Nicht nur am Amazonas

Brände wüten in vielen Gebieten der Erde

Foto: epa/Victor Moriyama / Greenpeace Brazil
Foto: epa/Victor Moriyama / Greenpeace Brazil

SÃO PAULO/JAKARTA/MOSKAU/JOHANNESBURG (dpa) - Derzeit fressen sich in vielen Regionen der Erde verheerende Feuer durch die Landschaft. Oft verschwindet dadurch Regenwald, aber nicht immer.

Die brasilianischen Waldbrände sind in die Schlagzeilen geraten. Doch auch in anderen Regionen der Erde stehen derzeit Wälder in Flammen. Durch Brandrodung und Abholzung vernichtet der Mensch seit Jahrtausenden die Waldbestände - nicht zuletzt in Europa. In vielen Erdregionen toben die Brände derzeit besonders heftig. Ein Lagebericht:

AMAZONASREGION: In Brasilien wüten die heftigsten Brände seit Jahren. Die Zahl der Feuer stieg nach Angaben der brasilianischen Weltraumagentur INPE seit Anfang des Jahres um 78 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf mehr als 80.000 Brände. Etwas mehr als die Hälfte der Brände wurden im Amazonasgebiet registriert, ein Drittel im so genannten Cerrado, einer Savannenlandschaft im Südosten des Landes. Auch in einigen anderen Ländern der Region gab es mehr Brände, in manchen ging ihre Zahl zurück.

Im gesamten Amazonasbecken, das 7,4 Millionen Quadratkilometer und mehrere Länder umfasst, liegt die Zahl der Brände nach Angaben der Nasa bislang etwa im Durchschnitt der vergangenen 15 Jahre, allerdings schwanke die Zahl stark. «Der August 2019 sticht hervor, weil er eine beachtliche Zunahme von großen, heftigen und andauernden Bränden entlang der Landstraßen im Zentrum des brasilianischen Amazonasgebiets gebracht hat», schreibt Douglas Morton von der Nasa. «Während Dürren in der Vergangenheit eine große Rolle beim Entfachen der Brände gespielt haben, stehen die Feuer zu Beginn der aktuellen Trockenzeit eher im Zusammenhang mit Brandrodungen.»

Umweltschützer und indigene Gruppen werfen Brasiliens rechtem Präsidenten Jair Bolsonaro vor, ein Klima geschaffen zu haben, in dem sich Farmer, Holzfäller und Goldgräber zu immer weiteren Waldzerstörungen ermutigt fühlten.

Weil der Amazonasregenwald riesige Mengen CO2 bindet, ist er auch für das Weltklima von entscheidender Bedeutung. «Der Amazonasregenwald speichert bis zu 150 Gigatonnen Kohlenstoff in seinen Bäumen, die schlimmstenfalls frei werden könnten», sagt Susan Trumbore vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie. «Zum Vergleich: Durch die Verfeuerung fossiler Brennstoffe setzten Menschen 2018 etwa zehn Gigatonnen Kohlenstoff als CO2 frei.» Über die Verdunstung funktioniert der Wald zudem wie eine riesige Klimaanlage. «Wenn er verschwände, würde das den Weg von Stürmen verändern und auch außerhalb der Tropen die Niederschläge beeinflussen und die Wüstengürtel verschieben.»

INDONESIEN: Dort sind bei Bränden seit Beginn des Jahres bereits mehr als 410 000 Hektar Wald vernichtet worden - eine Fläche größer als Deutschland. Betroffen sind vor allem die beiden riesigen Inseln Borneo und Sumatra. Nach Angaben der nationalen Katastrophenschutzbehörde vom Dienstag sind aktuell mehr als 8.000 Helfer im Einsatz, um die Feuer unter Kontrolle zu bringen. Die Behörde sprach von mehr als 350 verschiedenen Brandherden.

Solche großen Feuer sind im Dschungel des weltgrößten Inselstaates nicht ungewöhnlich, vor allem in der gegenwärtigen Trockenzeit. Sie sind aber schlimmer als in den beiden Vorjahren. Immer wieder kommt es vor, dass Feuer absichtlich gelegt wird, um den Wald abzuholzen - von Farmern oder von Arbeitern im Auftrag von Firmen.

Abgesehen von der Vernichtung der Wälder ist die Luftverschmutzung enorm, was sich auch in Nachbarstaaten wie Singapur, Malaysia und Thailand bemerkbar macht. Nach einer Studie der Universitäten Harvard und Columbia führte die Luftverschmutzung durch die schlimmen Waldbrände in Indonesien 2015 in ganz Südostasien zum Tod von mehr als 100.000 Menschen.

AFRIKA: «Afrika ist einer der größten Brandherde der Welt - wenn nicht sogar der größte; Feuer in Afrika sind aber grundverschieden von denen im Amazonas», sagt der südafrikanische Wissenschaftler Harold Annegarn. Gezielt würden jedes Jahr ganze Landstriche vom Norden bis zum Süden des Kontinents abgebrannt, weil abgestorbene Gräser und Sträucher nur sehr langsam verrotten. Deren Asche gilt jedoch als Dünger. Der international gefragte Experte für Luftverschmutzung betont: «Die jährlichen Savannen-Brände in Afrika sind Teil des Ökosystems, das stellt nicht gleich eine Katastrophe dar.» In Wellen würden die Feuer von Westafrika über den Kongo und Angola bis in den Süden wandern.

Mit Sorge sieht Annegarn eine neue Entwicklung in Teilen Nigerias oder des Kongos, bei der für die Jagd ganze Wälder in Brand gesteckt werden, um dann das fliehende Wild auf einfache Weise zu erlegen. Auch die Brandrodung für Landwirtschaftszwecke sei ein zunehmendes Problem - wenn auch bei weitem nicht so ausgeprägt wie etwa in Brasilien, wo der kommerzielle Druck durch die Rinderzucht höher ist.

RUSSLAND: In Sibirien im Osten Russlands brennen seit Wochen Millionen Hektar Wald. Betroffen ist auch die für das Weltklima wichtige Taiga, ein riesiger Nadelwald. Dort gibt es in den Sommermonaten immer wieder Feuer, sie sind diesmal aber heftiger ausgefallen als in den Vorjahren. Die russischen Umweltschützer von Greenpeace errechneten auf Grundlage von staatlichen Satellitendaten, dass bereits mehr als 14 Millionen Hektar Wald vom Feuer vernichtet wurden. Die Behörden gingen zuletzt von einem geringeren Ausmaß aus. Das Militär hilft beim Löschen.

Bedingt durch Regen und die Löscheinsätze aus der Luft gingen die Brände zuletzt zurück. Nicht gelöscht wird auf Flächen, die als schwer zugänglich eingestuft wurden und wo keine Siedlungen in der Nähe sind. Es gibt Ermittlungen wegen Brandstiftung. Hitze und Trockenheit haben zur Ausbreitung geführt. Viele Russen machen auch Lagerfeuer, die dann außer Kontrolle geraten. Infolge der Brände hatten etliche Dörfer und Städte mit gefährlichem Rauch zu kämpfen. Bewohner kritisierten die Behörden, sie hätten viel zu spät mit den Löscharbeiten begonnen.

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