Neulich, am Strand: Das Super-Condo

Neulich, am Strand: Das Super-Condo

Auf meinen abendlichen Spaziergängen habe ich schon öfters an einer besonders schönen Stelle am Strand Rast gemacht. Eine leichte Brise weht vom Meer her. Unter den Palmen, die sich im Wind hin und her wiegen, ist ein richtiges Südseefeeling in meiner Brust. Ein Geheimtipp, dieses Plätzchen. Ich bin eigentlich erstaunt, dass nicht mehr Leute diese Stelle kennen. Meistens verweile ich alleine hier.

Einige Einheimische, meis­tens dieselben, leisten mir manchmal Gesellschaft. So auch eine Thai, die selbst schon wegen ihrer Erscheinung eine Augenweide ist. Gekleidet mit einem eng anliegenden Deux-Pièces, lachsfarben, könnte sie Lady Di oder Jackie Kennedy locker Konkurrenz machen. Wir sind uns hier auch schon begegnet und kennen uns vom Sehen. Doch zu mehr Konversation als vornehmes und höfliches Grüßen ist es bisher nicht gekommen. Anders heute. Von sich aus beginnt sie mir zu erzählen, wie luxuriös sie wohnt. „Da drüben“, und zeigt auf das Gebäude. Mir ist die Liegenschaft aus dem höheren Preissegment bekannt. Leute, die da sich einkaufen, brauchen schon etwas mehr flüssige Mittel als üblich, um sich ein Condo leisten zu können. „Nicht schlecht“, denke ich mir.

„Was arbeitest du?“, frage ich. „Ich arbeite auf der Bank und nebenbei noch Liegenschaftenhandel“, erzählt sie. „Daher also die gute Gelegenheit?“, erkundige ich mich. „Nein, das Condo gehört mir nicht. Ich bezahle nur die jährlichen Nebenkosten, Strom und Wasser. Eigentümer ist mein Tirak in Dänemark“, erklärt sie. „Aha. Und der kommt ein, zwei Mal im Jahr dich besuchen und wohnt dann da?“, vermute ich das übliche Prozedere. „Früher schon. Aber seit vier Jahren nicht mehr. Seitdem ist er nicht mehr aufgetaucht. Bei seiner Abreise, damals, hat er mir die Schlüssel in die Hand gedrückt und gesagt: „Schau gut für die Wohnung.“ Wie immer schon, neun Jahre lang. Ok, und genau das mache ich jetzt.“ Sie schaut mich an, als erwartet sie eine Bestätigung von mir, wie gut sie das macht. Ich nicke anerkennend. „Aber seit vier Jahren ist er nicht mehr gekommen. Warum?“, frage ich. „Oh, Khun Ten. Du stehst auf der Leitung. Mein Tirak hatte Krebs und ist vermutlich schon lange tot. Ich habe nie mehr etwas von ihm gehört. In Dänemark hat bisher noch niemand spitzgekriegt, dass er hier noch eine Wohnung hatte. Und hier interessiert sich doch sowieso niemand um das Condo, solange die Kosten schön bezahlt werden.“ Sie lacht über ihre eigene Verschlagenheit.

Ein Gentleman genießt und schweigt

„Ein schlaues Mädchen“, geht mir durch den Kopf. Ich sehe schon. Man kann auch zu einer Erbschaft kommen, ohne selbst im Testament erwähnt worden zu sein. „Nicht schlecht. Solange Dänemark sich nicht erkundigt, warum sollte es auch, und hier in Thailand auf die Wiederkehr des Farangs gewartet wird, kannst du also sehr vornehm in deiner 28. Etage deine 100 qm genießen“, stelle ich fest. „Genau!“, sie strahlt mich an. „Ist das nicht wunderbar?“ „Ja, toll, Respekt. Auf diese Masche wäre ich nicht gekommen“, lache ich. Sie zückt ihr Handy aus der Tasche und zeigt mir Bilder des Apartments. Luxus pur! Prachtvolle Aussicht, ein Wohnzimmer groß wie ein Tanzplatz, Schlafzimmer mit Himmelbett, ein riesiges Bad mit allem Drum und Dran. „Komm, ich zeige dir mein Condo.“, drängt sie mich mitzukommen. „Du meinst, das Condo, das du verwaltest. Aber es ist nicht deins“, stichle ich. „Ja, klar. Aber mein Tirak hat ja gesagt, schaue gut für die Wohnung. Das machen wir heute gemeinsam. Wenn du willst, erzähle ich dir vom tropfenden Wasserhahn. Könntest du dich der Sache annehmen?“, meint sie verschmitzt. „Was? Der Wasserhahn tropft? Das darf nicht sein! Da brauchst du einen Experten für tropfende Wasserhahne bei hübschen Damen zu Hause!“, ich schaue sie gespielt ernst an. „Was meinst du, wird mein Tirak nicht auch glücklich sein, wenn sich ein Spezialist um das Problem kümmert?“, flirtet sie. Mir wird es ganz mulmig. „Ja, ich denke schon. Ich opfere mich jetzt und versuche deinen Tirak glücklich zu machen“, erkläre ich. Sie schaut mich mit leuchtenden Augen an. „Oh, das wird ihn aber freuen“, meint sie keck. „Und mich erst?“, denke ich. „Ok, lass uns den Wasserhahn kontrollieren“, entschlossen nehme ich sie an der Hand und wir gehen. „Ich werde mich der Sache annehmen“, beruhige ich die Dame und zittere selber ob dem, was da kommt.

Nun, ich weiß, dass ihr nun erwartet, dass ich bis ins letzte Detail beschreibe, wie die Geschichte weiter geht. Doch ein Gentleman genießt und schweigt. Nur so viel: Der Wasserhahn tropfte nicht, aber das Himmelbett hat gewackelt! Aber der Experte war ja gleich vor Ort…

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Mike Dong 08.08.18 21:34
Was ist denn jetzt mit der thailändischen Ehefrau des Protagonisten ?
Rainer Hoff 05.08.18 14:39
Tropfender Hahn
Ich hoffe nur , sie war auch eine Spezialistin