Neulich, am Strand: Die Konter-Evolution

Neulich, am Strand: Die Konter-Evolution

„Hast du das gehört, dass ein Bodybuilder Jochen vermöbelt hat, weil der ihm aus Versehen auf den Fuß getreten sein soll?“, beginnt Klaus eine Diskussion. „Ich habe Jochen schon lange nicht mehr gesehen. Da müsste er vermutlich schon ein 200 kg schwerer Bro­cken geworden sein. Warum sollte ein Terminator-Typ wegen einer solchen Lappalie gleich um sein Leben kämpfen müssen?“, fragt Peter zurück. „Stell dir vor, ein Elefant steht auf deinen Zehen, und der merkt es nicht. Da muss man schon eine reinhauen, damit der Dickhäuter seinen Fehltritt auch mitbekommt. Ha, ha. Für mich sieht es eher aus, als hat der Bodybuilder vergessen, sein Hirn ebenfalls zu trainieren. Masse statt Hirn“, bemerkt Klaus.

„Ist dir schon aufgefallen, dass sich in fast jeder Straße eine Muckibude befindet, aber für das geistige Training der Bevölkerung keinerlei Einrichtungen vorhanden sind? Wie wäre es schön, wenn man mit lauter körperlichen Schwächlingen geistreiche Unterhaltungen führen könnte. Das wäre mir bei weitem lieber“, meine ich und fahre fort: „Da kommt mir die Episode von den Schachspielern in den Sinn: Der, der dauernd an den Hanteln gearbeitet hat, verliert das Schachspiel gegen den, der das Denken trainiert hat. 1:0. Der Muskelmensch steht auf und haut dem Sieger in seiner Wut das Brett an den Kopf. Eigentlich wäre es nun 1:1. Doch darauf der malträtierte Sieger: ‚Deswegen bist du jetzt aber auch nicht schlauer! Ich bin aber eine Erfahrung reicher geworden: Es ist sinnlos, sich mit Idioten abzugeben‘. Damit steht es 2:1!“

„Ja, ja. Wenn ich sehe, wie viele dämliche Typen hier heruntergelaufen kommen, wird es mir schon klar, dass eine Bibliothek und ein Lehrins­titut fehlen.“ „Du könntest dich ja auch weiterbilden. Du bist schon jahrelang hier und kannst kaum ein Wort Thai“, entgegnet Peter. „Ich will ja gar nicht Thai lernen. Dann würde ich nämlich verstehen, wie die Thailadys über ihre Farang-Kundschaft lästern: Geizhals, Perverser, Wochenduscher, Schlappschwanz, usw. Nee. Da träume ich lieber weiter davon, wie lieb die Mädels doch sind“, rechtfertigt sich Klaus.

„Was hat denn Jochen zur Sache gesagt?“, will Peter wissen. Klaus: „Er hat erzählt, dass er gestern ein gutes Horoskop gehabt habe. Da hätte gestanden: ‚Je mehr sie sich zutrauen, desto besser‘. Also ging er in den Rockerladen rein und habe dem dämlichen, in Leder gekleideten, und mit Ketten behangenem, am ganzen Körper tätowierten Typen seine Meinung gegeigt.“ Obwohl ich lachen muss, finde ich das bedenklich. „Dann sind also gleich zwei Geistesschwache aufeinandergetroffen. Nur, dass der eine mehr Masse gehabt hat.“ „Halt, stopp! Mehr Masse ist falsch. Rechnet man Jochens Bierbauch in die Masse ein, haben beide dieselbe Gewichtsklasse“, frotzelt einer. „Tut doch nicht so pingelig. Bei beiden ist es doch offensichtlich, dass bei den zwei Typen die Natur eine verfehlte Anlagepolitik angewendet hat. Zu viel Muckis oder Bierbauch, aber bei beiden zu wenig Hirn.“ „Stell dir vor: Die Potenz der Energie der Muskeln beim einen und die Energie des Bierbauches des anderen, umgewandelt, in ein Hirn eines normalen Menschen verpflanzt! Der könnte Einstein in den Schatten stellen.“

Die Weisheit mit dem Löffel fressen

Mein Kumpel, etwas abseitsstehend, meldet sich: „Sag mal, müssen die Horoskopschreiber eigentlich Haftung für das Zeugs übernehmen, was sie schreiben?“ „Nö. Bei offensichtlicher Blödheit ist es jedem zuzumuten, dass er sein Hirn einschaltet und die Unrichtigkeit erkennt. Da gibt es sogar Gerichtsurteile. Es muss also nur dumm genug sein, damit es wieder straffrei ist!“ „Genau da liegt das Dilemma. Das nennt sich ‚Ursprünglich‘. Zurück zur Natur. Zurück in die Steinzeit.“ „Immerhin war der eine schlau genug, um sich mit Doping aufzumotzen. Es wäre doch schön, wenn es Tabletten für logisches Denken gäbe. Ampullen für die intravenöse Verabreichung von Sachverstand und ein Pülverchen für gesteigerte Intelligenz.“ „Du meinst, die Weisheit mit dem Löffel fressen?“ „Na, klar. Was macht man, wenn man Hunger hat? Man isst etwas. Was macht man, wenn man Durst hat? Man trinkt etwas. Aber was macht man, wenn man blöd ist? Gehst du da in die Hantelarena?“ Betretene Ernüchterung. „OK. Wenn es zu all diesem Zeug noch eine Medizin für guten Anstand gäbe, wären wir im Paradies“, schlägt Klaus vor. „Was meinst du dazu, Ten?“, stößt mich Peter an. „Ich denke gerade darüber nach, wie kurz das Leben ist und wie viel seiner kostbaren Zeit der Mensch mit Blödsinn verbringt. Etwas Sinnvolles könnte man schon hinterlassen“, antworte ich. „Und? Was Sinnvolle wirst du uns denn hinterlassen?“, stichelt Peter nach. Worauf ich antworte: „Ich denke einen Spruch auf meinem Grabstein. Da soll stehen: „Ich traf so viele Idioten. Wie habe ich das ein ganzes Leben lang ausgehalten?“

In eigener Sache

Liebe Leserinnen und Leser, dies war die 78. und drittletzte Episode aus der Reihe „Neulich, am Strand“. Es folgen noch zwei weihnachtsbezogene Geschichten. Ich hoffe, mit meinen Beiträgen den die Leserschaft auf meine satirische Weise unterhalten und z.T. auch zum Mitdenken gebracht zu haben. Mein Motto war stets: „Das Positive sehen.“ Allerdings musste ich feststellen, dass längst nicht alle, die lesen können, auch einen Text verstehen. Geschweige denn, wenn man einmal zwischen den Zeilen lesen müsste. So bin ich auch von Kommentatoren angepöbelt worden. Vermutlich solche Leute, die ihr eigenes Verhalten in den Episoden wiedererkannt haben, oder Egoradikale mit beschränkter Weitsicht, von denen es ja auch genügend gibt. Und an die restliche Leserschaft: Ohne meine (Farang-)Frau, die sich als Lektorin für mich aufgeopfert hat, hätte ich wohl nicht so viele Episoden hinbekommen. Mein riesengroßer Dank gebührt ihr. Ebenfalls bedanke ich mich beim Redaktionsleiter des Magazins DER FARANG, der mich stets gewähren ließ. Ich hoffe, dass Sie an meinen Geschichten Freude hatten und ich danke allen denjenigen, die mich nicht in die Pfanne gehauen haben.

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Oliver Harms 11.11.18 21:55
schade!
es war immer sehr amüsant die geschichten zu lesen,etwas worauf ich mich am sonntag gefreut hatte.
ich bedanke mich bei ihnen und ihrer frau.

MfG
O.Harms