Durchwachsenes Ende der Historienkrimi-Trilogie

​Natt och Dags «1795»  

Durchwachsenes Ende der Historienkrimi-Trilogie

BERLIN: Mit den Historienkrimis «1793» und «1794» begeisterte der bis dahin unbekannte schwedische Autor Niklas Natt och Dag Leser und Kritiker. Nun bringt er seine düstere Trilogie zu einem etwas diffusen Ende.

Die schöne Stadt Stockholm, gegen jedes Klischee, als Hort des Bösen am Ende des 18. Jahrhunderts: Mit diesem Coup in seinen historischen Kriminalromanen «1793» und «1794» hatte Niklas Natt och Dag seit 2017 Riesenerfolg bei Kritikern und Lesepublikum. Die Brutalität mancher Mord- und Folterszenen war abstoßend, aber logisch und daher literarisch nicht unangemessen für diese düstere Welt. Der aus altem schwedischen Adel stammende Autor (42) hatte dem Krimi-Genre damit etwas Neues, Reizvolles hinzugefügt.

Nun führt Natt och Dag seine Trilogie rund um die Ermittler Cecil/Emil Winge und Jean Michael Cardell mit «1795» zu Ende - und leider nicht zu einem neuen Höhepunkt. Denn die Fortsetzung der Handlungsfäden um zwei ungewöhnliche, gebrochene Helden, den Superbösewicht Tycho Ceton und das herzensgute Daueropfer Anna Stina Knapp, kann es weder bei der Spannung noch bei der handwerklichen Umsetzung mit den Vorgängerbänden aufnehmen.

Keine Frage, Natt och Dag ist ein begnadeter Fabulierer, und wie er die von perverser Mordlust und gemeinstem Machtstreben geprägte Atmosphäre im Stockholm des Jahres 1795 schildert, das ist erneut meisterhaft. Nur leider fehlen ihm diesmal mit der zähen Jagd auf Ceton die große Story und das zuvor so bemerkenswerte Geschick, all die Schicksale sinnvoll zusammenzubinden - manches, bis hin zum unbefriedigenden Ende, bleibt wirr. Wer die ersten Teile der Reihe nicht kennt oder daraus nicht mehr jedes Detail in Erinnerung hat, dürfte zudem - trotz Figurenregisters - oft den Überblick verlieren.

Niklas Natt och Dags gleichwohl insgesamt hochinteressante Trilogie wurde in mehr als 30 Sprachen übersetzt und millionenfach verkauft. Sie hat diverse Auszeichnungen eingeheimst, darunter für «1793» den «Schwedischen Krimipreis» (bestes Debüt). TV-Literaturexperte Denis Scheck sprach von der «Zukunft des Kriminalromans» und lobte «durch und durch herrliche Schmöker». Ein wenig hat man nun den Eindruck, als habe der Schwede mit «1795» eine Bürde abschütteln wollen, um sich neuen Stoffen, möglicherweise ja in der Gegenwart, zuzuwenden. Darauf darf man bei einem so guten Erzähler weiterhin gespannt sein.

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