Neulich, am Strand: Die Axt im Haus

Neulich, am Strand: Die Axt im Haus

Mein Drucker spinnt. Seit neuestem ziehen sich Streifen durch die Texte und Bilder. Ich schaue nach. Schließlich kann es sich doch nur um eine Lappalie handeln. So was kann mich, Experten, nicht erschrecken!

Nach 10 Minuten habe ich gefärbte Finger bis hinten zur Armbanduhr. Da klirrt etwas in der Küche. Ich habe gerade noch die Lampe aufgehängt, bevor ich mich dem Dru­ckerproblem gewidmet habe. Nun liegt die Leuchte, wie an einem Bein aufgehangen, herunter. Mit meinen farbigen Fingern drehe und wende ich die Lampe zur Begutachtung. Mein Fachmannblick erkennt sofort, dass ein Plastikteil abgebrochen ist. Ich quetsche die Kabel in die Deckenöffnung und die Lampe, so gut es eben geht, hinterher. Schräg verkeilt hängt sie jetzt da. Bis zur definitiven Reparatur wird’s halten. Nun habe ich Wichtigeres zu tun: Dem Drucker will geholfen sein. Kaum am Schreibtisch angekommen, rumpelt es in der Küche… In der Spüle liegt die Lampe, oder besser das, was von ihr übrig geblieben ist. Glassplitter, überall wo man hinschaut. Aus dem Schalter funkt es verdächtig mit kna­ckigen Geräuschen. Ich löse das Problem nachhaltig, klemme das Ganze ab und lege die Kabel mit geschwärzter Fassung vorsichtig in den Mülleimer. Damit meine Frau auch abends etwas Leckeres kochen kann, stelle ich ihr ein Teelichtchen bereit. Morgen, oder wenn ich Zeit habe, werde ich dann das Lampenproblem angehen.

Nun kann ich mich endlich wieder meinem „Baby“ widmen. Zum Glück habe ich vom Zustand vor meinem Eingriff ein Foto geschossen. Alter Profitrick! Nicht, dass ich etwa die Farbschläuche falsch herum anschließe! Nee, so blöd bin ich doch nicht! Etwas Grips braucht ein Handwerker halt doch noch! Also nehme ich mein Handy hervor. Doch das reagiert so seltsam langsam. „Ja, was ist denn das schon wieder?“, kratze ich mich auf meiner Glatze. Doch das Gerät denkt nicht daran, mir meine Bilder zu zeigen. Mehr noch, es stellt sich gleich selber ab. Bildschirm dunkel. Keine Reaktion auf meine Wiederbelebungsversuche. Ich stecke es zum Aufladen an die Dose an. Und als ich gerade über Blau oder Rot anschließen sinniere, klimpert das Handy. Eine Meldung: „Es freut uns, ihnen unsere Updates zu präsentieren. Wir benötigen dafür nur Ihre Zustimmung.“ Oh, Mann. Immer, wenn man es nicht braucht, kommt so ein Sch… Natürlich könnt ihr updaten, ihr solltet sogar! Ja ihr MÜSST es, oder wollt ihr mich mit eurem alten Sch… hockenlassen? „Also manchmal gehen solche Dinge wirklich auf den Geist“, werde ich ärgerlich. Schließlich will ich ja nur mein Bild als Vorlage haben. Da meldet sich mein Handy: „Bitte lesen sie die neuen Vertragsbedingungen.“ „Hä? Was soll denn das? Ich werde jetzt sicher nicht euren Blödsinn herunterlesen. Ich habe Wichtigeres zu tun, als „Handy nicht unter laufendem Wasser waschen“ nachzulesen. Ich drücke: „Ok, Ok“, nochmals „OK“. Gebt mir nun endlich mein Bild, damit ich das bisschen Druckerproblem lösen kann. Nicht, dass ich es wirklich nötig hätte. Aber es ist mein Bild, basta! Und ihr werdet mir das wieder herausrücken. Ich bestehe darauf. Ich könnte natürlich die Schläuche auch ohne Hilfe anschließen, bin ich trotzig überzeugt. Es wäre ja nur zur Sicherheit gedacht. Schließlich bin ich ein verantwortungsvoller Handwerker. Und fast so gut, wie die professionellen, nur nicht so teuer!

Der schnippische Handwerker

Da kommt meine Frau vom Einkaufen nach Hause. Ohne ein Wort zu sagen, steht sie vor dem halboffenen Mülleimer, aus dem die Lampe herausragt und schaut mich an. „Jaah, ich weiß. Ich werde mich darum kümmern, sobald ich Zeit habe“, mache ich auf kleinlaut. „Ich sage ja nix“, meint sie und fügt an: „Was machst du mit der Lampe?“ „Die verkaufe ich auf dem Bazar. Mit dem Erlös fliege ich nach Hause, kaufe eine neue Lampe und einen Dru­cker“, meine ich verärgert. „Sei doch nicht so schnippisch!“ „Schnippisch? Wer? Ich? Ich bin nicht schnippisch!“ „Ja, was denn dann, wenn nicht schnippisch?“, meine Frau stemmt die Hände in ihre Hüften und steht breitbeinig vor mir. „JA, KANN ICH NICHT EINMAL MEINEN DRUCKER IN RUHE REPARIEREN, hä?“, brause ich auf. Worauf meine Frau: „Wenn du ihn doch nur flicken könntest! Aber heute ruinierst du die Küche und den Drucker. Und morgen?“ Ich unterdrücke meinen Ärger und grummle in mich hinein: „Mensch, manchmal könnte ich…“. Etwas später ruft meine Frau aus der Küche: „Das Essen ist fertig. Wasch dir die Hände! Mit den Farbgriffeln sitzt du dich nicht an den Tisch!“

Der nächste Morgen: Ich wache auf und mein erster Gedanke gilt dem Drucker. „Heute wirst du arbeiten. Das ist eine Drohung! Du elendes Plastikteil!“ Ich glaube erkennen zu können, wie die Maschine erschrocken zusammenfährt. „So muss es sein. Technik muss funktionieren. Sonst ist es nur Müll. Du druckst, oder bekommst einen Freiflug aus dem Fenster in der 17. Etage!“ Meiner Frau muss etwas aufgefallen sein. „Bist du in Ordnung?“ Sie schaut mich musternd an. „Klar, warum?“ „Du starrst in die Ecke dort und murmelst vor dich hin. Das ist immer so, wenn einer anfängt zu spinnen.“ Ich lache. „Nein, ich habe nur nachgedacht“, entgegne ich. „Aha. Nachgedacht. Na, dann geh mal ins Geschäft und lasse den Drucker flicken. Kostet ja fast nix. Und mit dem gesparten Geld kannst du eine neue Lampe kaufen.“ Ich muss zugeben, dass meine Frau manchmal vernünftige Vorschläge hat.

Also bin ich bald schon unterwegs in die Stadt mit meinem „Baby“ unter dem Arm. „Was, ein so altes Teil willst du reparieren?“, lacht der Angestellte im Laden. „Na, klar. Ist noch keine 6 Jahre alt. Der muss noch amortisiert werden“, entrüste ich mich. Also geht der Techniker daran zu löten, kleben und schrauben. Er setzt wieder zusammen, was ich auseinandergenommen habe. Nach fast einer Stunde überreicht er mir meinen „Liebling“. „Garantie gebe ich aber keine. Und Ersatzteile wirst du auch kaum mehr bekommen“, mahnt er mich. „Ist schon OK. Ich werde es dem Drucker sagen. Er freut sich schon auf einen Freiflug.“ Der Techniker schaut mich fragend an. „Ist schon gut“, lächle ich und bezahle seine horrende Forderung. „Das nächste Mal sende ich ihn euch mit Luftpost.“ Da klingelt mein Telefon. Meine Frau ist dran. „Der Hauswart war gerade hier. Die Lampe ist montiert. Aber sein Telefon spinnt seit gestern auch. Vielleicht kannst du ihm helfen, es noch ganz zu zerstören, ha, ha, ha.“

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Wolf Pattayafreak 08.07.18 13:37
55555 Suuper! Kommt mir irgendwie bekannt vor.
Diesmal ein Klasse Artikel aus der Feder von Khun Ten. So richtig mitten aus dem Alltag. So etwas liest man gerne Danke!
Bitte um Fortsetzung!