Neue Erkenntnisse zu «Estonia»-Untergang - Estland will Untersuchung

Fotomontage: DER FARANG
Fotomontage: DER FARANG

STOCKHOLM/TALLINN: Dokumentarfilmer haben ein vier Meter großes Loch im Wrack der gesunkenen Ostsee-Fähre «Estonia» gefunden. Das berichteten mehrere skandinavische Medien am 26. Jahrestag des verheerenden Unglücks, das bis heute als die schwerste europäische Schiffskatastrophe nach dem Zweiten Weltkrieg gilt. Estland forderte, eine neue Untersuchung zu dem Untergang anzustellen.

Ebenfalls am Montag veröffentlichte die Streaming-Plattform Dplay eine entsprechende fünfteilige Dokumentationsserie mit dem Titel «Estonia - fyndet som ändrar allt» (Estonia - Der Fund, der alles verändert). Demnach haben die Filmer einen Tauchroboter zu dem Wrack heruntergeschickt - gemäß einem nach dem Unglück geschlossenen Abkommen zwischen mehreren Ländern ist das verboten, weil das Wrack den Status einer Grabstätte hat. Wie vom schwedischen «Aftonbladet» veröffentlichte Bilder zeigten, wurde bei der Aktion auf Steuerbordseite ein zuvor unbekanntes, vier Meter hohes und 1,20 Meter breites Loch im Schiffsrumpf entdeckt.

Die «Estonia» war in der Nacht zum 28. September 1994 mit 989 Menschen an Bord auf ihrem Weg von Tallinn nach Stockholm gesunken. In der Nacht war auf halber Strecke plötzlich Wasser in das Schiff eingedrungen - wie genau es dazu kam, darüber wird seit Jahren gestritten. 852 Menschen starben bei dem verheerenden Unglück, darunter mehr als 500 Schweden und fünf Deutsche. Nur von 94 Toten wurden die Leichen geborgen, mehr als 750 Opfer liegen bis heute mit dem Schiffswrack vor der Südküste Finnlands auf dem Grund der Ostsee.

Estland Regierungschef Jüri Ratas sprach angesichts der neuen Unterwasseraufnahmen von bedeutenden neuen Informationen, die zuvor nicht erörtert worden seien und eine klare Antwort erforderten. «Eine neue technische Untersuchung der neuen Umstände der «Estonia» muss durchgeführt werden», sagte er. Estland würde den Prozess als Flaggenstaat des Schiffes leiten. Sowohl Ratas als auch Außenminister Urmas Reinsalu betonten, dass bei einer Untersuchung der über der Fähre verhängte Grabfrieden beachtet werde. «Unser Wunsch ist es, dass die Wahrheit definitiv ans Licht kommt», sagte Ratas.

Eine gemeinsame Erklärung der Außenminister Estlands, Finnlands und Schwedens klang etwas zurückhaltender: Die neuen Informationen seien zur Kenntnis genommen worden und würden nun ausgewertet. Man verlasse sich aber auf den offiziellen Untersuchungsbericht aus dem Jahr 1997. Dem Bericht zufolge war das abgerissene Bugvisier die Ursache für den Untergang gewesen. Dennoch wird bis heute über die Unglücksursache spekuliert, Überlebende und Hinterbliebene fordern seit Jahren eine Wiederaufnahme der Untersuchungen.

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