Nehammer wird mit Spitzenergebnis ÖVP-Chef

Der Bundeskanzler Scholz empfängt den österreichischen Bundeskanzler Nehammer in Berlin. Foto: epa/Steffi Loos
Der Bundeskanzler Scholz empfängt den österreichischen Bundeskanzler Nehammer in Berlin. Foto: epa/Steffi Loos

GRAZ: Der österreichische Bundeskanzler Nehammer sitzt nun auch als Parteichef fest im Sattel. Er soll die ÖVP aus dem Umfragetief führen, mit Rückenwind von seinem Vorgänger Sebastian Kurz.

Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer hat sich nach den Skandalen in seiner Partei ÖVP bei einem Sonderparteitag mit einem Spitzenergebnis Rückendeckung für einen Neuanfang geholt. Die Delegierten wählten den 49-Jährigen am Samstag in Graz mit 100 Prozent der Stimmen zum Parteivorsitzenden. Die konservative ÖVP regiert seit Anfang 2020 in einem Bündnis mit den Grünen. Ihre Umfragewerte sind zwar stark gefallen, aber die Koalition gilt als stabil.

Ein 100-Prozent-Ergebnis hatten nur zwei von Nehammers Vorgängern je geschafft - und das vor mehr als 60 Jahren, als die Uhren der Parteipolitik noch anders tickten. Selbst Nehammers charismatischer Vorgänger Sebastian Kurz war 2021 «nur» auf 99,4 Prozent gekommen.

Nehammer nahm die Wahl «mit Stolz und Dankbarkeit» an. Er war im vergangenen Jahr aus dem Amt des Innenministers an die Spitze katapultiert worden, nachdem der 35-jährige Kurz unter großem Druck erst als Bundeskanzler zurückgetreten und dann ganz aus der Politik ausgeschieden war. Gegen ihn wird unter anderem wegen Falschaussage vor einem Parlamentsausschuss ermittelt. Die ÖVP muss sich zudem mit Korruptionsvorwürfen auseinandersetzen.

Kurz war selbst beim Parteitag, ohne eine Rede zu halten. Bei einem Gespräch auf der Bühne bezeichnete er Nehammer als einen, «der 100 Prozent gibt in jeder Aufgabe». Ratschläge erteile er aber nicht. Er arbeitet heute für den US-Investor und Milliardär Peter Thiel, der dem amerikanischen Ex-Präsidenten Donald Trump nahesteht.

Nehammer war zuletzt wegen seines überraschenden Besuchs beim russischen Präsidenten Wladimir Putin in den Schlagzeilen. Das Treffen verlief ohne konkretes Ergebnis. Er verteidigte die Reise auf dem Parteitag: Besser man tue etwas, als nichts zu tun und nur zuzuschauen. Er war ebenfalls in die ukrainische Hauptstadt Kiew gereist und hatte den Vorort Butscha besucht, der Schauplatz von Gräueltaten war, die den russischen Truppen zugeschrieben werden.

Nehammer betonte, dass Österreich zwar neutral sei, aber trotzdem eine Meinung habe. Wenn es Kriegsverbrechen gebe, werde die Regierung dies auch beim Namen nennen. Zur jüngsten Kritik an der Partei im Zuge der Korruptionsermittlungen sagte Nehammer: «Wir lassen uns nicht einschüchtern». Je größer der Druck sei, desto mehr kämpfe die Partei und setze sich für die Menschen ein.

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