China hat hochfliegende Pläne im All

​Neue Rakete, neues Raumschiff

PEKING: China hat den Mond, den Mars und den Bau einer Raumstation im Visier. Eine neue Generation von Raumschiffen und Raketen wird getestet. Die Astronautenkapsel soll sogar zehnmal wiederverwendet werden können.

Chinas leistungsstärkste Rakete vom neuen Typ «Langer Marsch 5B» hat einen Prototyp für die künftige Generation bemannter chinesischer Raumschiffe ins All gebracht. Die 53 Meter hohe Rakete hob am Dienstag erfolgreich vom Raumfahrtbahnhof Wenchang auf der südchinesischen Insel Hainan ab. Bei dem Flug wird das neue chinesische Raumschiff getestet, das sogar bis zu sechs Astronauten fassen kann. Der Start war ursprünglich im April geplant gewesen, hatte aber wegen technischer Probleme verschoben werden müssen.

Ein erfolgreicher Test von Rakete und Astronautenkapsel sind wichtige Voraussetzungen für das ehrgeizige Raumfahrtprogramm Chinas, das Flüge zum Mond, zum Mars und den Bau einer Raumstation plant. Die Rakete ist eine veränderte Version der «Langer Marsch 5», die nach zwei Fehlschlägen wegen Problemen mit den Triebwerken bei früheren Flügen schließlich im Dezember erfolgreich getestet worden war.

«Langer Marsch 5B» kann mehr als 20 Tonnen Gewicht in eine Erdumlaufbahn bringen. Damit zählt sie zu den tragfähigsten Raketen der Welt und wird mit der amerikanischen «Delta IV Heavy» oder «Falcon 9», der europäischen «Ariane 5» oder der russischen «Proton-M» verglichen. In dem 20,5 Meter langen und 5,2 Meter breiten Laderaum steckt das neue Raumschiff. Es soll in eine Umlaufbahn in 8000 Kilometer Höhe gehen und dann mit hoher Geschwindigkeit wieder zur Erde zurückkehren.

Der Flug wird Schlüsseltechnologien für den Wiedereinstieg in die Erdatmosphäre, das dafür nötige neue Hitzeschild und auch Fallschirme und Airbags testen, wie das Raumfahrtprogramm berichtete. Chinas bisherige «Shenzhou»-Raumschiffe benutzten Raketendüsen, um harte Landungen abzufedern, was aber als Belastung für die Astronauten gilt. Die Landung erwarten amerikanische Raumfahrtexperten schon am Mittwoch zwischen 7.00 und 8.00 MESZ nahe des Raumfahrtzentrums Jiuquan in der Inneren Mongolei.

Die 21 Tonnen schwere Kapsel ist 8,8 Meter lang und hat einen Durchmesser von fünf Metern. Wenn nur drei Astronauten mitfliegen, können noch 500 Kilogramm Fracht zugeladen werden. Vor dem Wiedereinstieg in die Atmosphäre wird das Versorgungsmodul abgetrennt. Die Rückkehrkapsel soll bis zu zehnmal wiederverwendet werden können. Dafür kann das Hitzeschild abgenommen werden. Es ist drei- bis viermal größer als bei den bisherigen Raumschiffen. Seit 2003 hat China sechs bemannte Raumflüge unternommen.

Die Rakete vom Typ «Langer Marsch 5B» soll auch bei der ersten chinesischen Mars-Mission zum Einsatz kommen. Der Start ist im Juli oder August geplant. Das Raumschiff soll im Februar den Mars erreichen. Nach einem Gedicht des antiken chinesischen Dichters Qu Yuan wird es «Tianwen 1» genannt - übersetzt etwa «Fragen an den Himmel». Geplant ist die Landung eines Rovers auf dem Mars.

Zum Ende dieses Jahres ist mit der Rakete auch ein weiterer unbemannter Flug zum Mond geplant. Erstmals in der Geschichte des chinesischen Raumfahrtprogramms soll «Chang'e 5» Gesteinsproben von dem Erdtrabanten zurückbringen.

Im nächsten Jahr soll die Rakete das Kernmodul sowie weitere Teile für den Bau der geplanten chinesischen Raumstation ins All bringen. Sollte die Internationale Raumstation (ISS) wie geplant 2024 ihren Dienst einstellen, wäre China dann die einzige Nation mit einem bemannten Außenposten im All. Es gibt aber auch Spekulationen, dass die ISS vielleicht länger in Betrieb bleibt.

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Thomas Sylten 17.05.20 16:36
Jetzt bin ich ja gespannt ob die USA außer markigen Sprüchen dem noch etwas entgegensetzen können - oder ob der Staffelstab des technischen Fortschritts nun endgültig nach China weiter gereicht wird..