen, haben nach Daten des Internetportals Verivox in den ersten Wochen 2020 Negativzinsen für Geldanlagen von Privatkunden eingeführt oder bestehende Strafzinsen erhöht. «Die Wucht der Negativzinswelle hat in diesem Jahr noch einmal deutlich zugenommen», sagte Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH.

Maier wies darauf hin, dass die Einführung zunächst nur für Neukunden gelte. Wolle eine Bank von Bestandskunden Strafzinsen erheben, müsse sie dies mit den Betroffenen individuell vereinbaren.

Das Bundesfinanzministerium hat Negativzinsen für Bankkunden kritisch im Blick. Auf Basis der geltenden Gesetzeslage sei es für Banken zumindest mit hohen rechtlichen Risiken behaftet, innerhalb bestehender Verträge Negativzinsen von Kunden zu verlangen, teilte eine Sprecherin am Samstag auf Anfrage mit. Zuvor hatte die «Passauer Neue Presse» über die Ergebnisse einer entsprechenden Prüfung des Ministeriums berichtet.

Sogenannte «Negativzinsklauseln», die mittels einer Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) in bestehende Verträge einfließen, dürften demnach nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Kunden zulässig sein. Die Finanzaufsicht Bafin verfüge «über ausreichende aufsichtsrechtliche Instrumente, mit denen etwaige systematische Verstöße gegen diese Rechtslage unterbunden werden könnten», hieß es vom Ministerium. Die Bundesregierung beobachte weiterhin die Situation, insbesondere in Bezug auf die tatsächlichen Marktentwicklungen.

Nach Verivox-Daten, für die im Internet veröffentlichte Preisaushänge von 800 Banken und Sparkassen ausgewertet werden, verlangen aktuell 38 Institute Negativzinsen von Privatkunden - in der Regel für Guthaben auf dem Tagesgeldkonto. Hinzu kämen sieben Finanzhäuser, bei denen das Tagesgeldkonto Gebühren koste. Dadurch entstünden faktisch Negativzinsen, auch wenn sie nicht als solche ausgewiesen seien.

In der Regel trifft es reiche Privatkunden. Verivox zufolge verlangen derzeit allerdings fünf Institute für Tagesgeldeinlagen unter 100 000 Euro Negativzinsen - zwei davon verzichteten komplett auf einen Freibetrag.

CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach geht davon aus, dass Bankkunden künftig noch mehr mit Strafzinsen konfrontiert sein werden. «Die Spirale wird sich weiter drehen», sagte Michelbach der «Passauer Neuen Presse» (Samstag). Dadurch leide das Vertrauen der Menschen in die Soziale Marktwirtschaft. «Die Leute sagen, es kann doch nicht sein, dass ich auf mein sauer verdientes Geld bei der Bank auch noch selbst Zinsen zahlen muss.» Michelbach schlägt einen vom Staat aufgelegten Innovationsfonds mit einem Garantiezins von zwei Prozent als sichere Anlagealternative vor.

Geschäftsbanken müssen mittlerweile 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken. Auch wenn es neuerdings Freibeträge für bestimmte Summen gibt, bleibt dies für die Branche eine Milliardenbelastung. Die Kosten geben immer mehr Geldhäuser inzwischen weiter und berechnen ihren Kunden Negativzinsen. Nach Angaben der Bundesbank gab es im vergangenen Jahr 1783 Banken und Sparkassen in Deutschland.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.

Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Jürgen Franke 24.01.20 15:44
Wir bekommen jetzt zwar keine Zinsen mehr
auf unser Guthaben bei der Bank, aber dafür bekommt Herr Draghi jetzt das Bundesverdienstkreuz. Er hat den Euro gerettet, egal was es kostet. Eine Gemeinschaftswährung, die, aufgrund der unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Länder in Europa, nie funktionieren konnte.
andreas Rödel 24.01.20 13:40
Mein Gott habt Ihr Probleme
Mein Gott habt Ihr Probleme. Ich lebe in der Schweiz und meine Familie in Deutschland, bei uns im gesamten Bekanntenkreis kommt niemand in die Zone wo ein Zins zu zahlen ist.
Das wird erst interessant wenn mann die 2te Und 3a Säule als Barauszahlung nimmt oder in Deutschland ein Haus verkauft. Und wer dann sein Geld als einziges Wertvolles an sich sieht der verdient die Sorgen.
Ich habe meine Wohnung in Pattaya und ein normales Konto wo ich weit weg von Zinszahlungen bin.
TheO Swisshai 21.01.20 01:50
Negativzinsen auf Sparguthaben
Gibts dafür jetzt Pluszinsen bei Schulden ?
Jürgen Franke 20.01.20 20:32
Vor einigen Monaten wurde hier im Forum
darauf hingewiesen, dass sich die wirtschaftliche Situation in Deutschland dramatisch verschlechtern wird. Die Reaktion waren seinerzeit überwiegend abwertende Kommentare. Der Minuszins ist erst der Anfang. Die Abschaffung des Bargeldes ist der nächste Schritt. Ein Ausweg wäre, das Geld in Dollar oder Schweizer Franken zu wechseln und auch dort zu deponieren. Wichtig ist lediglich, dass der Weg des Geldes nicht nachvollzogen werden kann. Die Mafia, von der hier geschrieben wird, sind die Politiker, die wir in die Parlamente gewählt haben. So sieht Demokratie aus. Vorauszusehen ist, dass dieses Jahr 2020 noch spannend werden wird.