Neue Studien zu Gewalt bei den Regensburger Domspatzen

Das Gymnasium der Regensburger Domspatzen. Zwei neue Studien sollen zur Aufarbeitung der Gewaltvorfälle bei den Domspatzen beitragen. Foto: Armin Weigel/Dpa
Das Gymnasium der Regensburger Domspatzen. Zwei neue Studien sollen zur Aufarbeitung der Gewaltvorfälle bei den Domspatzen beitragen. Foto: Armin Weigel/Dpa

REGENSBURG (dpa) - Mehr als 500 Chorknaben der Regensburger Domspatzen sind Opfer massiver Gewalt geworden. Das steht in einem vor zwei Jahren veröffentlichten Abschlussbericht zum Missbrauchskandal. Doch die Aufarbeitung geht auch heute noch weiter.

Zwei neue Studien sollen zur Aufarbeitung der Gewaltvorfälle bei den Regensburger Domspatzen beitragen. Vertreter der Universität Regensburg und der Kriminologischen Zentralstelle Wiesbaden stellen ihre Forschungsergebnisse am Montag (11.00 Uhr) vor. Die Arbeiten beleuchten nach Bistumsangaben das Thema aus historischer und sozialwissenschaftlicher Sicht. Sie decken den Zeitraum 1945 bis 1995 ab.

Zum Missbrauchsskandal in den Einrichtungen der Regensburger Domspatzen war im Jahr 2017 ein Abschlussbericht vorgelegt worden, demzufolge mindestens 547 Chorsänger Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt geworden sind. Der Bericht gab dem früheren Domkapellmeister Georg Ratzinger, dem Bruder des emeritierten Papstes Benedikt XVI., eine Mitschuld. Kritik gab es auch am früheren Regensburger Bischof und Kardinal Gerhard Ludwig Müller.

Vor allem in der Vorschule, aber auch im Gymnasium gab es dem Bericht nach zwischen 1945 und Anfang der 1990er Jahre Gewalt gegen Schüler. Die Fälle sind verjährt und somit strafrechtlich nicht mehr relevant. Von 49 Beschuldigten übten 45 körperliche und 9 sexuelle Gewalt aus. Die Dunkelziffer der Taten liegt Schätzungen zufolge höher.

Der mit der Aufklärung beauftragte Rechtsanwalt Ulrich Weber hatte damals von einer «Kultur des Schweigens» gesprochen. Der Schutz der Institution habe im Vordergrund gestanden. Dem damaligen Chorleiter Ratzinger seien «sein Wegschauen, fehlendes Einschreiten trotz Kenntnis vorzuwerfen». Kardinal Müller hatte als Regensburger Bischof bei Bekanntwerden des Skandals 2010 eine Aufarbeitung in die Wege geleitet. Diese Aufarbeitung sei aber mit vielen Schwächen behaftet gewesen, etwa weil man nicht den Dialog mit den Opfern gesucht habe, heißt es im Bericht. Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, forderte eine Entschuldigung von Müller.

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