Nachrichten aus der Wirtschaft am Mittwoch

Ministerpräsident Dietmar Woidke aus Brandenburg . Foto: epa/Maja Hitij
Ministerpräsident Dietmar Woidke aus Brandenburg . Foto: epa/Maja Hitij

Russischer Ölkonzern baut Anteile an Brandenburger Raffinerie aus

MOSKAU/SCHWEDT: Dem russischen Energiekonzern Rosneft soll bald der Großteil der Erdölraffinerie PCK im brandenburgischen Schwedt gehören. Rosneft habe das Vorkaufsrecht auf den Erwerb von 37,5 Prozent der Anteile von Shell ausgeübt, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Damit werde Rosneft seinen Anteil an PCK von 54,17 Prozent auf 91,67 Prozent erhöhen. Der Kauf muss laut der Mitteilung noch von den Behörden genehmigt werden.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) wertete die stärkere Beteiligung als «gute Nachricht». «Das Bekenntnis des Unternehmens zum Standort Schwedt ist zugleich ein Vertrauensbeweis gegenüber dem Land Brandenburg als Industriestandort», teilte der Regierungschef mit. «Damit sind der Standort und auch viele Arbeitsplätze langfristig gesichert.»

In der Brandenburger Raffinerie werden nach Unternehmensangaben jährlich etwa 12 Millionen Tonnen Rohöl verarbeitet - beispielsweise zu Diesel, Benzin und Heizöl. Dort endet die Pipeline «Freundschaft» aus Russland, über die Deutschland nach Angaben der Raffinerie zu 25 Prozent mit Rohöl versorgt wird. Das Unternehmen Rosneft ist der größte russische Ölproduzent. Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ist Aufsichtsratschef.

Die Ankündigung zu Brandenburg erfolgt inmitten der ins Stocken geratenen Zertifizierung der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2. Um die Pipeline von Russland nach Deutschland hatte es immer wieder Debatten gegeben. Die Bundesnetzagentur hatte am Dienstag das Verfahren zur Zertifizierung der Nord Stream 2 AG als unabhängige Betreiberin der Pipeline vorläufig ausgesetzt. Zunächst müsse die Betreiberfirma nach deutschem Recht organisiert werden, hieß es.


Biden will Hinweise auf Preistreiberei am Ölmarkt untersuchen lassen

WASHINGTON: US-Präsident Joe Biden will angesichts rasant gestiegener Energiepreise untersuchen lassen, ob Unternehmen der Öl- und Gasbranche Verbraucher über den Tisch ziehen. In einem Brief an die Chefin der Handelskommission FTC, Lina Khan, forderte Biden am Mittwoch eine Untersuchung womöglich illegaler Praktiken. Trotz sinkender Kosten für die Unternehmen zahlten Amerikaner an den Tanksäulen deutlich mehr, heißt es in dem Schreiben. Die FTC solle «sofort» beginnen, Anzeichen für Preistreiberei zu überprüfen.

«Ich akzeptiere nicht, dass hart arbeitende Amerikaner wegen verbraucherfeindlichem und potenziell illegalem Verhalten mehr für Benzin zahlen», betonte der US-Präsident. Die beiden größten Öl- und Gasmultis in den USA seien dabei, ihre Nettogewinne gegenüber dem Jahr 2019 - also vor der Pandemie - zu verdoppeln. Zudem hätten sie Pläne für milliardenschwere Aktienrückkäufe und Dividendenzahlungen angekündigt. Biden nannte die Konzerne nicht beim Namen. Doch es ist kein Geheimnis, dass ExxonMobil und Chevron die US-Marktführer sind.

Ob die Unternehmen viel zu befürchten haben, bleibt abzuwarten. Die FTC äußerte sich zunächst nicht. Die Behörde ist unabhängig und nicht dem Weißen Haus unterstellt. Biden steht angesichts hoher Inflation und sinkender Zustimmungswerte in der Bevölkerung unter Druck. Bei dem Appell an die Wettbewerbshüter dürfte es sich vor allem um eine symbolische Geste handeln. Anleger blieben gelassen - die seit Jahresbeginn mit 57 beziehungsweise 37 Prozent im Plus liegenden Aktien von Exxon und Chevron reagierten zunächst nicht.


Thyssenkrupp legt Zahlen vor - deutlich besseres Ergebnis erwartet

ESSEN: Der weltweit agierende Industriekonzern Thyssenkrupp legt am Donnerstag seine Jahresbilanz vor. Das Unternehmen hatte zuletzt eine deutliche Erholung seiner Geschäfte in Aussicht gestellt.

Nach einem Milliardenverlust im Geschäftsjahr 2019/20 will der Industrie- und Stahlkonzern Thyssenkrupp am Donnerstag (10.00 Uhr) in Essen für das Folgejahr deutlich bessere Zahlen vorlegen. Das Management um Vorstandschefin Martina Merz hatte für das Ende September zu Ende gegangene Geschäftsjahr 2020/21 zuletzt einen bereinigten operativen Gewinn (Ebit) in mittlerer dreistelliger Millionen-Euro-Höhe vorhergesagt. Wegen hoher Umbaukosten war Thyssenkrupp unter dem Strich trotzdem von einem Verlust ausgegangen - im mittleren dreistelligen Millionen-Bereich. Zum Vergleich: Im Geschäftsjahr 2019/20 hatte der Industrieriese noch einen Fehlbetrag von 5,5 Milliarden Euro ausgewiesen.

Beim Umsatz hatte der Konzern zuletzt ein Plus im niedrigen zweistelligen Prozentbereich in Aussicht gestellt. Im Vorjahr hatte Thyssenkrupp rund 28,9 Milliarden Euro erlöst.

Der auf mehrere Jahre angelegte Konzernumbau war in den vergangenen Monaten unter anderem mit dem Verkauf mehrerer Einzelunternehmen vorangekommen. So hatte Thyssenkrupp im September den Verkauf seines Edelstahlwerks im italienischen Terni bekannt gegeben. «Wir arbeiten unsere Prioritäten ab und machen weitere Fortschritte bei unserem Umbau von Thyssenkrupp», hatte Merz damals gesagt. Zuvor hatte der Konzern bereits das Geschäft mit Maschinen und Anlagen für den Bergbau und weitere nicht mehr zum Kerngeschäft gehörende Unternehmensteile verkauft.


Euro weiter unter Druck - Türkische Lira fällt auf Rekordtiefs

FRANKFURT/MAIN: Der Euro ist am Mittwoch erneut unter Druck geraten. Im frühen Handel war der Kurs der Gemeinschaftswährung bis auf 1,1264 US-Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit Juli 2020 gefallen. Bis zum Nachmittag erholte sich der Euro etwas und kostete 1,1295 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,1316 (Dienstag: 1,1368) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,8837 (0,8797) Euro.

Der Euro gerät derzeit von mehreren Seiten unter Druck. Zum einen lastet auf der Gemeinschaftswährung die Geldpolitik: Während die US-Notenbank Fed den Ausstieg aus ihrem lockeren Kurs eingeleitet hat, gibt die EZB noch keine Signale für ein Ende der sehr expansiven Politik. Hinzu kommt die angespanntere Corona-Lage in Europa. In einigen Ländern der Eurozone werden die Corona-Maßnahmen verschärft, was die Konjunkturerholung erschweren dürfte.

Aussagen des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan schickten die Lira erneut auf Talfahrt. Zu Dollar und Euro fiel die türkische Währung abermals auf Rekordtiefstände. Für einen Dollar müssen mittlerweile rund 10,6 Lira gezahlt werden, für einen Euro sind fast 12 Lira fällig. Vor den geldpolitischen Entscheidung der türkischen Zentralbank am Donnerstag hat sich Erdogan erneut deutlich für niedrige Zinsen ausgesprochen und Zinsen als «Plage» bezeichnet. «Solange ich in diesem Amt bin, werde ich meinen Kampf gegen die Zinsen bis zuletzt weiterführen.» Angesichts der hohen Inflation von annähernd 20 Prozent belasteten die Aussagen das Vertrauen in die Lira.

Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,84090 (0,84533) britische Pfund, 129,78 (129,89) japanische Yen und 1,0530 (1,0528) Schweizer Franken fest. Die Feinunze Gold wurde am Nachmittag in London mit 1866 Dollar gehandelt. Das waren 15 Dollar mehr als am Vortag.


Dax setzt Rekordlauf fort

FRANKFURT/MAIN: Der Dax hat am Mittwoch seinen Rekordlauf fortgesetzt. Das Börsenbarometer hielt sich mit plus 0,12 Prozent auf 16.267,16 Punkte stabil. Der MDax der mittelgroßen Börsentitel trat mit 36.202,59 Zählern auf der Stelle. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 legte um 0,03 Prozent zu. Der Euro stand weiter unter Druck und kostete am Nachmittag 1,1312 US-Dollar. Die EZB hatte den Referenzkurs am Vortag auf 1,1368 Dollar festgesetzt. Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von minus 0,35 Prozent am Vortag auf minus 0,36 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,12 Prozent auf 144,84 Punkte. Der Bund-Future sank um 0,02 Prozent auf 170,63 Punkte.


Flixtrain baut Netz aus

BERLIN: Fernzüge des Anbieters Flixtrain fahren von Mitte Dezember an auch zwischen Frankfurt und Köln. Damit kommen Bonn, Koblenz und Mainz ans Netz des Deutsche-Bahn-Konkurrenten. Wie Flixtrain mitteilte, steuern die Züge mit dem Winterfahrplan insgesamt zehn neue Halte an. Für das Frühjahr werden knapp 20 weitere Ziele anvisiert, darunter Dresden, Kassel, Karlsruhe und Freiburg. Insgesamt sollen die grünen Züge dann in 70 Orten halten. Weg fällt mit dem Winterfahrplan die Nachtverbindung Berlin-München. Auf der Strecke will das Unternehmen sein Busangebot ausweiten.


Gastronomie stellt wieder mehr Mini-Jobber ein

BOCHUM: Die Zahl der Minijobber im gewerblichen Bereich ist Ende September auf den höchsten Stand seit Beginn der Corona-Pandemie gestiegen. Insgesamt verzeichnete die Minijob-Zentrale in Bochum nach eigenen Angaben rund 6,24 Millionen geringfügig Beschäftigte. Dies bedeute ein Plus von 1,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Deutliche Zuwächse waren im dritten Quartal besonders im Gastgewerbe mit einem Plus von 27,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal und im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung mit einem Plus von 26,1 Prozent zu verzeichnen. Die Zahl der Minijobber in Privathaushalten sank dagegen im Vergleich zum Vorjahr leicht um 2,1 Prozent auf knapp 282.000.


KPMG: Schlechtes Zeugnis für Wirtschaftsstandort Deutschland

MÜNCHEN: «Zu teuer und zu langsam bei der Transformation» - ausländische Konzerne sehen den Wirtschaftsstandort Deutschland nach Angaben der Wirtschaftsprüfer von KPMG zunehmend kritisch und fahren Investitionen zurück. Besonders schlechte Noten gab es demnach für das Steuersystem und die digitale Infrastruktur. Deutschland habe hier im EU-Vergleich an Wettbewerbsfähigkeit verloren, teilte KPMG mit. Die Wirtschaftsprüfer hatten 360 Finanzvorstände von deutschen Tochtergesellschaften internationaler Konzerne aus den USA, China, Japan und Europa befragt. Demnach planen nur noch 19 Prozent, in den kommenden fünf Jahren mindestens zehn Millionen Euro pro Jahr in Deutschland zu investieren. Vor vier Jahren wollten dies 34 Prozent.


Benzin wird trotz sinkender Ölpreise teurer

MÜNCHEN: Sinkende Ölpreise bringen keine Entspannung an der Zapfsäule. Superbenzin der Sorte E10 verteuerte sich weiter, wie der ADAC mitteilte. Im bundesweiten Tagesdurchschnitt kostete ein Liter am Dienstag 1,692 Euro - 0,3 Cent mehr als vergangene Woche. Zum Rekordpreis aus 2012 fehlen noch 1,7 Cent. Diesel verbilligte sich dagegen auf 1,557 Euro pro Liter, 1,2 Cent weniger als vor einer Woche. Davor war der Preis elf Wochen in Folge gestiegen.


Wirtschaft warnt vor Verzögerungen bei Nord Stream 2

BERLIN: Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft hat vor Verzögerungen bei der Gaspipeline Nord Stream 2 gewarnt. Der Vorsitzende Oliver Hermes sagte am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: «Wir bedauern, dass es beim Zertifizierungsprozess für Nord Stream 2 zu Verzögerungen kommt, vertrauen aber auf die Bundesnetzagentur und ihre unabhängige Expertise.»

Es liege im Interesse der Erdgaskunden in Deutschland und der EU wie auch im Interesse der Betreiber, dass diese Milliardeninvestition juristisch unangreifbar genehmigt werde und dann verlässlich und sicher Energie nach Europa geliefert werden könne. Russisches Pipelinegas sei aktuell deutlich günstiger als Gas auf dem Spotmarkt, sagte Hermes: «Dies schützt uns ein Stück weit vor den derzeit hohen Weltmarktpreisen. Nord Stream 2 trägt entscheidend zur Energiesicherheit und zur Diversifizierung unserer Lieferwege bei.»

Die Bundesnetzagentur hatte ihr Verfahren zur Zertifizierung der Nord Stream 2 AG als unabhängige Betreiberin und damit zur Freigabe des Gastransports durch die Ostsee-Pipeline vorläufig ausgesetzt. Zunächst müsse die Betreiberfirma nach deutschem Recht organisiert werden. Ohne Zertifizierung ist der Gastransport in den deutschen Binnenmarkt nicht zulässig. Die Pipeline, die Gas von Russland nach Deutschland bringen soll, ist international und national umstritten.

Hermes sagte, die Bundesnetzagentur müsse weiter unabhängig von politischer Einflussnahme ihren Job machen können. «Eine Politisierung dieses Zertifizierungsprozesses darf es nicht geben. Investoren müssen generell ohne Wenn und Aber auf Rechtssicherheit in Deutschland und der EU vertrauen können. Es wäre absolut kontraproduktiv, modernste Infrastrukturprojekte wie Nord Stream 2 aus politischen Gründen zu verzögern.» Auch das ukrainische Pipelinesystem werde weiter gebraucht, so Hermes. «Wir vertrauen darauf, dass die jüngst gestiegenen russischen Lieferungen über die Ukraine zu einer Beruhigung des Gasmarktes beitragen.»


Streit um Gebühren: Amazon UK verbannt Visa-Kreditkarten

LONDON: Der Online-Gigant Amazon will in Großbritannien künftig keine Zahlungen mehr mit Visa-Kreditkarten akzeptieren. Das kündigte das Unternehmen am Mittwoch in einer Email an seine Kunden an. Grund seien «die hohen Gebühren, die Visa für die Abwicklung von Kreditkartenzahlungen verlangt». In einer Amazon-Mitteilung, aus der die BBC zitierte, hieß es zudem, die Transaktionskosten sollten durch den technologischen Fortschritt eigentlich sinken, sie blieben aber hoch oder stiegen sogar. Nicht betroffen von dem Bann sind Visa-Kreditkarten, die in einem anderen Land ausgestellt wurden.


Reaktor in Atomkraftwerk in Belarus abgeschaltet

OSTROWEZ: Das einzige und vor einem Jahr in Betrieb genommene Atomkraftwerk in Belarus hat offenbar neue Probleme. Ein Reaktorblock sei vom Netz genommen worden, der Grund für den automatisch vollzogenen Schritt sei unklar, teilte das Energieministerium am Mittwoch in der Hauptstadt Minsk mit. Spezialisten seien dabei, die Ursache herauszufinden. Es sei keine erhöhte Strahlung festgestellt worden. Das Kernkraftwerk in Ostrowez an der Grenze zum EU-Land Litauen war vor mehr als einem Jahr in Betrieb genommen worden und hatte bereits mit Technikproblemen zu kämpfen.

Das von Russland gebaute und finanzierte AKW ist das erste in Belarus und soll künftig mit zwei Reaktoren eine Kapazität von 2400 Megawatt haben. Der zweite Reaktor sollte nach früheren Angaben noch im nächsten Jahr in Betrieb gehen. Litauen bezeichnete die Anlage als «nukleare und ökologische Bedrohung» für ganz Europa.


Kreml: Entscheidung zu Nord Stream 2 nicht politisch motiviert

MOSKAU: Russland hält die Aussetzung des Zertifizierungsverfahrens für die Gas-Pipeline Nord Stream 2 nicht für eine politische Entscheidung. «Absolut nicht», antwortete Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch der Agentur Interfax zufolge auf eine entsprechende Frage von Journalisten. Es gebe bestimmte Normen in der europäischen Gesetzgebung - und die Betreiberfirma sei bereit, alle Anforderungen zu erfüllen, sagte Peskow. «Wir können uns da nicht einmischen.»

Die Bundesnetzagentur hatte am Dienstag das Verfahren zur Zertifizierung der Nord Stream 2 AG als unabhängige Betreiberin der umstrittenen Ostsee-Pipeline ausgesetzt. Zunächst müsse die Betreiberfirma nach deutschem Recht organisiert werden, hieß es. Ohne die Zertifizierung ist der Transport von russischem Gas nach Deutschland nicht zulässig.

Die Nord Stream 2 AG mit Sitz im schweizerischen Zug, hinter der der russische Gaskonzern Gazprom steht, verwies daraufhin auf die Gründung einer Tochtergesellschaft nach deutschem Recht.

Gazprom hatte im September die Fertigstellung der Leitung bekanntgegeben. Die Pipeline wurde je zur Hälfte von Gazprom sowie den Unternehmen OMV, Wintershall Dea, Engie, Uniper und Shell finanziert. Durch die 1230 Kilometer lange Pipeline von Russland nach Deutschland sollen jährlich 55 Milliarden Kubikmeter Gas geliefert werden.


Commerzbank-Chef: Ausstieg des Staates wäre perspektivisch gut

FRANKFURT/BERLIN: Die seit der Finanzkrise teilverstaatlichte Commerzbank würde ihre Zukunft gerne ohne den Staat planen. «Als private Bank glauben wir, dass es natürlich besser ist, wenn wir später auch unabhängig sind und wenn auch irgendwann mal der Staat sicherlich wieder rausgeht», sagte der aus Frankfurt zugeschaltete Commerzbank-Chef Manfred Knof am Mittwoch beim «Wirtschaftsgipfel» der «Süddeutschen Zeitung» in Berlin. Der seit Jahresbeginn amtierende Manager betonte zugleich, die Beteiligung des Staates behindere den Vorstand nicht in seiner Arbeit. «Wir haben die komplette Rückendeckung des Aufsichtsrates und ja auch der Bundesregierung für unser Transformationsprogramm.»

Der Staat hatte die Frankfurter Großbank, die mitten in der Finanzkrise die kriselnde Dresdner Bank geschluckt hatte, 2008/2009 mit mehr als 18 Milliarden Euro Steuergeldern vor dem Kollaps bewahrt. Die staatlichen Hilfen hat die Bank bereits vor Jahren zurückgezahlt, der Bund ist aber noch mit 15,6 Prozent größter Anteilseigner des MDax-Konzerns.

Weil sich die FDP in der Vergangenheit mehrfach für einen Rückzug des Staates aus der Commerzbank ausgesprochen hatte, sehen Beobachter bei einer Regierungsbeteiligung der Liberalen eine steigende Wahrscheinlichkeit, dass der Bund sein Aktienpaket abstößt. Allerdings ist das Aktienpaket aktuell nur einen Bruchteil der 5,1 Milliarden Euro wert, die es seinerzeit gekostet hatte.

Knof bekräftigte, der Vorstand konzentriere sich auf den Konzernumbau inklusive des Abbaus Tausender Stellen. Es gehe darum, «alle Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Commerzbank auch eigenständig bleiben kann». Dabei sei auch beim Aktienkurs binnen eines Jahres Einiges geschafft worden. «Das ist noch lange nicht da, wo wir hinwollen. Aber wir sind auf dem richtigen Weg», sagte Knof.


Großbritannien will Exporte ankurbeln - neues Hilfsprogramm

LONDON: Nach dem Brexit will die britische Regierung Unternehmen unter die Arme greifen und die Exporte ins Ausland wieder ankurbeln. «Zum Ende dieses Jahrzehnts Exporte im Wert von einer Billion Pfund zu erreichen, bedeutet mehr Jobs, mehr Möglichkeiten und höhere Löhne, was die Lebensverhältnisse in Großbritannien angleichen würde», sagte die britische Handelsministerin Anne-Marie Trevelyan am Mittwoch einer Mitteilung zufolge.

Im vergangenen Jahr exportierte das Vereinigte Königreich Güter im Wert von 600 Milliarden Pfund (rund 713 Milliarden Euro). Nach dem Brexit waren die Exporte nach Europa jedoch stark eingebrochen, da neue Formalitäten und Kontrollen notwendig sind. Die britische Regierung selbst gesteht ein, dass nur jedes zehnte britische Unternehmen derzeit exportiere und man «hinter kontinentale Wettbewerber wie Deutschland, Dänemark oder die Niederlande» zurückfalle.

Das neue Programm sieht neben Weiterbildungsmaßnahmen und Finanzdienstleistungen auch eine Telefon-Hotline sowie einen Online-Service vor, der Betrieben bei Problemen weiterhelfen soll. Auf speziellen Messen sollen die Unternehmen außerdem die Möglichkeit bekommen, ihre Produkte oder Dienstleistungen international bekannter zu machen.


EZB sieht kurzfristig weniger Risiken für Finanzstabilität

FRANKFURT/MAIN: Die wirtschaftliche Erholung im Euroraum hat nach Einschätzung von Europas Währungshütern die kurzfristigen pandemiebedingten Risiken für die Finanzstabilität verringert. «Das Risiko hoher Ausfallraten bei Unternehmen und Verlusten bei Banken ist heute deutlich geringer als noch vor sechs Monaten», befand der Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Luis de Guindos, anlässlich der Veröffentlichung des halbjährlichen Finanzstabilitätsberichts der Notenbank am Mittwoch in Frankfurt. «Die von der Pandemie ausgehenden Risiken sind jedoch nicht völlig verschwunden.»

Spannungen in den globalen Lieferketten sowie der jüngste Anstieg der Energiepreise bremsen den Aufschwung. Staaten stehen zudem vor der Herausforderung, ihre in der Corona-Krise deutlich gewachsenen Schuldenberge wieder abzutragen.

Nach Einschätzung der EZB hat auch das Risiko von Preiskorrekturen auf einigen Immobilien- und Finanzmärkten zugenommen. Und die Währungshüter erkennen eine höhere Risikobereitschaft bei Nichtbanken wie Investmentfonds, Versicherern und Pensionsfonds: Diese hätten ihr Engagement in Unternehmensanleihen mit niedrigerem Rating weiter erhöht und könnten erhebliche Kreditverluste erleiden, wenn sich die Bedingungen im Unternehmenssektor verschlechtern sollten, warnten die Währungshüter.

Bei Banken seien die Verluste infolge der Pandemie bislang gering, stellte die EZB fest. Allerdings könnten einige coronabedingte Einbußen erst mit Zeitverzug zum Tragen kommen. Auf längere Sicht blieben niedrige Kosteneffizienz und Überkapazitäten die wichtigsten strukturellen Herausforderungen für die Rentabilität der Banken im Euroraum, bekräftigte die EZB.


Auftragsbestand in Industrie auf Höchststand

WIESBADEN: Die Auftragsbücher in der deutschen Industrie sind so gut gefüllt wie seit Jahren nicht. Nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes war der Auftragsbestand bereinigt um Preiserhöhungen (real) im September 2,4 Prozent höher als im Vormonat und erreichte den höchsten Stand seit Einführung der Statistik im Januar 2015. Die Betriebe erhielten mehr neue Bestellungen als sie aufgrund von Lieferengpässen bei Vorprodukten abarbeiteten.


Ölpreise geben nach - Spekulationen um Reserven in USA und China

SINGAPUR: Die Ölpreise haben am Mittwoch im frühen Handel nachgegeben. Bestimmend ist nach wie vor die Frage, ob große Verbrauchsländer gegen das hohe Preisniveau vorgehen. Am Morgen kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 81,57 US-Dollar. Das waren 86 Cent weniger als am Vortag. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel in ähnlichem Ausmaß auf 79,90 Dollar.

Am Markt halten sich Spekulationen, große Volkswirtschaften könnten Teile ihrer nationalen Ölreserven freigeben, um die immer noch hohen Erdölpreise zu drücken. Laut chinesischen Medienberichten haben die politischen Anführer der USA und China, Joe Biden und Xi Jinping, in dieser Woche über ein beiderseitiges Vorgehen gesprochen. Die Initiative sei von den USA ausgegangen.

Im Oktober waren die Erdölpreise auf mehrjährige Höchststände gestiegen, seither haben sie jedoch etwas nachgegeben. Ausschlaggebend für den Preisanstieg ist die globale Konjunkturerholung vom Corona-Einbruch und das zugleich begrenzte Angebot an Rohöl. Der mächtige Ölverbund Opec+ hebt seine Förderung seit Sommer zwar an, allerdings nur schrittweise und in moderatem Tempo.


Ifo: Steigende Infektionszahlen gefährden wirtschaftliche Erholung

PASSAU: Die steigenden Corona-Infektionszahlen gefährden nach Einschätzung des Wirtschaftsforschungsinstitutes Ifo die Konjunkturerholung in Deutschland. «Die Ausbreitung der Infektionen sorgt dafür, dass die wirtschaftliche Aktivität in den Sektoren des sozialen Konsums - also Gastronomie, Reise, Kultur und Veranstaltungen - zurückgeht, weil Menschen Ansteckungsrisiken meiden», sagte Ifo-Chef Clemens Fuest der «Passauer Neuen Presse» (Mittwoch). Die ohnehin fragile Erholung werde so gefährdet.

Fuest sagte, zu einem großen Teil seien es nicht Lockdown-Maßnahmen, die ökonomische Kosten verursachten, sondern die Pandemie selbst. «Bei hoher Infektionsgefahr gehen die meisten Menschen nicht ins Restaurant oder zu Veranstaltungen, egal ob die durch staatliche Vorgaben geschlossen sind oder nicht.» Der Unterschied zum vergangenen Winter bestehe darin, dass jetzt viele Menschen geimpft seien, auch wenn die Impfungen nicht perfekt schützten.

Mit Blick auf die Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag sprach sich Fuest dafür aus, die Infektionen einzudämmen und mit Regelungen für Geimpfte und Genesene (2G) zu erreichen, dass wirtschaftliche Aktivitäten nicht mehr beeinträchtigt würden als unvermeidlich sei. Auch brauche man Maßnahmen, um die Ansteckungsgefahren in Schulen zu senken.

Zudem forderte der Ökonom die Politik zu mutigen Entscheidungen auf. «Wenn man die Pandemie erfolgreich überwinden will, wird man es nicht jedem recht machen können.» Wer sich ohne gute gesundheitliche Gründe nicht impfen lasse, gefährde auch andere. «Die Politik muss hier den Druck erhöhen, auch wenn es Streit gibt.»


Lieferengpässe drosseln japanische Ausfuhren

TOKIO: Die globalen Lieferengpässe drücken weiter auf die Erholung der japanischen Ausfuhren vom Corona-Einbruch. Im Oktober legten die Exporte der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt nur noch um 9,4 Prozent zu nach 13 Prozent im September, wie das Finanzministerium in Tokio am Mittwoch auf Basis vorläufiger Daten bekanntgab. Es war das erste Mal seit acht Monaten, dass Japans Exportwachstum nur noch einstellig ausfiel. Probleme bereitete vor allem der Chipmangel, der die Exporte der für Japan so wichtigen Autoindustrie drosselt. So sanken die Ausfuhren von Autos zum Vorjahr um 36,7 Prozent, nach einem Rückgang von 40,3 Prozent im Vormonat.

Wegen der geringeren Exporte und der weiterhin schwachen Nachfrage privater Haushalte war Japans Wirtschaft im dritten Quartal deutlicher geschrumpft als von Ökonomen erwartet. Um die Wirtschaft des Landes nach dem Einbruch durch die Corona-Krise anzukurbeln, wird die Regierung des neuen Regierungschefs Fumio Kishida möglicherweise noch in dieser Woche ein weiteres riesiges Konjunkturpaket schnüren.


Yellen: Zahlungsausfall der US-Regierung droht Mitte Dezember

WASHINGTON: US-Finanzministerin Janet Yellen hat vor einem möglichen Zahlungsausfall der US-Regierung ab dem 15. Dezember gewarnt - knapp zwei Wochen später als bislang von ihr befürchtet. «Es gibt Szenarien, in denen dem Finanzministerium nicht genügend Mittel verbleiben, um den Betrieb der US-Regierung über diesen Zeitpunkt hinaus zu finanzieren», hieß es in einem am Dienstag (Ortszeit) vom Ministerium veröffentlichten Schreiben Yellens an die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Um das Vertrauen in die USA und die Kreditwürdigkeit der weltgrößten Volkswirtschaft zu gewährleisten, müsse der US-Kongress die Schuldenobergrenze so bald wie möglich anheben oder aussetzen.

Der US-Kongress hatte im Oktober einer Erhöhung der Schuldengrenze um 480 Milliarden US-Dollar (knapp 424 Milliarden Euro) zugestimmt, um der Regierung von Präsident Joe Biden zumindest bis Anfang Dezember finanziellen Spielraum zu geben. Ein drohender Zahlungsausfall wurde damit aber nur aufgeschoben. Yellen hatte zuvor eindringlich vor einer möglichen Finanzkrise und einer Rezession gewarnt, sollte die US-Regierung erstmals ihre Schulden nicht bedienen können. Bislang hatte Yellen prognostiziert, dass den USA ab dem 3. Dezember der Zahlungsausfall drohe. Vor der Erhöhung der Schuldenobergrenze hatte die Ministerin den 18. Oktober als kritisches Datum genannt.

Der im Oktober beschlossenen Übergangslösung war heftiger Streit zwischen Bidens Demokraten und den Republikanern vorausgegangen. Die Demokraten wollten die Schuldenobergrenze vorübergehend aussetzen oder deutlich anheben. Dagegen sperrten sich aber die Republikaner.


Biden: Infrastruktur-Paket macht USA fit für das 21. Jahrhundert

WASHINGTON: Nach der Verabschiedung des Gesetzespakets zur Modernisierung der Infrastruktur hat US-Präsident Joe Biden seinen Landsleuten eine spürbare Verbesserung ihrer Lebensumstände versprochen. «Ihr Leben wird sich zum Besseren wenden, und das ist wörtlich zu nehmen», sagte Biden am Dienstag in Woodstock im Bundesstaat New Hampshire. In 50 Jahren würden Historiker davon sprechen, «dass dies der Beginn der Zeit war, in der Amerika den Wettbewerb des 21. Jahrhunderts zurückerobert hat».

Bidens Besuch in Woodstock bildete den Auftakt einer einwöchigen Tour von Regierungsvertretern durch verschiedene Bundesstaaten, bei der für das gigantische Infrastrukturpaket geworben werden soll. Vorgesehen sind über die nächsten Jahre rund 550 Milliarden US-Dollar (476 Mrd Euro) neuer Investitionen in die Infrastruktur. Insgesamt - inklusive schon vorher veranschlagter Mittel - hat das Paket einen Umfang von mehr als einer Billion US-Dollar. Das Paket gehört zu den innenpolitischen Kernvorhaben in Bidens Amtszeit.

Die Infrastruktur-Milliarden sollen in den kommenden Jahren für Straßen, Brücken, Häfen, Flughäfen, den Nahverkehr und die Bahn eingesetzt werden, ebenso für schnelle Internetverbindungen, das Stromnetz und die Wasserversorgung. Von einem Teil der Projekte soll auch der Klimaschutz profitieren, den Biden zur Top-Priorität gemacht hat. «Dank des Infrastruktur-Gesetzes werden wir die bedeutendste Investition zur Modernisierung unserer Straßen und Brücken seit 70 Jahren tätigen», sagte Biden am Dienstag. Bei öffentlichen Verkehrsmitteln seien es die größten Investitionen jemals.

Biden hatte das Gesetzespaket am Montag im Weißen Haus unterzeichnet. Der Verabschiedung durch den Kongress waren monatelange schwierige Verhandlungen vorausgegangen. Der Streit überschattete die geplanten Milliardeninvestitionen in die Infrastruktur, von der ein großer Teil der Bevölkerung profitieren dürfte. Bidens Zustimmungswerte sackten ab. Heftiger Streit unter Bidens Demokraten über ein zweites Paket mit Investitionen in Soziales und Klimaschutz hatte die Infrastrukturpläne zusätzlich aufgehalten. Das zweite Paket ist noch nicht beschlossen. Die Verhandlungen dazu laufen noch.

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Leserkommentare

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