Nachrichten aus der Wirtschaft am Samstag

Collage: DER FARANG
Collage: DER FARANG

Gazprom drosselt Gaslieferungen nach Moldau - droht mit Stopp

MOSKAU: Russland hat die Gaslieferungen in die zwischen Rumänien und der Ukraine liegende ehemalige Sowjetrepublik Moldau gedrosselt und deren völlige Einstellung angedroht. Der russische Energiekonzern Gazprom machte für die Absenkung am Samstag auf seinem Telegram-Kanal die Ukraine verantwortlich, die sich weigere, «russisches Gas über die Verteilerstation «Sochranowka» zu leiten.» Nach Gazprom-Angaben liegt die tägliche Liefermenge nun bei 5,7 Millionen Kubikmeter. Die einen EU-Beitritt anstrebende Republik Moldau hat 8,06 Millionen Kubikmeter täglich geordert.

Neben dem Ausfall eines Leitungsstrangs in der Ukraine, der allerdings schon seit Monaten bekannt ist, beruft sich Gazprom in seiner Begründung für die Lieferdrosselung auf offene Gasschulden Chisinaus. Moldau sei ständig mit seinen Gaszahlungen im Rückstand. «Gleichzeitig ist durch das Verschulden der moldauischen Seite bis heute kein Abkommen über die Regulierung der Altschulden für das in den vergangenen Jahren gelieferte Gas geschlossen worden. Aus diesem Grund hat Gazprom das Recht, in jedem Moment den geltenden Vertrag zu kündigen», drohte das Unternehmen.

Nach Angaben von Gazprom belaufen sich die Gasschulden der ehemaligen Sowjetrepublik mit Strafen auf insgesamt 709 Millionen US-Dollar. Chisinau bestreitet die Höhe der Summe und besteht auf einer Überprüfung.


Regierungschefs wollen in Prag über Nord-Stream-Schäden beraten

BRÜSSEL: Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union wollen sich bei einem Gipfeltreffen in Prag mit der mutmaßlichen Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines beschäftigen. Die Sabotage sei eine Bedrohung für die EU, schrieb EU-Ratspräsident Charles Michel am Samstag nach einem Treffen mit der dänischen Premierministerin Mette Frederiksen auf Twitter. «Wir sind entschlossen, unsere kritische Sicherheitsstruktur zu schützen.» Die Staats- und Regierungschefs würden das auf dem bevorstehenden Gipfel diskutieren. Frederiksen schrieb auf Twitter, die Schäden an den Pipelines seien kein Zufall und müssten gründlich untersucht werden.

Europäische Staats- und Regierungschefs aus mehr als 40 Ländern wollen am Donnerstag in Prag zusammenkommen. Ein Treffen der 27 EU-Mitgliedstaaten ist für Freitag angesetzt.


Dänemark verschiebt wegen Energiekrise Abschaltung dreier Kraftwerke

KOPENHAGEN: Dänemark will angesichts der Energiekrise die endgültige Abschaltung dreier Kraftwerke bis in den Sommer 2024 verschieben. Dies sei eine Maßnahme, um die Energiesicherheit im Land in den kommenden beiden Wintern abzusichern, teilte das Klima- und Energieministerium in Kopenhagen am Samstag mit. Die Kraftwerke werden mit Gas, Öl und Kohle beziehungsweise Biomasse betrieben und sollen als Reserve zur Verfügung stehen, falls der ansonsten zur Verfügung stehende Strom im Winter nicht ausreicht.

Die Verschiebung soll nach Angaben des Ministeriums jedoch nicht Dänemarks Klimaziele verändern. Zwei der Kraftwerke wurden nach Angaben des Senders DR bereits vom Netz genommen, beim dritten sollte dies ursprünglich im nächsten Frühjahr passieren. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat jedoch in ganz Europa eine Energiekrise ausgelöst.


Junge Niederländer leiden in Krise - «Kann vor Kälte nicht schlafen»

DEN HAAG: Junge Menschen in den Niederlanden haben in einer Befragung des öffentlich-rechtlichen Senders NOS Einblicke in ihr Leben mit Energiekrise und hoher Inflation gegeben. Viele klagen nach der am Samstag veröffentlichten Befragung unter 2000 jungen Leuten, dass sie kaum noch warm duschen dürften, dass sie zunähmen, weil gesundes Essen zu teuer geworden sei und dass sie zweifelten, ob sie sich noch ein Studium oder eine eigene Wohnung leisten könnten. «Meine Eltern werden böse, wenn meine Schwester ein heißes Bad nimmt», hieß es in einer Antwort. «Meine Mutter ist sehr verängstigt und traurig, weil alles immer schlimmer wird», lautete eine andere Antwort.

Die Inflation in den Niederlanden stieg im September auf den Rekordwert von 17,1 Prozent, etliche Menschen können die Rechnungen für Strom und Gas schlicht nicht mehr bezahlen. Die 17-jährige Shanna erzählte, dass ihre Eltern deswegen in ein preiswerteres Haus in einer anderen Stadt gezogen seien. Ihre Freundinnen könne sie jetzt nicht mehr sehen und in ihrem neuen Zimmer sei es bitterkalt. «Manchmal kann ich vor Kälte nicht schlafen.» Yasira, eine junge Mutter, klagte über die hohen Preise für gesunde Ernährung. Selbst für einen Tagesausflug habe sie kein Geld mehr. Bei Justin (15) ist die Frage, ob die Eltern seine Mitgliedschaft im Fußballclub weiter bezahlen können.


Russland liefert kein Gas mehr nach Italien

ROM: Russland hat seine Gaslieferungen an Italien vorerst eingestellt. Der russische Konzern Gazprom habe mitgeteilt, dass er kein Gas mehr durch Österreich liefern könne, teilte der italienische Versorger Eni am Samstag mit. Das russische Gas kommt normalerweise an dem italienisch-österreichischen Grenzort Tarvisio in Italien an und wird von dort verteilt.

Gazprom teilte in seinem Kanal im Nachrichtendienst Telegram mit, der Grund für die Einstellung des Gastransports über das Gebiet von Österreich nach Italien sei eine «Ablehnung des österreichischen Betreibers, die Transportnominierungen zu bestätigen.» In Österreich habe es Ende September regulative Änderungen gegeben, weshalb es nun zu diesem Problem gekommen sei. Der Staatskonzern nannte keine Details, worum es dabei genau ging. «Gazprom arbeitet gemeinsam mit den italienischen Käufern an der Lösung des Problems», hieß es.

Österreich selbst erhielt weiterhin russisches Gas, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur von der Austrian Gas Grid Management AG, die die Gasflüsse in Österreich steuert. Die Transitmengen für Italien hätten schon in den letzten Tagen und Wochen abgenommen und seien jetzt auf null angekommen, hieß es.

Italien hatte bis zum Ausbruch des Krieges in der Ukraine rund 40 Prozent seines Gases aus Russland erhalten. Dann schlossen die Regierung in Rom und der teilstaatliche Konzern Eni mit etlichen anderen Ländern - etwa Algerien - Abkommen ab, um die Abhängigkeit von Moskau zu minimieren. In den vergangenen Monaten hieß es, Italien bekomme nur noch rund 25 Prozent seines Gases aus Russland. In den vergangenen Tagen waren die Liefermengen stark zurückgegangen.


Frankreich: Kohlekraftwerk an deutscher Grenze wieder in Betrieb

SAINT-AVOLD: Angesichts der Energie-Krise und des Ausfalls vieler Atomkraftwerke nimmt Frankreich an diesem Wochenende das Kohlekraftwerk in Saint-Avold bei Saarbrücken wieder in Betrieb. Zunächst befristet bis Ende 2023 soll das erst Ende März vom Netz gegangene Kraftwerk Emile-Huchet wieder Strom produzieren, hatte das Energieministerium in Paris beschlossen. Rund 70 entlassene Beschäftigte wurden mit Lohnaufschlägen zur Rückkehr an ihren alten Arbeitsplatz bewegt und das zuletzt nur wenig gewartete Kraftwerk in aller Eile mit Millionen-Aufwand wieder fit gemacht. Bis auf ein Reservekraftwerk ist das Werk in Lothringen das letzte in Frankreich.

Bereits in den Wochen vor seiner Schließung hatte das Kraftwerk auf Hochtouren russische Importkohle verfeuert, um den Strombedarf zu decken. Nun wurde Kohle vor allem aus Kolumbien, den USA und Südafrika herbeigeschafft, um das Kraftwerk anzufeuern. Frankreich droht in diesem Winter bei der Stromversorgung in die Klemme zu geraten, weil die Hälfte der 56 Atomkraftwerke wegen Wartungen und Inspektionen vom Netz sind. Die Regierung hat dem Stromkonzern EDF zwar Druck gemacht, möglichst alle Meiler bis zum Winter am Laufen zu haben. Ob das gelingt, ist offen.

Gegen den Neustart des Kraftwerks in Lothringen protestierten Umweltschützer bereits mehrfach, wie die Zeitung «Le Républicain Lorrain» berichtete. Im angrenzenden Saarland plant der Kraftwerksbetreiber Steag, die beiden Kohlekraftwerke Quierschied und Bexbach voraussichtlich Anfang November wieder in Betrieb zu nehmen. Ebenfalls soll das Steinkohlekraftwerk im saarländischen Völklingen-Fenne über die eigentlich geplante Stilllegung Ende Oktober hinaus weiter betrieben werden.

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Leserkommentare

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