Nicht nur Paris

Auch Bundesligisten suchen im Ausland Talente

Foto: epa/Yahya Arhab
Foto: epa/Yahya Arhab

BERLIN (dpa) - Paris Saint-Germain jagt in Deutschland Talente. Auch die Bundesliga schaut sich im Ausland nach Nachwuchsfußballern um. Besonders der Blick nach Fernost scheint sich für die Clubs zu lohnen - zumindest aus Marketingsicht.

Der Kampf um Fußball-Talente wird mit immer härteren Bandagen geführt. Frankreichs Spitzenclub Paris Saint-Germain mit Trainer Thomas Tuchel sucht den Nachwuchs sogar in Deutschland und kooperiert dazu mit Clubs in Düsseldorf und Oberhausen. Wie die 18 Bundesliga-Clubs ihre jungen Spieler finden - Auszüge und ausgewählte Projekte.

FC BAYERN MÜNCHEN: Der FC Bayern hat eine Partnerschaft mit dem FC Dallas in den USA, ein zentraler Bestandteil ist die Talentförderung. Im Jugendbereich kooperieren die Münchner auch mit bayerischen Vereinen, Hauptaugenmerk hat aber natürlich die Ausbildung im eigenen FC Bayern Campus. Der deutsche Rekordmeister arbeitet seit dem vergangenen Jahr zudem mit Japans und seit diesem Jahr mit Südkoreas Fußballverband zusammen. Außerdem betreiben die Bayern international einige Fußballschulen, ein besonderes Augenmerk liegt auf China. China und die USA sind wichtige Märkte für die Internationalisierungsstrategie der Münchner.

BORUSSIA DORTMUND: Der BVB hat in Münster, Bocholt und Moers Trainingsstützpunkte der eigenen Jugendakademie. Wöchentlich wird dort mit talentierten Kindern gearbeitet. Aus dem Kreis der Teilnehmer werden diejenigen ausgewählt, die bei den BVB-Teams mittrainieren dürfen. Darüber hinaus gibt es in sieben Ländern Standorte der Fußball-Akademie. Dabei geht es jedoch weniger um die Suche nach Talenten, als vielmehr um Marketingmaßnahmen. Kooperationen mit Vereinen in Singapur, Australien und Thailand dienen dem Austausch von Know-how und Trainern im Jugendbereich.

RB LEIPZIG: Der Verein hat mehrere Standorte zur Talente-Entwicklung, früher sogar in Ghana. Aktuell setzt Ralf Rangnick als neuer «Head of Sport and Development Soccer» auf die Standorte New York und nördlich von Sao Paulo mit dem neu gekauften Zweitligisten CA Bragantino, der spätestens 2020 Red Bull Bragantino heißen soll. Trotz geforderter Entflechtung vom einstigen Schwesterclub RB Salzburg ist die Zusammenarbeit mit dem dortigen Farmklub FC Liefering (bis 2012 Union-Sportklub Anif) immer noch aktuell. Als 17. Spieler kam im Winter Amadou Haidara von Salzburg nach Leipzig, im Sommer folgt Hannes Wolf.

BAYER LEVERKUSEN: Bayer Leverkusen hat seit Sommer 2018 einen Kooperationsvertrag mit dem japanischen Erstligisten V-Varen Nagasaki. Die Partnerschaft ist auf drei Jahre angelegt, beinhaltet eine enge Zusammenarbeit im Nachwuchsbereich. Das U17-Team von Bayer bestreitet einmal pro Jahr ein Trainingslager in Nagasaki, ein Bayer-Nachwuchs-Trainer unterstützt während eines einwöchigen Besuches das Coaching-Team der Japaner und jeweils zwei Leverkusener Junioren-Trainer leiten ein einwöchiges Fußballcamp in Japan. Darüber hinaus sollen regelmäßig japanischer Talente am Trainingsbetrieb der U17 und U19 von Bayer teilnehmen.

BORUSSIA MÖNCHENGLADBACH: Die Gladbacher haben sechs Partnerclubs in der Umgebung - von der Kreisliga bis zur Oberliga. Dabei geht es nicht darum, die Talente sofort zum Bundesligaclub zu lotsen. «Auf diese Weise werden auch viele talentierte und junge Fußballer verbrannt. Jetzt soll sich das Talent im Heimatclub in Ruhe entwickeln», erklärte Roland Virkus, Direktor des Borussen-Nachwuchsleistungszentrum. Dann erst kommt ein Wechsel in den Borussia-Park infrage. Die Kooperationsclubs kommen alle aus der Nähe: SC Kapellen, FC Wegberg-Beeck, SuS 09 Dinslaken, SC Union Nettetal, VfR Fischeln und SC Düsseldorf West. Zudem gibt es nach der jüngsten China-Tour des Bundesligisten eine Partnerschaft mit der Tongji-Universität in Shanghai.

VfL WOLFSBURG: Vor einem Jahr ist der VfL eine Kooperation mit dem Orlando City Soccer Club (USA) eingegangen. Dazu haben die Wolfsburger 110 Partnervereine aus dem niedersächsischen Umland sowie Sachsen-Anhalt.

EINTRACHT FRANKFURT: Die Eintracht sucht im Reich der Mitte nach den Talenten von morgen. Der Verein hat nicht nur ein Büro in Peking, sondern unterzeichnete im April auch einen Vertrag mit der Chinesischen Freundschaftsgesellschaft Youxie auf eine weitere Zusammenarbeit. In den Bereichen Talentidentifikation sowie der Ausbildung von Trainern kooperiert man zudem mit dem Fußballverband Shanghai.

SV WERDER BREMEN: Einen bestimmten Kooperationspartner hat Werder Bremen nicht. Der Verein hat seit längerer Zeit bereits das Projekt 100 Schulen - 100 Vereins ins Leben gerufen. Eine angedachte Partnerschaft mit Juventus Turin verlief vor sechs Jahren komplett im Sande. Aktuell ist der Verein mit dem FC Arsenal vor allem wegen des Ex-Bremers Per Mertesacker (Jugendleiter) in Gesprächen über einen Austausch.

TSG 1899 HOFFENHEIM: Die Kraichgauer starteten im vergangenen Sommer ein Pilotprojekt in Rundu in Namibia. An der Grenze zu Angola nahmen angeleitet von TSG-Trainern 24 Teilnehmer, die sonst mit Wildtieren ohne Zäume zusammenleben, an dem Projekt teil. Unter dem Motto «Fußball als Türöffner» sollten sowohl die deutschen als auch die namibischen Teilnehmer voneinander lernen.

FORTUNA DÜSSELDORF: Fortuna Düsseldorf kooperiert mit vier Vereinen in der näheren Region, um «die Nachwuchsausbildung in Düsseldorf und Umgebung stetig zu verbessern».

HERTHA BSC: Hertha BSC ist auf der Suche nach Talenten regional ausgerichtet und betreibt seit Jahren eine eigene Akademie, aus der bereits zahlreiche Nachwuchsspieler den Sprung in den Profikader geschafft haben wie John Anthony Brooks (mittlerweile VfL Wolfsburg), Maximilian Mittelstädt, Arne Maier oder Julius Kade (nun beim 1. FC Union). Im Nachwuchsbereich gibt es eine Kooperation mit dem Oberligisten Hertha 03 Zehlendorf ein. «Um auch zukünftig die Qualität der Ausbildung zu sichern, werden regionale Kooperationen eine immer größere Rolle spielen», sagte Hertha-Geschäftsführer Michael Preetz dazu.

1. FSV MAINZ 05: Sein «erhebliches Ansehen auf der nationalen Fußballebene» (Vereinshomepage) teilt Bundesligist Mainz 05 in mehreren Kooperationen mit kleineren Vereinen. Dazu zählen unter anderem der VfB Marburg, Wormatia Worms und JFV Rhein-Hunsrück. Talente in den Vereinen sollen so gezielter gefördert werden und bessere Chancen haben, den Sprung zu den Profis zu schaffen.

SC FREIBURG: Der SC Freiburg hat fünf Kooperationsvereine in seinem Umland und dazu noch eine Vereinbarung mit dem SR Colmar aus Frankreich. Bei jedem dieser Partnervereine gibt es einmal im Jahr auch die sogenannten Füchsletage, die Sichtungscharakter haben und auch vom SCF selbst veranstaltet werden.

FC SCHALKE: In Zeiten wachsender Internationalisierung setzt der FC Schalke bei der Talentsuche auf Lokales. «Natürlich sind punktuelle Verstärkungen aus dem Ausland hin und wieder möglich. Das Hauptaugenmerk legen wir aber auf das Ruhrgebiet und Nordrhein-Westfalen», sagte Mathias Schober, Sportlicher Leiter der Knappenschmiede. Mittlerweile zählt das königsblaue Portfolio neun Clubs: 1. FC Gievenbeck, Rot Weiss Ahlen, SV Hüsten 09, FC Iserlohn, SuS Stadtlohn, TSV Marl-Hüls und VfB Waltrop. Hinzu kommen das Jugendleistungszentrum (JLZ) Emsland und seit Neuestem die Sportfreunde Hamborn 07.

Zudem vereinbarte der Revierclub 2018 eine fünfjährige Kooperation mit dem chinesischen Club Hebei China Fortune FC. Der Plan: Schalke schickt Trainer nach Fernost, die ihr Know-how vermitteln und die Chinesen. Dem Vernehmen nach sollte der Revierclub für die fünfjährige Zusammenarbeit rund 30 Millionen Euro (über 5 Jahre) kassieren. Doch schon ein halbes Jahr später gab es Medienberichte über einen Rechtsstreit, weil die Zahlungen aus China angeblich ausblieben.

FC AUGSBURG: Seit 2013 betreibt der FC Augsburg seine Fußballschule unter dem Motto «Trainieren wie die Profis, mit den Profis». Die Angebote der Fußballschule richten sich an alle Kinder und Jugendliche in der Region. Seit der Saison 2017/2018 schließt die FCA - Fußballschule offizielle Kooperationen mit Vereinen aus der Region. Mit seinem Nachwuchsleistungszentrum ist der FCA vor allem regional ausgerichtet, hat mit Fußballschule und NLZ Partnervereine in der Region.

UNION BERLIN: Der 1. FC Union Berlin ist im Nachwuchsbereich bislang nicht im Ausland sondern nur regional unterwegs, veranstaltet seit langem Feriencamps in Berlin und Brandenburg und hat am 1. Januar 2015 die «Fussball-Kooperative Berlin» ins Leben gerufen, zu der mittlerweile fünf Partnervereine aus der Region zählen.

1. FC KÖLN: Der 1. FC Köln hat zehn Partnervereine im Jugendbereich aus der Region, um ein flächendeckendes Scouting zu erreichen. Im Ausland hat der Bundesliga-Rückkehrer bereits seit 2016 eine Kooperation mit dem chinesischen Klub Liaoning FC.

SC PADERBORN: Im Zuge des Wechsels von Manager Markus Krösche nach Leipzig vereinbarte der Aufsteiger eine Kooperation mit den Sachsen. Dieser Plan stieß auf Kritik. Andere Ligakonkurrenten warnten vor Wettbewerbsverzerrung, die SCP-Fans drohten mit Boykott. Zur Versachlichung der Diskussion erläuterten die Ostwestfalen auf ihrer Homepage Vertragsinhalte: «Inhaltlich zielt die Kooperation auf einen gegenseitigen Austausch über sportliche Entwicklungen, insbesondere im Bereich der Ausbildung von Spielern und der Fortbildung von Trainern ab. Dadurch soll es zu einem Know-how-Transfer in beide Richtungen kommen, der letztlich beiden Clubs hilft», hieß es. Die Möglichkeit von Spielerleihen sei besprochen worden, stehe aber «sicherlich nicht im Vordergrund». «Unabhängig davon stehen wir natürlich in sportlicher Konkurrenz im Ligaspielbetrieb», betonten die Paderborner.»

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