Neue Trenddisziplin Blasrohrschießen

Pusten und Schießen

Rainer Laube, zweiter Vorsitzender des Blumenthaler Schützenvereins, und Diana Steinhauer, Blasrohr-Referentin, schießen mit einem Blasrohr auf eine Scheibe. Foto: Philip Dulian/dpa
Rainer Laube, zweiter Vorsitzender des Blumenthaler Schützenvereins, und Diana Steinhauer, Blasrohr-Referentin, schießen mit einem Blasrohr auf eine Scheibe. Foto: Philip Dulian/dpa

BREMEN: «Anlegen, durch die Nase Luft holen - und pusten!» Der sechsjährige Paul Voß hat ein mit einem Pfeil versehenes Blasrohr vor dem Mund. Er folgt der Aufforderung von Diana Steinhauer, daraufhin schießt der Pfeil durchs Rohr. Sekundenbruchteile später lässt dieser einen Ballon auf einer fünf Meter entfernten Scheibe zerplatzen. Vorsichtig steckt der Junge wieder einen Pfeil in die dafür vorgesehene Fassung am Mundstück. Er setzt das Rohr an und zielt geradeaus. Mit einem kräftigen Pusten landet das Geschoss wieder auf dem Brett.

Paul geht mit Diana Steinhauer, Blasrohr-Referentin des Blumenthaler Schützenvereins (BSV), an die Scheibe und begutachtet seine Volltreffer. Ruhig und konzentriert geht es auf dem Schießstand im Osterholz zu, nur die Schüsse der Luftpistolenschützen nebenan durchdringen die Stille.

«Die Disziplin Blasrohrschießen kann man schon als Trend verstehen», sagt der zweite Vorsitzende des BSV, Rainer Laube. Blasrohrschießen sei seit etwa fünf Jahren vor allem im Süden und Südwesten Deutschlands als Disziplin bei den Schützenvereinen vertreten. «Da sitzen die meisten Vereine und auch der Deutsche Schützenbund. Von dort aus entwickeln sich die Neuheiten, die den Sport betreffen. Dann schwappt es meistens auch in die anderen Regionen des Landes über», sagt Laube. So auch das Blasrohrschießen.

Paul, dessen Großvater bereits Schützenkönig beim Blumenthaler Schützenverein war, zieht die Pfeile aus der Scheibe und sichert sie in einem Schaumstoffkissen. Vater Rainer Voß ist begeistert von dem Training. «Natürlich ist es etwas anderes als das richtige Schießen. Aber es fördert die Konzentration bei den Kindern», sagt er. Zu üben, die richtige Haltung einzunehmen, sich zu fokussieren und die Atmung zu trainieren, sei ein guter Einstieg in den Schießsport, so Voß, der ebenfalls als Sportschütze aktiv ist.

Man habe keine Kenntnis über die genaue Anzahl an Vereinen, die Blasrohrschießen anbieten, teilte der Deutsche Schützenbund (DSB) mit. Aber die Berichte aus den Landesverbänden zeigten, dass die Angebote steigen. Die Disziplin erfreue sich großer und steigender Beliebtheit, und zwar in allen Altersgruppen, so der DSB.

Im Frühjahr 2022 wurde die Disziplin erstmals in die Sportordnung des Deutschen Schützenbundes aufgenommen. Seit vorigem Herbst bietet der Blumenthaler Schützenverein Blasrohrschießen an. Bereits kurz danach nahm der Verein mit drei Mitgliedern bei den Kreismeisterschaften teil. Dieses Jahr ging es auch zu den Landesmeisterschaften.

Beim Wettkampf werden die Pfeile aus einer Entfernung von sieben Metern durch ein bis zu 1,70 Meter langes Blasrohr auf eine Scheibe gepustet. Kinder wie Paul Voß dürfen aus fünf Metern schießen. In das Rohr wird kräftig hineingepustet, bis der Pfeil explosionsartig herausschießt. Visiere oder Zielhilfen am Rohr gibt es nicht und sie sind laut offiziellem Regelwerk des Deutschen Schützenbundes auch verboten. Im Wettbewerb wird auf eine Papierauflage mit aufgedruckter Ringwertung geschossen.

Es werden pro Durchgang sechs Pfeile in drei Minuten geschossen, ähnlich wie beim Bogenschießen. «Wenn zwei Pfeile auf einer Scheibe landen, wird nur der Schlechtere gewertet», erläutert Steinhauer. Wenn der Pfeil im Grenzbereich zwischen zwei Zahlen lande, entscheide immer der Mitstreiter, ob die nächsthöhere Ringzahl bereits erreicht sei, sagt sie. Bei strittigen Entscheidungen werde ein Schiedsrichter zurate gezogen.

Auch Tierärzte trainierten auf die gleiche Weise das Betäuben von Tieren aus der Distanz, sagt Steinhauer. Schon nach 30 Pfeilen sei man aber ganz schön aus der Puste und brauche ein Pause. Im Vergleich zu den anderen Schieß-Disziplinen sei Blasrohrschießen rein intuitiv, so BSV-Vorsitzender Rainer Laube. Man könne also mit wenig technischem Aufwand viel Spaß haben.

«Wie überall werden es auch bei uns immer weniger Mitglieder im Verein», sagt Laube. Mit der neuen Disziplin wolle man den traditionsreichen Schießsport wieder populärer machen.

«Das Gute am Blasrohrschießen ist, dass es keine Altersbeschränkung gibt», sagt er. «Ab einem Alter von schon sechs Jahren kann jeder am Training teilnehmen.»

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