Neues aus dem Ausland am Donnerstag

Neues aus dem Ausland am Donnerstag

Özdemir soll Agrarminister werden - Hofreiter nicht dabei

BERLIN: Es war ein hartes Stück Arbeit auf den letzten Metern. Die Grünen bekamen sich über die Aufstellung ihrer Ministerriege für die neue Ampel-Regierung in die Haare. Nun gibt es Ergebnisse.

Der frühere Grünen-Chef Cem Özdemir soll in einer künftigen Bundesregierung mit SPD und FDP Agrarminister werden. Das teilten die Grünen nach stundenlangen Beratungen im Vorstand am Donnerstagabend mit. Vorausgegangen war ein erbittertes Ringen zwischen Realos und linkem Flügel um die Verteilung der Kabinettsposten.

Der Fraktionsvorsitzende Toni Hofreiter vom linken Flügel ist nicht Teil des Personaltableaus an Spitzenämtern, über das die 125.000 Grünen-Mitglieder ab diesem Freitag gemeinsam mit dem Koalitionsvertrag abstimmen sollen. Er galt eigentlich als gesetzt, fällt nun aber zugunsten Özdemirs aus. Auch Co-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt ist nicht Teil der Aufstellung.

Grünen-Chef Robert Habeck wird Vizekanzler sowie Klima- und Energieminister. Co-Chefin Annalena Baerbock wird wie erwartet Außenministerin. Das Umweltministerium soll die frühere Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke übernehmen. Die rheinland-pfälzische Klimaministerin Anne Spiegel soll Familienministerin werden - ein Amt, das sie zuvor auf Landesebene ebenfalls schon inne hatte. Die aktuelle Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth soll Staatsministerin für Kultur und Medien werden.


43 Jahre unschuldig im Gefängnis - Menschen spenden nach Freilassung

KANSAS CITY: Tausende Menschen haben für einen Mann, der mehr als vier Jahrzehnte unschuldig in den USA hinter Gittern saß, Geld gespendet. Bis Donnerstagmittag (Ortszeit) kamen auf einer Spenden-Website im Netz mehr als 900.000 US-Dollar (rund 800.000 Euro) zusammen. Der 62-jährige Kevin Strickland war am Dienstag nach rund 43 Jahren Gefängnis im Bundesstaat Missouri entlassen worden. Er war 1979 wegen einer Gewalttat mit drei Toten zu lebenslanger Haft ohne Möglichkeit auf Bewährung verurteilt worden.

Auf eine Entschädigung hat der Mann keinen Anspruch. Dies wäre in Missouri nur möglich gewesen, wenn das Urteil aufgrund eines DNA-Beweises aufgehoben worden wäre, so die Organisation Midwest Innocence Project. Sie hatte auch die Freilassung Stricklands vorangetrieben und nun die Spendenkampagne für ihn ins Leben gerufen. «Nichts, was wir Ihnen geben, kann den Zeitverlust ausgleichen. Ich hoffe nur, dass Ihr Leben dadurch frei von finanziellen Sorgen wird», schrieb eine Spenderin auf der Website.

Stricklands Fall ist eine der längsten unrechtmäßigen Inhaftierungen der US-Justizgeschichte. Es gebe keine Beweise, dass Strickland tatsächlich am Tatort gewesen sei, zudem habe die damalige Hauptzeugin ihre Aussage widerrufen, hatte der zuständige Richter seine Freilassung begründet. Der 62-Jährige hatte stets seine Unschuld beteuert. Der Fall hat viele Menschen in den USA berührt. Strickland hatte das Gefängnis im Rollstuhl verlassen und angekündigt, nun endlich einmal das Meer sehen zu wollen.


Macron zu Vertragsunterzeichnung nach Rom gereist

ROM: Der französische Präsident Emmanuel Macron ist einen Tag vor der Unterzeichnung eines umfangreichen, bilateralen Vertrags mit Italien in Rom eingetroffen. Er wurde am Donnerstagabend zunächst von Staatspräsident Sergio Mattarella und dann von Ministerpräsident Mario Draghi empfangen. Am Freitagmorgen werden Macron und Draghi den «Quirinalsvertrag» (Trattato del Quirinale) unterschreiben, der die Zusammenarbeit der beiden wichtigen EU-Länder intensivieren soll, unter anderem in den Bereichen Sicherheit, Kultur, Bildung, Umwelt, Wirtschaft, Stärkung der EU und außenpolitischer Vorhaben.

«Das ist ein Vertrag, der zwei Gründungsländer der Europäischen Union verbindet, die ihr Bemühen teilen, ein großes, europäischen Projekt aufzubauen», sagte Staatspräsident Mattarella laut Nachrichtenagentur Ansa beim Empfang für Macron in seinem Amtssitz, dem Quirinalspalast.

Der französische Staatschef war aus Zagreb nach Italien gereist. Dort hatte er am Donnerstag den kroatischen Ministerpräsidenten Andrej Plenkovic getroffen. Anlass war ein Vertrag über den Kauf von zwölf gebrauchten französischen Kampfjets des Typs Rafale. Macron war der erste französische Präsident in Kroatien, seitdem das Land im Jahr 1991 die Unabhängigkeit errungen hatte.


London bereitet sich auf Blockade durch Fischer in Calais vor

LONDON/CALAIS: Die britische Regierung bereitet sich auf mögliche Protestaktionen französischer Fischer am Eurotunnel und beim Hafen von Calais am Freitag vor. Das sagte ein Sprecher des Premierministers Boris Johnson am Donnerstag in London. Man beobachte die Situation «sehr genau» und habe «Notfallpläne» zur Hand. Frankreich müsse jedoch sicherstellen, «dass es nicht zu illegalen Aktionen kommt und der Handel nicht beeinträchtig wird».

Hintergrund ist ein seit Monaten schwelender Streit um nicht erteilte Fischereilizenzen vor den der britischen Krone unterstehenden Kanalinseln Jersey und Guernsey nach dem Brexit. Die Inseln liegen sehr viel näher vor der französischen Küste als vor der englischen. Seit dem EU-Austritt Großbritanniens müssen die Fischer aus Frankreich Lizenzen beantragen. Einige Dutzend Anträge wurden jedoch von den Behörden abgelehnt.

Die Meerenge zwischen Calais und Dover am Ärmelkanal ist die wichtigste Handelsroute für das Vereinigte Königreich. Ein Großteil der Waren vom Kontinent gelangt entweder über den Fähren oder durch den Eurotunnel auf die Insel. Eine Blockade dieser Verkehrswege könnte die britische Wirtschaft daher empfindlich treffen.


Illegaler Goldrausch bedroht wichtigen Amazonas-Nebenfluss

AUTAZES: Dutzende illegale Goldgräberschiffe auf einem wichtigen Amazonas-Nebenfluss alarmieren Umweltschützer in Brasilien. Polizei und Marine bereiten laut Brasiliens Vizepräsident Hamilton Morão einen Einsatz in der Gegend des Rio Madeira im Bundesstaat Amazonas vor, wie das Nachrichtenportal «G1» am Donnerstag berichtete. Gerüchte, dass rund 110 Kilometer von der Amazonasmetropole Manaus viel Gold gefunden wurde, lockte zahlreiche Flöße und Baggerschiffe in die Gegend, hieß es in einer Mitteilung der Umweltschutzorganisation Greenpeace.

Der illegale Goldabbau ist im Amazonasgebiet weit verbreitet. Das Ausmaß überraschte jedoch selbst Experten. Fotos von Greenpeace zeigten, wie die Schiffe quasi eine schwimmende Stadt bilden.

«Was in dieser Stadt heute passiert, ist eine nationale Schande», erklärte der Sprecher der Amazonien-Kampagne von Greenpeace Brasilien, Danicley de Aguiar. «Was wir beim Überflug gesehen haben, ist die Ausübung eines Verbrechens am helllichten Tag. All dies wird natürlich von Präsident (Jair) Bolsonaro gebilligt.»

Der brasilianische Staatschef befürwortet die wirtschaftliche Nutzung des Amazonasgebiets und will auch den bisher illegalen Goldabbau in indigenen Gebieten erlauben. Kritiker werfen ihm vor, ein gesellschaftliches Klima geschaffen zu haben, in dem sich Goldgräber und andere Eindringlinge ermutigt fühlen.


Bundesratspräsident Ramelow mahnt aktives Holocaust-Gedenken an

PARIS: Bundesratspräsident Bodo Ramelow (Linke) hat bei einem Besuch der Holocaust-Gedenkstätte in Paris zu einem aktiven Gedenken an die Judenverfolgung aufgerufen. «Wir müssen uns im Klaren sein, dass alsbald keine Zeitzeugen mehr leben», sagte der Thüringer Ministerpräsident am Donnerstag. «Jeder dieser Orte muss eine eigene Kraft haben, damit wir das Gedenken nicht den Leugnern und Umdeutern überlassen», sagte er mit Blick auf die künftige Gedenkstättenarbeit.

Ramelow legte in der Gedenkstätte Mémorial de la Shoah in Paris einen Kranz nieder und sprach mit Beate und Serge Klarsfeldt. Das deutsch-französische Ehepaar, das den Holocaust überlebte, kümmert sich mit einem Verein um Kinder deportierter Jüdinnen und Juden in Frankreich. Angesichts wachsender antisemitischer Tendenzen, auch unter Corona-Leugnern, sei ein aktives Holocaust-Gedenken hochaktuell, sagte Ramelow.

Der Ministerpräsident war in seiner neuen Funktion als Bundesratspräsident erstmals nach Paris gereist. Er traf dort seinen Amtskollegen Gérard Larcher, den Präsidenten des französischen Senats, zu politischen Gesprächen. Er vereinbarte mit Larcher ein Treffen in Erfurt unter Beteiligung des polnischen Senatsmarschalls Tomasz Grodzki, um das sogenannte Weimarer Dreieck zu beleben, also Konsultationen zwischen Frankreich, Deutschland und Polen.


«Das afghanische Mädchen»: Frau auf berühmtem Foto nach Rom evakuiert

ROM: Stechend grüne Augen blicken misstrauisch-verängstigt aus dem Gesicht eines afghanischen Mädchens in einem roten Schleier: Das Foto der geflüchteten Sharbat Gula von Fotograf Steve McCurry wurde Mitte der 1980er Jahre weltberühmt. Die italienische Regierung hat die heute Ende 40-Jährige nun aus Afghanistan evakuiert und nach Rom gebracht. Das teilte der Amtssitz von Ministerpräsident Mario Draghi am Donnerstag mit.

Hilfsorganisationen hätten den Appell der Frau, das von den militant-islamischen Taliban im August übernommene Land zu verlassen, weitergetragen. Die Regierung Draghis habe daraufhin ihre Ausreise nach Italien im Zusammenhang mit dem Evakuierungsplan für afghanische Bürger organisiert.

McCurry hatte Gula 1984 im pakistanischen Flüchtlingslager Nasir Bagh fotografiert, wohin das Mädchen während der sowjetischen Besatzung Afghanistans geflohen war. «Afghan Girl» (das afghanische Mädchen) stand für das Leid der afghanischen Bevölkerung zu dieser Zeit. Ihr Foto erschien im Folgejahr auf dem Cover des Magazins «National Geographic». Danach verlor sich zunächst die Spur der Frau. Nach dem Ende der Taliban-Herrschaft konnte McCurry sie im Jahr 2002 wieder ausfindig machen.


Mindestlöhne: EU-Parlament macht Weg für Verhandlung mit Ländern frei

STRAßBURG: Das EU-Parlament hat sich auf seine Verhandlungsposition im Streit um Regeln für Mindestlöhne in der EU geeinigt. Die Abgeordneten sprachen sich bei einer Plenarsitzung am Donnerstag dafür aus, den Weg für Verhandlungen mit den EU-Staaten frei zu machen, wie der CDU-Europaparlamentarier Dennis Radtke mitteilte. Man wolle Mindestlöhne nicht zentral festlegen, sondern «endlich ernst machen mit der Sozialen Marktwirtschaft als Ordnungsprinzip der Europäischen Union», so der sozialpolitische Sprecher der EVP-Fraktion. Nun müssen sich die EU-Staaten noch auf ihre Verhandlungsposition einigen. Dies könnte Anfang Dezember erfolgen. Dann würden Parlament, EU-Länder und Kommission in Verhandlungen um einen Kompromiss gehen.

Mindestlöhne sollen nach dem Willen der Parlamentarierinnen und Parlamentarier als angemessen und gerecht gelten, wenn sie die Lohnverteilung verbessern und den Arbeitnehmern und ihren Familien einen angemessenen Lebensstandard sichern. Ähnlich wie die EU-Kommission wollen die Parlamentarier erstmals konkrete Leitlinien für Mindestlöhne vorgeben. Zudem wollen sie als Zielwert eine Tarifbindung von 80 Prozent durchsetzen. Deutschland lag laut Statistischem Bundesamt 2019 bei 44 Prozent.

Die Pläne von Parlamentariern und Kommission sehen etwa vor, dass Geringverdiener überall in der EU mindestens 50 Prozent des Durchschnittslohns oder 60 Prozent des sogenannten Medianlohns im eigenen Land bekommen. Der Median wird auch mittlerer Lohn genannt und ist eine Rechengröße: 50 Prozent der Arbeitnehmer verdienen mehr, 50 Prozent weniger. Für Deutschland bedeutet dies, wie aus Angaben des Bundesarbeitsministeriums hervorgeht, dass der Mindestlohn auf knapp 12 Euro steigen müsste. Die geplante Ampel-Koalition in Deutschland, bestehend aus SPD, Grünen und FDP, will den gesetzlichen Mindestlohn auf 12 Euro pro Stunde erhöhen, wie sie am Mittwoch in ihrem Koalitionsvertrag vorstellte.


Unruhen auf den Salomonen - Australien schickt Sicherheitskräfte

CANBERRA/HONIARA: Australien schickt Sicherheitskräfte zur Eindämmung von Unruhen auf die Salomon-Inseln im Südpazifik. Mitglieder der australischen Bundespolizei AFP und auch Diplomaten seien am Donnerstag auf das rund 1800 Kilometer nordöstlich von Australien gelegene Archipel entsandt worden, teilte das Außenministerium mit. Weitere Sicherheitskräfte sollten demnach in den kommenden Tagen folgen. Sie würden auf Ersuchen der Salomonen helfen, in dem Land für Sicherheit zu sorgen, wurde der australische Premierminister Scott Morrison von der Nachrichtenagentur AAP zitiert.

Dort kam es in den vergangenen Tagen bei Protesten gegen die Regierung zu Unruhen. Die Bevölkerung fühle sich von der Regierung vernachlässigt und sei frustriert, berichtete die Zeitung «Solomon Times». Dabei spielte auch Außenpolitik eine Rolle: Der kleine Südsee-Inselstaat hatte 2019 mit Taiwan gebrochen und stattdessen diplomatische Beziehungen mit der Volksrepublik China aufgenommen. Die Entscheidung hatte auch vor dem Hintergrund von Investitionen zu innenpolitischen Spannungen auf der Insel geführt.

Trotz eines von Premierminister Manasseh Sogavare infolge der Ausschreitungen verhängten 36-stündigen Lockdowns hätten Demonstranten unter anderem Geschäfte in der Hauptstadt Honiara geplündert und niedergebrannt, hieß es weiter. Einen Rücktritt lehnte Sogavare in einer Mitteilung ab.


Stoltenberg optimistisch mit Blick auf deutsche Verteidigungsausgaben

BRÜSSEL: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ist zuversichtlich, dass die kommende Bundesregierung Deutschlands Verpflichtungen gegenüber dem Bündnis erfüllen wird - obwohl das Zwei-Prozent-Ziel der Nato nicht im Koalitionsvertrag erwähnt wird. Der Vertrag mache sehr deutlich, dass Deutschland zu seinen Verpflichtungen stehe und sicherstellen wolle, dass die Bundeswehr so gut wie möglich ausgestattet sein solle, sagte Stoltenberg am Donnerstag in Brüssel. Der Fokus auf Fähigkeiten und Ausrüstung der Bundeswehr stimme mit dem überein, worauf man sich in der Nato geeinigt habe. «Die zwei Prozent basieren auf Anforderungen, auf Fähigkeitszielen, die wir von allen Verbündeten erwarten.»

Damit bezog Stoltenberg sich auf eine Nato-Vereinbarung von 2014, nach der sich alle Bündnisstaaten bis 2024 dem Richtwert annähern, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Deutschland war 2020 mit einer Quote von 1,56 Prozent weiterhin weit davon entfernt. Im Koalitionsvertrag heißt es nun: «Wir wollen, dass Deutschland (...) Langfristig drei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in internationales Handeln investiert, so seine Diplomatie und seine Entwicklungspolitik stärkt und seine in der Nato eingegangenen Verpflichtungen erfüllt.»

Stoltenberg betonte, er sei überzeugt, dass Deutschland die Verteidigungsausgaben wie in den vergangenen Jahren weiter steigere. Er erwarte und sei zuversichtlich, dass die künftige deutsche Regierung die Verpflichtungen erfüllen werde. Er kenne den künftigen Kanzler Olaf Scholz (SPD) seit vielen Jahren und freue sich, mit ihm und seiner Regierung zusammenzuarbeiten.


Guterres: Erfolg des Friedens «moralische Verpflichtung»

BOGOTÁ: Zum fünften Jahrestag des Friedensabkommens in Kolumbien hat UN-Generalsekretär António Guterres seine Unterstützung für den Vertrag zwischen der kolumbianischen Regierung und der Farc-Guerilla bestärkt. «Ich werde mit der Überzeugung abreisen, dass es wichtig ist, entschlossen und beharrlich für den Frieden in Kolumbien einzutreten», sagte Guterres in einer Pressekonferenz, wie die Zeitung «El Tiempo» am Mittwochabend (Ortszeit) berichtete. Nichts rechtfertige die heutige Gewalt und das Agieren von bewaffneten Gruppen in Kolumbien. Es sei eine «moralische Verpflichtung», den Erfolg des Friedensabkommens zu garantieren.

52 Jahre herrschte in Südamerikas zweitbevölkerungsreichsten Land mit seinen heute 50 Millionen Einwohnern ein blutiger Bürgerkrieg. Etwa 220.000 Menschen kamen ums Leben, Millionen wurden vertrieben. Die größte Rebellenbewegung Farc unterzeichnete am 24. November 2016 einen Friedensvertrag mit der Regierung, den das Parlament am 30. November 2016 absegnete. Die Umsetzung ist auf 15 Jahre angelegt.

Nach Angaben der kolumbianischen Regierung halten sich etwa 5600 Farc-Kämpfer an das Abkommen. Aber die kleinere Guerillagruppe ELN ist noch immer aktiv. Auch Tausende Ex-Farc-Kämpfer und Verbrechersyndikate, die in Drogenschmuggel verwickelt sind, kämpfen untereinander sowie mit der Polizei und den Streitkräften. Hunderte Massaker wurden seit 2016 verübt, Hunderte soziale Anführer und Ex-Farc-Kämpfer ermordet, eine Vielzahl von Menschen vertrieben.


Neues Votum über Magdalena Andersson als Regierungschefin

STOCKHOLM: Die nach wenigen Stunden im Amt zurückgetretene Sozialdemokratin Magdalena Andersson erhält eine zweite Chance, zur schwedischen Ministerpräsidentin gewählt zu werden. Parlamentspräsident Andreas Norlén kündigte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Stockholm an, die 54-Jährige noch im Laufe des Nachmittags erneut als Kandidatin für den Posten nominieren zu wollen. Eine neue Abstimmung über sie im schwedischen Reichstag könne dann bereits am kommenden Montag stattfinden.

Die bisherige Finanzministerin Andersson war am Mittwoch nur wenige Stunden nach ihrer historischen Wahl zu Schwedens erster Ministerpräsidentin bereits wieder zurückgetreten. Die Grünen hatten davor erklärt, die Regierung mit den Sozialdemokraten zu verlassen. Streitpunkt war, dass statt Anderssons Haushaltsentwurf ein alternativer Vorschlag mehrerer Oppositionsparteien vom Parlament gebilligt wurde, an dem erstmals die rechtspopulistischen Schwedendemokraten beteiligt gewesen waren.

Andersson strebt nun nach eigenen Angaben eine rein sozialdemokratische Minderheitsregierung an. Ihr Vorgänger und Parteifreund Stefan Löfven war in den vergangenen sieben Jahren Chef einer rot-grünen Minderheitsregierung gewesen.


Britische Ministerin: Keine schnelle Lösung für Migrationsfrage

LONDON: Nach der Tragödie mit 27 Toten im Ärmelkanal hat die britische Innenministerin Priti Patel ein härteres Vorgehen gegen Schleuser gefordert. «Es gibt keine schnelle Lösung», sagte Patel am Donnerstag im britischen Parlament. Es gehe darum, kriminelle Banden zu zerschlagen. Der schwere Zwischenfall vor Calais sei «der Moment, den viele von uns seit Jahren gefürchtet haben», sagte Patel. «Wir werden alles Notwendige tun, um das Gebiet zu sichern, damit ungeschützte Menschen nicht ihr Leben riskieren.»

Patel hatte zuvor mit ihrem französischen Kollegen telefoniert. Dabei warb sie nach eigenen Angaben mit Nachdruck darum, dass britische Beamte die französischen Behörden bei der Kontrolle nordfranzösischer Strände unterstützen dürfen. Die konservative Hardlinerin steht wegen der wachsenden Zahl an Menschen, die illegal den Ärmelkanal überqueren, unter Druck.

Kritik an ihrem Vorgehen wies die Ministerin zurück. «Das Vereinigte Königreich verfolgt einen geradlinigen und großzügigen Ansatz bei Asylsuchenden und Flüchtlingen», behauptete Patel. Die Ministerin sprach von einer «globalen Krise der illegalen Migration». «Wir können es nicht alleine schaffen», sagte Patel. Eine enge Zusammenarbeit mit Frankreich sei notwendig. In diesem Jahr seien bereits mehr als 20.000 Menschen auf dem Weg nach Großbritannien gestoppt worden. Dies zeige das Ausmaß des Problems.


Menschen gehen wegen Lira-Krise auf die Straße

ISTANBUL: Als Reaktion auf die Lira-Krise sind in der Türkei Menschen in mehreren Städten auf die Straße gegangen. In Istanbul seien in dem Zusammenhang am Vorabend 68 Menschen festgenommen worden, sagte Anwältin Yagmur Kavak von der Anwaltsvereinigung CHD am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Fast alle seien wieder freigelassen worden, gegen sie werde aber ermittelt.

Verschiedene Organisationen hatten unter Mottos wie etwa «Böyle Gitmez» (So geht es nicht weiter) zu Protesten aufgerufen. In den sozialen Medien wurden Videos mit teilweise brutalen Szenen von Festnahmen verbreitet.

Die Lira war am Dienstag erneut stark eingebrochen in Vergleich zu Dollar und Euro. Auf Twitter trendete zwischendurch Hashtags wie «Erdoganistifa» (Erdogan Rücktritt) - gleichzeitig trendeten jedoch auch Hashtags von Unterstützern der Regierung. Die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan hat laut Umfragen zuletzt deutlich an Zustimmung eingebüßt.


Prominenter Kommunist erschießt Elch - Russische Justiz ermittelt

MOSKAU: Ein prominenter kommunistischer Parlamentsabgeordneter hat in Russland wohl ohne Genehmigung bei der Jagd einen Elch erschossen - nun beschäftigt der Fall die russische Justiz auf höchster Ebene. «Der Abgeordnete Raschkin hat dieses Verbrechen mit Absicht begangen», sagte Russlands Generalstaatsanwalt Igor Krasnow am Donnerstag der Agentur Interfax zufolge. «Er hat auf das Tier geschossen und es getötet. Wovon kann da sonst noch die Rede sein?» Wenig später hob die Staatsduma die Immunität des protestfreudigen Parlamentariers Waleri Raschkin auf.

Kremlkritiker vermuten hinter dem Vorgehen der Justiz vor allem eine Rache dafür, dass Raschkin nach der Parlamentswahl im September mehrfach Proteste in Moskau mit organisiert hatte. Die eigentlich als recht kremltreu geltenden Kommunisten hatten damals Stimmbetrug zugunsten der Regierungspartei Geeintes Russland beklagt.

Der Jagd-Vorfall sorgt in russischen Medien seit Wochen für viel Aufsehen, es ist von «Elch-Mord» die Rede und von einem «Skandal». Der 66 Jahre alte Raschkin war Ende Oktober von Polizisten im Gebiet Saratow an der Wolga aufgegriffen worden - mit einem Elch-Kadaver im Kofferraum. Zunächst stritt er ab, das Tier selbst geschossen zu haben. Später räumte er den Vorfall doch ein und zeigte sich reumütig. Um den «biologischen Schaden» zu begleichen, wolle er eine Elchkuh kaufen und auswildern lassen.

Zudem erklärte der Politiker in einem Video, dass sein Fehlverhalten nun für eine gegen ihn gerichtete «Provokation» ausgenutzt werde. Sollte er für schuldig befunden werden, drohen ihm eine Geldstrafe oder mehrere Jahre Freiheitsentzug.


UN: Alle elf Minuten eine Frau innerhalb der Familie getötet

WIEN: Die größte Gefahr eines gewaltsamen Todes lauert für Frauen und Mädchen nach einem Bericht der Vereinten Nationen oft zu Hause. Von 81.000 geschätzten weiblichen Tötungsopfern im Vorjahr wurden 47.000 von einem Partner oder Verwandten umgebracht, wie das UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) in Wien am Donnerstag berichtete. Demnach kam alle elf Minuten eine Frau oder ein Mädchen gewaltsam im privaten Umfeld zu Tode.

«Studien des UNDOC zeigen, dass sich die Lage im vergangenen Jahrzehnt nicht gebessert hat, auch nicht dort, wo Gewalttaten insgesamt zurückgegangen sind», sagte UNODC-Chefin Ghada Waly am Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Zwar seien achtzig Prozent aller Tötungsopfer weltweit männlich, doch bei Fällen innerhalb von Beziehungen oder Familien liege der Anteil weiblicher Opfer bei 60 Prozent.

In Afrika sind Frauen und Mädchen dem höchsten Risiko für tödliche Gewalt im engsten Umfeld ausgesetzt, gefolgt von Ozeanien und dem amerikanischen Kontinent. In Europa und Asien ist dieses Risiko den Angaben zufolge am geringsten. Das UNODC erstellte seine globale Analyse anhand von Daten aus 95 Ländern.

Laut der UN-Behörde lässt sich die Auswirkung von Corona-Lockdowns noch nicht eindeutig bewerten. Zwar sei die Zahl der getöteten Frauen und Mädchen in westlichen Ländern voriges Jahr leicht gestiegen, aber die Veränderungen seien regional unterschiedlich ausgeprägt gewesen und im Rahmen der Schwankungen der vergangenen Jahre geblieben, hieß es.


Merkel gratuliert Bulgarem Radew und mahnt Einheit in EU und Nato an

BERLIN: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dem bulgarischen Präsidenten Rumen Radew zu dessen Wiederwahl gratuliert. In dem Schreiben, das das Bundespresseamt am Donnerstag in Berlin veröffentlichte, ermahnte sie den Präsidenten des EU- und Nato-Lands aber indirekt auch wegen seiner Äußerungen zu der von Russland widerrechtlich annektierten ukrainischen Halbinsel Krim. «Nur wenn wir geeint nach außen auftreten, werden wir gemeinsam unsere Werte und Interessen in der Welt vertreten können», schrieb Merkel in ihrer Gratulation.

Der von den ex-kommunistischen Sozialisten und von Protestparteien unterstützte Radew hatte die Stichwahl um die Präsidentschaft am letzten Sonntag klar gewonnen. «Die Krim ist russisch, was denn sonst», hatte der russlandfreundliche Politiker in der Fernsehdebatte vor der Stichwahl betont. Die USA seien «tief besorgt» über diese Äußerungen, hatte die US-Botschaft in Sofia am Montag erklärt.

Russland hatte sich die Krim 2014 gegen internationalen Protest einverleibt. Die Ukraine fordert seitdem die Rückgabe. Die EU und die USA haben gegen Russland wegen der Annexion Sanktionen verhängt. Bulgarien ist seit 2004 Mitglied der Nato und seit 2007 der EU.


Merkel plädiert auf Asien-Europa-Gipfel für freien Welthandel

PHNOM PENH/BERLIN: Auf dem Asien-Europa-Gipfel (Asem) hat sich die scheidende Kanzlerin Angela Merkel nachdrücklich für freien Handel in der Welt eingesetzt. Der Beitrag «eines offenen und fairen Welthandels» sei entscheidend für die globale wirtschaftliche Erholung, sagte Merkel nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstag zum Auftakt des zweitägigen virtuellen Treffens unter Vorsitz Kambodschas. Die Kanzlerin betonte, wie bedeutsam die wirtschaftliche Verflechtung Europas und Asiens und die Zusammenarbeit als Grundlagen des Wohlstands seien.

Angesichts der Veränderung der weltpolitischen Lage seit der Gründung von Asem vor 25 Jahren sei es wichtig, «neue Impulse zu setzen», sagte die Kanzlerin nach diesen Angaben weiter. Viele globale Fragen ließen sich nur gemeinsam lösen. Multilaterale Institutionen wie die Welthandelsorganisation (WTO) müssten wieder gestärkt werden. Merkel setzte sich für «regelbasiertes Handeln» ein, das Fairness und Berechenbarkeit garantiere und eine engere Zusammenarbeit trotz der Unterschiede zwischen den Asem-Staaten ermögliche.

Zu den Asem-Partnern gehören 51 Länder sowie die Spitzen der Europäischen Union und des Südostasiatischen Verbandes Asean. Bei dem Gipfel vertreten sind neben den 27 EU-Mitgliedsstaaten auch Norwegen, die Schweiz, die Türkei und Großbritannien. Ferner nehmen Länder wie Russland und Indien, die asiatischen Wirtschaftsriesen China, Japan und Südkorea sowie Australien und Neuseeland teil.


Vater mit Messern getötet - Gericht spricht Sohn frei

TURIN: Ein Gericht in Norditalien hat einen jungen Mann freigesprochen, der seinen Vater Ende April vergangenen Jahres mit 34 Messerstichen getötet hatte. Der 20-Jährige habe dem Schwurgericht zufolge in Notwehr gehandelt, berichteten mehrere Medien am Mittwochabend. Am 30. April soll er bei einem der häufigen Streite seiner Eltern dazwischengegangen sein, um die Mutter zu schützen, wie die Nachrichtenagentur Ansa schrieb. Mit insgesamt sechs Küchenmessern habe er den damals 52 Jahre alten Vater tödlich verletzt. Der Staatsanwalt in Turin hatte Ansa zufolge 14 Jahre Haft gefordert. Der Vater sei zwar jähzornig und aggressiv gewesen, hätte aber nicht so sterben müssen, begründete er.

In einem Interview mit der Mailänder Tageszeitung «Corriere della Sera» (Donnerstag) erklärte der Student aus der Gemeinde Collegno, er habe das alles nie gewollt. «Für mich geht es jetzt darum, anzufangen, zu leben», erklärte er weiter. Er erhoffe sich eine Normalität, die er bislang nie erlebt habe. Das Urteil in dem Fall war auch wegen des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am Donnerstag mit Spannung erwartet worden.


Spaniens Regierung atmet auf: Metallarbeiter-Proteste zu Ende

MADRID: Ein von gewalttätigen Straßenprotesten und einem heftigen Regierungszoff begleiteter Streik der Metallarbeiter ist in Spanien nach neun Tagen zu Ende gegangen. Gewerkschaften und Arbeitgeber einigten sich am späten Mittwochabend auf einen Tarifvertrag, der am Donnerstag auf Arbeiterversammlungen ratifiziert wurde und der Lohnerhöhungen von zwei Prozent jährlich bis 2024 vorsieht, wie die Nachrichtenagentur Europa Press unter Berufung auf den Gewerkschaftsdachverband CCOO berichtete.

Die tagelangen und heftigen Proteste in Cádiz in der südspanischen Region Andalusien hatten die Regierungskoalition in Madrid auf eine harte Probe gestellt. Der linksgerichtete Juniorpartner Unidas Podemos (UP) hatte das harte Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten scharf angeprangert und Innenminister Fernando Grande-Marlaska von der Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE) von Regierungschef Pedro Sánchez dafür verantwortlich gemacht.

«Schluss mit der Unterdrückung!», hatte etwa im Parlament die UP-Abgeordnete Martina Velarde gefordert. Vize-Regierungschefin Yolanda Díaz, auch von UP, hatte den Einsatz von Panzerfahrzeugen der Polizei kritisiert und gesagt: «Die Demonstranten sind keine Verbrecher!» Zur Einigung schrieb sie nun auf Twitter, diese sei «ein Ergebnis der Mobilisierungen und des sozialen Dialogs».

Die Zusammenstöße mit der Polizei waren zuletzt immer heftiger geworden. Zum Teil vermummte Demonstranten bewarfen die Sicherheitskräfte auch am Mittwoch mit Flaschen, Steinen und anderen Gegenständen. Die Polizei setzte ihrerseits Tränengas und Gummigeschosse ein. Am Donnerstag blieb es in Cádiz zwar ruhig. CCOO hat allerdings für die kommenden Tagen und Wochen zu Streiks und Protesten in mehreren anderen Sektoren und Regionen aufgerufen.


Tschechien bekommt mit Petr Fiala neuen Ministerpräsidenten

PRAG/LANY: Der Liberalkonservative Petr Fiala wird nach seinem Wahlerfolg im Oktober neuer tschechischer Ministerpräsident. Präsident Milos Zeman soll dem 57-Jährigen am Freitagmittag in seiner Residenz in Schloss Lany bei Prag die Ernennungsurkunde überreichen. Die Amtsgeschäfte übernimmt Fiala offiziell erst mit der Vereidigung des gesamten Kabinetts frühestens in zwei Wochen. Bis dahin führt die bisherige Regierung unter dem Multimilliardär Andrej Babis kommissarisch die Geschäfte weiter. Das scheidende Kabinett hat wegen der Corona-Pandemie erneut den Notstand ausgerufen.

Der Politologie-Professor Fiala ist seit 2013 Vorsitzender der Demokratischen Bürgerpartei (ODS). Die künftige Koalition mit vier weiteren liberalen und konservativen Parteien konnte bei der Parlamentswahl Anfang Oktober 108 der 200 Sitze im Abgeordnetenhaus erobern. Der Koalitionsvertrag ist bereits ausgehandelt und unterschrieben. Die Amtsübergabe dürfte sich dennoch noch verzögern, da Präsident Zeman mit allen Ministerkandidaten zunächst persönliche Gespräche führen will.


Amphoren aus der Antike auf Schwammtaucherinsel sichergestellt

ATHEN/RHODOS: Fahnder der griechischen Polizei haben zahlreiche Amphoren aus der Antike auf der Insel Kalymnos sichergestellt. Die Gefäße seien unschätzbaren Wertes, sagten Archäologen im Staatsrundfunk. Die Amphoren sowie andere kleinere Keramik-Gegenstände wurden in einem Haus der Insel entdeckt. Eine Frau sei festgenommen worden, teilte die Polizei am Donnerstag mit.

Die Ermittlungen dauern an. Es wird vermutet, dass es sich um eine Bande handelt, die systematisch in der Region der südlichen Ägäis taucht, um Antiquitäten aus Wracks zu holen. Kalymnos wird auch Schwammtaucher-Insel genannt. Zahlreiche Einwohner dieses Eilands sind nämlich versierte Taucher und entdecken immer wieder Wracks aus der Antike, sagten Archäologen im örtlichen staatlichen Regionalsender der Inselgruppe der Dodekanes, zu der Kalymnos gehört.


Kaddisch in Kaunas: Litauen gedenkt Opfern des Holocaust

VILNIUS: Litauen hat mit zwei Gedenkveranstaltungen an den Massenmord an europäischen Juden in dem baltischen EU-Land vor 80 Jahren erinnert. Gemeinsam mit Gästen aus Deutschland, Österreich und Polen gedachten Vertreter der Regierung und der jüdische Gemeinden am Donnerstag den 5000 Opfern, die Ende November 1941 in der Stadt Kaunas ermordet wurden. Daran teil nahmen Delegation aus den Städten Berlin, München, Frankfurt, Wien und Wroclaw (Breslau), aus denen Juden deportiert und in Litauen getötet wurden. Dies teilte die Staatskanzlei in Vilnius mit.

In Kaunas wurde etwa ein Kaddisch - ein jüdisches Totengebet - an einer Gedenkstätte gesprochen. In der alten Befestigungsanlage kam es am 25. November 1941 zum ersten Massenmord an knapp 3000 Juden aus dem damaligen Deutschen Reich, die mit Deportationszügen in die von der deutschen Wehrmacht besetzten Stadt gebracht worden waren. Drei Tage später wurden in einer weiteren Vernichtungsaktion fast 2000 Juden aus Wien und Wroclaw (Breslau) getötet. Insgesamt wurden im IX. Fort während des Holocaust rund 50.000 Juden aus Litauen und anderen Ländern getötet.

In der Hauptstadt Vilnius sollte am Abend im Palast der Großfürsten ein Konzert mit Werken jüdischer Komponisten aufgeführt werden, die im Holocaust ermordet wurden.

Litauen wurde im Zweiten Weltkrieg abwechselnd von der Sowjetunion und Nazi-Deutschland besetzt. Während der deutschen Besatzung zwischen 1941 und 1944 ermordeten die Nationalsozialisten und einheimische Helfer mehr als 90 Prozent aller damals rund 200.000 in Litauen lebenden Juden.


Mann bedroht Frau mit Messer in Istanbul - Kickboxerin «machtlos»

ISTANBUL: Videos von einem Mann, der eine Frau in der Istanbuler U-Bahn mit einem Messer bedroht, haben in der Türkei für Empörung gesorgt. Nun ist der mutmaßliche Täter festgenommen worden, wie die Polizei in Istanbul am Donnerstag berichtete, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Die Videos waren zuvor millionenfach aufgerufen worden. Der Polizei zufolge ist der Festgenommene mehrmals vorbestraft.

Auf einer der Aufnahmen ist zu sehen, wie der Mann mit einem Messer vor einer Frau fuchtelt und sie stark beschimpft. Die Frau fordert ihn mehrmals auf, das Messer fallen zu lassen - bis er die U-Bahn verlässt. In einem von der staatsnahen Agentur Demirören Haber Ajansi veröffentlichten Interview erzählte die betroffene Frau später, sie sei Kickboxerin, habe sich aber angesichts der Waffe machtlos gefühlt.

Der Angreifer hatte sich Berichten zufolge an einer anderen Frau gestört, die ihre Maske in der U-Bahn nicht vollständig über der Nase trug, und sie dann beschimpft. Er sei sie vielleicht etwas hart angegangen, sagte er laut Berichten. Die auf den Aufnahmen zu sehende Frau sei dann verbal eingeschritten.


Deutsche Seenotretter warten weiter auf sicheren Hafen

ROM: Die deutschen Seenotretter der privaten Organisation Sea-Watch warten mit mehr als 460 im Mittelmeer geretteten Migranten an Bord weiter auf einen sicheren Hafen. Die Lage auf der «Sea-Watch 4» spitze sich zu, sagte ein Sprecher der in Berlin ansässigen Organisation am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Man habe zehn Anfragen für einen sicheren Hafen gestellt, unter anderem auch an Italien. Eine Antwort sei bislang ausgeblieben. Die italienische Küstenwache habe mittlerweile insgesamt 19 Menschen aus medizinischen Gründen von Bord geholt. Darunter seien acht hochschwangere Frauen und eine Mutter mit einem Neugeborenen gewesen.

Die Organisation warnte zudem vor einem aufziehenden Unwetter vor der Küste der italienischen Insel Sizilien. Einige Menschen seien bereits mehr als eine Woche auf See und müssten von Bord. Die im zentralen Mittelmeer operierenden Hilfsorganisationen fragen in der Regel die Behörden in Malta und Italien für einen sicheren Hafen an, wenn sie in Seenot geratene Migranten retten. Die italienischen Behörden weisen den Schiffen oft einen Hafen auf Sizilien zu.

Die Migranten wagen in der Hoffnung auf ein besseres Leben von den Küsten Nordafrikas die gefährliche Überfahrt in Richtung EU. Ihr Ziel ist oft Italien. Der Nachrichtenagentur Ansa zufolge erreichten in der Nacht zu Mittwoch zwei Boote mit mehr als 50 Menschen aus Tunesien die italienische Insel Lampedusa. Das maltesische Militär brachte am Mittwochmorgen mehr als 40 Bootsmigranten in Sicherheit, wie die «Times of Malta» berichtete. Eine Frau sei später gestorben. Laut Zahlen der Vereinten Nationen gelten im zentralen Mittelmeer in diesem Jahr bislang mehr als 1300 Menschen als tot oder vermisst.


EuGH-Gutachter: Deutsches Gesetz zu Abschiebehaft ist rechtswidrig

LUXEMBURG: Das deutsche Gesetz zur Unterbringung in Abschiebehaft verstößt nach Einschätzung eines Gutachters am Europäischen Gerichtshof gegen EU-Recht. Die Gesetzesänderung von 2019, die die Unterbringung von Abschiebegefangenen in einer Justizvollzugsanstalt pauschal bis Mitte 2022 erlaubt, sei rechtswidrig, befand Generalanwalt Jean Richard de la Tour am Donnerstag (Rechtssache C-519/20).

Hintergrund ist ein Fall vor dem Amtsgericht Hannover, das entscheiden muss, ob ein Pakistani seine Abschiebehaft zurecht in der Justizvollzugsanstalt Hannover, Abteilung Langenhagen, verbringt. Während seines Aufenthalts wurden dort auch Strafgefangene untergebracht, denen der Pakistani zwar nicht begegnen konnte, die jedoch vom gleichen Personal betreut wurden.

Grundsätzlich gilt nach EU-Recht, dass Drittstaatsangehörige, die abgeschoben werden sollen, in speziellen Hafteinrichtungen untergebracht werden müssen. Die Unterbringung in einer gewöhnlichen Haftanstalt ist nur in einer Notlage erlaubt. Dem Gutachter zufolge bestehen die Voraussetzungen für eine solche Notlage in Deutschland jedoch nicht. Auch müsse die zuständige Justizbehörde regelmäßig überprüfen können, ob ein solcher Notstand gegeben ist. Mit Blick auf die fragliche Unterbringung in Langenhagen betont er, dass diese nicht einer «speziellen Hafteinrichtung» nach EU-Recht entspricht.

Das Gutachten ist für die EuGH-Richter nicht bindend, häufig orientieren sie sich jedoch daran. Ein Urteil dürfte in einigen Monaten fallen.


Getarnte Werbung im Mail-Postfach kann unzulässig sein

LUXEMBURG: Als E-Mails getarnte, unerbetene Werbenachrichten im Postfach können nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs gegen EU-Recht verstoßen. Durch die Verwechslungsgefahr mit richtigen Mails könnten Menschen gegen ihren Willen auf entsprechende Webseiten weitergeleitet werden, teilte der EuGH am Donnerstag in Luxemburg mit. Zulässig sei sogenannte Inbox-Werbung, die fast wie eine reguläre E-Mail im Posteingang aussieht nur, wenn die Nutzerin oder der Nutzer vorab ausdrücklich zugestimmt habe (Rechtssache C-102/20).

Im konkreten Fall hatte das Städtische Werk Lauf an der Pegnitz Werbeeinblendungen des konkurrierenden Stromlieferanten Eprimo per E-Mail bei Nutzern des Online-Dienstes T-Online beanstandet: Diese Werbemaßnahme verstoße gegen die Vorschriften über unlauteren Wettbewerb. Der Bundesgerichtshof legte den Streit dem EuGH vor.

Dieser teilte nun mit, die Einblendung solcher Werbenachrichten im Mail-Postfach könne eine unerbetene Nachricht zum Zweck der Direktwerbung im Sinne der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation darstellen. Es bestehe die Möglichkeit, dass die Vorgehensweise des Stromlieferanten das Ziel der Richtlinie beeinträchtige, die Privatsphäre der Nutzerinnen und Nutzer vor unerbetenen Werbenachrichten zu schützen.

Demnach ist Inbox-Werbung ohne Zustimmung mit unzulässigen Spam-Mails vergleichbar. Wenn sie gehäuft und regelmäßig erscheine, könne sie außerdem als nach Wettbewerbsrecht unzulässiges «hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen» gelten. Über den konkreten Fall muss nun der Bundesgerichtshof entscheiden.


Aus dem Iran stammender Abgeordneter Parlamentspräsident

OSLO: Der erst 39 Jahre alte und aus dem Iran stammende Abgeordnete Masud Gharahkhani ist in Norwegen zum Parlamentspräsidenten gewählt worden. Der junge Sozialdemokrat wurde am Donnerstag vom Parlament in Oslo zum Nachfolger von Eva Kristin Hansen bestimmt, die vor wenigen Tagen aufgrund von polizeilichen Ermittlungen zurückgetreten war. Die 48-Jährige war unter Druck geraten, nachdem bekannt geworden war, dass sie möglicherweise zu Unrecht über eine Abgeordnetenwohnung in Oslo verfügte.

Gharahkhani ist seit 2017 Abgeordneter der sozialdemokratischen Arbeiterpartei im Storting, dem norwegischen Parlament. Er kam 1982 in der iranischen Hauptstadt Teheran zur Welt, zog als Kind aber fünf Jahre später mit seinen Eltern nach Norwegen. Als Parlamentspräsident hat er nun formal den zweithöchsten Rang in dem skandinavischen Land hinter König Harald V. inne.


Asylanträge auf höchstem Stand seit 17 Jahren

LONDON: Die Zahl der Asylanträge in Großbritannien ist auf den höchsten Stand seit gut 17 Jahren gestiegen. 37.562 Menschen hätten in den zwölf Monaten bis September Asyl erbeten, teilte das Innenministerium in London am Donnerstag mit. Das ist fast ein Fünftel mehr als im Vorjahreszeitraum und zudem leicht über der Zahl vom Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung 2015/16. Mehr Anträge wurden zuletzt in den zwölf Monaten bis Juni 2004 gestellt.

Mit Stand Ende September 2021 warteten 67.547 Menschen auf eine Entscheidung über ihren Asylantrag, wie das Ministerium weiter mitteilte. Das sind 41 Prozent mehr als zum Vorjahreszeitpunkt und die höchste je ausgewertete Zahl.

Die britische Regierung hat nach dem Brexit die Einwanderungsregeln deutlich verschärft. Menschenrechtler kritisieren, dass es seitdem kaum noch Möglichkeiten für Flüchtlinge gibt, legal ins Land zu kommen. Innenministerin Priti Patel ist die unregulierte Zuwanderung ein Dorn im Auge. Um Migranten abzuschrecken, will die konservative Hardlinerin die Asylgesetze weiter verschärfen. Ihren Plänen zufolge sollen Menschen, die illegal ins Land kommen, keinen Asylantrag stellen dürfen.

Dennoch sind in diesem Jahr bereits drei Mal so viele Menschen über den Ärmelkanal illegal ins Land gekommen wie im Gesamtjahr 2020. Am Mittwoch ertranken mindestens 27 Menschen, als ihr Schlauchboot vor Calais kenterte.


Prozess gegen russische Menschenrechtsorganisation Memorial begonnen

MOSKAU: Unter großer internationaler Anteilnahme hat in Moskau der viel kritisierte Prozess gegen die russische Menschenrechtsorganisation Memorial begonnen. Bei der Verhandlung vor dem Obersten Gericht des Landes waren am Donnerstag auch mehrere ausländische Diplomaten anwesend, wie die Agentur Interfax unter Berufung auf das Gericht meldete. So verfolgten etwa Vertreter aus den USA, Großbritannien und Frankreich den Prozess vor Ort. Der Prozess gegen die Organisation, der ein Verbot droht, soll Mitte Dezember fortgesetzt werden.

Vor dem Gerichtsgebäude hatten sich am Donnerstagvormittag Hunderte Menschen versammelt, wie Fotos in sozialen Netzwerken zeigen. Viele trugen schwarze Corona-Schutzmasken mit der Aufschrift «Memorial nicht verbieten». Die russische Justiz wirft Memorial wiederholte Verstöße gegen das Gesetz über sogenannte ausländische Agenten vor. Dieses sieht vor, dass Empfänger von Zahlungen aus dem Ausland als «Agenten» bezeichnet werden können. Memorial weigert sich, sich selbst so zu nennen. Die Menschenrechtler beklagen politische Verfolgung.

Die Ende der 1980er Jahre gegründete Gesellschaft setzt sich für politische Gefangene ein, aber auch für die Aufarbeitung stalinistischer sowie nationalsozialistischer Verbrechen in der Sowjetunion. Ihr drohendes Aus hatte in den vergangenen Wochen international Proteste ausgelöst. Kritik kam auch aus Deutschland, etwa von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Die Präsidenten der baltischen Staaten und Polens verurteilten das Vorgehen der russischen Justiz am Donnerstag in einer gemeinsamen Erklärung. Alar Karis (Estland), Egils Levits (Lettland), Gitanas Nauseda (Litauen) und Andrzej Duda (Polen) brachten in dem Schreiben «Besorgnis über den historischen Revisionismus in Russland und insbesondere die mögliche Schließung von Memorial» zum Ausdruck.


Audi unterliegt erstmals vor dem BGH wegen des VW-Motors EA189

KARLSRUHE: Diesel-Kläger haben erstmals vor dem höchsten deutschen Zivilgericht Schadenersatz von Audi wegen des VW-Skandalmotors EA189 erstritten. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe bestätigte am Donnerstag vier Urteile des Oberlandesgerichts (OLG) München, das den Audi-Käufern das geforderte Geld weitgehend zugesprochen hatte. (Az. VII ZR 238/20 u.a.)

Der Motor EA189 wurde bei Volkswagen entwickelt, aber auch in verschiedenen Modellen der VW-Tochter Audi eingesetzt. In zwei früheren Fällen hatte der BGH konkrete Anhaltspunkte dafür vermisst, dass bei Audi jemand von der illegalen Abgastechnik wusste. Das OLG München war dagegen zu der Überzeugung gelangt, dass es undenkbar sei, dass nicht mindestens ein Audi-Verantwortlicher davon Kenntnis hatte. Die BGH-Richterinnen und -Richter beanstandeten zwar etliche Fehler, sahen sich im Ergebnis aber an die Einschätzung des Oberlandesgerichts gebunden. Damit sind die vier Urteile rechtskräftig.

Die meisten Betroffenen haben nicht gegen Audi, sondern gegen VW geklagt. Auf diesem Weg waren Schadenersatz-Ansprüche deutlich einfacher durchzusetzen. Nach Auskunft von Audi gibt es derzeit noch eine niedrige vierstellige Zahl offener Verfahren. Nicht alle Fälle seien aber mit den nun entschiedenen vergleichbar.


Ehemaliges olympisches Reitsport-Zentrum von Athen vor dem Aus

ATHEN: Die Rennbahn Markopoulo Park, Überbleibsel des einstigen Reitsport-Zentrums der Olympischen Spiele 2004 in Athen, steht vor dem Aus. Am Donnerstag demonstrierten Mitarbeiter der Rennbahn mit ihren Pferde im Zentrum der griechischen Hauptstadt gegen die Schließung der Anlage und forderten einen Gesprächstermin mit Premier Kyriakos Mitsotakis. «2000 Menschen werden ihre Arbeit verlieren. Und was machen wir mit den 350 Pferden?», fragte ein Teilnehmer im Fernsehen. «Jedes Dorf hat ein Kasino, aber die Rennbahn soll schließen?», stand auf den Plakaten.

Das Reitsport-Zentrum war eigens für die Olympischen Spiele 2004 gebaut worden. Im Laufe der Jahre blieb nur die Rennbahn übrig, die 2015 im Zuge der griechischen Finanzkrise privatisiert und vom privaten Glücksspiel-Unternehmen OPAP gekauft wurde. OPAP ist in Griechenland für Lotto, Rubbellose und andere Spiele und Wetten zuständig und unterhält landesweit rund 4500 Filialen.

Dem Investor war vorbehalten worden, die Rennbahn im Jahr 2022 schließen zu können, sollte sie nicht genug Gewinn abwerfen. Genau das sei den Arbeitnehmern nun mitgeteilt worden, sagen die Reiter-Demonstranten. Markopoulo Park liegt rund 30 Kilometer außerhalb Athens in der Nähe des Flughafens und zog in der recht einsamen Region nur wenige Besucher an. Zudem haben Pferdewetten in Griechenland keine so große Tradition wie etwa in Großbritannien oder Frankreich.


Polnischer Geheimdienst nimmt mutmaßlichen russischen Spion fest

WARSCHAU: In Polen ist ein mutmaßlicher russischer Spion festgenommen worden. Dem 66 Jahre alten Mann werde vorgeworfen, für den russischen Geheimdienst FSB gearbeitet zu haben, teilte der polnische Inlandsgeheimdienst am Donnerstag in Warschau mit. Den Angaben zufolge wurde der polnische Staatsbürger bereits am Sonntag in der Woiwodschaft Ermland-Masuren nördlich der Hauptstadt festgenommen. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung seien Gegenstände und Dokumente beschlagnahmt worden.

Die Festnahme steht demnach im Zusammenhang mit dem Fall eines anderen Mannes im Mai, dem ebenfalls Spionage für einen fremden Geheimdienst vorgeworfen wird. Der 66-Jährige bestreitet die Vorwürfe. Ein Gericht verhängte einen dreimonatigen vorläufigen Arrest. Nach Angaben der Nachrichtenagentur PAP drohen dem Mann bei einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft.


Andersson bemüht sich nach Rücktritt in Stockholm um neue Kandidatur

STOCKHOLM: Nach ihrer Wahl zur Ministerpräsidentin und dem Rücktritt noch am selben Tag hat die schwedische Sozialdemokratin Magdalena Andersson aller Voraussicht nach die Unterstützung für eine abermalige Kandidatur beisammen. Die 54-Jährige benötigt wie schon bei der ersten Abstimmung im Stockholmer Reichstag am Mittwoch eine Parlamentsmehrheit, die sich nicht gegen sie ausspricht. Nach Grünen und Zentrumspartei signalisierte auch die Linke, Andersson wieder tolerieren zu wollen. Man werde sich in einer neuen Abstimmung enthalten, schrieb Linken-Chefin Nooshi Dadgostar auf Facebook.

Schweden hatte am Mittwoch einen denkwürdigen Tag erlebt: Erst wurde die bisherige Finanzministerin am Morgen als erste Frau zur Ministerpräsidentin gewählt worden. Statt ihres Haushalts wurde am Nachmittag dann jedoch ein Budget-Vorschlag mehrerer Oppositionsparteien gebilligt, der mit den rechtspopulistischen Schwedendemokraten ausgehandelt worden war. Darauf erklärten die Grünen, die Regierung mit den Sozialdemokraten zu verlassen. Andersson trat dann nur wenige Stunden nach ihrer Wahl zurück.

Parlamentspräsident Andreas Norlén spricht nun mit den Parteispitzen darüber, wie es weitergeht. Am Donnerstagnachmittag wollte er sich näher dazu äußern. Andersson hat signalisiert, dass sie sich nochmals zur Wahl stellen möchte und dann mit einer rein sozialdemokratischen Minderheitsregierung antreten will. Ein neues Votum könnte Anfang kommender Woche stattfinden.


Tschechischer Präsident Zeman aus Krankenhaus entlassen

PRAG: Tschechiens Präsident Milos Zeman ist nach mehr als anderthalb Monaten aus dem Krankenhaus entlassen worden. Der 77-Jährige werde nun in seiner Residenz in Schloss Lany weiter behandelt, teilte das Zentrale Militärkrankenhaus in Prag am Donnerstag mit. Zeman war kurz nach der Parlamentswahl Anfang Oktober auf eine Intensivstation gebracht worden. Nach früheren Angaben der Klinik wurde er wegen Komplikationen einer seiner chronischen Erkrankungen behandelt. Details gaben die Ärzte nicht bekannt.

Als Präsident spielt Zeman eine wichtige Rolle bei der Regierungsbildung nach der Wahl. Es wird erwartet, dass er in Kürze den liberalkonservativen Wahlsieger Petr Fiala von den Bürgerdemokraten (ODS) zum Ministerpräsidenten ernennt. Derzeit führt die bisherige Regierung unter Multimilliardär Andrej Babis noch kommissarisch die Geschäfte. Zeman ist der erste Präsident Tschechiens, der nach einer Verfassungsänderung zweimal direkt vom Volk gewählt wurde. Er steht seit 2013 an der Spitze. Der frühere Sozialdemokrat pflegt enge Beziehungen zu Russland und China.


Englischer Landwirt entdeckt römisches Mosaik auf seinen Feldern

OAKHAM: Ein englischer Landwirt hat während des Corona-Lockdowns ein römisches Mosaik und Überreste einer Villa auf seinem Feld entdeckt. Wissenschaftler zeigten sich begeistert. Es handle sich um die aufregendste Entdeckung eines römischen Mosaiks in Großbritannien seit 100 Jahren, sagte John Thomas von der Universität Leicester. Die Ruinen stellten zudem ein hervorragend erhaltenes Beispiel einer Villa in ihrer Gesamtheit dar.

Das elf mal sieben Meter große Mosaik habe vermutlich als Fußboden eines Esszimmers gedient, teilte die Denkmalpflegebehörde Historic England am Donnerstag mit. Es stamme aus dem 3. oder 4. Jahrhundert und zeige den Kampf zwischen Achilleus und Hektor während der mythischen Schlacht um Troja. Bei den Ausgrabungen in der mittelenglischen Grafschaft Rutland wurden auch menschliche Knochen gefunden.

Der sensationelle Fund gelang Jim Irvine, als er sei mit seiner Familie durch die Felder streifte, die seinem Vater Brian Naylor gehören. «Mein Interesse wurde geweckt, als wir ungewöhnliche Keramik unter dem Weizen fanden, deshalb habe ich weitere Nachforschungen angestellt», sagte Irvine. «Als ich mir dann Satellitenbilder ansah, entdeckte ich eine sehr deutliche Schnittmarke, als hätte jemand mit einem Stück Kreide auf meinen Computerbildschirm gezeichnet.» Irvine benachrichtigte die Behörden, die wiederum die Universität Leicester mit den Ausgrabungen beauftragten. Dabei kam das Mosaik zum Vorschein.


China hofft auf gute Zusammenarbeit mit Ampel-Regierung

PEKING: China setzt auf gute Zusammenarbeit mit der künftigen Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP. «Wir hoffen, dass die neue Regierung in Deutschland die pragmatisch geprägte China-Politik weiterführt», sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Donnerstag in Peking. Die bilateralen Beziehungen sollten auf Grundlage des gegenseitigen Respekts und der Gleichberechtigung ausgebaut werden. Themen wie Taiwan, das Südchinesische Meer, Hongkong und Xinjiang beträfen «innere Angelegenheiten» der Volksrepublik. Der Respekt vor Chinas Kerninteressen sei Grundlage für die bilateralen Beziehungen.

Im am Mittwoch vorgelegten Koalitionsvertrag ist von einer «systemischen Rivalität» mit China die Rede. Man wolle «im zunehmenden Wettbewerb mit China faire Spielregeln». Deutschland solle sich zudem künftig mehr an einer gemeinsamen EU-Strategie beteiligen. Auf der Grundlage der Menschenrechte und des geltenden internationalen Rechts solle aber «wo immer möglich» die Kooperation mit China gesucht werden.


Polen stoppt weitere Migranten an Grenze

WARSCHAU: Polens Grenzschutz hat am Donnerstag mindestens 375 Versuche von Migranten registriert, von Belarus aus die Grenzsperren zu überwinden und illegal in die EU zu gelangen. In der Nähe der Ortschaft Czeremsza habe eine Gruppe von 232 Personen den Grenzzaun beschädigt und sei einige Meter auf polnisches Gebiet vorgedrungen, sagte eine Sprecherin der Behörde am Donnerstag. Die Sicherheitskräfte hätten die Gruppe wieder zurückgebracht. Fünf Migranten seien wegen Erschöpfung ins Krankenhaus eingeliefert worden.

Nach Angaben der Polizei wurden drei mutmaßliche Schleuser festgenommen, darunter zwei Ukrainer und ein Schwede syrischer Herkunft. Sie seien mit insgesamt 14 Migranten unterwegs gewesen. Da Polen keine Journalisten in das Gebiet lässt, lassen sich die Angaben nicht unabhängig überprüfen. Von belarussischer Seite hieß es, dass weiter etwa 2000 Menschen nahe der Grenze in einer Notunterkunft ausharren und auf eine Weiterreise nach Deutschland hoffen. Viele Menschen bräuchten mittlerweile medizinische Hilfe, etwa wegen Erkältungen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Belta.

Seit Wochen versuchen Tausende Migranten, von Belarus über die EU-Außengrenzen nach Polen oder in die baltischen Staaten zu gelangen. Die EU wirft dem autoritären belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, gezielt Menschen aus Krisenregionen nach Minsk einfliegen zu lassen, um sie dann in die EU zu schleusen.

Die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will am Donnerstag bei einem Treffen in Berlin mit Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki über die Lage der Migranten beraten.


Am Ärmelkanal gefasster Schleuser kam aus Deutschland

CALAIS: Ein nach dem Untergang eines Migrantenbootes im Ärmelkanal in der Nacht festgenommener mutmaßlicher Schleuser kam aus Deutschland. «Der Schleuser, den wir heute Nacht festgenommen haben, hatte deutsche Kennzeichen», sagte Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin am Donnerstag im RTL-Fernsehen. «Er hat diese Schlauchboote in Deutschland gekauft.» Generell stammten etliche der von Schleusern an der Kanalküste eingesetzten Boote aus der Bundesrepublik. «Die Schleuser kaufen diese Schlauchboote in Deutschland mit Bargeld.»

Bei der Havarie des Bootes, das sich auf dem Weg nach Großbritannien befand, kamen am Mittwoch nach einer vorläufigen Bilanz 27 Menschen ums Leben. Noch am Abend wurden vier mutmaßlich beteiligte Schleuser festgenommen, ein fünfter dann in der Nacht, wie Darmanin sagte. Erst vor einer Woche hatte die niederländische Polizei einen aus Deutschland kommenden mutmaßlichen Schleuser auf der Autobahn Richtung Frankreich gestoppt.


Mehrere Tote und Dutzende Verletzte bei Bergwerksunglück in Sibirien

KEMEROWO: Bei einem schweren Unglück in einem russischen Kohlebergwerk sind im Westen Sibiriens mindestens sechs Menschen getötet und Dutzende verletzt worden. In der Grube seien noch immer 49 Menschen, zu denen der Kontakt fehle, teilte der Gouverneur des Gebiets Kemeroro, Sergej Ziwiljow, am Donnerstag mit.

Insgesamt sind 237 Arbeiter aus dem Schacht Listwjaschnaja im Kusnezker Kohlebecken (Kusbass) gerettet worden, mehr als 40 von ihnen mussten in Krankenhäusern behandelt werden, wie der Zivilschutz mitteilte. In dem Bergwerk hatte sich am Morgen aus zunächst unbekannter Ursache eine Explosion ereignet.

Der Zustand der Bergarbeiter im Schacht war zunächst unklar. Die Grubengänge seien stark mit Rauch gefüllt, hieß es. Die Arbeiter könnten sich nicht selbst retten. Das teilte Gouverneur Ziwiljow nach einer Videokonferenz mit dem russischen Zivilschutzminister Alexander Tschuprijan mit. Es seien Rettungskräfte im Einsatz. Die Explosion soll sich in 250 Metern Tiefe ereignet haben.

Die Arbeit im Kohlebergbau in Russland gilt als lebensgefährlich. Wegen Verstößen gegen elementare Sicherheitsvorschriften kommt es dort immer wieder zu schweren Unglücken. Oft explodiert etwa Methangas. Das leicht entzündliche Grubengas wird durch die Arbeiten im Bergbau freigesetzt und sammelt sich bei schlechter Belüftung in den Schächten und Strecken an.


Interpol wählt Al-Raisi trotz Foltervorwürfen zu neuem Chef

ISTANBUL: Trotz Foltervorwürfen hat die internationale Polizeiorganisation Interpol einen Generalmajor aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ahmed al-Raisi, zu ihrem neuen Präsidenten gewählt. Al-Raisi war bislang Generalinspekteur beim dortigen Innenministerium. Bei einer Vollversammlung der 195 Interpol-Mitgliedsstaaten in Istanbul bekam er am Donnerstag die erforderliche Mehrheit für eine vierjährige Amtszeit, wie die Organisation auf Twitter mitteilte.

Aus Sicht von Kritikern steht Al-Raisi für einen aggressiven Sicherheitsapparat, in dem Menschen mit kritischer Haltung gegenüber der Regierung willkürlich festgenommen oder gar gefoltert werden. In mindestens fünf Ländern wurden gegen ihn im Zusammenhang mit Foltervorwürfen Klagen eingereicht. In der Türkei haben Anwälte im Namen des Golfzentrums für Menschenrechte Anzeige gestellt. Es gebe klare Beweise, dass er für «Folterpolitik» gegen politische Gegner verantwortlich sei, heißt es in der Anzeige.

Die Emirate hatten schon 2015 mit Spenden an Interpol im großen Stil begonnen und die Frage aufgeworfen, ob das Land sich damit Einfluss erkaufen wolle. Die Organisation mit Sitz in Lyon lebt von den Beiträgen der 195 Mitgliedsstaaten. Die Emirate sind nach den USA der zweitgrößte Beitragszahler.


London kündigt härteres Vorgehen gegen Schleuser an

LONDON: Nach dem Tod von mindestens 27 Menschen beim Untergang eines Bootes mit Migranten im Ärmelkanal will Großbritannien härter gegen Schleuser vorgehen. Innen-Staatssekretär Kevin Foster sagte am Donnerstag der BBC, die Regierung sei entschlossen, das Geschäftsmodell der Menschenschmuggler zu zerstören. Dies sei nicht allein Aufgabe Frankreichs. Vielmehr sei ein gemeinsamer europäischer Ansatz nötig.

«Wir sind bereit, Unterstützung auf dem Boden zu bieten. Wir sind bereit, Ressourcen zu bieten. Wir sind bereit, Personal zu schicken und den französischen Behörden zu helfen», sagte Foster. Zuvor hatte Premierminister Boris Johnson gemeinsame Patrouillen an der französischen Küste gefordert.

Großbritannien hat Frankreich wiederholt vorgeworfen, zu wenig zu tun, um die Überfahrten zu verhindern. In diesem Jahr sind bereits etwa 26.000 Migranten aus Frankreich an der englischen Küste angekommen - drei Mal so viele wie im gesamten Vorjahr.


Tödliches Busunglück: Fahrzeug hatte keine Auslandszulassung

SKOPJE: Der Bus aus Nordmazedonien, der am Dienstag in der Nähe der bulgarischen Hauptstadt Sofia verunglückt ist, hatte keine Zulassung für Fahrten ins Ausland. Dies berichtete die Nachrichtenagentur MIA in der Nacht zum Donnerstag unter Berufung auf die Zollverwaltung in Skopje. Bei dem Unglück waren mindestens 45 Menschen gestorben. Nur 7 Reisende überlebten mit Verletzungen.

In früheren Behördenmitteilungen war von 46 Todesopfern die Rede gewesen. Zuletzt hieß es in Sofia, dass die genaue Zahl der Toten noch nicht abschließend geklärt sei.

Die Ursache des Unfalls ist weiterhin Gegenstand von Ermittlungen. Der Reisebus hatte sich auf dem Weg von Istanbul nach Skopje befunden. Auf einer Autobahn nahe Sofia hatte er eine Leitplanke gerammt und sich dann überschlagen. Das Fahrzeug des in Skopje ansässigen Reisebüros brannte völlig aus. Das nordmazedonische Verkehrsministerium entzog dem Unternehmen die Betriebsgenehmigung, hieß es weiter.


Ärzte entfernen Biden «gutartig erscheinenden» Darmpolypen

WASHINGTON: US-Präsident Joe Biden ist nach Angaben seines Arztes ein «gutartig erscheinender» Polyp aus dem Dickdarm entfernt worden. Das röhrenförmige Adenom sei rund drei Millimeter groß gewesen, schrieb Arzt Kevin O'Connor in einem am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlichten Brief. Ein Adenom sei eine langsam wachsende Geschwulst, gelte jedoch als mögliche Vorstufe einer Krebserkrankung. Derzeit seien keine weiteren Maßnahmen nötig.

Das Gewebe solle nach der Entfernung am vergangenen Freitag nun untersucht werden, hieß es in dem auf Dienstag datierten Schreiben weiter. O'Connor empfahl eine routinemäßige Beobachtung und eine erneute Darmspiegelung in sieben bis zehn Jahren. Biden hatte sich einen Tag vor seinem 79. Geburtstag im Militärkrankenhaus Walter Reed bei Washington unter Vollnarkose einer Darmspiegelung unterzogen.

Für die Dauer der Prozedur gab der Präsident seine Amtsgeschäfte kurzzeitig an seine Vize Kamala Harris ab. Damit stand erstmals in der Geschichte der Vereinigten Staaten eine Frau an der Staatsspitze, für rund anderthalb Stunden. Für US-Präsidenten ist es Routine, sich mindestens einmal im Jahr im Krankenhaus Walter Reed untersuchen zu lassen.


EU-Nutzfahrzeugmärkte weiter im Rückwärtsgang

BRÜSSEL: Die Nutzfahrzeugmärkte in der EU haben im Oktober weiter geschwächelt. So wurden 144.409 Lkw, Busse und Transporter neu zugelassen und damit 16,4 Prozent weniger Fahrzeuge als im Vorjahresmonat, wie der europäische Herstellerverband Acea am Donnerstag in Brüssel mitteilte. Bereits seit Juli gehen die Neuanmeldungen gegenüber dem Vorjahr zurück. Weil im coronabelasteten 2020 aber nahezu der gesamte Markt für Wochen und Monate zusammengebrochen war, steht nach den ersten zehn Monaten 2021 noch ein Plus von 14,7 Prozent auf 1,58 Millionen Fahrzeuge zu Buche.

Im Oktober ging es in allen der vier größten Nutzfahrzeugmärkte abwärts. Deutschland verzeichnete einen Rückgang der Neuzulassungen um knapp ein Viertel. Während es in Frankreich und Italien nur wenig besser aussah als hierzulande, fiel der spanische Markt mit einem Minus von fast einem Drittel noch stärker zurück.


Mindestens sechs Tote bei Anschlag in Mogadischu

MOGADISCHU: Bei einem Sprengstoffanschlag in Mogadischu, der Haupstadt des ostafrikanischen Krisenstaats Somalia, sind am Donnerstag mindestens sechs Menschen getötet worden. Unter den Toten ist nach Angaben der Polizei auch der Attentäter selbst. Zudem wurden viele Menschen verletzt, einige davon schwer. Ziel des Anschlags war ein Militärkonvoi einer Friedensmission der Afrikanischen Union (AU). Die Autobombe brachte nach Augenzeugenberichten auch ein Schulgebäude in der Nachbarschaft zum Einsturz.

Die islamistische Terrorgruppe Al-Shabaab reklamierte über ihr Sprachrohr Radio Andalus die Tat für sich. In dem Land am Horn von Afrika kämpft sie seit Jahren um die Vorherrschaft, kontrolliert weite Teile des Südens und des Zentrums und verübt immer wieder Anschläge auf Sicherheitskräfte und Zivilisten. «Es war schlimm zu beobachten, wie unser Schulgebäude einstürzte», sagte der Lehrer Ahmed Ali der Deutschen Presse-Agentur. «Viele unserer Schüler sind verletzt. Andere stehen unter Schock.»


Jenoptik findet Käufer für Militärtechnikgeschäft

JENA: Jenoptik trennt sich von seiner Militärtechniksparte Vincorion. Der Bereich soll an einen Fonds des britischen Finanzinvestors Star Capital Partnership gehen, teilte das Unternehmen am Donnerstag in Jena mit. Den Unternehmenswert bezifferte Jenoptik auf rund 130 Millionen Euro. Über weitere Details sei Stillschweigen vereinbart worden. Der Abschluss wird für die zweite Jahreshälfte 2022 erwartet.

Jenoptik hatte die Sparte, die mechatronische Produkte insbesondere für den Sicherheits- und Verteidigungsbereich, die Luftfahrt sowie die Bahn- und Transportindustrie herstellt, bereits einmal verkaufen wollen, um sich stärker auf seine photonischen Geschäftsbereiche konzentrieren zu können. Doch der Prozess wurde Anfang vergangenen Jahres gestoppt, nachdem die Angebote nicht den finanziellen Vorstellungen entsprachen.


Macron und Johnson beraten nach Bootsdrama auf Ärmelkanal

CALAIS: Nach dem Untergang eines Migrantenbootes im Ärmelkanal mit mindestens 27 Todesopfern haben Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Boris Johnson über Schritte zur Verhinderung weiterer solcher Dramen beraten. Beide hätten sich auf verstärkte Anstrengungen verständigt, Schleuserbanden zu stoppen, die das Leben von Menschen in Gefahr bringen, teilte die britische Seite nach dem Telefonat am späten Mittwochabend mit. Zugleich betonten Macron und Johnson die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit mit Belgien, den Niederlanden und anderen Partnern auf dem Kontinent.

Macron äußerte nach Angaben des Elysée-Palastes in Paris die Erwartung, dass die Briten zu Zusammenarbeit bereit seien und das Flüchtlingsdrama nicht zu politischen Zwecken instrumentalisierten. Es müsse in einem Geist der Kooperation und unter Achtung der Menschenwürde gehandelt werden.


Zahl der Toten bei Untergang von Migrantenboot auf 27 korrigiert

CALAIS: Nach dem Untergang eines Bootes mit Migranten auf dem Weg nach Großbritannien hat das französische Innenministerium die Zahl der Todesopfer auf 27 korrigiert. Eine Ministeriumssprecherin in Paris verwies am Donnerstagmorgen darauf, dass dies erst eine vorläufige Bilanz sei. Am Abend hatte Innenminister Gérald Darmanin noch eine Zahl von 31 Toten genannt. Wie viele Menschen insgesamt mit dem havarierten Boot im Ärmelkanal unterwegs waren, lasse sich abschließend noch nichts sagen, so die Sprecherin.

Die maritime Präfektur sprach ebenfalls von 27 Toten sowie zwei Überlebenden, die an Land gebracht worden seien. Neben dem Einsatz um das gekenterte Boot hätten Helfer sich im Laufe des Mittwochs um zahlreiche weitere Migranten gekümmert, die mit kleinen Booten ebenfalls in Seenot geraten waren. Mehr als 100 Gerettete seien in die französischen Häfen Boulogne-sur-Mer, Dunkerque und Calais gebracht worden.


USA freuen sich auf Kooperation mit neuer Bundesregierung

WASHINGTON: Nach der Einigung von SPD, Grünen und FDP auf einen Koalitionsvertrag sehen die USA der künftigen Kooperation mit der neuen Bundesregierung positiv entgegen. «Wir freuen uns darauf, mit der neuen deutschen Regierung an unseren Zielen zu arbeiten, die transatlantische Partnerschaft neu zu beleben, die Zusammenarbeit mit unseren Nato-Verbündeten zu verstärken und die Ambitionen in unseren Beziehungen zur EU zu steigern», sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums am Mittwochabend. «Wir gehen davon aus, dass die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland auch in Zukunft unglaublich eng und erfolgreich sein werden.»

Zwei Monate nach der Bundestagswahl hatten SPD, Grüne und FDP ihre Koalitionsverhandlungen am Mittwoch abgeschlossen und damit den Grundstein für die erste Ampel-Bundesregierung gelegt. Der Sprecher des US-Außenministeriums sagte weiter, Deutschland sei einer der zuverlässigsten Verbündeten der Vereinigten Staaten. «Unsere Beziehungen beruhen auf gemeinsamen Werten wie Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit.»

Im Koalitionsvertrag heißt es unter dem Punkt «Bilaterale und regionale Beziehungen»: «Die transatlantische Partnerschaft und die Freundschaft mit den USA sind ein zentraler Pfeiler unseres internationalen Handelns. Wir treten für eine Erneuerung und Dynamisierung der transatlantischen Beziehungen mit den USA und Kanada ein, die wir europäisch ausgestalten wollen.»


London verbietet Werbung für Schönheits-OPs in Jugendmedien

LONDON: Großbritannien will den Anreiz zu Schönheitsoperationen für Minderjährige senken und verbietet entsprechende Werbung in Jugendmedien. Von Mai 2022 an dürfen keine Anzeigen etwa für Brustvergrößerungen oder -verkleinerungen, Bauch- und Augenlidstraffung oder Nasenkorrekturen mehr in Zeitschriften und TV-Programmen geschaltet werden, die sich an unter 18-Jährige richten oder von dieser Altersgruppe verstärkt konsumiert werden. Das Verbot gilt auch für Behandlungen zur Hautverjüngung, Laser- oder Lichtbehandlungen sowie Produkte zur Zahnaufhellung, wie der Werberat Committee of Advertising Practice (CAP) am Donnerstag mitteilte.

Es gebe immer mehr Beweise, dass Kinder und Jugendliche anfällig seien für Druck, mit ihrem Körper einem Ideal zu entsprechen, hieß es vom CAP. In der Altersgruppe herrschten negative Körperwahrnehmungen. Das wirke sich auf Selbstwertgefühl, Wohlbefinden und psychische Gesundheit der Teenager aus. Die Risiken kosmetischer Eingriffe und deren Attraktivität für junge Menschen, die mit ihrem Körperbewusstsein kämpften, machten hohe Hürden für Werbung unerlässlich, sagte CAP-Chef Shahriar Coupal.


Slowakei entschuldigt sich für Zwangssterilisierungen von Roma-Frauen

BRATISLAVA: Die slowakische Regierung hat sich offiziell für Zwangssterilisierungen von Roma-Frauen entschuldigt. In einer am Mittwoch beschlossenen Erklärung verurteilte die populistisch-konservativ-liberale Vierparteien-Koalition die jahrelange Verletzung von Menschenrechten und entschuldigte sich bei den Betroffenen, wie die staatliche Nachrichtenagentur TASR berichtete. Die Roma-Beauftragte der slowakischen Regierung wies auf ihrer offiziellen Homepage darauf hin, dass sich die Zahl der Geschädigten nur schätzen ließe. Es seien aber auf jeden Fall mehrere Tausend Frauen zu Opfern geworden, erklärte sie.

Nach Regierungsangaben wurden in den Jahren 1966 bis 1989 Zwangssterilisierungen mit dem Ziel durchgeführt, den Kinderreichtum der Roma-Minderheit zu beschränken. Aber auch nach dem Sturz des kommunistischen Regimes seien in den Jahren 1990 bis 2004 vor allem Roma-Frauen in Kliniken widerrechtlich unter Druck gesetzt worden, nach dem Gebären von Kindern einer anschließenden Sterilisierung zuzustimmen.

Menschenrechtsorganisationen und der Europarat hatten seit Jahren gefordert, die Slowakei solle diese jahrelangen systematischen Menschenrechtsverletzungen eingestehen und die Opfer entschädigen. Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, begrüßte am Mittwochabend die Entschuldigung auf Twitter als ersten wichtigen Schritt. Nun sollte aber auch rasch ein Mechanismus für Entschädigungen installiert werden.


Orange-Chef gibt Amt nach Veruntreuungs-Urteil auf

PARIS: Der Chef des französischen Telekomunternehmens Orange, Stéphane Richard, hat sein Amt nach einer Verurteilung wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder aufgegeben. Richard (60) scheide nach der Regelung einer Nachfolge spätestens zum 31. Januar 2022 aus, teilte Orange am Mittwochabend in Paris mit. In der Affäre um den Verkauf von Adidas-Anteilen durch den kürzlich gestorbenen Ex-Eigner Bernard Tapie hatte ein Gericht in Paris Richard am Mittwoch zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt.

Wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder muss der einstige Leiter des engsten Mitarbeiterstabes der damaligen Wirtschaftsministerin Christine Lagarde außerdem 50.000 Euro Strafgeld zahlen, urteilte das Gericht. Drei weitere Angeklagte, darunter Tapies langjähriger Anwalt, wurden zu Strafen zwischen zwei Jahren auf Bewährung und drei Jahren Haft sowie hohen Geldstrafen verurteilt.

In dem Pariser Berufsprozess ging es um eine komplizierte Affäre, die die französische Justiz seit Jahren beschäftigt. Tapie hatte sich beim Verkauf von Anteilen am deutschen Sportartikelhersteller Adidas Anfang der 1990er Jahre von der damaligen Staatsbank Crédit Lyonnais geprellt gesehen und geklagt. In einem Schiedsverfahren bekam Tapie 2008 mehr als 400 Millionen Euro Entschädigung zugesprochen. Der Schiedsspruch wurde aber später von einem Zivilgericht aufgehoben. Um Veruntreuung öffentlicher Mittel ging es, weil die Entschädigung letztlich aus der Staatskasse kam.

Tapie hatte Vorwürfe von Manipulationen im Zuge des Schiedsverfahrens mehrfach zurückgewiesen. Der frühere Minister und Chef des Fußballclubs Olympique Marseille war im Sommer 2019 in erster Instanz freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte dagegen Berufung eingelegt. Nach einer Krebserkrankung war Tapie Anfang Oktober im Alter von 78 Jahren gestorben. Sein Freispruch hat damit Bestand.

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Leserkommentare

Vom 10. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Uwe 25.11.21 19:20
Dank Mutti
Merkel wird es in 50 Jahren Deutschland nicht mehr geben.