Kriegsforscher: Assads Sturz beschädigt auch Putins Glaubwürdigkeit
WASHINGTON: Jahrelang wurde der syrische Machthaber Assad vom Kreml protegiert. Dass Moskau ihn nicht im Amt halten konnte, untergräbt nach Ansicht eines US-Instituts die strategischen Ziele Putins.
Der plötzliche Sturz des von Russland unterstützten syrischen Machthabers Baschar al-Assad erschüttert nach Ansicht des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) auch die Glaubwürdigkeit von Kremlchef Wladimir Putin bei dessen Verbündeten. Putin habe autoritäre Machthaber in verschiedenen Ländern vor Protesten gegen ihre Herrschaft geschützt, um sein Ziel einer multipolaren Weltordnung mithilfe ausländischer Partner zu befördern und die Vormachtstellung der USA zu untergraben, schreibt das Institut in einer aktuellen Lageeinschätzung.
«Russlands Unfähigkeit oder bewusster Verzicht darauf, Assads Regime trotz des schnellen Vorrückens der Oppositionskräfte im ganzen Land zu stärken, wird auch Russlands Glaubwürdigkeit als verlässlicher und effektiver Sicherheitspartner in der ganzen Welt beschädigen», heißt es in der Analyse. «Das wiederum wird negative Folgen für Putins Fähigkeit haben, weltweite Unterstützung für sein Wunschziel einer multipolaren Weltordnung zu sammeln.»
Assad selbst - dem Russland nach der Flucht aus Syrien laut Kreml-Darstellung «aus humanitären Gründen Asyl gewährt» haben will - möge zwar überlebt haben, kommentiert das ISW. Das eigentliche Ziel, Assads Machtverlust zu verhindern, habe Moskau aber nicht erreicht. Fraglich sei auch, inwiefern Russland seine strategisch wichtige Militärpräsenz in der Region nun aufrechterhalten könne. Die russische Einflussnahme zugunsten Assads seit 2015 dürfte es den Russen laut ISW massiv erschweren, einen guten Draht zu den erstarkten Oppositionskräften im Land zu knüpfen.
Rebellen verhängen Ausgangssperre in Damaskus
ISTANBUL: Die syrische Hauptstadt Damaskus wird nach dem Sturz von Machthaber al-Assad von islamistischen Rebellen kontrolliert. Ihr Ziel ist es, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten.
Nach dem Sturz von Syriens Machthaber Baschar al-Assad haben Rebellen in der Hauptstadt Damaskus eine Ausgangssperre verhängt. Sie beginne um 16.00 Uhr Ortszeit (14.00 Uhr MEZ) und ende am Montagmorgen um 5.00 Uhr (3.00 Uhr MEZ), hieß es in einer auf Telegram veröffentlichten Mitteilung der Rebellen.
Kämpfer der Islamisten-Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS) haben die Einnahme der syrischen Hauptstadt Damaskus gemeldet. Zuvor hatten verschiedene Rebellen-Gruppen in anderen Provinzen die Kontrolle übernommen. Vielerorts zogen sich die Regierungskräfte kampflos zurück. Der syrische Machthaber Baschar al-Assad floh nach Angaben des Verbündeten Russland ins Ausland.
UN-Sicherheitsrat berät über Syrien
NEW YORK: Der syrische Machthaber Baschar al-Assad ist von Rebellen gestürzt worden und nach Russland geflohen. Auf Antrag Moskaus soll nun der UN-Sicherheitsrat beraten.
Nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad will der UN-Sicherheitsrat auf Antrag Russlands heute hinter verschlossenen Türen über die Lage in Syrien beraten. Die Beratungen sollen am Abend deutscher Zeit stattfinden, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Diplomatenkreisen erfuhr.
Rebellen unter der Führung der islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatten in der Nacht zum Sonntag die Kontrolle über die syrische Hauptstadt Damaskus übernommen und damit das Ende der mehr als zwei Jahrzehnte andauernden Herrschaft Assads eingeläutet. Der entmachtete Präsident floh mit seiner Familie nach Russland, wo ihm die Regierung nach Kreml-Angaben aus humanitären Gründen Asyl gewährt hat.
Trotz Waffenruhe erneut Tote im Libanon
BEIRUT/ TEL AVIV: Trotz Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah kommt es erneut zu Luftschlägen im Libanon.
Bei einem israelischen Luftangriff im Südlibanon sind nach Behördenangaben zwei Menschen getötet worden. Die Opfer seien ein Mann und eine Frau gewesen, teilte das libanesische Gesundheitsministerium mit. Der Angriff habe sich in dem Ort Dibbin nahe der Grenze zu Israel ereignet.
Das israelische Militär gab an, Hisbollah-Mitglieder angegriffen zu haben, die in einem Waffenlager operiert hätten
Israel und die Hisbollah hatten sich erst Ende November auf eine Waffenruhe geeinigt. Die mühsam ausgehandelte Vereinbarung sieht unter anderem vor, dass sich die Hisbollah gemäß UN-Resolution 1701 hinter den Litani-Fluss etwa 30 Kilometer nördlich der israelisch-libanesischen Grenze zurückzieht. Die libanesische Armee soll die Einhaltung der Vereinbarung überwachen. Israels Bodentruppen sollen innerhalb von 60 Tagen schrittweise aus dem Libanon abziehen.
Hilfslieferungen für Gaza zeitweise unterbrochen
TEL AVIV/GAZA: Nach Aussagen von Hilfsorganisation kommen viel zu wenig Lebensmittel und andere Versorgungsgüter bei den Notleidenden im Gazastreifen an. Nun wird auch noch eine Versorgungsroute beschossen.
Der wichtigste Grenzposten für humanitäre Hilfslieferungen von Israel in den Gazastreifen musste nach Angaben der israelischen Armee zeitweise geschlossen werden, weil die Gegend unter Beschuss geraten sei. Der humanitäre Korridor in der Nähe des wichtigsten Übergangs Kerem Schalom im Süden des umkämpften Küstenstreifens sei unter Beschuss mit Mörsergranaten geraten, teilte die Armee weiter mit. Nachdem die Angreifer ausgeschaltet worden seien, habe der Übergang wieder geöffnet werden können.
Die Terrororganisation Palästinensischer Islamischer Dschihad teilte mit, ihre Kämpfer hätten Fahrzeuge und ein Lager israelischer Soldaten östlich von Rafah angegriffen.
Die Versorgungslage für die mehr als zwei Millionen Bewohner des Gazastreifens ist nach Angaben von Hilfsorganisationen katastrophal. Sie werfen Israel vor, nicht genügend Hilfslieferungen zu ermöglichen. Israel weist das zurück und kritisiert, dass die Hilfsorganisationen die Lieferungen nicht effektiv verteilen würden.
Fast 1.000 Tote seit Beginn der Rebellenoffensive
DAMASKUS: Innerhalb weniger Tagen haben Rebellen in Syrien die langjährige Herrschaft von Machthaber Baschar al-Assad beendet. Auf dem Weg dahin wurden Dutzende Zivilisten getötet.
Seit Beginn der Großoffensive der Rebellen in Syrien sind nach Angaben von Aktivisten 910 Menschen getötet worden. Darunter sein 138 Zivilisten, unter ihnen mehrere Kinder, meldet die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Unter den Toten seien auch 380 syrische Soldaten und verbündete Kämpfer sowie 392 Aufständische der Rebellenallianz.
Die Beobachtungsstelle mit Sitz in Großbritannien ist seit Jahren eine der führenden Quellen für Informationen aus dem Bürgerkriegsland. Sie stützt sich auf ein Netz von Informanten in Syrien.
Israels Armee sieht Syrien als weitere Front an
TEL AVIV: Die israelischen Streitkräfte sind bereits an mehreren Fronten im Einsatz. Jetzt kommt eine weitere hinzu.
Israel sieht sich nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad mit einer weiteren Front auf den Golanhöhen zu Syrien konfrontiert. «Seit gestern Abend sind wir an vier Fronten im Kampfeinsatz. Die Bodentruppen kämpfen an vier Fronten: gegen den Terrorismus in Judäa und Samaria, im Gazastreifen, im Libanon, und gestern Abend haben wir Truppen in syrisches Gebiet verlegt», sagte Generalstabschef Herzi Halevi vor Rekruten. Judäa und Samaria sind die israelischen Namen für das besetzte Westjordanland. Israel betonte jedoch, dass die Armee sich nicht in die internen Ereignisse in Syrien einmischen werde.
Zuvor hatte Israel angesichts der Übernahme der Kontrolle in Syrien durch Rebellen seine Streitkräfte in die Pufferzone auf den besetzten Golanhöhen verlegt. Es seien Truppen «in der Pufferzone und mehreren anderen für die Verteidigung notwendigen Orten» positioniert worden, darunter auch auf der syrischen Seite des Berges Hermon. «Wir werden es keiner feindlichen Kraft erlauben, sich an unserer Grenze zu positionieren», betonte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu. Gleichzeitig bekräftigte er, Israel sei an «guter Nachbarschaft» mit Syrien interessiert.
Palästinenserpräsident Abbas: Einheit Syriens bewahren
RAMALLAH: Die Beziehungen zwischen der Regierung des gestürzten syrischen Machthabers Assad und den Palästinensern waren eher frostig. Palästinenserpräsident Abbas betont nun Solidarität mit dem syrischen Volk.
Nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad hat sich Palästinenserpräsident Mahmud Abbas für die Wahrung der territorialen Einheit Syriens ausgesprochen. «Wir bekräftigen die Notwendigkeit, die Einheit, Souveränität und territoriale Integrität der Arabischen Republik Syrien zu respektieren», stand in einer Erklärung seines Büros in Ramallah im Westjordanland, die von der offiziellen Nachrichtenagentur Wafa verbreitet wurde. «Der Staat Palästina und sein Volk stehen an der Seite des brüderlichen syrischen Volkes», fügte Abbas hinzu.
Die Assad-Regierung war den palästinensischen Gruppierungen eher feindlich gesinnt, vor allem den Islamisten. Hunderte Palästinenser waren unter Assads Herrschaft in Syrien inhaftiert.
Abbas betonte, es sei nun wichtig, dass alle politischen Kräfte den Interessen des syrischen Volkes Vorrang einräumten, um die wichtige Rolle Syriens in der Region wiederherzustellen. Das komme auch den «Interessen des palästinensischen Volkes und seinem gerechten Streben nach Freiheit und Unabhängigkeit» zugute, erklärte der 89-Jährige.
UN-Chef sieht historische Chance nach Sturz von Assad
NEW YORK: UN-Chef Guterres spricht nach dem Umsturz in Syrien von einer historischen Chance für eine friedliche Zukunft. Er mahnt zum Verzicht von Gewalt.
UN-Generalsekretär António Guterres sieht nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad in Syrien Chancen für einen historischen Wandel in der Region. Nach 14 Jahren eines brutalen Krieges und dem Ende der Diktatur könnten die Menschen in Syrien die «historische Gelegenheit» für eine stabile und friedliche Zukunft ergreifen, sagte Guterres laut Mitteilung in New York.
Er mahnte dazu, in dieser kritischen Zeit Ruhe zu bewahren und Gewalt zu vermeiden und gleichzeitig «die Rechte aller Syrer, ohne Unterscheidung» zu schützen.
Oppositionelle aus berüchtigtem Gefängnis Saidnaja befreit
ISTANBUL: Zahlreiche Gegner des syrischen Machthabers al-Assad saßen in Saidnaja ein. Das Gefängnis war wegen der dort herrschenden Brutalität auch als «Schlachthaus» bekannt.
Im Zuge der Machtübernahme von islamistischen Rebellen in Syrien sind zahlreiche unter Machthaber Baschar al-Assad Inhaftierte freigelassen worden. Die Rebellen stürmten nach eigenen Angaben unter anderem das berüchtigte Militärgefängnis Saidnaja nördlich von Damaskus, in dem unter anderem politische Gefangene inhaftiert waren. Wegen des brutalen Vorgehens im Gefängnis erhielt es unter den Syrern den Spitznamen «Schlachthaus».
In einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International aus dem Jahr 2017 heißt es, seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs Tausende Menschen bei Massenhinrichtungen in Saidnaja getötet worden. Gefangene seien zudem gefoltert worden. Bei den Inhaftierten habe es sich vor allem um oppositionelle Zivilisten gehandelt.
Netanjahu spricht nach Assads Sturz von «historischem Tag»
TEL AVIV: Israels Ministerpräsident warnt vor einer Positionierung feindlicher syrischer Kräfte an der Grenze zu den Golanhöhen, bietet aber gleichzeitig seine Hand friedenswilligen Nachbarn an.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad in Syrien von einem «historischen Tag in der Geschichte des Nahen Ostens» gesprochen. Bei einem Besuch auf den besetzten Golanhöhen sagte Netanjahu: «Das Assad-Regime ist ein zentraler Teil der iranischen Achse des Bösen - dieses Regime ist gestürzt.» Netanjahu wurde bei dem Besuch von Verteidigungsminister Israel Katz begleitet.
Netanjahu sagte, Assads Sturz sei ein «direktes Ergebnis der Schläge, die wir dem Iran und der Hisbollah versetzt haben». Dies habe eine «Kettenreaktion» im Nahen Osten ausgelöst. Nun gebe es «wichtige Gelegenheiten» für Israel, es drohten aber auch Gefahren.
«Wir werden es keiner feindlichen Kraft erlauben, sich an unserer Grenze zu positionieren», sagte Netanjahu. Gleichzeitig betonte er, Israel sei an einer «guten Nachbarschaft» mit Syrien interessiert. Er erinnerte dabei an die Behandlung zahlreicher syrischer Kriegsverletzter in israelischen Krankenhäusern. Man biete all jenen die Hand an, die an Frieden mit Israel interessiert seien.
EU-Außenbeauftragte begrüßt «Ende von Assads Diktatur»
BRÜSSEL: Kaja Kallas äußert sich positiv über den Sturz von Syriens Machthaber al-Assad. In einem knappen Statement macht sie zudem ein Angebot.
Die neue EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hat den Sturz von Syriens Machthaber Baschar al-Assad begrüßt. «Das Ende von Assads Diktatur» sei eine positive Entwicklung, schrieb sie auf X. Es zeige auch die Schwäche von Russland und dem Iran, Assads Unterstützern. Es habe nun Priorität, Sicherheit in der Region zu gewährleisten. «Ich werde mit allen konstruktiven Partnern zusammenarbeiten», so Kallas.
Ähnlich äußerte sich der neue EU-Ratspräsident António Costa. Die Diktatur von Assad habe unermessliches Leid verursacht. «Mit ihrem Ende eröffnet sich eine neue Chance auf Freiheit und Frieden für das gesamte syrische Volk», so der Portugiese. Dies sei auch für die Stabilität in der Region von entscheidender Bedeutung. Die EU ist bereit, mit dem syrischen Volk für eine bessere Zukunft zusammenzuarbeiten.
Kämpfer der Islamisten-Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS) haben die Einnahme der syrischen Hauptstadt Damaskus gemeldet. Zuvor hatten verschiedene Rebellen-Gruppen in anderen Provinzen die Kontrolle übernommen. Vielerorts zogen sich die Regierungskräfte kampflos zurück. Assad floh nach russischen Angaben ins Ausland.
Syriens Außenministerium spricht von «neuem Kapitel»
DAMASKUS: Mit jeder Stunde scheint die syrische Regierung weiter zu bröckeln. Das Außenministerium schlägt überraschend feierliche Töne an - und verliert kein Wort zum geflohenen Staatschef Assad.
Ohne ein Wort zum geflohenen Machthaber Baschar al-Assad hat Syriens Außenministerium die Entwicklungen im Land kommentiert. «Heute wird ein neues Kapitel in der Geschichte Syriens geschrieben», teilte das Ministerium in sozialen Medien mit. In der Mitteilung war von einem «nationalen Eid» die Rede und einem «Pakt, der alle Syrer vereint». Syrische Botschaften im Ausland würden Landsleute weiterhin betreuen.
In der Mitteilung des Ministeriums gab es keinerlei Angaben zum Verbleib von Präsident Assad, der Syrien nach Angaben aus Russland verlassen hat. Auch das Außenministerium in Moskau machte keine Angaben zu Assads Aufenthaltsort.
London begrüßt Sturz des «barbarischen Regimes» von Assad
LONDON: In Syrien überschlägt sich die Lage. Dem britischen Premierminister liegt besonders eine Sache am Herzen.
Großbritannien hat den Sturz des «barbarischen Regimes» von Machthaber Baschar al-Assad in Syrien begrüßt. Nun müssten Frieden und Stabilität wiederhergestellt werden, sagte Premierminister Keir Starmer. Die Ereignisse in den vergangenen Tagen und Stunden seien beispiellos. Die UN-Vetomacht sei im Gespräch mit Partnern in der Region und beobachte die Situation genau.
«Das syrische Volk hat zu lange unter Assads barbarischem Regime gelitten, und wir begrüßen seinen Abgang», sagte Keir Starmer. «Wir rufen alle Seiten dazu auf, Zivilisten und Minderheiten zu schützen und sicherzustellen, dass die lebenswichtige Hilfe in den kommenden Stunden und Tagen die Schwächsten erreicht.»
Starmer wollte unterdessen zu einem Besuch in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten reisen. Im Mittelpunkt standen Handelsfragen, wie die britische Regierung vorab ankündigte. Es wurde aber erwartet, dass sich die Gespräche auch um die politische Lage im Nahen Osten drehen.
Moskau: Assad hat seinen Posten und das Land verlassen
MOSKAU: Der frühere syrische Machthaber Baschar al-Assad hat nach Angaben des russischen Außenministeriums seinen Posten und auch das Land verlassen.
Das Ministerium in Moskau machte aber keine Angaben zu Assads Aufenthaltsort. Russland sei auch in Kontakt mit den Gruppierungen in Syrien, seinen Militärstützpunkten drohe derzeit keine Gefahr, hieß es.
Nahost-Experte: Aufständische in Syrien zeigen bislang Reife
LONDON: Mit einer Blitzoffensive haben Rebellen den Machtwechsel in Syrien eingeläutet. Angeführt wird die Allianz von einer islamistischen Gruppierung. Wie es politisch weitergeht, wird sich zeigen.
Die Islamisten-Allianz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hat aus Sicht des Nahost-Experten Fawaz Gerges während ihrer Offensive in Syrien bislang «Reife» gezeigt. Der Machtwechsel in Damaskus sei ein Verlust und Rückschlag für den Iran und Russland, die Rivalen der USA, sagte Gerges, der als Professor für internationale Beziehungen an der London School of Economics tätig ist, dem Sender CNN. Andererseits sei es nicht im amerikanischen Interesse, dass Syrien in Zukunft von einer salafistisch-islamistischen Bewegung regiert werde.
Nach dem Machtwechsel seien unterschiedliche Szenarien in Syrien möglich, sagte Gerges. Einerseits könne es in dem Land sozialen, politischen, religiösen und ethnischen Aufruhr geben, ähnlich wie in Libyen und im Jemen. Andererseits gebe es in Syrien nach Jahrzehnten der autokratischen und brutalen Herrschaft auch eine Chance der «Heilung» so Gerges. Dies werde sehr lange dauern. Er habe Hoffnung, weil vor allem die islamistische Opposition bislang versucht habe, alle Gruppen im Land anzusprechen, und die Zerstörung von öffentlichen Einrichtungen bislang vermieden habe.
Am 27. November war der Bürgerkrieg in Syrien, der 2011 begonnen hatte, mit der Offensive der HTS plötzlich wieder aufgeflammt. Innerhalb kurzer Zeit übernahmen die Aufständischen die Kontrolle über viele Orte, darunter Aleppo und Hama, weitgehend kampflos. Am Sonntag drangen die Aufständischen in Damaskus ein und verkündeten die Befreiung der Stadt von Baschar al-Assad, der seit 2000 an der Macht war.
Syrische Armee: Assads Regierungszeit ist beendet
DAMASKUS: Die Regierungszeit von Machthaber Baschar al-Assad in Syrien ist der staatlichen Armee zufolge beendet.
Dies habe das Armee-Kommando den Regierungssoldaten mitgeteilt und diese damit außer Dienst gestellt, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus syrischen Militärkreisen.
Kurdenmilizen: «Historische Momente»
DAMASKUS: Was nach dem Vormarsch der Rebellen-Allianz auf Damaskus folgt, ist unklar. Die Kurdenmilizen im Nordosten sehen eine historische Chance für Syrien, das seit Jahren vom Krieg zerrüttet wird.
Die Kurdenmilizen in Syrien sehen nach der Flucht von Machthaber Baschar al-Assad die Chance für einen politischen Neuanfang. «Diese Veränderung bietet eine Gelegenheit, ein neues Syrien aufzubauen auf der Grundlage von Demokratie und Gerechtigkeit», erklärte der Kommandeur der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Maslum Abdi. Damit könnten «Rechte für alle Syrer garantiert» werden.
«In Syrien erleben wir historische Momente, während wir den Sturz des autoritären Regimes in Damaskus erleben», teilte Abdi mit.
Die SDF, die von Kurdenmilizen angeführt werden, kontrollierten zuletzt Gebiete im Nordosten Syriens, die etwa 30 Prozent des Landes ausmachten. Sie sind die stärkste bewaffnete Gruppe in den autonomen Kurdengebieten. Die SDF waren auch ein wichtiger Partner der US-Koalition zum Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).
Israels Oppositionsführer ruft zu regionalem Bündnis auf
TEL AVIV: Die Nahost-Region erlebt dramatische Umwälzungen. Der Sturz von Assad in Syrien ist ein neuer Höhepunkt in der Serie historischer Veränderungen. In Israel werden darin auch Chancen gesehen.
Nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad hat der israelische Oppositionsführer Jair Lapid zu einem neuen regionalen Bündnis aufgerufen. Dies solle neben Saudi-Arabien die arabischen Länder umschließen, die mit Israel die sogenannten Abraham-Verträge geschlossen hatten, forderte Lapid auf der Plattform X. Ziel sei es, «gemeinsam mit der regionalen Instabilität umzugehen».
Die Achse von Israels Erzfeind Iran sei erheblich geschwächt, «und Israel muss nach einem umfassenden diplomatischen Erfolg streben, der auch in Gaza und Judäa und Samaria (Westjordanland) helfen wird», schrieb Lapid.
Unter US-Vermittlung hatte Israel 2020 Abkommen mit Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) unterzeichnet. Auch Marokko und der Sudan waren näher an Israel herangerückt. Bemühungen um eine weitere Annäherung auch zwischen Israel und Saudi-Arabien waren nach dem Hamas-Terrorangriff am 7. Oktober 2023 und dem darauffolgenden Gaza-Krieg zunächst zum Erliegen gekommen.
Aufständische dringen in Präsidentenpalast in Damaskus ein
DAMASKUS: Am Einfahrtstor fallen Freudenschüsse: Kurz nach der Flucht von Syriens Präsidenten erreichen die Aufständischen seinen Palast. Widerstand gibt es keinen.
Nach ihrem schnellen Vormarsch in Syrien sind die Aufständischen in der Hauptstadt Damaskus in den Präsidentenpalast eingedrungen. Augenzeugen berichteten der Deutschen Presse-Agentur, die bewaffneten Kämpfer hätten das Palastgelände betreten und «Gott ist groß» gerufen.
In sozialen Medien war auf einem Video zu sehen, wie einige bewaffnete Männer an einem Einfahrtstor in die Luft schießen, an dem mutmaßlich das Palastgelände beginnt. Der Nachrichtensender Al-Arabija zeigte Aufnahmen der Rebellen, die Palasträume und Gärten erkunden und Fotos machen.
Syriens Präsident und Machthaber Baschar al-Assad war kurz zuvor aus Damaskus geflohen. Die Aufständischen betraten das Gelände zum Palast, der westlich der Hauptstadt liegt, offenbar ohne Widerstand. Von dort gab es Berichte, die Regierungsmitarbeiter und Sicherheitskräfte hätten das Gelände verlassen.
Israels Armee: Rakete aus dem Jemen abgefangen
TEL AVIV: Die Huthi-Rebellen im Jemen setzen ihre Angriffe auf Israel fort. Sie feuerten nach Medienberichten erneut eine ballistische Rakete ab. Das Geschoss erreichte jedoch nicht sein Ziel.
Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben erneut eine aus dem Jemen abgefeuerte Rakete abgefangen. Das Geschoss sei von der Luftwaffe gestoppt worden, bevor es israelisches Gebiet erreicht habe, teilte das Militär mit. Nach Medienberichten handelte es sich um eine ballistische Rakete.
Wie die libanesische Hisbollah ist die Huthi-Miliz im Jemen mit dem Iran verbündet. Sie hatte auch nach der Waffenruhe im Libanon ihre Angriffe auf Israel fortgesetzt. Die Miliz im Jemen agiert nach eigenen Angaben zur Unterstützung der Palästinenser im Gazastreifen, wo Israel seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 Krieg gegen die islamistische Organisation führt.
Syriens Ministerpräsident: Sind bereit zur Machtübergabe
DAMASKUS: Während Syriens Machthaber Assad eilig das Land verließ, blieb sein Ministerpräsident offenbar zurück. Dieser gibt sich nun kooperativ und will sogar mit der Opposition zusammenarbeiten.
Syriens Ministerpräsident Mohammed al-Dschalali ist nach der Flucht von Machthaber Baschar al-Assad eigener Darstellung zufolge im Land geblieben und will bei einem Machtwechsel kooperieren. «Wir sind bereit, (die Macht) an die gewählte Führung zu übergeben», sagte Al-Dschalali in einer Videobotschaft, die er laut eigener Aussage in seinem Zuhause aufzeichnete. Über diese Führung müsse das Volk entscheiden. «Wir sind bereit, sogar mit der Opposition zusammenzuarbeiten.»
Die Bürger rief er bei den laufenden Entwicklungen auf, zu kooperieren und kein öffentliches Eigentum zu beschädigen. Syrien könne ein «normaler Staat» sein mit freundschaftlichen Beziehungen mit seinen Nachbarn. Er selbst habe kein Interesse an irgendeinem politischen Amt oder anderen Privilegien. «Wir glauben, dass Syrien allen Syrern gehört.»
Dschalali war zuvor Minister für Kommunikation und erst seit wenigen Monaten Ministerpräsident in der Assad-Regierung. Unter anderem wurde er von der Europäischen Union mit Sanktionen belegt wegen seiner Beteiligung an der gewaltsamen Unterdrückung der Bevölkerung in Syrien.