Neues aus dem Ausland am Donnerstag

Neues aus dem Ausland am Donnerstag

Anführer rechter Miliz wegen Attacke auf US-Kapitol angeklagt

WASHINGTON: Ein Jahr nach der Erstürmung des US-Kapitols hat das Justizministerium Anklage gegen den Anführer der rechten Miliz «Oath Keepers» sowie zehn weitere Mitglieder der Gruppe erhoben. Ihnen werde «aufrührerische Verschwörung» zur Last gelegt, teilte das Ministerium in Washington am Donnerstag mit. Der Gründer und Anführer der Miliz, Stewart Rhodes, sei am Donnerstag im Bundesstaat Texas festgenommen worden. Für ihn sei es die erste Anklage im Zusammenhang mit der Attacke auf das Kapitol, erklärte das Ministerium, das auch für Strafverfolgung zuständig ist. Mehrere andere Mitglieder seien zuvor bereits wegen anderer Punkte angeklagt worden.

Anhänger des damaligen abgewählten Präsidenten Donald Trump hatten am 6. Januar 2021 das Gebäude des Parlaments in Washington erstürmt, um zu verhindern, dass der Wahlsieg des Demokraten Joe Biden vom November 2020 bestätigt wird. Dabei kamen fünf Menschen ums Leben. Die Attacke aufs Herz der US-Demokratie erschütterte das Land. Trump hatte seine Anhänger zuvor in einer Ansprache angestachelt. Die Demokraten warfen dem Republikaner daher «Anstiftung zum Aufruhr» vor und setzten ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn in Gang, das allerdings mit einem Freispruch endete.

Wie das Justizministerium mitteilte, soll Rhodes gemeinsam mit den Mitangeklagten einen Komplott geschmiedet haben, mit dem Ziel, den Machtwechsel nach der Präsidentenwahl mit Gewalt zu verhindern. Dazu hätten sie unter anderem die Anreise nach Washington zum 6. Januar 2021 geplant, Waffen und paramilitärische Ausrüstung organisiert und vorab Trainings für Kampftechniken auf die Beine gestellt. Mehrere der Angeklagten seien selbst in das Kapitol eingedrungen, andere hätten sich außerhalb des Kongresssitzes und teils außerhalb der Stadt um weitere Koordinierung gekümmert. Für «aufrührerische Verschwörung» könne eine Höchststrafe von bis zu 20 Jahren Haft verhängt werden, hieß es weiter.

Im Zusammenhang mit der Attacke auf das Kapitol wurden laut Justizministerium bislang mehr als 725 Personen in fast allen Bundesstaaten festgenommen. Die Ermittlungen in dem Fall dauern an.


Sozialisten nähern sich der absoluten Mehrheit

LISSABON: Der sozialistische Ministerpräsident António Costa darf in Portugal darauf hoffen, bei der Neuwahl am 30. Januar erstmals die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament zu erringen. Nach einer am Donnerstag veröffentlichten Erhebung der Katholischen Universität in Lissabon wollten in der zweiten Januarwoche 39 Prozent der Wähler für die Sozialistische Partei (PS) stimmen. Damit würde die PS auf bis zu 113 Sitze kommen. Für die absolute Mehrheit sind in der «Assembleia da República» 116 von insgesamt 230 Sitzen nötig.

Die PS verbesserte sich damit im Vergleich zur letzten Umfrage von Anfang Januar um einen Prozentpunkt. Der gefährlichste Konkurrent, die konservativ orientierte Sozialdemokratische Partei (PSD) von Spitzenkandidat Rui Rio, fiel derweil von 32 auf 30 Prozent. Mit großem Abstand und je sechs Prozent folgen der marxistische Linksblock (BE) sowie die Rechtspopulisten von Chega. Die Umfrage wurde im Auftrag des staatlichen TV-Senders RTP und der renommierten Zeitung «Público» erstellt und gilt als sehr zuverlässig.

Costa regiert seit 2015 mit einer Sitzminderheit im Parlament. Bei der letzten Wahl im Herbst 2019 hatte seine eher sozialdemokratisch denn sozialistisch eingestellte Partei 36,3 Prozent bekommen und 108 Sitze errungen. Die PS war in den vergangenen Jahren von weiter links stehenden Parteien unterstützt worden. Bei der Abstimmung über den Haushaltsentwurf für 2022 votierten diese Parteien aber ebenso wie die konservative Opposition Anfang November geschlossen dagegen. Staatsoberhaupt Marcelo Rebelo de Sousa rief deshalb Neuwahlen aus.

Der Linksblock BE, die Kommunisten (PCP) und die Grünen (PEV) hatten mit Blick auf die milliardenschweren Corona-Hilfen der EU unter anderem mehr Sozialausgaben im Etat 2022 gefordert. Costa wollte aber seine zurückhaltende Ausgabenpolitik nicht aufgeben.


Tschechiens neuer Regierungschef Fiala gewinnt Vertrauensabstimmung

PRAG: Die neue Regierung in Tschechien hat nach einer knapp 23-stündigen Marathondebatte eine entscheidende Vertrauensabstimmung im Parlament gewonnen. Das liberalkonservative Kabinett unter Ministerpräsident Petr Fiala erhielt am Donnerstagabend in Prag wie erwartet die Zustimmung einer klaren Mehrheit der Abgeordneten. 106 Parlamentarier stimmten für Fiala und seine Minister; 87 gegen ihn.

Das Bündnis aus fünf Parteien hat sich zum Ziel gesetzt, den Haushalt zu konsolidieren, Atomkraft und erneuerbare Energiequellen auszubauen sowie ein «zuverlässiger und respektierter» Partner innerhalb der EU zu sein. Tschechien mit 10,7 Millionen Einwohnern übernimmt in der zweiten Jahreshälfte von Frankreich die EU-Ratspräsidentschaft.

Der Abstimmung ging ein langer Schlagabtausch von Regierung und Opposition voraus - einschließlich einer Nachtsitzung. Das neue Kabinett «täuscht die Bürger und drischt nur leere Phrasen», sagte Ex-Ministerpräsident Andrej Babis, der die Parlamentswahl im Oktober nach knapp vier Jahren an der Macht verloren hatte.

Der Regierung gehören neben Fialas Bürgerdemokraten (ODS) auch die bürgerliche TOP09 sowie Christdemokraten (KDU-CSL), Bürgermeister- und Piratenpartei an. Neben dem Ministerpräsidenten gibt es 17 Kabinettsmitglieder, von denen drei Frauen sind. Die Verfassung sieht vor, dass jede neue Regierung innerhalb von 30 Tagen nach ihrer Ernennung die Vertrauensfrage stellen muss.


UN: Höchste zivile Opferzahlen in Tigray-Konflikt seit Oktober

ADDIS ABEBA: In Äthiopien sind im bewaffneten Konflikt in der Tigray-Region in den vergangenen sieben Tagen Dutzende Zivilisten getötet worden - es sind die höchsten Opferzahlen seit Oktober. Die Zahlen stammten aus Krankenhäusern und anderen offiziellen Quellen, müssten jedoch noch unabhängig überprüft werden, sagten die Vereinten Nationen am Donnerstag. Aufgrund anhaltender Zusammenstöße und Unsicherheit bleibe die humanitäre Versorgung in Tigray seit vier Wochen weitgehend ausgesetzt. In der benachbarten Amhara Region waren nach UN-Angaben in den vergangenen sieben Tagen mehr als 47.000 Menschen auf Notunterkünfte und Hilfsgüter angewiesen.

Das norwegische Nobelkomitee hatte den äthiopischen Ministerpräsidenten und Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed am Donnerstag in die Pflicht genommen, dem Konflikt ein Ende zu setzen. Abiy habe eine besondere Verantwortung dafür, Frieden zu schaffen, hieß es. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus, der selbst aus Tigray stammt, hatte am Vortag die Lage in Tigray als «Hölle» beschrieben. US-Präsident Joe Biden forderte diese Woche in einem Gespräch mit Abiy ungehinderten Zugang für humanitäre Helfer.

Der militärische Konflikt in dem ostafrikanischen Land mit rund 115 Millionen Einwohnern hatte vor gut einem Jahr begonnen als Abiy anfing, die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF), die in Tigray an der Macht war, zu verdrängen. Die TPLF dominierte Äthiopien gut 25 Jahre lang, bis Abiy 2018 an die Macht kam. Viele Menschen in Tigray fühlen sich von der Zentralregierung nicht vertreten und fordern mehr Autonomie. Beiden Konfliktparteien werden Gräueltaten vorgeworfen.


Nach Vierfachmord in Alpen: Festgenommener Mann wieder frei

ANNECY: Im Fall des mysteriösen Vierfachmords in den französischen Alpen von 2012 hat das Verhör eines erneut in den Fokus geratenen Mannes nach Angaben der Ermittler keine neue Spur ergeben. Der am Vortag festgesetzte Mann sei am Donnerstagnachmittag aus dem Gewahrsam entlassen worden, ohne dass sich irgendwelche Vorwürfe gegen ihn ergeben hätten, teilte Staatsanwältin Line Bonnet in Annecy mit. Anhand seiner Erklärungen sowie Überprüfungen könne eine eventuelle Beteiligung am Tatgeschehen ausgeschlossen werden. Die Ermittlungen in dem Fall gingen aber weiter, um den oder die Täter zu finden.

Ein Unbekannter hatte im September 2012 ein in Großbritannien lebendes irakischstämmiges Urlauberpaar und die Mutter der Ehefrau auf einem Waldparkplatz bei Chevaline erschossen. Ebenfalls getötet wurde ein zufällig vorbeikommender Radfahrer. Nur die beiden Töchter des Paares im Alter von vier und sieben Jahren überlebten.

Bei dem nun erneut verhörten Mann handelt es sich um einen vor Jahren bereits Verdächtigten. Der Motorradfahrer war Waldarbeitern zur Tatzeit in der Umgebung aufgefallen. Er habe sich zum Paragliding, seinem Hobby, in Tatortnähe aufgehalten, sagte der Mann damals aus. Weil sich bei einer Rekonstruktion am Tatort im September Unstimmigkeiten ergeben hatten, war er nun erneut befragt worden.

In dem mysteriösen Fall hatten die Fahnder letztlich erfolglos verschiedene Szenarien überprüft. Wegen eines möglichen Erbstreits als Motiv wurde zwischenzeitlich auch ein Familienmitglied vorläufig festgenommen, es gab aber nicht ausreichend Belastungsmaterial.


EU-Außenminister beraten über Probleme mit Mali, China und dem Iran

BREST: Die Außenminister der EU-Staaten wollen an diesem Freitag zum Abschluss eines informellen Treffens in Brest über die angespannte Lage in Mali und die Verhandlungen zur Rettung des Atomabkommens mit dem Iran beraten. Zudem werden nach Angaben der französischen EU-Ratspräsidentschaft bei dem Treffen in der Hafenstadt im Nordwesten Frankreichs die schwierigen Beziehungen zu China thematisiert.

Mit Blick auf die Lage in Mali soll es unter anderem um die Frage möglicher Sanktionen gegen die aktuellen Machthaber gehen. Übergangspräsident Assimi Goïta verschleppt dort nach einem Putsch im Mai aus Sicht von Kritikern die Vorbereitungen für Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. Relevant für Europa sind die Entwicklungen in dem Land vor allem wegen der Terrorgefahr und der bislang großen EU-Unterstützung. Die EU ist in Mali unter anderem mit einer militärischen Trainingsmission aktiv (EUTM Mali).

Bei den Diskussionen zu China dürfte es nach Angaben von Diplomaten unter anderem darum gehen, dass Peking das EU-Mitgliedsland Litauen wegen dessen diplomatischer Annäherung an Taiwan handelspolitisch unter Druck setzt. Zudem gibt es bereits seit längerem starke Spannungen wegen der EU-Sanktionen gegen China wegen Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren in der Region Xinjiang.

Beim Thema Iran geht es um die schwierigen Versuche zur Rettung des Abkommens, das Teheran vom Bau von Kernwaffen abhalten soll, ohne ihm die friedliche Nutzung der Kernkraft zu verwehren.


US-Behörden: 2021 sechstwärmstes Jahr seit Beginn der Messungen

WASHINGTON: Das Jahr 2021 war Daten von US-Behörden zufolge das sechstwärmste seit Beginn der Messungen. Zudem stellten die vergangenen acht Jahre die insgesamt wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen 1880 dar, teilten die US-Klimabehörde NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) und die US-Raumfahrtbehörde Nasa am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit.

«Die Wissenschaft lässt keinen Raum für Zweifel: Der Klimawandel ist die existenzielle Bedrohung unserer Zeit», sagte Nasa-Chef Bill Nelson. Anfang der Woche hatte bereits der Copernicus-Klimawandeldienst der EU mitgeteilt, dass seinen Aufzeichnungen zufolge die vergangenen sieben Jahre die sieben wärmsten der Erde seit Beginn der Messungen waren.


Annäherung zwischen Türkei und Armenien - Airline nimmt Flüge auf

ISTANBUL: Vor dem Hintergrund der Wiederannäherung zwischen der Türkei und Armenien werden Flugverbindungen zwischen den beiden Staaten aufgenommen. Der türkische Billigflieger Pegasus Airlines will ab Februar die armenische Hauptstadt anfliegen, wie eine Sprecherin des Unternehmens der dpa am Donnerstag sagte. Ab dem 2. Februar werde es wöchentlich drei Hin- und Rückflüge geben.

Nach Jahren der Eiszeit hatten Armenien und die Türkei Mitte Dezember angekündigt, bereit für eine Normalisierung der Beziehungen zu sein. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu kündigte in dem Zuge auch die Aufnahme von Flugverbindungen an. Am Freitag wollen sich Sondergesandte beider Länder in Moskau treffen, um weitere Schritte zu besprechen.

Die Beziehungen zwischen beiden Ländern sind stark belastet. Die Grenzen zwischen beiden Ländern sind seit Jahrzehnten geschlossen. Die Türkei pflegt hingegen enge Beziehungen zu Armeniens Rivalen Aserbaidschan. Ankara unterstützte Baku etwa im jüngsten Krieg um Berg-Karabach im Südkaukasus auch militärisch.


New Yorker Gefängnis Rikers: Videos zeigen Kontrollverlust der Wachen

NEW YORK: Im heftig umstrittenen New Yorker Gefängnis Rikers Island haben die Wachen einem Bericht der «New York Times» zufolge teilweise die Kontrolle verloren. Von der Zeitung veröffentlichte Videos zeigten unter anderem, wie Häftlinge in einem Trakt Männer zwangen, gegeneinander zu kämpfen, ohne von den Beamten gestoppt zu werden. Eine Aufnahme zeigte eine Wache, die das Geschehen beobachtete, aber nicht einschritt.

Den Beschreibungen zufolge, die sich auf Gerichtsdokumente und ein Interview mit einem ehemaligen Insassen berufen, sind unter anderem Personalengpässe dafür verantwortlich, dass die Lage in der berüchtigten Haftanstalt außer Kontrolle ist. Es gebe einen hohen Stand an erkrankten Gefängniswärtern und nicht genügend Beamte, um die Häftlinge in die Schranken zu weisen. Nach Darstellung der Zeitung hat eine Gang in einem Teil von Rikers zumindest zeitweise faktisch die Entscheidungsgewalt, wer wann essen oder sein Telefon benutzten darf.

Rikers Island im East River zwischen Queens und Manhattan gilt seit langem als Symbol eines dysfunktionalen US-Gefängnis-Systems und ist seit Beginn der Corona-Pandemie immer tiefer in die Krise geraten. Tausende Häftlinge sind auf Rikers eingesperrt - allein im vergangenen Jahr starben 15 von ihnen. Der neue Bürgermeister Eric Adams hatte die Anstalt als «nationale Peinlichkeit» bezeichnet. Er will sie bis 2027 schließen.


Nobelkomitee ruft Abiy Ahmed zu Beendigung von Tigray-Konflikt auf

OSLO: Das norwegische Nobelkomitee hat den äthiopischen Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed in die Pflicht genommen, dem bewaffneten Konflikt in der Tigray-Region ein Ende zu setzen. «Als Ministerpräsident und ein Träger des Friedensnobelpreises hat Abiy Ahmed eine besondere Verantwortung dafür, den Konflikt zu beenden und dabei zu helfen, Frieden zu schaffen», teilte die Vorsitzende Berit Reiss-Andersen am Donnerstag in einer Erklärung zur Situation in Äthiopien mit. Solche öffentlichen Erklärungen gibt das Komitee nur selten heraus.

Abiy wurde 2019 mit dem renommierten Preis ausgezeichnet. Er wurde damit vor allem für seine Initiative zur Lösung des jahrelangen Konflikts seines Landes mit dem Nachbarn Eritrea geehrt. Das Nobelkomitee unterstrich nun, der Preis sei ihm damals auf Basis seiner Bemühungen und der berechtigten Erwartungen im Jahr 2019 zugesprochen worden. Zugleich wies das Komitee darauf hin, dass die humanitäre Lage in Äthiopien extrem ernst sei. Es sei inakzeptabel, dass große Mengen an humanitärer Hilfe nicht die Bedürftigen erreichen.

Der militärische Konflikt in der nordäthiopischen Region Tigray hat Ende 2020 begonnen. Abiy fing damals an, die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF), die in der Region an der Macht war, zu verdrängen. Die TPLF hatte Äthiopien gut 25 Jahre lang dominiert, bis Abiy 2018 an die Macht kam. Viele Menschen in Tigray fühlen sich von der Zentralregierung nicht vertreten und fordern mehr Autonomie. Der ostafrikanische Vielvölkerstaat Äthiopien mit seinen knapp 115 Millionen Einwohnern galt lange als Stabilitätsanker der Region, droht durch die Kämpfe aber zu zerfallen.


Zivilorganisationen fordern internationale Beobachter für Ungarn-Wahl

BUDAPEST: 20 ungarische Zivilorganisationen haben eine starke Präsenz internationaler Beobachter bei der Parlamentswahl am 3. April gefordert. «Die ungarischen Wahlen in 2022 werden zu einem der wichtigsten Stresstests für die Demokratie in Europa und in der EU», schrieben die Vereinigungen in einem Brief, den das Helsinki-Komitee am Donnerstag in Budapest veröffentlichte.

Die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban habe schon bisher durch den Missbrauch staatlicher Ressourcen, durch eine aggressive und fremdenfeindliche Rhetorik und eine einseitige, von ihr dominierte Medienlandschaft die Fairness der Wahlen in Ungarn in Frage gestellt.

Diese Tendenzen hätten sich seit 2018, der bisher letzten Wahl, bedeutend verschlimmert, heißt es in dem Brief. Der seither erfolgte neue Zuschnitt der Wahlkreise, die vollständige Dominanz der Regierungspartei Fidesz über den Medien- und Anzeigenmarkt und neue Gesetze, die Stimmenkauf und Wohnortanmeldungen an Scheinadressen begünstigten, ließen befürchten, dass die Wahl im April von Betrug überschattet werden könnte.

Die Zivilorganisationen fordern das Menschenrechtsbüro ODIHR der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) dazu auf, eine vollwertige Wahlbeobachtermission nach Ungarn zu entsenden. ODIHR habe zwar bislang noch für kein EU-Land eine solche Mission auf die Beine gestellt. «Dies würde das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Wahlprozess signifikant stärken (...) und die Fairness des demokratischen Prozesses bewahren.»


Hunderte Schulen nach Bombendrohungen evakuiert

KRASNOJARSK: Russland wird von einer neuen Welle anonymer Bombendrohungen erschüttert. Allein in der Millionenstadt Krasnojarsk in Sibirien seien am Donnerstag mehr als 100 Schulen vorsorglich evakuiert worden, berichtete der Radiosender Echo Moskwy. Auch in anderen Städten wie Samara und Stawropol wurde der Unterricht demnach zeitweise unterbrochen, weil Unbekannte in E-Mails mit Bomben gedroht hätten. Landesweit seien Hunderte Schulen betroffen gewesen. Bei Überprüfungen wurde demnach nichts Verdächtiges gefunden.

Seit Jahren sorgen solche Drohungen für Polizeieinsätze. Häufig betroffen sind Schulen, Gerichtsgebäude und Einkaufszentren. Die Hintergründe sind nach offiziellen Angaben unklar. Die Warnungen gehen vor allem per E-Mail ein. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB ließ bereits ausländische Mailanbieter sperren. Es wird vermutet, dass die Drohungen über sie verschickt wurden.

Der Bürgermeister von Jekaterinburg am Ural, Alexej Orlow, sagte Berichten zufolge, die Drohungen seien um 3.00 Uhr in der Nacht eingegangen. Er gehe daher davon aus, dass die Mails aus dem Ausland abgeschickt worden seien. In der Stadt waren bereits am Mittwoch den Behörden zufolge 151 der 163 Schulen evakuiert worden.

In der Hafenstadt Archangelsk im Norden Russlands müssen die Schüler deshalb wieder von zu Hause aus lernen. An einigen Schulen in Moskau gab es bereits Übungen für schnelle Evakuierungen im Ernstfall.


Niederländischer König lässt umstrittene «Goldene Kutsche» stehen

DEN HAAG: Die wegen Rassismusvorwürfen umstrittene «Goldene Kutsche» des niederländischen Königshauses wird bis auf Weiteres nicht genutzt. Das teilte König Willem-Alexander (54) am Donnerstag in einer Videobotschaft mit. Solange die koloniale Vergangenheit noch umstritten sei, werde er nicht in der Kutsche fahren. «Wir können die Vergangenheit nicht neu schreiben. Wir können aber gemeinsam versuchen, damit ins Reine zu kommen», sagte der König. «Die Goldene Kutsche wird erst dann wieder fahren können, wenn die Niederlande dafür reif sind. Und das ist jetzt noch nicht der Fall.»

Die Goldene Kutsche ist Symbol der Monarchie, doch für viele auch Symbol für Rassismus und Unterdrückung in mehr als 200 Jahren Kolonialgeschichte. Seit Jahren wird heftig darüber gestritten, ob der König das Gefährt weiter nutzen soll. Anlass des Streits ist die Illustration «Huldigung der Kolonien» auf einer Seitenwand. Zu sehen ist eine weiße Frau auf einem Thron, zu ihren Füßen knien schwarze halbnackte Menschen und bieten Geschenke an.

Das Königspaar fährt traditionell mit dieser «Gouden Koets» jedes Jahr im September zur Eröffnung des parlamentarischen Jahres. Zuletzt war das 2015, danach wurde das fast 125 Jahre alte Gefährt umfassend restauriert. Seit vergangenem Sommer ist sie im Amsterdam Museum für Stadtgeschichte zu sehen. Die Ausstellung endet im Februar.

Die Kutsche war ein Geschenk der Amsterdamer Bevölkerung 1898 an Königin Wilhelmina.


Russische Menschenrechtsorganisation Memorial erhält Heuss-Preis

STUTTGART: Nach der gerichtlich erzwungenen Auflösung der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial wird die international bekannte Initiative mit dem Theodor-Heuss-Preis als «Quelle der Demokratie» geehrt. «Die Auszeichnung von Memorial rückt die Menschenrechtssituation weltweit in den Mittelpunkt», teilte der frühere FDP-Bundesinnenminister Gerhart Baum am Donnerstag für das Kuratorium der Theodor-Heuss-Stiftung in Stuttgart mit. Die Aktivisten hätten sich international hohes Ansehen erworben. «Diese mutigen Frauen und Männer müssen wissen, dass wir an ihrer Seite stehen.» Ihre Aufgaben müssten fortgesetzt und unterstützt werden.

Die Verleihung des 57. Theodor-Heuss-Preises ist für Mai geplant. «Die Auszeichnung soll zur Demokratie ermutigen und das Selbstbewusstsein und den Mut von Menschenrechtsverteidigern stärken», hieß es vonseiten der überparteilichen Stiftung.

Kurz vor dem Jahreswechsel hatte Russlands oberstes Gericht die Schließung der Ende der 1980er Jahre unter anderem von Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow gegründeten Menschenrechtsorganisation wegen Verstößen gegen das sogenannte Gesetz über ausländische Agenten verfügt. Memorial weist die Vorwürfe zurück und beklagt politische Verfolgung.

Der undotierte Preis geht auf den ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss (1884-1963) zurück. Die Theodor-Heuss-Stiftung verleiht ihn seit 1965 jährlich. Zu den Preisträgern zählen Philosoph Jürgen Habermas, Ex-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, der Umweltwissenschaftler und Politiker Ernst Ulrich von Weizsäcker, der frühere tschechische Präsident und Schriftsteller Vaclav Havel sowie der bulgarisch-amerikanische Objektkünstler Christo.


Baerbock fordert Geduld und Ausdauer in Gesprächen mit Russland

BREST: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat trotz bislang ausgebliebener Ergebnisse für eine Fortsetzung der Gespräche mit Russland geworben. «Auch wenn es derzeit keine wirklichen Bewegungen gegeben hat, ist es wichtig, dass man endlich wieder an den Dialogtisch zurückkehrt», sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag am Rande eines EU-Treffens im französischen Brest. Zentral sei dabei auch, dass nicht nur im Nato-Russland-Rat, sondern auch im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wieder Gespräche angelaufen seien.

Zu der Frage, ob aus ihrer Sicht der von Russland geforderte Abzug von US-Atomwaffen aus Ländern wie Deutschland diskutiert werden sollte, wollte sich Baerbock nicht konkret äußern. «Über Fragen von Abrüstung muss und sollte gesprochen werden. Aber jetzt, wo man sich gerade an den Tisch gesetzt hat, kommentiere ich nicht offen irgendwelche einzelnen Überlegungen», sagte sie. «Das Wichtige ist, dass wir am Tisch sitzen, dass Gespräche jetzt geführt werden. Und zwar - auch wenn es hart ist - mit ganz, ganz viel Geduld und Ausdauer.»

Bei der ersten Sitzung des Nato-Russland-Rats seit rund zweieinhalb Jahren hatten sich beide Seiten am Mittwoch rund vier Stunden über den Ukraine-Konflikt und andere aktuelle Streitthemen ausgetauscht. Dabei war man sich nach Angaben des Nato-Generalsekretärs Jens Stoltenberg auch einig, dass ein Zeitplan für weitere Treffen ausgelotet werden soll.

Russland fordert von der Nato unter unter anderem einen Verzicht auf eine Aufnahme von Ländern wie der Ukraine und Georgien sowie den Rückzug von Streitkräften aus östlichen Bündnisstaaten. Der aktuelle russische Truppenaufmarsch steht damit nach Einschätzung westlicher Geheimdienste in Verbindung. Er soll demnach vor allem Ängste vor einem russischen Einmarsch in der Ukraine schüren, um die Nato zu Zugeständnissen zu bewegen.


EuGH weist Klage gegen Stickoxid-Grenzwerte von Dieselautos ab

LUXEMBURG: Im Streit um Abgasgrenzwerte für Autos der Norm Euro 6 hat Deutschland einen Sieg vor dem Europäischen Gerichtshof errungen. Der EuGH gab am Donnerstag einem Einspruch gegen ein Urteil statt, dass sich mit Grenzwerten für Stickoxid nach dem Dieselgate-Skandal beschäftigt (Rechtssachen C-177/19, C-178/19, C-179/19). Damit wird eine Entscheidung des Gerichts der EU von 2018 zugunsten der Städte Paris, Brüssel und Madrid aufgehoben. Diese hatten gehofft, Autos mit bestimmten Schadstoffausstoß-Werten weiter aus bestimmten Bereichen verbannen zu können.

Das Gericht der EU hatte damals festgestellt, dass die EU-Kommission diese Grenzwerte bei der Einführung von Messungen im praktischen Fahrbetrieb (RDE) mutmaßlich zu Unrecht eigenhändig erhöht habe. Die Brüsseler Behörde wollte Ungenauigkeiten bei der Umstellung der Berechnung begegnen. So wurde zum Beispiel für einen Euro-6-Grenzwert von 80 Milligramm je Kilometer der Grenzwert für RDE-Prüfungen übergangsweise auf 168 Milligramm und danach auf 120 Milligramm festgelegt. Die Laborwerte waren deutlich niedriger als jene, die im echten Fahrbetrieb entstehen.

Dagegen wehrten sich Paris, Brüssel und Madrid, die ihre Bemühungen um saubere Luft beeinträchtigt sahen. Sie befürchten, dass womöglich auch solche Autos in Sperrzonen einfahren dürfen, die die damals gültigen Grenzwerte nicht einhalten konnten. Sie bekamen vor dem EU-Gericht Recht.

Dagegen legten jedoch wiederum Deutschland, Ungarn und die EU-Kommission Rechtsmittel ein und zogen vor den EuGH. «Da die Städte Paris, Brüssel und Madrid von dieser Verordnung nicht unmittelbar betroffen sind, sind ihre Klagen auf Nichtigerklärung der Verordnung als unzulässig abzuweisen», hieß es nun in einer Mitteilung des Gerichts.


Deutsche 7er-Rugby-Auswahl als Nachrücker in Malaga und Sevilla dabei

HAMBURG: Die deutsche 7er-Rugby-Nationalmannschaft der Männer nimmt als Nachrücker an zwei Turnieren der World Rugby Sevens Series in Spanien teil. Wie der Deutsche Rugby-Verband (DRV) am Donnerstag mitteilte, ersetzt die DRV-Auswahl in Malaga (21. bis 23. Januar) und in Sevilla (28. bis 30. Januar) das Team aus Neuseeland, das wegen der Corona-Pandemie nicht in Spanien antreten wird.

«Es ist erneut aufregend für uns, sich mit den besten Teams der Welt messen zu können, und wir freuen uns auf die Herausforderungen», sagte Bundestrainer Damian McGrath. Allerdings sei es in der Kürze der Zeit organisatorisch, aber auch für die Spieler nicht leicht, sich adäquat auf so ein Turnier vorzubereiten, ergänzte der Coach. «Wir hoffen aber, dass wir erneut mit den Besten mithalten können.»


Unwetter - vermisste Frau tot aufgefunden

ATHEN: Eine 24 Jahre alte Frau, die seit Mittwoch in Nordgriechenland vermisst wurde, ist am Donnerstagmittag tot geborgen worden. Das berichtete der griechische Staatssender ERT. Die Frau und ihr 37 Jahre alter Mann wollten demnach einen reißenden Fluss überqueren und wurden mitgerissen. Der Mann war bereits kurz nach dem Unglück tot aufgefunden worden. Damit stieg die Zahl der Todesfälle durch Sturmtief «Diomidis» auf zwei.

In Teilen des Landes sorgte «Diomidis» am Donnerstag weiterhin für Schwierigkeiten. Im Hafen von Piräus blieben die Schiffe wegen starker Sturmböen vertäut. Manche Inseln sind dadurch seit Tagen von der Außenwelt abgeschnitten, in Supermärkten gehen Nahrungsmittel wie Milch, Obst und Gemüse zur Neige. Andernorts wird mit den Aufräumarbeiten begonnen - während der Stürme und starken Regenfälle waren mehrere Dörfer in Mittelgriechenland sicherheitshalber evakuiert worden, es gab Erdrutsche, vielerorts fiel der Strom aus.

In Nordgriechenland hat nun Dauerfrost die Stürme abgelöst: Örtlich herrschen dort nachts bis zu minus 15 Grad. Die Eiseskälte soll mindestens bis zum Wochenende anhalten.


EuGH stärkt Zeitarbeiter bei Berechnung von Überstunden-Zuschlägen

LUXEMBURG: Der Europäische Gerichtshof hat die Rechte von Zeitarbeitern bei der Berechnung von Zuschlägen für Überstunden gestärkt. Regelungen in Tarifverträgen, nach denen genommener bezahlter Jahresurlaub bei der Kalkulation von Mehrarbeitszuschlägen nicht berücksichtigt wird, verstoßen gegen EU-Recht, wie aus einem Urteil des höchsten EU-Gerichts in Luxemburg vom Donnerstag hervorgeht (Rechtssache C-514/20).

Hintergrund ist ein Streit um den Manteltarifvertrag für Zeitarbeit in Deutschland, der vom Landesarbeitsgericht Hamm bis vor das Bundesarbeitsgericht ging. Der Tarifvertrag sieht vor, dass in Monaten mit 23 Arbeitstagen ab einer geleisteten Arbeitszeit von mehr als 184 Stunden ein Zuschlag in Höhe von 25 Prozent gezahlt wird. Unter die geleisteten Stunden fallen jedoch nur tatsächlich erbrachte Stunden, aber nicht die Urlaubszeit. Ein Leiharbeiter klagte dagegen. Er hatte im August 2017 an 13 Tagen gearbeitet und für die verbleibenden 10 Arbeitstage bezahlten Urlaub genommen.

Der EuGH stellte sich nun hinter den Arbeitnehmer - auch, wenn im konkreten Fall noch das Bundesarbeitsgericht entscheiden muss. Die Richter in Luxemburg betonten, dass die fragliche Regelung den Arbeitnehmer davon abhalten könne, in dem Monat, in dem er Überstunden gemacht habe, bezahlten Urlaub zu nehmen. Jedoch sei das Ziel des Rechts auf bezahlten Jahresurlaub, dass der Arbeitnehmer Zeit zu Erholung habe, um seine Sicherheit und seine Gesundheit zu schützen. Jede Praxis oder Unterlassung eines Arbeitgebers, die Arbeitnehmer davon abhalten könne, bezahlten Jahresurlaub zunehmen, verstoße gegen dieses Ziel.


Gut erhaltene römische Holzfigur entdeckt

TWYFORD: Bei Bauarbeiten für eine Schnellbahnstrecke haben Archäologen westlich von London eine gut erhaltene Holzstatue aus der Römerzeit entdeckt. Die 67 Zentimeter hohe und 18 Zentimeter breite Figur bedeute einen äußerst seltenen Fund, sagte der Wissenschaftler Iain Williamson. Der Stil der Schnitzerei und die Kleidung der Figur, die an eine Tunika erinnere, deuteten darauf hin, dass die Statue fast 2000 Jahre alt sein könnte. Das Stück sei vermutlich wegen des Sauerstoffmangels an der Fundstelle so gut erhalten. Außer der Figur wurden an der Stätte bei Twyford auch Tonscherben aus der Zeit zwischen 43 und 70 nach Christus entdeckt.

«Dies ist ein bemerkenswerter Fund, der uns mit unserer Vergangenheit konfrontiert», sagte Jim Williams von der Denkmalpflegebehörde Historic England. «Diese Entdeckung hilft uns, sich vorzustellen, welche anderen Kunstwerke und Skulpturen auf Holz-, Pflanzen- oder Tierbasis zu dieser Zeit geschaffen worden sein könnten.»

Bei den Arbeiten zum Bau des Schnellbahn-Projekts HS2 kommt es immer wieder zu spektakulären archäologischen Funden. Die Römer herrschten rund 400 Jahre in Großbritannien.


Staatsbegräbnis für verstorbenen EU-Parlamentspräsidenten Sassoli

ROM: Italien nimmt an diesem Freitag mit einem Staatsbegräbnis Abschied vom verstorbenen EU-Parlamentspräsidenten David Sassoli. Der Sozialdemokrat war am Dienstag im Alter von 65 Jahren in einer Klinik in der Stadt Aviano gestorben. Mittags ist eine Trauerfeier in Rom in der Basilika Santa Maria degli Angeli e dei Martiri geplant. Für den Gottesdienst reisen unter anderem EU-Ratspräsident Charles Michel und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an. Aus Deutschland wird Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) erwartet.

Der Tod Sassolis sorgte für große Bestürzung in der europäischen Politik. Viele würdigten den Politiker und Journalisten für seinen Einsatz für die Europäische Union. Sassoli war schon länger krank und wurde seit dem 26. Dezember in Italien behandelt. Am Donnerstag nahmen viele Bürger und italienische Spitzenpolitiker, unter anderem Regierungschef Mario Draghi, Abschied von ihm an seinem am Kapitolinischen Hügel in Rom aufgebahrten Sarg.


Lebenslange Haft im ersten Prozess um syrische Staatsfolter

KOBLENZ: In einem Strafprozess um Staatsfolter in Syrien ist der Angeklagte in Deutschland wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz am Donnerstag.

Nach Angaben der der deutschen Bundesanwaltschaft handelte es sich um den weltweit ersten derartigen Prozess. Auf der Anklagebank saß ein ehemaliger Vernehmungschef in einem syrischen Geheimdienst-Gefängnis in Damaskus. Der 58-Jährige soll für die Folter von mindestens 4000 Menschen verantwortlich gewesen sein. Mindestens 30 Gefangene seien gestorben.

Das Weltrechtsprinzip im Völkerstrafrecht erlaubt es, in Deutschland mögliche Kriegsverbrechen von Ausländern in anderen Staaten zu verfolgen. Anwar R. und der frühere Mitangeklagte Eyad A. waren nach ihrer Flucht in Deutschland von mutmaßlichen Folteropfern erkannt und 2019 in Berlin und Zweibrücken festgenommen worden.

Eyad A. wurde bereits vom OLG zu viereinhalb Jahren Haft wegen Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. Über seine Revision ist noch nicht entschieden worden. Eyad A. hatte nach Überzeugung der Koblenzer Richter 2011 in Syrien dazu beigetragen, 30 Demonstranten ins Foltergefängnis des Hauptangeklagten zu bringen.


Niederländischer Außenminister Hoekstra hat Corona

Den Haag (dpa( - Der neue niederländische Außenminister Wopke Hoekstra ist mit dem Corona-Virus infiziert. Er habe aber keine Beschwerden, teilte er am Mittwochabend über Twitter mit. Der Christdemokrat war bereits seit Mittwoch in Quarantäne, nach dem eines seiner Kinder ein positives Testergebnis hatte. Hoekstra war erst am Dienstag in Brüssel und dort mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell und seiner belgischen Amtskollegin Sophie Wilmès zusammengetroffen.

Der Minister wird wegen der Quarantäne nun nicht an dem Treffen der Außen- und Verteidigungsminister der EU-Staaten am (heutigen) Donnerstag im französischen Brest teilnehmen.

Auch die neue Finanzministerin Sigrid Kaag hat sich mit dem Virus infiziert und ist in Quarantäne. Sie musste daher am Montag über eine Videoverbindung ihren Amtseid ablegen. Am Montag war das neue Kabinett des Ministerpräsidenten Mark Rutte von König Willem-Alexander vereidigt worden.


Winterwetter hat Griechenland fest im Griff - Frau wird vermisst

ATHEN: Die Suche nach einer vermissten Frau ist am Donnerstag nach schweren Regen- und Schneefällen in Nordgriechenland fortgesetzt worden. Medienberichten zufolge wollte die 24-Jährige am Vortag gemeinsam mit ihrem Mann einen Fluss überqueren, als die beiden von der starken Strömung mitgerissen wurden. Von dem 37-Jährigen fanden die Rettungskräfte nur noch die Leiche - von der Frau fehlte zunächst jede Spur.

In Teilen des Landes sorgt Sturmtief «Diomidis» immer noch für Schwierigkeiten. Im Hafen von Piräus blieben die Schiffe auch am Donnerstag wegen starker Sturmböen vertäut. Manche Inseln sind dadurch seit Tagen von der Außenwelt abgeschnitten, in Supermärkten gehen Nahrungsmittel wie Milch, Obst und Gemüse zur Neige. Andernorts wird mit den Aufräumarbeiten begonnen - während der Stürme und starken Regenfälle waren mehrere Dörfer in Mittelgriechenland sicherheitshalber evakuiert worden, es gab Erdrutsche, vielerorts fiel der Strom aus.

In Nordgriechenland hat nun Dauerfrost die Stürme abgelöst: Örtlich herrschen dort nachts bis zu minus 15 Grad. Die Eiseskälte soll mindestens bis zum Wochenende anhalten.


Hunderttausende Südafrikaner ohne Führerschein - Druckmaschine kaputt

JOHANNESBURG: In Südafrika fahren hunderttausende Autofahrer mit abgelaufenen Führerscheinen, weil die einzige dafür genutzte Druckmaschine gerade in Deutschland repariert wird.

Verkehrsminister Fikile Mbalula kündigte am Mittwochabend eine Übergangslösungen bis Ende März sowie neuartige Führerscheine an, die auf der ersten Kabinettssitzung des Jahres genehmigt werden sollen. Die Maschine war nach Medienberichten die einzige, die von den in den 1990er Jahren angeschafften Druckern noch in Betrieb war. In Südafrika muss der Führerschein alle fünf Jahre erneuert werden.


Baerbock betont vor EU-Ministertreffen Bedeutung von Geschlossenheit

BERLIN/BREST: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat vor einem Treffen der Außen- und Verteidigungsminister der EU-Staaten die Bedeutung europäischer Geschlossenheit betont. «Gerade gegenüber autokratischen Akteuren wie Russland und China ist wichtig: Wenn Europa einen gemeinsamen Kurs fährt und geschlossen auftritt, ist es ein Schwergewicht - agiert es dagegen gespalten, kämpft es unter seiner Gewichtsklasse», erklärte die Grünen-Politikerin am Donnerstag in Berlin vor ihrer Abreise zu den Beratungen im französischen Brest.

Bei dem Treffen wollen die EU-Minister über die Pläne für ein neues sicherheitspolitisches Konzept der Europäischen Union sprechen. Ein im vergangenen November vorgelegter Entwurf sieht unter anderem den Aufbau einer zügig einsetzbaren Eingreiftruppe aus bis zu 5000 Soldaten vor. Er soll in den nächsten Monaten unter französischer EU-Ratspräsidentschaft beschlossen werden. Zudem wird erwartet, dass die Außenminister in einer separaten Sitzung über die von Russland gewünschten Verhandlungen über neue Sicherheitsvereinbarungen für Europa und die Rolle der EU dabei reden.

Baerbock erklärte, die Außenminister würden am Ende einer Woche mit entscheidenden Gesprächen zum Thema Russland eine Zwischenbilanz ziehen. Dass Frankreich das Treffen gemeinsam mit der EU gleich zu Beginn seiner Ratspräsidentschaft ausrichte, sende ein klares Signal: «Wir bestimmen als Europäer unsere Positionen und meinen es ernst mit dem engen Draht zwischen den EU-Mitgliedsstaaten.» Dies sei in der aktuellen Krise besonders wichtig, «weil ureigene Interessen der EU berührt sind - von der Souveränität und territorialen Unversehrtheit unabhängiger Staaten über Fragen der politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland bis hin zur Sicherheitslage an den EU-Außengrenzen».


Johnsons «Partygate»: Labour-Vorsprung in britischen Umfragen wächst

LONDON: Die «Partygate»-Affäre des britischen Premierministers Boris Johnson kostet seine regierende Konservative Partei zunehmend Unterstützung. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag der Zeitung «Times» (Donnerstag) zufolge wuchs der Vorsprung der oppositionellen Labour-Partei vor Johnsons Tories auf zehn Prozentpunkte - die größte Differenz seit Dezember 2013. Einige Tory-Abgeordnete, darunter mit Douglas Ross der Chef der schottischen Konservativen, haben den Premier bereits öffentlich zum Rücktritt aufgefordert.

Johnson hatte sich am Mittwoch im Unterhaus für eine Gartenparty in der Downing Street während des ersten Corona-Lockdowns im Mai 2020 entschuldigt. Er habe angenommen, es handle sich um ein Arbeitstreffen. Dies sei rückblickend falsch gewesen. Johnsons Büroleiter hatte per E-Mail etwa 100 Mitarbeiter zu der Zusammenkunft eingeladen und betont: «Bringt Euren eigenen Alkohol mit.» Die Opposition fordert Johnsons Rücktritt. Die Zeitung «Daily Mirror» nannte den Premier auf ihrer Titelseite am Donnerstag «eine Schande».

Wie die «Times» berichtete, zeigte sich Johnson im Gespräch mit Parteikollegen trotzig. Er habe persönlich nichts falsch gemacht, soll er bei einem Treffen gesagt haben. Mit seiner Entschuldigung habe sich Johnson Zeit gekauft, kommentierte das Blatt. Dennoch sei der parteiinterne Widerstand groß. «Es ist vorbei. Es ist nicht zu verteidigen und es ist erstaunlich, wie wenig Unterstützung er innerhalb der Fraktion hat», zitierte die Zeitung ein Kabinettsmitglied.

Johnson hat einen Rücktritt nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Er bat darum, das Ergebnis einer laufenden internen Ermittlung abzuwarten, die sich mit mehreren mutmaßlichen Lockdown-Partys in der Downing Street beschäftigt.


Krise : Russland übergibt Objekte und bereitet Abzug vor

ALMATY/MOSKAU: Eine Woche nach der Verlegung ausländischer Truppen in die von blutigen Unruhen erschütterte Ex-Sowjetrepublik Kasachstan hat am Donnerstag das Ende des Militäreinsatzes begonnen. Die von Russland dominierte Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) übergab nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau «sozial wichtige Objekte» wieder den kasachischen Behörden.

Die von der OVKS so bezeichneten Friedenstruppen hatten auf Bitten der autoritären Führung des zentralasiatischen Landes in den vergangenen Tagen dabei geholfen, die verfassungsmäßige Ordnung in der Millionenstadt Almaty und anderen Regionen wiederherzustellen. Der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte den ersten Einsatz dieser Art als Erfolg bezeichnet und seinem russischen Kollegen Wladimir Putin für das schnelle Eingreifen gedankt.

Die Rückverlegung der Soldaten aus Russland, Belarus, Armenien, Tadschikistan und Kirgistan soll zehn Tage lang dauern. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums erfolgt sie in enger Abstimmung mit der kasachischen Seite. Es liefen zudem Vorbereitungen dafür, dass die Militärtechnik sowie andere Spezialmittel wieder an ihre Standorte zurückverlegt würden, hieß es. Russland hatte den Angaben zufolge in den vergangenen Tagen auch mehr als 2000 Zivilisten ausgeflogen, darunter neben eigenen Staatsbürgern auch Ausländer.

In der über viele Jahre international wegen ihrer Stabilität gelobten öl- und gasreichen Ex-Sowjetrepublik an der Grenze zu China hatte es Anfang des Monats zunächst Proteste gegen eine Verdopplung der Preise für Gas, das als Kraftstoff für Autos genutzt wird, gegeben. Die Demonstrationen schlugen nach wenigen Tagen in rohe Gewalt um. Staatschef Tokajew sprach von einem Angriff «terroristischer Banden». Er hatte einen Schießbefehl erteilt. Es gab mehr als 100 Tote, mehr als 10.000 Festnahmen und Hunderte Verletzte. Nach Angaben der Führung des neuntgrößten Landes der Erde stabilisiert sich die Lage.


Nächtlicher Redemarathon über Vertrauensfrage

PRAG: Die Vertrauensabstimmung über die neue Regierung unter Ministerpräsident Petr Fiala in Tschechien verzögert sich. Nach einem nächtlichen Redemarathon wurde die Sitzung des Abgeordnetenhauses zu diesem Punkt am Donnerstagmorgen unterbrochen und sollte erst am Abend fortgesetzt werden. Opposition und Regierung hatten sich bis dahin mehr als 22 Stunden lang einen heftigen Schlagabtausch geliefert. Das neue Kabinett «täuscht die Bürger und drischt nur leere Phrasen», sagte Ex-Regierungschef Andrej Babis, der Verlierer der Parlamentswahl vom Oktober.

Die liberalkonservative Koalition aus fünf Parteien unter Fiala verfügt über eine klare Mehrheit von 108 der 200 Sitze im Abgeordnetenhaus. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, den Haushalt zu konsolidieren, Atomkraft und erneuerbare Energiequellen auszubauen sowie ein «zuverlässiger und respektierter» Partner innerhalb der EU zu sein. Tschechien mit 10,7 Millionen Einwohnern übernimmt in der zweiten Jahreshälfte von Frankreich die EU-Ratspräsidentschaft.

Der Regierung gehören neben Fialas Bürgerdemokraten (ODS) auch die bürgerliche TOP09 sowie Christdemokraten (KDU-CSL), Bürgermeister- und Piratenpartei an. Neben dem Ministerpräsidenten gibt es 17 Kabinettsmitglieder, darunter drei Frauen. Die Verfassung sieht vor, dass jede neue Regierung innerhalb von 30 Tagen nach ihrer Ernennung die Vertrauensfrage stellen muss.


Zwei israelische Offiziere durch irrtümlichen Eigenbeschuss getötet

TEL AVIV: Zwei israelische Offiziere sind in der Nacht zum Donnerstag durch irrtümlichen Beschuss aus der eigenen Einheit ums Leben gekommen. Der tödliche Vorfall habe sich in der Nähe einer israelischen Militärbasis im Jordantal ereignet, teilte die israelische Armee bei Twitter mit. Das Jordantal ist Teil des 1967 von Israel besetzten Westjordanlands. Die beiden Soldaten seien nach einem Missverständnis durch Eigenbeschuss getötet worden.

Die israelische Nachrichtenseite ynet berichtete, es handele sich um zwei Kommando-Offiziere der Spezialeinheit «Egoz». Sie hätten am Mittwochabend bei einer Patrouille auf einem Schießübungsplatz eine verdächtigte Person identifiziert und als Teil eines Festnahmeversuchs in die Luft geschossen. Ein anderer Soldat der Einheit habe dies als «Schüsse von Terroristen» fehlinterpretiert und das Feuer eröffnet. Die schwer verletzten Offiziere seien mit einem Hubschrauber in ein Krankenhaus gebracht werden. Dort konnte aber nur noch ihr Tod festgestellt werden.

Erst zu Jahresbeginn waren beim Absturz eines Militärhubschraubers zwei israelische Offiziere ums Leben gekommen und ein weiterer verletzt worden.


«Kommersant»: Verhältnis zwischen Russland und Westen bleibt gespannt

MOSKAU: Zur Sitzung des ersten Nato-Russland-Rates in Brüssel seit zweieinhalb Jahren schreibt die Moskauer Tageszeitung «Kommersant» am Donnerstag:

«Russland hat von den USA und der Nato wichtige Zugeständnisse erhalten, aber nicht in den Schlüsselfragen. Die USA und ihre europäischen Verbündeten haben ihre Bereitschaft erklärt, Russland entgegenzukommen in einer Reihe von Fragen, die sie viele Jahre nicht einmal erörtern wollten.

Das ist das Ergebnis des mehrtägigen diplomatischen Marathons zuerst auf Ebene Russlands und der USA und dann Russlands und der Nato. Unter anderem geht es dabei um eine Begrenzung der Stationierung von Raketensystemen, um eine Reduzierung des Umfangs an Militärmanövern und um eine Wiederaufnahme von Kontakten der Militärführungen.

Zugleich hat die Nato nicht die Absicht, auf ihre Politik der «offenen Türen» zu verzichten. Das Bündnis ist nicht bereit, seine Streitkräfte und seine Infrastruktur auf die Positionen von 1997 zurückzuziehen, wie es Moskau fordert. Das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen bleibt weiter gespannt und unberechenbar.»


Top-Republikaner McCarthy will nicht zur Kapitol-Attacke aussagen

WASHINGTON: Der Minderheitsführer der Republikaner im US-Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, will sich nicht vom Untersuchungsausschuss zur Erstürmung des US-Kapitols vor einem Jahr befragen lassen. Der Ausschuss führe keine legitime Untersuchung, schrieb McCarthy am späten Mittwochabend (Ortszeit) in einer Erklärung. Nancy Pelosi als Vorsitzende des Repräsentantenhauses habe die von ihm benannten republikanischen Mitglieder für das Gremium in beispielloser Art abgelehnt, gab McCarthy als Grund an. Das einzige Ziel des Ausschusses sei es, seinen politischen Gegnern zu schaden, fügte er hinzu.

Der Ausschuss wollte McCarthy befragen, weil der Abgeordnete während des Angriffs am 6. Januar 2021 direkt mit dem damaligen Präsidenten Donald Trump gesprochen hatte, wie das Gremium zuvor erklärt hatte. Zudem habe McCarthy in den Tagen zuvor engen Kontakt mit dessen Stabschef Mark Meadows gehabt. McCarthy könne auch Einblicke in Trumps Stimmung und Pläne nach dem Angriff gewähren. Der Ausschuss des Repräsentantenhauses lud McCarthy nicht vor, sondern bat ihn, freiwillig zu kooperieren.

Trump-Anhänger hatten den Sitz des US-Kongresses in Washington erstürmt, um die Bestätigung des Wahlsiegs des Demokraten Joe Biden zu verhindern. Bei dem Angriff am 6. Januar vergangenen Jahres kamen fünf Menschen ums Leben, Dutzende wurden verletzt. Die Attacke auf das Herz der US-Demokratie erschütterte das Land. Trump gibt seine Wahlniederlage bis heute nicht zu.

«Als Abgeordneter und Sprecher der Minderheitspartei habe ich weder mit Bedauern noch mit Genugtuung beschlossen, mich an dem Machtmissbrauch dieses Sonderausschusses nicht zu beteiligen, der diese Institution heute befleckt und ihr in Zukunft schaden wird», schrieb McCarthy weiter. Er gilt als treuer Gefolgsmann Trumps - allerdings war er unmittelbar nach dem Angriff auch einer der wenigen im eigenen Lager, die ihn offen kritisierten. McCarthy hatte Trump nach eigenen Angaben auch während der gewaltsamen Erstürmung des Kapitols angerufen und ihn aufgefordert, seine Anhänger zur Umkehr zu bewegen.


HRW kritisiert Deutschland wegen Umgang mit Afghanen

NEW YORK: Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat Deutschland wegen seines Umgangs mit afghanischen Zivilisten im Zuge des desaströsen Abzugs aus dem Land kritisiert. «Deutschland ignorierte weitgehend die Notwendigkeit für Menschenrechtler, Journalisten und Ortskräfte, das Land vor dem Abzug der internationalen Truppen zu verlassen», teilte HRW in seinem am Donnerstag vorgestellten Jahresbericht mit. Teile der Regierung hätten sich gegenseitig die Verantwortung zugeschoben, die Situation falsch eingeschätzt und damit viele Afghanen gefährdet.

Deutschland hatte beim Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan im Sommer Tausende Ortskräfte sowie weitere mutmaßlich durch die Taliban gefährdete Menschen zurückgelassen. Einige wurden erst im Nachhinein und nach der Eroberung des Landes durch die islamistisch-militanten Taliban aus dem Land in Sicherheit gebracht. Jüngsten Zahlen zufolge warten noch immer etwa 20.000 Afghaninnen und Afghanen auf eine Möglichkeit zur Einreise nach Deutschland.

Die größte Gruppe unter den Eingereisten machen nach Stand vom Ende letzten Jahren laut Bundesinnenministerium sogenannte Ortskräfte - zum Beispiel Übersetzer - und ihre Angehörigen aus. Ihre Zahl wurde mit mehr als 5000 angegeben. Auch Menschenrechtler, Künstler, Wissenschaftler, Journalisten oder andere Menschen, die die Bundesregierung als besonders gefährdet einstuft, warten noch auf ihre Einreise. Aus dieser Gruppe sind bis Ende Dezember knapp 500 Menschen nach Deutschland gekommen, inklusive Angehöriger waren es fast 1500 Personen. Die neue Bundesregierung will die Evakuierung besonders schutzbedürftiger Menschen aus Afghanistan nach Worten von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) beschleunigen.

Der Jahresbericht von Human Rights Watch konzentriert sich auf die Gefährdung demokratischer Strukturen durch autoritäre Staaten oder Autokratien. Dabei hob HRW auch hervor, dass in Ländern wie Myanmar viele Menschen nach dem Militärputsch auf die Straße gingen, um Demokratie einzufordern. «Aber gewählte Staats- und Regierungschefs müssen die großen Herausforderungen besser angehen und zeigen, dass eine demokratische Regierung ihre Versprechen hält», sagte HRW-Chef Kenneth Roth.


Nach blutigen Unruhen: Flughafen in Almaty wieder geöffnet

ALMATY: Nach den schweren Unruhen in der autoritär geführten Republik Kasachstan in Zentralasien haben die Behörden den vor einer Woche gesperrten Flughafen der Millionenstadt Almaty für den Passagierverkehr freigegeben. Es seien wieder nationale und internationale Flüge täglich zwischen 8.00 und 21.00 Uhr (3.00 Uhr MEZ und 16.00 Uhr MEZ) möglich, teilte die Luftfahrtbehörde in der kasachischen Hauptstadt Nur-Sultan am Donnerstag mit. Der Flugverkehr war in der vergangenen Woche nach gewaltsamen Protesten und der Belagerung durch radikale Gruppierungen eingestellt worden.

In Almaty galt weiter der Ausnahmezustand. Unklar war, ab wann Ausländer wieder einreisen dürfen. Die kasachische Regierung hatte wegen der gespannten Lage in dem Land die Grenzen der Ex-Sowjetrepublik geschlossen. Die Behörden hatten noch in der vergangenen Woche die Kontrolle über den Airport wieder hergestellt und ihn für die Verlegung von Militär aus Russland und anderen früheren Sowjetrepubliken genutzt.

Die von Russland dominierte Organisation des Vertrags über die kollektive Sicherheit hatte das erste Mal überhaupt auf Bitten einer Regierung einen solchen Militäreinsatz durchgezogen. Die Soldaten auch aus Belarus, Armenien, Tadschikistan und Kirgistan sollten bei der Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung helfen und etwa staatliche Einrichtungen vor extremistischen Gruppierungen schützen. Der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte Kremlchef Wladimir Putin für das schnelle Eingreifen gedankt. Für diesen Donnerstag kündigte er den Beginn des schrittweisen Truppenabzugs an.

In der über viele Jahre international wegen ihrer Stabilität gelobten öl- und gasreichen Ex-Sowjetrepublik an der Grenze zu China hatte es Anfang des Monats zunächst Proteste gegen eine Verdopplung der Preise für Gas, das als Kraftstoff für Autos genutzt wird, gegeben. Die Demonstrationen schlugen nach wenigen Tagen in rohe Gewalt um. Staatschef Tokajew sprach von einem Angriff «terroristischer Banden». Er hatte einen Schießbefehl erteilt. Es gab mehr als 100 Tote, mehr als 10.000 Festnahmen und Hunderte Verletzte. Nach Angaben der Führung des neuntgrößten Landes der Erde stabilisiert sich die Lage.


Türkischer Bauer gaukelt Kühen mit VR-Brillen grüne Wiesen vor

ISTANBUL: Ein Bauer in der Türkei greift zu ungewöhnlichen Mitteln, damit seine Kühe mehr Milch produzieren: Er gaukelt ihnen vor, auf einer grünen Wiese zu stehen. Das funktioniert mit einer sogenannten Virtual-Reality-Brille (VR), die er den Kühen aufsetzt, wie Bauer Izzet Kocak der Deutschen Presse-Agentur sagte. Damit würden Weideflächen simuliert, wenn die Kühe im Stall stehen. Zusätzlich spiele er den Tieren Musik von Beethoven und Mozart vor.

Kocaks Plan scheint zu funktionieren: Die tägliche Milchproduktion der beiden Kühe, an denen er die Brillen teste, habe innerhalb einer Woche jeweils um fünf Liter zugenommen, sagte Kocak. Er wolle zudem testen, ob sich die Qualität der Milch verbessere. Der Landwirt habe auch Kontakt zu Forschern aus Deutschland, Russland und Großbritannien. Er wolle das System in den kommenden Wochen an drei weiteren Kühen ausprobieren.

Der 30-Jährige lebt in der zentralanatolischen Provinz Aksaray und besitzt insgesamt 180 Tiere. Die VR-Brillen setze er nur 20 Minuten am Tag ein, die Kühe würden trotzdem noch auf die Weide gelassen, betonte Kocak. Er bestelle die Brillen aus Russland, von wo die Idee stammt. Dort hatte das Landwirtschaftsministerium VR-Brillen schon vor rund zwei Jahren an Kühen getestet.

Tierschützer stehen dem Konzept aber kritisch gegenüber. Die Methode dürfe nicht bedeuten, dass man Tiere in Käfige einsperre, warnte der Chef der türkischen Tierrechtsgruppe Haytap, Ahmet Kemal Senpolat. Das sei «Folter» und eine Verletzung der Tierrechte.


Schulden bei den UN: Iran und Venezuela verlieren Stimmrechte

NEW YORK: Der Iran, Venezuela und eine Reihe weiterer Staaten haben ihre Stimmrechte in der UN-Generalversammlung wegen Zahlungsrückständen vorübergehend verloren.

In einem am Mittwoch veröffentlichten Brief gab Generalsekretär António Guterres an, der Iran müsse umgerechnet mindestens 16,1 Millionen Euro und Venezuela 34,8 Millionen Euro zahlen, um in dem größten UN-Organ wieder mitbestimmen zu können. Zudem verloren unter anderem der Sudan und die Republik Kongo ihr Stimmrecht. Nach UN-Regularien wird jenen Staaten das Recht darauf entzogen, deren Schulden der Höhe ihrer Mitgliedsbeiträge der vergangenen zwei Jahre entsprechen oder höher sind.


Gremium zu Angriff aufs US-Kapitol will Top-Republikaner befragen

WASHINGTON: Der Untersuchungsausschuss zur Erstürmung des US-Kapitols vor einem Jahr will den Minderheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, befragen. Der Abgeordnete habe während des Angriffs direkt mit dem damaligen Präsidenten Donald Trump gesprochen, erklärte das Gremium am Mittwoch. Zudem habe er in den Tagen zuvor engen Kontakt mit dessen Stabschef Mark Meadows gehabt. McCarthy könne auch Einblicke in Trumps Stimmung und Pläne nach dem Angriff gewähren.

Der Ausschuss des Repräsentantenhauses lud McCarthy nicht vor, sondern bittet ihn, freiwillig zu kooperieren. Der Republikaner gilt als treuer Gefolgsmann Trumps - allerdings war er unmittelbar nach dem Angriff auch einer der wenigen im eigenen Lager, die ihn offen kritisierten. McCarthy hatte Trump nach eigenen Angaben auch während der gewaltsamen Erstürmung des Kapitols angerufen und ihn aufgefordert, seine Anhänger zur Umkehr zu bewegen.

Trump-Anhänger hatten den Sitz des US-Kongresses in Washington erstürmt, um die Bestätigung des Wahlsiegs des Demokraten Joe Biden zu verhindern. Bei dem Angriff am 6. Januar vergangenen Jahres kamen fünf Menschen ums Leben, Dutzende wurden verletzt. Die Attacke auf das Herz der US-Demokratie erschütterte das Land. Trump gibt seine Wahlniederlage bis heute nicht zu.


Paris fordert von Iran Freilassung inhaftierter Französin

PARIS/TEHERAN: Frankreich hat empört auf die erneute Inhaftierung der französischen Wissenschaftlerin Fariba Adelkhah im Iran reagiert. Die 62-Jährige hatte im Oktober aus einem Gefängnis in den Hausarrest wechseln können, wo sie seither mit einer elektronischen Fußfessel überwacht wurde. Ohne jegliche Begründung und Vorankündigung nahmen die iranischen Behörden sie nun wieder in Haft, wie das französische Außenministerium am Mittwochabend in Paris mitteilte. Ein Sprecher forderte ihre sofortige Freilassung.

Die Anthropologin, die auch die iranische Staatsangehörigkeit besitzt, war zusammen mit ihrem Kollegen und Lebensgefährten Roland Marchal im Juni 2019 am Flughafen von Teheran festgenommen worden. Beide wurden wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit und Verbreitung regimefeindlicher Propaganda verurteilt. Der 64-jährige Marchal kam im Zuge eines Gefangenenaustauschs zwischen Paris und Teheran im März frei. Adelkhah musste in Haft bleiben.

Der Sprecher des Außenministeriums bezeichnete das Vorgehen Teherans als «rein politisch und willkürlich». Die abermalige Inhaftierung könne sich «nur negativ» auf die Beziehungen auswirken. Eine Forderung von Präsident Emmanuel Macron, Adelkhah sofort freizulassen, war vom Außenministerium in Teheran schon früher zurückgewiesen geworden. Zugleich warf der Iran Frankreich Einmischungen in seine inneren Angelegenheiten vor.

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