Demonstration in Tel Aviv gegen Gaza-Krieg
TEL AVIV: Mehrere Hundert Menschen haben am Samstagabend in Tel Aviv gegen den Gaza-Krieg demonstriert. Die Demonstration auf der Strandpromenade fand auf Initiative der linksorientierten Chadasch-Partei statt, wie israelische Medien berichteten. Jüdische und arabische Israelis protestierten dabei gemeinsam gegen eine Fortsetzung des Militäreinsatzes im Gazastreifen.
«Auge um Auge und wir sind alle blind», stand auf einem der Schilder. Der TV-Sender Kan berichtete, die Demonstranten hätten dazu aufgerufen, «die schlechteste Regierung in der Geschichte Israels» abzulösen.
Die Nachrichtenseite ynet berichtete, es habe eine Gegendemonstration mit mehreren Dutzend Teilnehmern gegeben. Es sei zu verbalen und physischen Konfrontationen beider Seiten gekommen. Die Demonstranten gegen den Krieg seien dabei mit Wasserflaschen beworfen worden. «Geht nach Gaza» und «Tod den Arabern» hätten Teilnehmer der Gegendemonstration ihnen außerdem zugerufen, berichtete ynet.
Hamas-Führer aus Gaza in Süden des Gazastreifens geflohen
GAZA/TEL AVIV: Die Führungsspitze der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas ist nach israelischen Informationen aus der Stadt Gaza in den Süden des Gazastreifens geflohen. Der israelische TV-Sender Kan berichtete am Samstag, Israel gehe davon aus, dass die Hamas-Führer Jihia al-Sinwar und Mohammed Deif während des Kriegs in den Süden entkommen seien. Sie würden dort im Bereich der Stadt Chan Junis vermutet, wo Sinwar geboren ist. Der Sender nannte allerdings keine Quelle für diese Information.
Sinwar ist der Chef der Terrororganisation Hamas im Gazastreifen, Deif Kommandeur des bewaffneten Hamas-Arms, der Kassam-Brigaden. Beide stehen seit dem Massaker am 7. Oktober im israelischen Grenzgebiet ganz oben auf der Abschussliste Israels.
Ärzte: Sexuelle Gewalt auf Migrationsroute nach USA steigt an
PANAMA-STADT/BOGOTÁ: Die sexuelle Gewalt gegen Migranten auf der Route Richtung USA nimmt nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen zu. Seit Beginn des Jahres habe die Organisation 397 Menschen behandelt, die im Darién-Dschungel zwischen Kolumbien und Panama Opfer sexueller Gewalt wurden, teilten Ärzte ohne Grenzen am Samstag mit. Die Übergriffe hätten zuletzt deutlich zugenommen, alleine im Oktober seien 107 Fälle registriert worden.
Nach Angaben von Opfern wurden sie in der schwer zugänglichen Region von bewaffneten Männern ausgeraubt und vergewaltigt. «Das muss gestoppt werden. Sexuelle Gewalt hat Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit der Menschen», sagte die medizinische Koordinatorin von Ärzte ohne Grenzen in der Region, Carmenza Gálvez. «Die Opfer können Verletzungen erleiden, sexuelle übertragbare Krankheiten bekommen, ungewollt schwanger werden, an Schuldgefühlen, Depressionen und Angstzuständen leiden.»
Der sogenannte Tapón del Darién ist eine Lücke im panamerikanischen Autobahnsystem. Die rund 100 Kilometer lange Wanderung beginnt im südamerikanischen Kolumbien und führt ins mittelamerikanische Panama. Der Marsch kann bis zu zehn Tage dauern. Der Dschungel ist eine der gefährlichsten Migrationsrouten der Welt - nicht nur wegen des unwegsamen, teils gebirgigen, teils sumpfartigen Terrains, sondern auch wegen der dort aktiven Banden. Seit Beginn des Jahres durchquerten bereits fast 460.000 Migranten den Darién-Dschungel. Die meisten Migranten stammen aus Venezuela, Haiti und Kuba und wollen in die USA gelangen.
Kontinuität oder Kehrtwende: Argentinien wählt neuen Staatschef
BUENOS AIRES: Inmitten einer schweren Wirtschaftskrise wählen die Argentinier einen neuen Präsidenten. Bei der Stichwahl am Sonntag tritt Wirtschaftsminister Sergio Massa von den regierenden Peronisten gegen den libertären Populisten Javier Milei an. In den jüngsten Umfragen lagen beide fast gleich auf.
Der selbst ernannte «Anarchokapitalist» Milei verspricht eine radikale Kehrtwende: Er will den US-Dollar als gesetzliches Zahlungsmittel einführen, die Zentralbank sowie viele Ministerien abschaffen und die Sozialausgaben radikal kürzen. Regierungskandidat Massa hingegen dürfte die bisherige Politik mit massiven Eingriffen des Staates in die Wirtschaft und umfangreichen Sozialprogrammen fortsetzen.
Die zweitgrößte Volkswirtschaft Südamerikas steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise. Die Inflationsrate liegt bei über 140 Prozent, rund 40 Prozent der Menschen in dem einst reichen Land leben unterhalb der Armutsgrenze. Argentinien leidet unter einem aufgeblähten Staatsapparat, geringer Produktivität der Industrie und einer großen Schattenwirtschaft, die dem Staat viele Steuereinnahmen entzieht. Die Landeswährung Peso verliert gegenüber dem US-Dollar immer weiter an Wert, der Schuldenberg wächst ständig.
Ägypten und Jordanien verurteilen «Anschlag» auf UN-Schule in Gaza
KAIRO/AMMAN: Ägypten hat den Beschuss einer UN-Schule im nördlichen Gazastreifen als «schrecklichen Bombenanschlag der israelischen Besatzungstruppen» scharf verurteilt. Das Außenministerium erklärte am Samstag, man betrachte den Vorfall als ein weiteres Kriegsverbrechen, das untersucht werden müsse und dessen Täter zur Rechenschaft gezogen werden müssten. Das israelische Militär teilte mit, man prüfe Berichte zu dem angeblichen Angriff.
Jordanien verurteilte in einer Erklärung des Außenministeriums die «abscheulichen und anhaltenden Kriegsverbrechen» Israels auf das Schärfste. Dazu zähle auch der jüngste Angriff auf die UN-Schule. Es handele sich um «einen eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht».
Beim Einschlag eines Geschosses in einer UN-Schule im nördlichen Gazastreifen soll es am Samstag zahlreiche Tote gegeben haben. Ein Sprecher des von der islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums in Gaza berichtete von vielen Toten und Verletzten in der Schule im Flüchtlingsviertel Dschabalia. Bilder aus Dschabalia zeigten mehrere Tote in Leichentüchern.
Die israelische Nachrichtenseite ynet schrieb, es sei unklar, ob es sich bei dem Vorfall um einen israelischen Angriff oder eine fehlgeleitete Rakete palästinensischer Terroristen handelte.
Abbas fordert sofortiges Ende des Gaza-Kriegs
RAMALLAH: Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hat am Samstagabend zu einem sofortigen Ende des Kriegs im Gazastreifen aufgerufen. In einer Fernsehansprache forderte Abbas den US-Präsidenten Joe Biden dazu auf, «zu intervenieren und diese Aggression sofort zu stoppen». Er fragte: «Worauf warten die USA angesichts des fortwährenden Völkermords an unserem Volk in Gaza?» Abbas forderte Biden außerdem dazu auf, sich für die Einfuhr von mehr humanitärer Hilfe in den blockierten Küstenstreifen einzusetzen.
Die Hamas hatte 2006 bei Parlamentswahlen gegen die gemäßigtere Fatah von Abbas gesiegt. Ein Jahr später übernahm die Hamas gewaltsam die alleinige Kontrolle des Gazastreifens. Israel hatte das Gebiet 2005 geräumt und mehr als 20 israelische Siedlungen dort evakuiert. Seit der Machtübernahme der Terrororganisation Hamas gab es de facto zwei getrennte Regierungen - eine in Gaza und eine in Ramallah. Seit Beginn des Bruderkriegs zwischen den beiden rivalisierenden Palästinenserorganisationen gab es auch keine neuen Parlaments- oder Präsidentenwahlen mehr.
Vulkangefahr auf Island: Menschen können wohl lange nicht zurück
REYKJAVÍK: Die Menschen der von einem Vulkanausbruch bedrohten Stadt Grindavík auf Island müssen sich darauf einstellen, längere Zeit nicht in ihren Häusern wohnen zu können. Behörden hatten den Ort mit etwa 3700 Einwohnern vor einer Woche nach einer Erdbebenserie vorsichtshalber evakuiert. Mehrere Häuser seien beschädigt, sagte der Direktor des Zivilschutzes, Vídir Reynisson, nach Angaben des isländischen Rundfunksenders RUV am Samstag.
Auch wegen der andauernden Unsicherheit müssten sich Bewohner darauf einstellen, in den kommenden Monaten woanders zu leben, zitierte ihn der Sender. Der britische Fernsehsender Sky News zeigte Luftaufnahmen von dem Ort, auf dessen Boden teils deutliche Risse zu sehen waren.
Der Wetterdienst in Island hält es für wahrscheinlich, dass flüssiges Gestein aus dem seit Wochen aktiven Magma-Tunnel im Südwesten des Landes austreten wird. In den vergangenen 24 Stunden seien 1700 Erdbeben registriert worden, darunter etwa 1000 seit Mitternacht, schrieb der Wetterdienst am Samstagnachmittag online.
Grindavík liegt rund 40 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Reykjavik und wird seit Tagen von einem möglichen Vulkanausbruch bedroht. Die Einwohner mussten vor einer Woche ihre Häuser verlassen, weil ein etwa 15 Kilometer langer Magma-Tunnel unter Grindavík hindurch bis unter den Meeresboden verläuft. Die nahe gelegene Blaue Lagune, eine der bekanntesten Touristenattraktionen Islands, war bereits zuvor geschlossen worden.
Scholz plädiert in Gespräch mit Netanjahu für Feuerpausen
BERLIN: Kanzler Olaf Scholz hat sich nach Angaben der Bundesregierung in einem Telefonat mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu für Feuerpausen im Gaza-Krieg eingesetzt. «Der Bundeskanzler betonte die dringende Notwendigkeit, die humanitäre Lage der Menschen im Gazastreifen zu verbessern», teilte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Samstag in Berlin mit. «Humanitäre Feuerpausen könnten zu einer wesentlichen Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung beitragen.» Das Gespräch fand den Angaben zufolge am Samstag statt.
Scholz habe die volle Solidarität Deutschlands mit den Menschen in Israel erneuert und unterstrichen, dass Deutschland unverbrüchlich an der Seite Israels stehe, so Hoffmann. Netanjahu habe die israelischen Bemühungen zum Schutz von Zivilisten im Gazastreifen erläutert, die weiterhin von der Hamas konterkariert würden. Die beiden Politiker hätten auch über die Bemühungen gesprochen, die Geiseln der Hamas so schnell wie möglich zu befreien, insbesondere Kinder, Alte, Kranke und Frauen. Scholz habe Netanjahu zudem von seinen Bemühungen berichtet, ein regionales Ausgreifen des Konflikts zu vermeiden.
Marsch für Geiseln in Hamas-Gewalt erreicht Jerusalem
JERUSALEM: Zehntausende Teilnehmer eines Protestmarsches für die Geiseln in der Gewalt der islamistischen Terrororganisation Hamas haben am Samstag Jerusalem erreicht. Sie demonstrierten dort vor dem Amtssitz des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Der Marsch hatte am Dienstag in der rund 70 Kilometer entfernten Küstenmetropole Tel Aviv begonnen. Die Demonstranten trugen blau-weiße israelische Flaggen und gelbe Luftballons bei sich. Viele hielten Schilder mit Bildern der Entführten in die Höhe.
Sie forderten von der Regierung einen sofortigen Deal zur Freilassung der Geiseln, die seit sechs Wochen im Gazastreifen festgehalten werden. «Jetzt, jetzt, jetzt», skandierten sie immer wieder. «Humanitäre Hilfe nur im Gegenzug für die Freilassung aller Geiseln», stand auf einem Banner.
Die Farbe Gelb symbolisiert die Solidarität mit den verschleppten Kindern, Frauen, Männern und alten Menschen. Zahlreiche Israelis tragen seit Wochen gelbe Bänder an ihren Handgelenken und binden sie an gut sichtbaren Orten fest.
Am 7. Oktober hatten Terroristen der islamistischen Hamas und anderer Gruppen bei Massakern und Angriffen im israelischen Grenzgebiet rund 240 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Vier wurden später freigelassen und eine befreit. Zudem wurden in Gaza die Leichen zweier israelischer Frauen von israelischen Soldaten geborgen. Wie viele von den anderen noch am Leben sind, ist unklar.
WHO plant Rettung der verbliebenen Patienten in Schifa-Klinik
GENF: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) arbeitet mit Hochdruck an einem Plan zur Rettung der verbliebenen Patientinnen und Patienten aus dem Schifa-Krankenhaus im Gazastreifen. Das schrieb WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus in der Nacht zum Sonntag auf dem Kurznachrichtenportal X. Mitarbeiter hätten das Krankenhaus am Samstag aufgesucht und eine desolate Lage vorgefunden. Es gebe dort kein Wasser, keinen Strom und keine Nahrungsmittel mehr und kaum noch medizinischen Bedarf.
Das Team habe am Eingang des Krankenhauses ein Massengrab vorgefunden und sei informiert worden, dass dort mehr als 80 Menschen begraben seien, schrieb die Weltgesundheitsorganisation in einer Mitteilung am Samstag. Es habe Spuren von Schüssen und Gewehrfeuer gegeben. Die Gänge und das Gelände des Krankenhauses seien voller medizinischer und anderer Abfälle, was das Infektionsrisiko erhöhe. Der Mangel an sauberem Wasser, Treibstoff, Medikamenten, Nahrungsmitteln und anderen wichtigen Hilfsgütern in den vergangenen sechs Wochen habe dazu geführt, dass das Krankenhaus im Wesentlichen nicht mehr als medizinische Einrichtung funktioniere.
«Angesichts dieser erbärmlichen Situation und des Zustands vieler Patienten, darunter Babys, bat das Personal um Unterstützung bei der Evakuierung von todkranken Patienten, die dort nicht mehr versorgt werden können», schrieb der WHO-Chef. Man arbeite mit Partnern daran und verlange Unterstützung für diesen Plan. Tedros nannte weder Israel, dessen Militär das Krankenhaus eingenommen hat, noch die im Gazastreifen regierende extremistische Palästinenserorganisation Hamas beim Namen. «Die derzeitige Situation ist unerträglich und nicht zu rechtfertigen», schrieb er. «Feuerpause. JETZT», fügte er hinzu.
Tanklaster mit fast 130.000 Litern Diesel erreichen Gazastreifen
AL-ARISCH/GAZA: Einen Tag nach der Zusage Israels, für humanitäre Zwecke täglich die Einfuhr einer begrenzten Menge Treibstoff in den Gazastreifen zu erlauben, sind nach Angaben von Helfern mit Diesel befüllte Tankwagen angekommen. Der Generalsekretär des Ägyptischen Roten Halbmondes (ECR), Raed Abdel Nasser, sagte der Deutschen Presse-Agentur am Samstag, dass drei mit rund 129.000 Litern Diesel beladene Lastwagen eingetroffen seien. Das UN-Hilfswerk für Palästinenser (UNRWA) erklärte, für humanitäre Einsätze sei viel mehr nötig als die Menge, die angekommen sei.
Nach UNRWA-Angaben erlaubten die Israelis nur die Einfuhr von rund 120.000 Litern aus Ägypten in das abgeriegelte Küstengebiet - also etwas weniger, als vom Roten Halbmond angegeben. Wieso die Mengenangaben etwas unterschiedlich ausfielen, ließ sich zunächst nicht abschließend klären. UNRWA erklärte, die aktuelle Lieferung «ist viel zu wenig, um den Bedarf der Entsalzungsanlagen, Kläranlagen, Krankenhäuser, Wasserpumpen in Unterkünften, Lastern für Hilfsgüter, Krankenwagen, Bäckereien und für das Kommunikationsnetzwerk ohne Unterbrechung zu decken».
Nach Angaben von UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths sind für eine minimale humanitäre Versorgung täglich rund 200.000 Liter nötig. Israel hatte am Freitag die Einfuhr von Diesel für humanitäre Zwecke in den Gazastreifen genehmigt.
Am Mittwoch war erstmals seit Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober wieder ein Tankwagen in den Gazastreifen gelangt. Er hatte rund 23.000 Liter Treibstoff an Bord. Dem Roten Halbmond zufolge gab es zudem am Freitag eine Lieferung mit rund 17.000 Litern.
Mehr als 1000 Teilnehmer bei Kurden-Demonstration gegen Erdogan
BERLIN: Mehr als 1000 Menschen haben nach Polizeiangaben in Berlin gegen das Verbot der kurdischen Arbeiterpartei PKK demonstriert. Sie versammelten sich am Samstagmittag in Kreuzberg, um dann zum Schlossplatz nach Mitte zu laufen. Die Polizei sprach von anfangs 800 Teilnehmern und einer stetig wachsenden Zahl. Die Demonstranten trugen kurdische Fahnen in den Farben Gelb, Rot und Grün. In Reden wurde die Politik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan kritisiert, der Berlin am Freitag besucht hatte. In Deutschland ist die PKK wegen terroristischer Aktivitäten seit 1993 verboten.
Zu Beginn der Demonstration nahm die Polizei einen Teilnehmer, vorläufig fest. Es sei um einen Verstoß gegen ein Vereinsverbot gegangen, sagte eine Sprecherin. Ein weiterer Demonstrant hat nach Angaben der Polizei mit einer Fahnenstange um sich geschlagen. Ansonsten war die Stimmung zum Beginn der Demonstration friedlich.
Die Polizei war mit einem größeren Aufgebot vertreten. Insgesamt seien am Samstag 3000 Polizisten in Berlin im Einsatz: bei der kurdischen Demonstration, bei einer palästinensischen Demonstration am Nachmittag mit angekündigten 10.000 Teilnehmern, beim Fußball-Freundschaftsspiel Deutschland gegen die Türkei am Abend und einem vorher angekündigten Fanmarsch türkischer Anhänger.
Scholz kritisiert israelischen Siedlungsbau im Westjordanland
NUTHETAL: Bundeskanzler Olaf Scholz hat erneut für die sogenannte Zwei-Staaten-Lösung im Nahost-Konflikt geworben und gleichzeitig den israelischen Siedlungsbau im Westjordanland kritisiert. «Unsere Perspektive ist, dass es eine Zwei-Staaten-Lösung geben muss», sagte Scholz am Samstag bei einem Bürgergespräch in seinem Wahlkreis in Nuthetal bei Potsdam. «Es muss eine Aussicht geben auf ein friedliches Miteinander von Israel als Staat und einem palästinensischen Staat.» Das sei auch «im ureigensten Interesse Israels».
Scholz äußerte die Hoffnung, dass nach einem Sieg über die terroristische Hamas die Chancen auf eine friedliche Koexistenz zweier Staaten realistischer sein könnte als in den letzten Jahren. Der Kanzler betonte, dass Deutschland den israelischen Siedlungsbau ablehnt. «Wir wollen keine neuen Siedlungen in der Westbank.» Er verurteilte auch die Gewalt jüdischer Siedler gegen die palästinensische Bevölkerung nach der Terrorattacke der islamistischen Hamas am 7. Oktober.
Der Nahost-Konflikt war schon vor dem Angriff und der anschließenden israelischen Gegenoffensive im Gazastreifen über viele Jahre festgefahren. Seit 2014 hat es keine ernsthaften Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern mehr gegeben. Annäherungen waren in der Vergangenheit immer wieder durch palästinensische Anschläge, aber auch durch den israelischen Siedlungsbau erschwert worden, der von der rechts-religiösen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vorangetrieben wird.
Israel eroberte während des Sechstagekrieges 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem. Knapp 600.000 Israelis leben dort heute in mehr als 200 Siedlungen. Der UN-Sicherheitsrat bezeichnete 2016 diese Siedlungen als Verletzung des internationalen Rechts und forderte Israel auf, alle Siedlungsaktivitäten zu stoppen. Die Palästinenser wollen im Westjordanland, dem Gazastreifen und Ost-Jerusalem einen eigenen Staat einrichten.
Scholz will wieder mit Putin reden - Aber kein konkreter Zeitpunkt
NUTHETAL: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will die seit einem Jahr anhaltende Funkstille mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin irgendwann beenden. «Ich werde mit ihm reden», sagte er am Samstag bei einem Bürgergespräch in Nuthetal bei Potsdam. Einen Zeitpunkt für ein Gespräch nannte er aber nicht. Man könne da nicht nach dem Motto verfahren: «Ich geh mal mit jemandem Kaffee trinken, und wir werden uns schon am Ende einigen.» Derzeit lasse Putin nicht erkennen, «dass er irgendwie sich auf irgendetwas einlassen würde».
Scholz und Putin haben zuletzt am 2. Dezember vergangenen Jahres telefoniert. Der Kanzler hat immer wieder gesagt, dass er grundsätzlich zu weiteren Gesprächen bereit sei, aber dass dazu auch Bewegung bei Putin Bewegung erkennbar sein müsse.
Der Kanzler warnte bei der Veranstaltung in seinem Wahlkreis auch davor, den Einfluss Deutschlands in der Welt zu überschätzen und zitierte seinen Vorgänger Helmut Schmidt (Kanzler von 1974 bis 1982), der Deutschland als «Mittelmacht» bezeichnet hatte. Scholz sagte dazu: «Deutschland ist eine Mittelmacht, und es ist gut, wenn wir uns nicht größer finden, als wir wirklich sind.»
Niederlande untersuchen Teilnahme von Taliban-Funktionär an Konferenz
DEN HAAG: Die Niederlande untersuchen die Anwesenheit eines Vertreters der in Afghanistan herrschenden Taliban bei einer Konferenz in Den Haag. Es werde nun untersucht, wie das möglich war, teilte Gesundheitsminister Ernst Kuipers am Samstag über die Plattform X (früher Twitter) mit. Der Taliban-Funktionär war demnach bei einer Konferenz der Weltgesundheitsorganisation WHO, die vom 6. bis 8. November stattfand.
Es handelt sich nach niederländischen Medienberichten um Abdul Bari Omar, Leiter der afghanischen Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde, der am Donnerstag auch in einer Kölner Moschee auftrat. Das Auswärtige Amt in Berlin hatte diesen Auftritt verurteilt und erklärt, die Reise sei dem Ministerium nicht angekündigt worden.
Der niederländische Gesundheitsminister hatte sich bei der Konferenz auch mit dem Taliban-Vertreter fotografieren lassen. Das Foto war bereits vor mehr als einer Woche über X verbreitet worden, doch in den Niederlanden wurde es erst jetzt nach dem Wirbel über den Auftritt in Köln bekannt. Kuipers bedauerte das gemeinsame Foto. Er habe nicht gewusst, um wen es sich handelte. «Selbstverständlich will ich in keiner Weise assoziiert werden mit diesem schrecklichen Regime: Ich stehe für Menschenrechte und besonders Frauenrechte.»
Jordanien hält Auslöschung der Hamas für unrealistisch
AMMAN/MANAMA: Der jordanische Außenminister Aiman Safadi sieht Israels Ziel einer Auslöschung der islamistischen Hamas im Gazastreifen als unrealistisch an. «Ich verstehe einfach nicht, wie dieses Ziel verwirklicht werden kann», sagte Safadi am Samstag beim jährlichen Manama-Dialog in Bahrain. «Hamas ist eine Idee», so der Außenminister. Eine Idee könne nicht durch Bomben ausgemerzt werden. Die Palästinenser müssten stattdessen davon überzeugt werden, dass es für sie eine Zukunft gebe und dass «Hamas zwischen ihnen und dieser Zukunft» stehe. Das sei bisher nicht passiert. Aktuell habe das palästinensische Volk nichts mehr zu verlieren.
Er warf Israel außerdem Kriegsverbrechen vor. «Die Verweigerung von Nahrungsmitteln, Treibstoff und Medikamenten für die Bevölkerung Gazas ist ein Kriegsverbrechen. Wir müssen es als Kriegsverbrechen bezeichnen, denn das ist es», sagte Safadi. Das Völkerrecht müsse für alle gelten. «Wenn wir darüber reden wollen, was in Zukunft mit Gaza gemacht werden sollte, sollten wir die Zerstörung von Gaza jetzt stoppen», sagte Safadi. In Jordanien leben sehr viele Menschen palästinensischer Abstammung.
Israel begann nach dem verheerenden Hamas-Terrorangriff vom 7. Oktober mit rund 1200 Toten mit massiven Luftangriffen auf Ziele im Gazastreifen. Inzwischen sind auch Bodentruppen im Einsatz.
Faeser erwartet nach Taliban-Auftritt Aufklärung von Ditib
BERLIN: Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat den Auftritt eines hochrangigen Taliban-Funktionärs in einer Kölner Moschee heftig kritisiert und Aufklärung eingefordert. «Der Auftritt des Taliban-Vertreters in Köln ist vollkommen inakzeptabel und scharf zu verurteilen», sagte die SPD-Politikerin am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Niemand darf radikalen Islamisten in Deutschland eine Bühne bieten.»
Die Taliban seien für massive Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, sagte Faeser weiter. «Wir schützen in Deutschland viele Geflüchtete aus Afghanistan vor der Unterdrückungsherrschaft der Taliban. Deshalb haben Taliban-Funktionäre absolut nichts zu suchen in Deutschland.» Die zuständigen Behörden gingen dem Fall intensiv nach. Vom Dachverband Ditib, dem die Kölner Moschee angehört, erwarte man «eine vollständige und sehr schnelle Aufklärung, wie es zu dem Auftritt in Köln kommen konnte».
Der Dachverband Ditib, dem die Moschee angehört, hatte sich von dem Auftritt in dem Gebetshaus im Stadtteil Chorweiler am Donnerstag distanziert. Ein Kulturverein habe die als religiös angekündigte Veranstaltung organisiert und sich dabei nicht an eine vertragliche Vereinbarung gehalten. Der «Afghanische Kulturverein Köln Meschenich» selbst erklärte, nicht an der Veranstaltung beteiligt gewesen zu sein, der Vereinsname sei missbräuchlich verwendet worden.
Das Bundesinnenministerium hatte nach Angaben eines Sprechers vorab keine Kenntnis von dem Auftritt. Man habe die öffentlichen Äußerungen der Ditib dazu zur Kenntnis genommen und werde dort auf weitere Klärung dringen, sagte er der dpa. «Alles Weitere im Zusammenhang mit dem Auftritt ist Gegenstand laufender Prüfungen.»
Dänische Regierungspartei Venstre hat neuen Chef
KOPENHAGEN: Der dänische Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen ist zum Vorsitzenden der liberal-konservativen Regierungspartei Venstre gewählt worden. Der 47-Jährige war beim Parteitag in Herning am Samstag der einzige Kandidat für die Nachfolge von Jakob Ellemann-Jensen, der sich vor knapp vier Wochen überraschend komplett aus der Politik zurückgezogen hatte.
Dänemark wird seit Ende 2022 von einer für dänische Verhältnisse seltenen blockübergreifenden Koalition regiert. Dass Venstre zusammen mit den Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und den Moderaten in die Regierung eingetreten war, hatte vor allem unter konservativen Wählern in ländlichen Regionen für Kritik gesorgt.
Israel fordert erneut zum Verlassen mehrerer Stadtviertel in Gaza auf
TEL AVIV/GAZA: Israels Armee hat die Bewohner mehrerer Viertel der umkämpften Stadt Gaza erneut zur Evakuierung aufgefordert. Bis 16.00 Uhr Ortszeit (15.00 Uhr MEZ) sollten Anwohner zu ihrer eigenen Sicherheit aus den Stadtteilen im nördlichen Gazastreifen in den Süden fliehen, schrieb ein Sprecher der Armee am Samstag auf Arabisch auf der Plattform X, vormals Twitter. Zur Evakuierung aufgerufen waren auch Bewohner des Flüchtlingsviertels Dschabalia. Zivilisten, die von der Terrororganisation Hamas an der Flucht gehindert würden, könnten sich per Telefon oder über die Plattform Telegram an die israelische Armee wenden, hieß es.
Die Armee kündigte zudem eine vierstündige «taktische» Kampfpause im Flüchtlingslager Schabura in Rafah im Süden des Gazastreifens aus humanitären Gründen an. In der Gegend liegt auch der Grenzübergang nach Ägypten.
Einer Schätzung der palästinensischen Statistikbehörde im Westjordanland zufolge sollen sich noch Hunderttausende Menschen im nördlichen Gazastreifen aufhalten. Israel ruft die Zivilbevölkerung in der Stadt Gaza und im Norden seit Wochen dazu auf, sich zu ihrer eigenen Sicherheit in den Süden des abgeriegelten Küstenstreifens zu begeben. Nach Darstellung der Armee gibt es dort in den für die Zivilbevölkerung ausgewiesenen Gebieten ausschließlich gezielte Angriffe auf Anführer der Hamas. Die Angaben waren zunächst nicht unabhängig zu überprüfen. Die Menschen leben dort unter prekären Umständen. Helfer sprechen von einer humanitären Katastrophe.
Wieder Beschuss an der der Grenze zwischen Libanon und Israel
BEIRUT/TEL AVIV: An der Grenze zwischen Israel und dem Libanon ist es am Samstag erneut zu gegenseitigem Beschuss gekommen. Israelische Artillerie griff «Terrorziele» im Libanon an, wie das Militär mitteilte. Zuvor seien 25 Raketenstarts aus dem Libanon Richtung Israel registriert worden, hieß es. Berichte über Verletzte im Norden Israels gab es zunächst nicht. Die proiranische Hisbollah-Miliz im Libanon teilte mit, sie habe auf israelische Truppen und weitere Stellungen des Militärs gezielt.
Die staatliche Nachrichtenagentur im Libanon berichtete, dass bei einem israelischen Angriff am frühen Samstagmorgen eine Aluminiumfabrik nahe der Stadt Nabatieh getroffen wurde. Die Fabrik sei völlig niedergebrannt. Verletzte soll es nicht gegeben haben. Augenzeugen zufolge hinderte die Hisbollah Journalisten und andere Personen daran, sich dem Gebiet zu nähern.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober kommt es an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon immer wieder zu Konfrontationen zwischen der israelischen Armee und der Hisbollah. Auf beiden Seiten gab es bereits Todesopfer. Es ist die schwerste Eskalation seit dem zweiten Libanon-Krieg im Jahre 2006.
Die Hisbollah hat Verbindungen zur islamistischen Hamas im Gazastreifen, gilt aber als einflussreicher und schlagkräftiger. Zudem gilt sie als wichtigster nichtstaatlicher Verbündeter des Irans und zählt zur selbst ernannten «Widerstandsachse», einer Front von Milizen mit dem Ziel, Irans Erzfeind Israel zu bekämpfen.
Ermittlungen nach Tod von Zehnjährigem bei Drogenstreit
MARSEILLE: Nach dem Tod eines zehnjährigen Jungen in einem Drogenkonflikt in Südfrankreich hat die Justiz Ermittlungen gegen neun Verdächtige eingeleitet. Wie der Staatsanwalt von Marseille Nicolas Bessone am Samstag sagte, wurde ein Verfahren gegen sie gestartet. Die meisten der Verdächtigen kamen in Untersuchungshaft. Französische Medien berichteten, es handle sich um Männer zwischen 17 und 30 Jahren.
Der Fall hatte in Frankreich für Entsetzen gesorgt. Das Kind war im August war bei einer Auseinandersetzung im Drogenmilieu im südfranzösischen Nîmes als Zufallsopfer erschossen worden - offenbar bei einer Abrechnung zwischen Drogenhändlern, wie Innenminister Gérald Darmanin sagte. Wie die Zeitung «Le Monde» berichtete, hatte der Junge spätabends auf der Rückbank des Autos seines Onkels gesessen, als es in dem Hochhausviertel Pissevin zu einer Schießerei kam. Der Onkel sei verletzt worden und mit dem Auto zum Krankenhaus gefahren, der Junge aber sei auf dem Weg dorthin gestorben. Ein weiteres Kind, das sich im Auto befand, sei unverletzt geblieben.
Israels Militär: «Terroristen» bei Einsatz im Westjordanland getötet
RAMALLAH: Israels Armee hat eigenen Angaben zufolge «mehrere Terroristen» in einem Flüchtlingslager in der Stadt Nablus im besetzten Westjordanland getötet. Ein Fluggerät habe bei dem Einsatz in Balata deren Versteck angegriffen, teilte das Militär am Samstag mit. Palästinensischen Angaben zufolge wurden bei dem Drohnenangriff der israelischen Armee in der Nacht zu Samstag fünf Männer getötet. Laut der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa wurden dabei auch zwei Menschen verletzt.
Die getöteten Palästinenser planten nach Darstellung der Armee Anschläge gegen israelische Zivilisten und militärische Ziele. Einer der Toten sei in der Vergangenheit bereits an Anschlägen beteiligt gewesen. Während der Razzia in dem Flüchtlingslager hätten Angreifer auf die Einsatzkräfte geschossen. Die Soldaten erwiderten Armeeangaben zufolge das Feuer.
Nach einem Wafa-Bericht wurde auch in Tubas im Norden des Westjordanlands ein Palästinenser bei Konfrontationen im Zuge einer Razzia des israelischen Militärs getötet.
Die Lage im Westjordanland hat sich seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der im Gazastreifen herrschenden islamistischen Hamas am 7. Oktober deutlich zugespitzt. Rund 200 Palästinenser wurden seither nach Angaben des Gesundheitsministeriums getötet.
Keine Zwischenfälle in Berlin nach Besuch des türkischen Präsidenten
BERLIN: Nach dem Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ist es in Berlin ruhig geblieben. Es sei zu keinen Zwischenfällen im Zusammenhang mit dem Staatsbesuch Erdogans gekommen, teilte die Polizei am Samstagmorgen mit.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan war am Freitag zu seinem ersten Deutschlandbesuch seit drei Jahren in Berlin eingetroffen. Während seines Kurzaufenthalts von nur wenigen Stunden besuchte er zuerst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und traf dann Bundeskanzler Olaf Scholz zu einem Abendessen. Der Besuch war vor allem wegen scharfer Äußerungen Erdogans gegen Israel seit Beginn des Gaza-Kriegs umstritten.
Bei einer Demonstration am Berliner Kanzleramt gegen den türkischen Präsidenten hatte die Polizei am Freitagnachmittag zeitweise ein Transparent mit der Aufschrift «Kein roter Teppich für den Islamisten Erdogan» eingezogen. Nach Absprache mit der Staatsanwaltschaft war das Plakat wieder ausgehändigt worden.
Iranischer Politiker warnt vor Beteiligung im Gaza-Krieg
TEHERAN: Ein einflussreicher Politiker in Teheran hat vor einer iranischen Beteiligung im Gaza-Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas gewarnt. «Diejenigen im Iran, die in den Gaza-Krieg ziehen wollen, sollten wissen, dass das zionistische Regime (Israel) genau das will», sagte Gholam-Hussein Hadad-Adel, ein Mitglied des sogenannten Schlichtungsrats, laut Tageszeitung «Etemad» am Samstag. Eine Beteiligung Irans in dem Konflikt würde zu einem Krieg zwischen dem Iran und den USA führen, warnte er. «In dem Fall wären sie (Israel) auf der sicheren Seite.»
Hadad-Adel ist ein Mitglied der ultra-konservativen Fraktion des Landes und gilt als enger Vertrauter von Irans Religionsführer Ali Chamenei. Daher sind seine Aussagen in der Regel auch im Einklang mit den Standpunkten Chameneis, der laut Verfassung in allen strategischen Belangen das letzte Wort hat. Der Schlichtungsrat ist ein wichtiges politisches Gremium im Iran, das bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Parlament und Regierung in der Gesetzgebung vermittelt.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs hat der Iran seine Unterstützung für die im Gazastreifen herrschende Hamas mehrmals bekräftigt, eine direkte Verwicklung in den Konflikt jedoch vehement bestritten. Bei Demonstrationen im Iran und auch aus militärischen Kreisen gab es jedoch Forderungen, der Hamas auch an der Kriegsfront zur Seite zu stehen. Seit der Islamischen Revolution von 1979 ist Israel Irans erklärter Erzfeind. Beobachter glauben jedoch, dass eine iranische Kriegsbeteiligung eher unwahrscheinlich ist, da das Land in einer wirtschaftlichen Krise steckt und sich eine militärische Konfrontation mit Israel - und insbesondere mit dessen Verbündetem USA - nicht leisten kann.
Am Samstag gab es im Iran nach Angaben des Staatssenders IRIB erneut staatlich organisierte Anti-Israel-Kundgebungen. In der Hauptstadt Teheran kamen Tausende zu der Veranstaltung am Revolutionsplatz. Sie schwenkten palästinensische Flaggen und riefen Slogans gegen Israel und die USA.
Bahrain fordert Gefangenenaustausch zwischen Israel und Hamas
MANAMA: Die Führung des Golfstaats Bahrain hat Israel und die islamistische Hamas zu einem Gefangenenaustausch aufgefordert. Die Hamas solle sofort die aus Israel entführten Kinder und Frauen freilassen, verlangte Kronprinz und Ministerpräsident Salman bin Hamad al-Chalifa am Freitag. Er glaube nicht, dass irgendeine arabische Führungspersönlichkeit die Hamas dazu bereits aufgefordert habe. Es sei deshalb Zeit für klare Worte. Zugleich verlangte der Kronprinz von Israel, weibliche und minderjährige palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen zu entlassen. Dies sei notwendig, um den Konflikt und die «untragbare Situation» im Gazastreifen zu beenden.
Bahrains Ministerpräsident verurteilte zugleich aufs Schärfste die «barbarischen» Anschläge vom 7. Oktober sowie die Luftangriffe auf den Gazastreifen, die zum Tod Tausender geführt hätten.
Israel unterzeichnete im September 2020 mit Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) Abkommen über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Als Hauptmotor der Annäherung gelten wirtschaftliche Erwägungen. Die Länder bilden aber auch eine Allianz gegen den Iran.
Das bahrainische Parlament hatte jüngst mitgeteilt, der Golfstaat habe seinen Botschafter aus Israel abberufen und der israelische Botschafter habe das Königreich verlassen. Alle Wirtschaftsbeziehungen mit Israel würden eingestellt. Israel wies die Berichte zurück. Ein Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem teilte mit, es gebe «keine Mitteilung oder Entscheidung der Regierung in Bahrain und der israelischen Regierung, die Botschafter der Länder abzuberufen». Die Beziehungen der beiden Länder seien stabil.
Israels Militär: Waffen und Munition in Kindergarten in Gaza gefunden
GAZA: Die israelischen Streitkräfte haben eigenen Angaben zufolge in einem Kindergarten und einer Grundschule im Gazastreifen Waffen und Munition gefunden. Bei dem Einsatz im Norden des abgeriegelten Küstenstreifens seien Panzerbüchsen, Mörsergranaten und andere Waffen sichergestellt worden, teilte das Militär am Samstag auf der Nachrichtenplattform X, ehemals Twitter, mit. «In Kindergärten sollten Spielsachen aufbewahrt werden, keine tödlichen Waffen», hieß es in der Mitteilung. In einem Video war ein Stapel Mörsergranaten zu sehen, auf einem Foto mehrere Panzerbüchsen, Sturmgewehre, Munition und Handgranaten.
Die israelischen Streitkräfte werfen der islamistischen Hamas immer wieder vor, aus zivilen Einrichtungen heraus zu operieren und Zivilisten im Gazastreifen als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. Zuletzt entdeckte das Militär eigenen Angaben zufolge unter der größten Klinik des Gazastreifens eine Kommandozentrale der Hamas. Die von der EU und den USA als Terrororganisation eingestufte Gruppe bestreitet die Existenz eines solchen Stützpunkts unter dem Schifa-Krankenhaus.