Nachrichten aus der Wirtschaft am Samstag

Collage: DER FARANG
Collage: DER FARANG

Protest gegen geplantes LNG-Terminal in der Toskana

LIVORNO: Im italienischen Küstenort Piombino in der Toskana haben Hunderte Menschen gegen ein wegen des Krieges in der Ukraine geplantes Flüssiggas-Terminal demonstriert. «Piombino gehört uns, und das rührt man nicht an», riefen die Menschen am Samstag auf den Straßen der Kleinstadt, von der die Fähren auf die beliebte Insel Elba ablegen. «Die Positionierung der Gasverflüssigungsanlage im Hafen von Piombino ist eine falsche Wahl», hatte Bürgermeister Francesco Ferrari von der rechtsextremen Oppositionspartei Fratelli d'Italia in der vergangenen Woche gesagt.

Die von der Stahlindustrie geprägte Stadt beauftragte deshalb einen Anwalt, um dagegen vorzugehen. Gegner des Vorhabens sehen in dem Terminal ein unkalkulierbares Risiko für ihre Sicherheit, den Tourismus und die lokale Wirtschaft etwa mit Blick auf die Aquakulturen.

Die italienische Regierung will in Piombino für drei Jahre ein Schiff festmachen, an das Flüssiggas (LNG) angeliefert und dann in Gas umgewandelt werden kann. Der zuständige Gasnetzbetreiber Snam rechnet damit, dass die 330 Millionen Euro teure «Golar Tundra» 6,5 Prozent des landesweiten Gas-Bedarfs abdecken kann. Ende Oktober sollen laut Medienberichten die ersten Leitungen gelegt werden, um das schwimmende LNG-Terminal im Januar 2023 an das Gasnetz anzuschließen, damit es am März funktioniert.

Das Mittelmeerland braucht das Schiff, weil es wegen Moskaus Angriffskrieg in der Ukraine von russischem Gas unabhängig werden will. Die Alternativ-Lieferungen, die Italien mit anderen Staaten wie Katar bereits vereinbarte, sollen unter anderem an diesem Umschlagpunkt ankommen.


Prorussische Verwalter: hohe Getreideausfuhr aus besetzter Ukraine

SAPORISCHSCHJA: Die prorussische Verwaltung einer Region im Südosten der Ukraine führt nach eigenen Angaben in großem Umfang Getreide aus. «Mehr als 100 Waggons wurden bereits abgeschickt, ein weiterer Vertrag über 150.000 Tonnen wurde mit einem Getreidehändler abgeschlossen», teilte der Chef der russischen Militärverwaltung von Saporischschja, Jewgeni Balizki, am Samstag auf seinem Telegram-Kanal mit. Die Ukraine wirft Russland bereits seit Monaten Getreidediebstahl vor.

Balizki machte keine Angaben dazu, wohin das Getreide gebracht werden soll. Per Bahn kann das Getreide aber nur nach Russland oder auf die von Russland seit 2014 annektierte Halbinsel Krim gebracht werden. In einem vor Ort typischen Eisenbahnwaggon können ukrainischen Angaben zufolge rund 70 Tonnen Getreide transportiert werden. Laut Balizki ist neben dem Eisenbahntransport aber auch die Verschiffung über den Seeweg geplant. «Etwa 100.000 Tonnen werden über den Seehafen Berdjansk exportiert», kündigte er an.

Russland hatte nach Beginn des Einmarsches in die Ukraine im Februar schnell den südlichen Teil der Region Saporischschja mit dem dort befindlichen Hafen Berdjansk am Asowschen Meer erobert. Der Vormarsch nach Norden wurde allerdings gestoppt, so dass die Gebietshauptstadt Saporischschja selbst weiterhin unter der Kontrolle Kiews steht.

Die Ukraine war vor dem Krieg einer der größten Getreideexporteure der Welt. Nach Angaben aus Kiew stecken durch den russischen Angriff und die Seeblockade im Schwarzen Meer mehr als 20 Millionen Tonnen ukrainisches Getreide fest. Erst allmählich gelingt es der Ukraine, alternative Exportrouten zu etablieren. Weltweit haben sich durch die Unsicherheiten infolge des Kriegs viele Lebensmittel verteuert. Parallel dazu raubt Russland ukrainischen Angaben zufolge in den besetzten Gebieten Getreidevorräte. Moskau bestreitet dies. Bildern des US-Satellitenbetreibers Maxar zufolge haben russische Schiffe ukrainisches Getreide unter anderem nach Syrien verfrachtet.


Saudi-Arabien will Öl-Förderkapazität um eine Million Barrel steigern

DSCHIDDA: In Diskussionen um eine stärkere Ausweitung der weltweiten Ölproduktion will Saudi-Arabien seine mögliche Förderkapazität pro Tag um eine Million Barrel erhöhen. Die maximal mögliche Menge solle von derzeit 12 auf 13 Millionen Barrel erhöht werden, kündigte der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman während eines Besuchs von US-Präsident Joe Biden am Samstag in Dschidda an. Darüber hinaus habe das Königreich keine extra Kapazitäten mehr, um die Fördermenge noch weiter zu erhöhen, sagte er. Zusagen darüber, tatsächlich mehr Öl zu fördern, machte der Kronprinz aber nicht.

Biden und Kronprinz Mohammed nahmen in Dschidda an einem Gipfel des Golf-Kooperationsrats teil - zusammen mit den weiteren Öl-Schwergewichten Irak, Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Am Vorabend hatten die USA und Saudi-Arabien in einer gemeinsamen Erklärung bereits von der Verpflichtung Saudi-Arabiens gesprochen, auf einen «Ausgleich globaler Ölmärkte» hinzuwirken.

Die Erhöhung der Förderkapazität dürfte ein positives Signal an Biden sein. Dieser steht in den USA wenige Monate vor den wichtigen Kongresswahlen wegen stark gestiegener Benzinpreise unter Druck. Ein höheres Angebot würde mittelbar helfen, die Spritpreise zu dämpfen.

Über tatsächliche Ölfördermengen entscheidet die Öl-Allianz Opec+. Saudi-Arabiens Produktionsziel für August liegt der Gruppe zufolge bei etwas über 11 Millionen Barrel täglich. Dieses Niveau hat das Land allerdings nur einige wenige Monate in den Jahren 2018 und 2020 erreicht. Der saudische Staatskonzern Saudi Aramco kann nach eigenen Angaben täglich rund 12 Millionen Barrel Öl aus der Erde holen.


Gazprom bittet Siemens um Rückgabe der Nord-Stream-Turbine

MOSKAU: Der russische Energiekonzern Gazprom hat Siemens Energy darum gebeten, die Rückgabe der Turbine für die Erdgas-Pipeline Nord Stream 1 in die Wege zu leiten. «Am 15. Juli hat Gazprom sich offiziell mit der Bitte an Siemens gewandt, Dokumente bereitzustellen, die es unter Berücksichtigung der derzeitigen Sanktionsregeln in Kanada und der EU erlauben, die Gasturbine der für Nord Stream 1 essenziell wichtigen Kompressorstation «Portowaja» nach Russland auszuführen», teilte das Unternehmen am Samstag auf seinem Telegram-Kanal mit.

Zugleich rechne Gazprom fest damit, dass Siemens Energy seinen Vertrag zur Wartung und Reparatur der Gasturbinen erfülle. Davon hänge das weitere Funktionieren von Nord Stream 1 ab, warnte das Unternehmen.

Seit Juni hatte Gazprom die Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 in der Ostsee deutlich gedrosselt und dies mit der fehlenden Turbine von Siemens Energy begründet, die in Kanada gewartet wurde. Wegen der infolge des Ukraine-Kriegs erlassenen Sanktionen weigerte sich Kanada zunächst, die Turbine an Russland zurückzugeben - entschied sich dann aber doch dafür, das Aggregat stattdessen an Deutschland zu übergeben.

Seit Montag nun wird durch Nord Stream 1 wegen Wartungsarbeiten kein Gas mehr geliefert. Die Arbeiten sollen bis zum 21. Juli dauern. Mehrere westliche Politiker äußerten sich skeptisch, ob Gazprom anschließend wieder Gas liefern wird.


USA wollen Saudi-Arabien bei Verteidigung gegen Iran unterstützen

DSCHIDDA: Die USA wollen Saudi-Arabien angesichts einer wachsenden Bedrohung durch den Iran weiterhin bei der Selbstverteidigung unterstützen. Das Königreich solle befähigt werden, «sein Volk und Hoheitsgebiet gegen externe Bedrohungen» zu schützen, heißt es in einer gemeinsamen Abschlusserklärung. Diese veröffentlichten das Weiße Haus und das saudische Außenministerium nach dem Treffen von US-Präsident Joe Biden mit dem saudischen König Salman und Kronprinz Mohammed bin Salman am Freitagabend. Teherans «Eingriff in interne Angelegenheiten anderer Länder» und die «Unterstützung von Terrorismus durch bewaffnete Stellvertreter» müsse aufgehalten werden. Zudem dürfe der Iran nicht an Atomwaffen kommen.

Die USA streben wegen der Bedrohung durch den Iran weiterhin eine stärkere Vernetzung von Luftabwehrsystemen ihrer Partnerländer im Nahen Osten an. Ein hochrangiger US-Regierungsmitarbeiter sagte am Rande des Biden-Besuchs in Dschidda, der Iran baue seine Fähigkeiten im Bereich ballistischer Raketen, aber auch bei der Drohnentechnologie aus. Diese unbemannten Fluggeräte hätten mehr Reichweite und größere Leistung und bedrohten die Länder in der Golfregion. Daher gehe man davon aus, dass ein «stärker vernetztes integriertes Luftverteidigungssystem» der richtige Weg sei.

Der schiitische Iran ist ein Erzfeind des sunnitischen Königreichs Saudi-Arabien. Teheran hat seinen Einfluss im Nahen Osten ausgeweitet - im Irak, Syrien, dem Libanon und dem Jemen. Von dort aus greifen die vom Iran unterstützte Rebellen immer wieder Ziele im benachbarten Saudi-Arabien an. Vor fast drei Jahren wurden auch zwei wichtige saudische Ölanlagen angegriffen, darunter die größte Ölraffinerie des Königreiches. Die Huthi-Rebellen im Jemen beanspruchten die Attacke für sich. Riad machte den Iran direkt verantwortlich.

Saudi-Arabien zählt zu den größten Ölproduzenten weltweit. Durch den Angriff im September 2019 auf die Anlagen des Staatskonzerns Saudi Aramco wurde vorübergehend etwa die Hälfte der saudischen Ölproduktion lahmgelegt. Das entsprach rund fünf Prozent der weltweiten Ölförderung.

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