Nachrichten zum Thema Seefahrt am Mittwoch

Die MS Estonia-Katastrophe vor 25 Jahren. Foto: epa/Li Samuelson
Die MS Estonia-Katastrophe vor 25 Jahren. Foto: epa/Li Samuelson

Berufung gegen Freispruch im «Estonia»-Prozess in Schweden eingelegt

GÖTEBORG: Nach dem Freispruch zweier Schweden im Prozess um aufsehenerregende Funde am Wrack der 1994 gesunkenen Ostsee-Fähre «Estonia» hat die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Im Gegensatz zum Bezirksgericht von Göteborg sei sie der Ansicht, dass das schwedische Estonia-Gesetz in dem Fall anwendbar sei - unabhängig davon, ob sich die beiden Angeklagten an Bord eines schwedischen oder deutschen Schiffes befunden haben. Das teilte Staatsanwältin Helene Gestrin am Mittwoch mit.

Die beiden Schweden waren am 8. Februar vom Vorwurf freigesprochen worden, gegen den über dem Wrack verhängten Grabfrieden verstoßen zu haben. Mit dem Einsatz eines Tauchroboters und dem Filmen des Wracks hätten sie zwar Handlungen ausgeführt, die nach dem sogenannten Estonia-Gesetz strafbar seien, hatte das Gericht geurteilt. Die Angeklagten könnten aber nicht verurteilt werden, weil sie dies von einem unter deutscher Flagge fahrenden Schiff aus in internationalen Gewässern getan hätten, hieß es.

Nach Einschätzung des Gerichts lässt sich das Vorgehen nicht nach dem schwedischen Gesetz bestrafen, weil Deutschland nicht an die zwischen Estland, Finnland und Schweden getroffene Grabfriedensvereinbarung gebunden ist. Das deutsche Schiff werde als deutsches Territorium betrachtet.

Der Dokumentarfilmer Henrik Evertsson und der Wrack-Experte Linus Andersson waren Teil eines Filmteams, das im September 2019 einen Tauchroboter zur «Estonia» herabgelassen hatte. Dabei hatten sie unter anderem ein mehrere Meter großes Loch im Schiffsrumpf entdeckt, wie sie später in einer Dokumentation enthüllten. Schweden hat nun gesetzliche Änderungen am Grabfrieden auf den Weg gebracht, damit Behörden die Funde genauer untersuchen können.

Der Untergang gilt als größte Schiffskatastrophe der europäischen Nachkriegszeit. Die «Estonia» war 1994 mit 989 Menschen an Bord auf dem Weg von Tallinn nach Stockholm in internationalen Gewässern vor der finnischen Südküste gesunken. 852 Menschen starben, nur 137 überlebten.

Weil viele der Toten nicht geborgen werden konnten, steht das Wrack als Ruhestätte unter Schutz und darf nicht aufgesucht werden - das legt der Grabfrieden fest. Warum die «Estonia» unterging, konnte bis heute nicht zweifelsfrei geklärt werden.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.