Klimawandel nun größte Bedrohung für Weltnaturerbe

​Naturschutzunion 

Ein Tauchteam macht sich zu einer Reinigungsaktion in die Nordsee auf. Foto: epa/Siese Veenstra
Ein Tauchteam macht sich zu einer Reinigungsaktion in die Nordsee auf. Foto: epa/Siese Veenstra

GLAND: Als Weltnaturerbe werden Regionen ausgezeichnet, die einzigartige Natur bieten. Regierungen müssen sie dann besonders schützen. Ein weltweites Problem wird dabei immer bedrohlicher.

Der Klimawandel ist zur größten Bedrohung der Weltnaturerbestätten weltweit geworden. Die globale Erwärmung ist bei einem Drittel der Gebiete eine «hohe oder sehr hohe Bedrohung», wie die Weltnaturschutzunion (IUCN) am Mittwoch berichtete. 2014 war das erst bei einem Viertel der Fall.

Auch das Weltnaturerbe Wattenmeer an der Nordsee gehört zu den betroffenen Regionen, mit einer «sehr hohen Bedrohung» durch den Klimawandel. Die Erwärmung und der steigende Meeresspiegel gefährden es als Brutstätte für Zugvögel. Die Aussichten für das Überleben des Wattenmeers in der absehbaren Zukunft schätzt die IUCN aber dennoch als «gut» ein - wenn die laufenden Erhaltungs- und Schutzmaßnahmen fortgesetzt werden.

Als Weltnaturerbe zeichnet die UN-Kulturorganisation Unesco Regionen mit einzigartiger und erhaltenswürdiger Natur aus. Die IUCN hat den Zustand des Weltnaturerbes nun nach 2014 und 2017 zum dritten Mal geprüft. Der Klimawandel beeinträchtige jetzt 83 der heute 252 Stätten. Vor drei Jahren waren es 62, vor sechs Jahren 35. Es gibt viele Bedrohungen neben dem Klimawandel, darunter Tourismus, Abholzung oder Straßenbau. Die IUCN beurteilt zudem die Überlebenschancen aller Stätten nach vier Kategorien: «gut«, «gut mit Bedenken», «erhebliche Bedenken» und «kritisch».

Alarm schlagen die Wissenschaftler beim größten Korallenriff der Welt, dem Great Barrier Reef vor der Ostküste Australiens. Es befindet sich bei den Überlebensaussichten neu in der höchsten Kategorie «kritisch». Die Erwärmung und Versauerung des Meeres führt dort zum Absterben der Korallen. Ebenso neu gelistet sind dort die zu Mexiko gehörenden Inseln im Golf von Kalifornien. Schon vor drei Jahren waren in dieser Kategorie auch der Everglades Nationalpark in Florida, der Nationalpark am Turkana-See in Kenia und der tropische Regenwald auf Sumatra in Indonesien.

«Der Bericht zeigt: Klima- und Artenschutz gehen Hand in Hand», meinte Florian Titze, Experte für Biodiversität bei der Umweltstiftung WWF. «Heizen wir weiter die Klimakrise an, zerstören wir nicht nur unsere Naturdenkmäler, sondern bedrohen die Artenvielfalt weltweit. Diese Verbindung müssen wir umdrehen: Wenn wir zum Beispiel unsere Wälder aufforsten und unsere Moore wieder vernässen, binden wir damit auch CO2.»

Eine Erfolgsgeschichte ist dagegen der Comoé-Nationalpark in der Elfenbeinküste. Mit einem besseren Management und internationaler Hilfe hat sich die Lage dort seit 2014 kontinuierlich verbessert. Der Nationalpark ist jetzt bei den Zukunftsaussichten aufgerückt in der Kategorie «gut, mit Bedenken». Verbessert haben sich auch der Landschaftspark Wulingyuan in China und der Giant's Causeway («Damm des Riesen»), ein fünf Kilometer langer Damm in Nordirland, wo tausende Basaltsäulen aus dem Wasser ragen.

Die Folgen der Corona-Pandemie machen sich auch beim Weltnaturerbe bemerkbar. Das Ausbleiben der Touristen hat zwar einigen Orten gut getan, aber insgesamt überwiegen die negativen Auswirkungen, wie die IUCN schreibt. Ohne Touristen bleibe etwa das Geld für Ranger in Nationalparks aus und illegale Aktivitäten blühten auf.

Die IUCN ist das weltweit größte Netzwerk staatlicher und nichtstaatlicher Umweltorganisationen. Sie hat nach eigenen Angaben mehr als 1400 Mitglieder, darunter etwa die Umweltstiftung WWF und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder
Thomas Sylten 03.12.20 19:52
@Mark
Ja - wirklich unberührte Gegenden lasse ich auch aus, schon wegen der fehlenden Infrastruktur. Leider werden die dann doch oft von illegalen Holzfällern, Goldsuchern o.ä. geplündert - weshalb ein gewisser (bewusster) Tourismus auch hier oft mehr Schutz garantiert als völliges Sich-selbst-überlassen. Leider ist das die Logik unseres auf Plünderung der natürlichen Ressourcen beruhenden Systems.
Thomas Sylten 03.12.20 12:52
Man muss es immer wieder betonen:
Richtig verstandenes Reisen kann - im Gegensatz zum stets zerstörerisch wirkenden Massentourismus - ein Segen für die bereisten Gebiete sein: Erst wenn der Erhalt der Natur wirtschaftlich lohnender ist als seine Zerstörung, kann sich der Erhalt durchsetzen.

D.h., erst wenn der Erhalt der Natur mehr stete Einnahmen durch nachhaltigen Tourismus generiert als das einmalige Bejagen oder Abholzen, können die Naturwunder gerettet werden -
denn die Einnahmen finanzieren unzählige Gehälter im Tourismusgewerbe, sowie die Ranger zum Schutz der Gebiete. Fällt der Tourismus z.B. coronabedingt aus, sind alle diese Menschen wieder aufs Wildern angewiesen, um ihre Familien weiter zu ernähren.

Mal ganz abgesehen vom Gewinn für die Touristen beim Blick über den heimischen Tellerrand zum Verständnis globaler Zusammenhänge.