Mehr als 1000 Festnahmen bei Nawalny-Protesten

Die Polizei verhaftet einen Mann während eines Protestes gegen die Inhaftierung des Oppositionsführers Alexej Nawalny in Chabarowsk, 6.100 Kilometer (3.800 Meilen) östlich von Moskau. Foto: Igor Volkov/dpa
Die Polizei verhaftet einen Mann während eines Protestes gegen die Inhaftierung des Oppositionsführers Alexej Nawalny in Chabarowsk, 6.100 Kilometer (3.800 Meilen) östlich von Moskau. Foto: Igor Volkov/dpa

Mehr als 1000 Festnahmen bei Nawalny-Protesten

MOSKAU: Bei Protesten für die Freilassung des Kremlkritikers Alexej Nawalny sind in Russland Angaben von Bürgerrechtlern zufolge mehr als 1000 Menschen festgenommen worden. Die meisten Festnahmen zählte die Organisation OWD bis zum Samstagnachmittag in der Hauptstadt Moskau (300) und in St. Petersburg (162). Reporter der Deutschen Presse-Agentur berichteten am zentralen Puschkin-Platz in Moskau von Uniformierten, die Demonstranten zu Gefangenentransportern trugen oder wegführten. Auch Nawalnys Ehefrau Julia sowie seine engste Mitarbeiterin, die Juristin Ljubow Sobol, wurden festgenommen.

Unter den Tausenden Protestierenden in Moskau waren viele junge Leute und Angehörige der Mittelschicht. Aktivisten und Journalisten beklagten eine Drosselung des Internets. In sozialen Netzwerken kursierten Videos von Sicherheitskräften, die Demonstranten mit Schlagstöcken attackierten.

Nawalnys Anhänger hatten für diesen Samstag in mehr als 90 russischen Städten zu Protesten aufgerufen. Sie fordern die Freilassung des Oppositionellen, der am Montag in einem umstrittenen Eilverfahren zu 30 Tagen Haft verurteilt worden war. Nawalny soll gegen Meldeauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben, während er sich in Deutschland von einem Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok erholte. Der 44-Jährige und sein Team sehen das Vorgehen der Justiz als politisch motiviert an.

«Putin ist ein Dieb», riefen die Demonstranten im ganzen Land. Sie bezogen sich damit offenbar auf ein viel beachtetes Video, das Nawalnys Team Anfang der Woche unter dem Titel «Ein Palast für Putin» veröffentlicht hatte: Der fast zwei Stunden lange Film soll beweisen, dass der Präsident sich aus Schmiergeldern ein «Zarenreich» am Schwarzen Meer bauen ließ. Der Kreml bezeichnet das als «Lüge».

Die russischen Behörden drohen mit hohen Strafen für die Teilnahme an den nicht genehmigten Kundgebungen am Samstag. In den vergangenen Tagen waren bereits zahlreiche Mitstreiter des Oppositionspolitikers festgenommen worden.


«Putin ist ein Dieb» - Zehntausende Russen fordern Nawalnys Freiheit

MOSKAU: Bei historischen Protesten erlebt Russland einen Aufstand gegen das System von Kremlchef Wladimir Putin. Dabei geht es nicht nur um die Inhaftierung des Oppositionellen und gegen Korruption im Machtapparat. Viele junge Menschen fordern ein freies Russland.

In einer beispiellosen Protestwelle haben Zehntausende Menschen in ganz Russland für die Freilassung des Kremlkritikers Alexej Nawalny und gegen Präsident Wladimir Putin demonstriert. «Freiheit für Nawalny!» und «Putin, uchodi!» - zu Deutsch: «Putin, hau ab!», skandierten die Menschen in Dutzenden Städten im flächenmäßig größten Land der Erde. Die Proteste vom äußersten Osten des Landes bis nach Kaliningrad an der Ostsee richteten sich gegen die politische Verfolgung Andersdenkender. In Moskau kam es zu Zusammenstößen der Polizei mit Demonstranten. Es gab Dutzende Verletzte.

Bürgerrechtler zählten bis Samstagabend landesweit mehr als 2600 Festnahmen. Das Portal Owd-Info gab die Zahl der Festnahmen allein in Moskau mit rund 800 an, in St. Petersburg waren es mehr als 300. Menschenrechtler listeten insgesamt rund 100 Städte auf, in denen Demonstranten in Polizeigewahrsam kamen. Am Abend wurden in Moskau auch mehrere Demonstranten festgenommen, die sich vor dem Gefängnis versammelt hatten, in dem Nawalny einsitzt.

Auch in Deutschland demonstrierten Menschen für die Freilassung Nawalnys. In Berlin zogen rund 2000 Menschen in einem Protestzug an der russischen Botschaft vorbei. In Düsseldorf demonstrierten auf dem Marktplatz 200 Menschen für Nawalny.

In Polizeigewahrsam kamen erstmals auch Nawalnys Ehefrau Julia und zum wiederholten Mal auch seine Mitarbeiterin Ljubow Sobol. «Putin wor» - «Putin ist ein Dieb!» - riefen die Menschen in Moskau und vielen anderen Städten. Es war der Satz des Tages, der die vielen Demonstranten im ganzen Land auch über die riesigen Distanzen miteinander verband. Dabei ging es nicht nur um dem Raub von demokratischen Freiheitsrechten, viele riefen: «Russland wird frei sein!».

Dass Putin als Dieb bezeichnet wird, hängt vor allem mit den Korruptionsvorwürfen gegen ihn und seinen Machtapparat zusammen. Nawalny deckt diese Machenschaften seit Jahren auf - und hat deshalb besonders viele Feinde in der russischen Führung.

Der Clou: In seinem jüngsten Enthüllungsvideo zeigt Nawalnys Team unter dem Titel «Ein Palast für Putin» erstmals überhaupt Bilder, Augenzeugenberichte und Dokumente zu Russlands größtem privaten Anwesen. Der Putin-Gegner hält es für erwiesen, dass das milliardenschwere «Zarenreich» mit eigener Eishockey-Arena, Hubschrauber-Landeplatz, Casino und Aquadisco dem Präsidenten gehört. Finanziert worden sein soll es aus Schmiergeldern, die der Kremlchef von seinen Freunden in Staatskonzernen und von Oligarchen erhält.

Der Kreml weist das als Unsinn zurück. Doch auch Tage nach der Veröffentlichung des Videos mit 70 Millionen Aufrufen bis Samstagnachmittag hat sich noch niemand zu dem Grundstück am Schwarzen Meer bekannt. Das dürfte die ohnehin laut Soziologen inzwischen verbreitete Proteststimmung in Russland noch einmal zusätzlich aufgeladen haben.

Allein in der Hauptstadt Moskau sprachen Unterstützer Nawalnys von 40.000 Teilnehmern. Die Polizei gab die Zahl deutlich niedriger an. Am Abend kam es teils zu schweren Zusammenstößen mit der berüchtigten Sonderpolizei OMON. Demonstranten durchbrachen Absperrungen mit Metallgittern und warfen mit Feuerwerkskörpern und Schneebällen. Die Uniformierten prügelten im Gegenzug mit Schlagstöcken auf die vorwiegend jungen Demonstranten ein.

Vorbeifahrende Autos hupten aus Solidarität für die Demonstranten. «Ich möchte nicht in einem Russland leben, wie wir es jetzt haben», sagte die 30-jährige Irina einem Reporter der Deutschen Presse-Agentur. «Wir haben keine Demokratie.» Unter den Teilnehmern am zentralen Puschkin-Platz waren viele Jugendliche - obwohl Behörden sie im Vorfeld besonders abzuschrecken versucht hatten. Hochschulen drohten etwa Studenten mit Rauswurf. In St. Petersburg nahmen Demonstranten den berühmten Newski-Prospekt ein.

Der Oppositionsführer war am Montag nach seiner Rückkehr aus Deutschland bei Moskau in einem umstrittenen Eilverfahren zu 30 Tagen Haft verurteilt worden war. Nawalny soll gegen Meldeauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben, während er sich in Deutschland von einem Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok erholte. Der 44-Jährige sieht das Vorgehen der Justiz als politisch motiviert an. Ihm drohen viele Jahre Gefängnis - sowie mehrere Gerichtsverfahren.

Aufgrund der Zeitverschiebung mehrere Stunden vor den Menschen in Moskau waren in anderen Städten bereits Tausende Demonstranten auf die Straßen gegangen - im fernöstlichen Jakutsk sogar bei eisigen Temperaturen von minus 56 Grad Celsius. Vielerorts blieb das befürchtete brutale Vorgehen von Sicherheitskräften aus. Wegen der Corona-Pandemie werden in Russland schon seit Monaten keine Kundgebungen mehr genehmigt. Menschenrechtler sehen das als Vorwand, um die Opposition zum Schweigen zu bringen.

Wie erfolgreich der Protestaufruf der Opposition letztendlich sein würde, war bis zuletzt nicht absehbar gewesen. Am Ende des Tages stand fest: Viele russische Städte hatten die größten ungenehmigten Proteste seit Jahren erlebt - darunter auch das sibirische Tomsk, wo Nawalny vor fünf Monaten vergiftet worden war. Die Staatsmacht habe zwei Fehler gemacht, kommentierte die Politologin Tatjana Stanowaja: «Die Vergiftung Nawalnys und seine Verhaftung.»

Nawalny sieht ein «Killerkommando» des Inlandsgeheimdienstes FSB unter dem Befehl Putins für den Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok im August verantwortlich. Der Präsident und der FSB weisen das zurück. Russland bestreitet gar, dass es überhaupt einen Anschlag gab. Mehrere Labore, darunter eines der Bundeswehr, haben die Nowitschok-Vergiftung bestätigt. Die EU hat deshalb Sanktionen gegen Russland verhängt.

Auch im Ausland versammelten sich Nawalny-Anhänger vielerorts zu Protestaktionen, unter anderem in Berlin, Finnlands Hauptstadt Helsinki und im polnischen Warschau. Die Freilassung Nawalnys hatten unter anderen auch die EU und Bundeskanzlerin Angela Merkel gefordert. Russland aber verbittet sich eine Einmischung in innere Angelegenheiten. Die Proteste sollen weitergehen.


Russische Oppositionelle fordern Sanktionen gegen Putins Vertraute

LONDON: Wegen des Vorgehens gegen den Kremlkritiker Alexej Nawalny haben prominente russische Oppositionspolitiker die EU zu Sanktionen gegen Oligarchen und Freunde von Kremlchef Wladimir Putin aufgefordert. «Jagt sie, verfolgt ihre Geldströme», sagte Garri Kasparow bei einer Online-Pressekonferenz am Samstagabend. «Hört auf, mit der Mafia zusammenzuspielen.» Die Mittel lägen bereit, die Vermögen von Putins milliardenschweren Freunden im Westen zu sperren.

Gemeinsam etwa mit dem früheren Oligarchen Michail Chodorkowski forderte der ehemalige Schach-Weltmeister Kasparow, das Sanktionsinstrument zu nutzen, das die EU im Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen im Dezember beschlossen hatte. Damit soll die politische Ahndung solcher Verbrechen deutlich erleichtert werden. Zudem sollen auch Einreiseverbote für Personen verhängt werden. Die EU-Außenminister treffen sich an diesem Montag.

«In Russland ist endgültig eine Diktatur errichtet worden», sagte Chodorkowski. «Der Hauptgrund, um an der Macht zu bleiben, ist ein unvorstellbarer Diebstahl und der Wunsch, der Verantwortung für die begangenen Verbrechen zu entgehen.» Gegen die Bevölkerung werde Gewalt eingesetzt. «Die Situation mit Nawalny zeigt diesen Wandel.»

Chodorkowski betonte, er stehe hinter Nawalny. Dieser sei ein politischer Gefangener wie er selbst einer war. «Solange er im Gefängnis ist, werde ich ihn unterstützen», sagte er. Kasparow betonte: «Wir können Nawalny jetzt nicht beschützen. Aber wir können dafür kämpfen, für das er kämpft: Ein freies Russland.»

Kasparow kritisierte die Rolle von Altkanzler Gerhard Schröder, der Posten bei Nord Stream 2 und dem staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft hält. Es müssten alle Aspekte der Zusammenarbeit Schröders mit Putin aufgedeckt werden. Allerdings sei der SPD-Politiker nur eine Person. «Die Schröderisiering ist ein Phänomen, das viele westliche Länder betrifft», sagte Kasparow. «Wir müssen mehr über Putins Helfer aufdecken.»

Mit Blick auf die landesweiten Proteste am Samstag für eine Freilassung Nawalnys sagte der Kremlkritiker Wladimir Kara-Mursa, vor allem junge Leute hätten keine Angst mehr vor Putin und seiner Führung. «Dies wird weitergehen», sagte er. «Die Menschen sind bereit, ihm eine Botschaft zu schicken, dass sie genug haben.»


Nawalnys Frau bei Protest in Moskau festgenommen

MOSKAU: Die Frau des inhaftierten Kremlkritikers Alexej Nawalny ist bei Protesten für dessen Freilassung in der russischen Hauptstadt Moskau kurzfristig festgenommen worden. Julia Nawalnaja postete am Samstagnachmittag auf Instagram ein Foto aus einem Gefangenentransporter. «Entschuldigt die schlechte Qualität», lautete die ironische Bildunterschrift. Das Licht im Polizeiwagen sei sehr schlecht. Wenige Stunden später wurde sie nach Medienberichten wieder freigelassen. Nawalnys Team veröffentlichte auch ein Foto von Nawalnys Mutter, die ebenfalls zur Demo gekommen war.

Nawalny drohen mehrere Strafverfahren und viele Jahre Gefängnis. In Haft sitzt der 44-jährige Oppositionspolitiker aktuell zunächst für 30 Tage, weil er gegen Meldeauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben soll - während er sich in Deutschland von einem Giftanschlag mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok erholte.

Die Wut der Demonstranten richtet sich auch gezielt gegen Wladimir Putin, dem Kritiker einen zunehmend autoritären Führungsstil und Korruption vorwerfen. Ein kürzlich veröffentlichtes Enthüllungsvideo von Nawalnys Team soll beweisen, dass der Präsident sich aus Schmiergeldern ein «Zarenreich» am Schwarzen Meer bauen ließ. Der Kreml bezeichnet die Vorwürfe in dem mehr als 68 Millionen Mal angeklickten Film als «Unsinn» und «Lüge».

Insgesamt hatten Nawalnys Anhänger landesweit in mehr als 90 Städten zu Protesten aufgerufen. Die Bürgerrechtsorganisation OWD zählte bis zum Nachmittag landesweit 863 Festnahmen. Die russischen Behörden drohen mit hohen Strafen für die Teilnahme an den nicht genehmigten Kundgebungen. In den vergangenen Tagen waren bereits zahlreiche Mitstreiter des Oppositionspolitikers festgenommen worden.


Festnahmen vor Nawalnys Gefängnis in Moskau

MOSKAU: Russische Sicherheitskräfte haben mehrere Demonstranten festgenommen, die sich vor dem Gefängnis versammelt haben, in dem Kremlkritiker Alexej Nawalny festgehalten wird. Das Team des Oppositionellen veröffentlichte am Samstagabend auf Telegram Videos, die zeigen, wie Vertreter der Sonderpolizei OMON in Moskau auf Demonstranten einprügeln und am Boden liegende Menschen treten. Umstehende Menschen riefen «Schande». Nach einem großen Protest am Nachmittag im Stadtzentrum mit Tausenden Teilnehmern waren Hunderte Menschen mehr als eine Stunde zum berüchtigten Untersuchungsgefängnis Nummer eins im Nordosten der Hauptstadt gelaufen.

Nawalny, der im August Opfer eines Giftanschlags geworden war, war am Montag in einem umstrittenen Eilverfahren zu 30 Tagen Haft verurteilt worden. Der 44-Jährige soll gegen Meldeauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben, während er sich in Deutschland von dem Attentat erholte. Nawalny und sein Team sehen das Vorgehen der Justiz als politisch motiviert an. Die Demonstranten forderten seine Freilassung.

Bei Protesten in rund 100 russischen Städten zählten Bürgerrechtler bis zum Abend insgesamt mehr als 2200 Festnahmen. Auch Nawalnys Ehefrau Julia wurde zwischenzeitlich in Moskau festgesetzt.


USA verurteilen hartes Vorgehen gegen Demonstranten in Russland

WASHINGTON: Die neue US-Regierung hat die «harschen Methoden» der russischen Sicherheitskräfte im Umgang mit Demonstranten und Journalisten verurteilt und die Freilassung aller Festgenommenen gefordert. Das Außenministerium erklärte am Samstag, die USA stünden Schulter an Schulter mit ihren Verbündeten und Partnern, um die Menschenrechte zu verteidigen - «sei es in Russland oder wo auch immer nötig». Das Ministerium forderte die «sofortige und bedingungslose Freilassung» des Kremlkritikers Alexej Nawalny.

Der neue US-Präsident Joe Biden hat Anthony Blinken als Außenminister nominiert. Dieser wurde aber noch nicht vom Senat bestätigt - ein Schritt, der schon am Montag folgen dürfte. Der Vorgängerregierung von Ex-Präsident Donald Trump war vorgeworfen worden, gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einen Kuschelkurs zu fahren.

In einer beispiellosen Protestwelle demonstrierten am Samstag Zehntausende Menschen in ganz Russland für die Freilassung Nawalnys und gegen Putin. Die Proteste vom äußersten Osten des Landes bis nach Kaliningrad an der Ostsee richteten sich auch gegen die politische Verfolgung Andersdenkender. In Moskau kam es zu Zusammenstößen der Polizei mit Demonstranten. Es gab Dutzende Verletzte. Bürgerrechtler zählten bis Samstagabend landesweit über 2600 Festnahmen.


Demonstrationen in Berlin und Düsseldorf für Freilassung Nawalnys

BERLIN: Rund 2000 Menschen haben in Berlin für die Freilassung des in Russland inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny demonstriert. Diese Zahl nannte ein Polizeisprecher am Samstagabend. Der Protestzug «Freiheit für Nawalny» zog an der russischen Botschaft vorbei und endete vor dem Brandenburger Tor. Der Ablauf sei «störungsfrei» gewesen, sagte der Sprecher.

Auch in Düsseldorf demonstrierten auf dem Marktplatz 200 Menschen für Nawalny. Nach Angaben der Polizei war die Kundgebung zunächst mit 100 Teilnehmern angemeldet worden. Die Demonstration verlaufe friedlich und störungsfrei, hieß es von der Polizei während des Verlaufs. Auch die Corona-Abstandsregeln würden eingehalten.

Der Oppositionsführer war am Montag nach seiner Rückkehr aus Deutschland bei Moskau in einem umstrittenen Eilverfahren zu 30 Tagen Haft verurteilt worden war. Nawalny soll gegen Meldeauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben, während er sich in Deutschland von einem Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok erholte. Der 44-Jährige sieht das Vorgehen der Justiz als politisch motiviert an. Ihm drohen viele Jahre Gefängnis - sowie mehrere Gerichtsverfahren.


EU-Außenbeauftragter kritisiert Vorgehen gegen Nawalny-Proteste

BRÜSSEL: Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat scharfe Kritik am Vorgehen der russischen Behörden gegen die Demonstrationen für die Freilassung des Kremlkritikers Alexej Nawalny geübt. Er bedauere die zahlreichen Festnahmen, den unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt und die Einschränkung von Internet- und Telefonverbindungen, teilte Borrell am Samstagnachmittag mit. Er sei besorgt und werde am Montag mit den Außenministern der EU-Staaten bei einem Treffen in Brüssel über die nächsten Schritte der EU beraten.

Bereits Mitte der Woche hatten Vertreter von Mitgliedstaaten neue EU-Sanktionen wegen der Inhaftierung Nawalnys als realistische Option bezeichnet. Eine Entscheidung wird es aber vermutlich erst geben, wenn Nawalny längerfristig in Haft gehalten werden sollte. Bei dem Außenministertreffen in Brüssel wird es demnach nur einen ersten Meinungsaustausch zum Thema geben.

Bei Protesten gegen die Inhaftierung Nawalnys wurden nach Angaben von Bürgerrechtlern am Samstag mehr als 1000 Menschen festgenommen. Reporter der Deutschen Presse-Agentur berichteten am zentralen Puschkin-Platz in Moskau von Uniformierten, die Demonstranten zu Gefangenentransportern trugen oder wegführten.

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