Nachrichten aus der Wirtschaft am Donnerstag

Hoher Repräsentant der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrel. Foto: epa/Jean-francois Badias
Hoher Repräsentant der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrel. Foto: epa/Jean-francois Badias

EU-Parlament verlangt weitere Sanktionen gegen Belarus

STRAßBURG: Nach der erzwungenen Landung eines Flugzeugs und der Festnahme des Bloggers Roman Protassewitsch in Belarus hat das Europäische Parlament weitere Sanktionen gefordert. Strafmaßnahmen solle es etwa gegen die Rohölverarbeitung, die Herstellung von Erdölerzeugnissen, die Kali-, Stahl- und die holzverarbeitende Industrie geben, hieß es in einer am Donnerstag angenommenen Resolution. Außerdem solle die Zusammenarbeit mit staatseigenen belarussischen Banken eingestellt werden. Man solle auch überlegen, Belarus zeitweise aus dem Zahlungssystem Swift auszuschließen.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte bei der Plenardebatte am Dienstag, er hoffe, dass die Mitgliedstaaten der EU auf dem nächsten Gipfel weitere Strafmaßnahmen gegen Belarus verabschieden werden. Man habe sich erstmals auf zielgerichtete wirtschaftliche Sanktionen geeinigt.

Vor knapp drei Wochen hatten die belarussischen Behörden eine Ryanair-Passagiermaschine auf dem Weg von Athen nach Vilnius zur Zwischenlandung in Minsk gezwungen und den an Bord befindlichen Regierungskritiker Roman Protassewitsch und dessen Freundin Sofia Sapega festgenommen. Die EU verhängte daraufhin erneut Sanktionen gegen die ehemalige Sowjetrepublik. Seit vergangenen Samstag dürfen belarussische Fluggesellschaften nicht mehr in den Luftraum der EU fliegen. Wegen der anhaltenden Unterdrückung der Demokratiebewegung in Belarus hatte die EU bereits im vergangenen Jahr mehrere Sanktionspakete gegen Unterstützer Lukaschenkos verabschiedet.

Die Abgeordneten verurteilten die erzwungene Flugzeuglandung als «Akt des Staatsterrorismus». Russlands mögliche Rolle in dem Fall solle untersucht werden und gegebenenfalls Sanktionen gegen Verantwortliche verhängt werden. Protassewitsch und Sapega sollten unverzüglich freigelassen werden. Die Abgeordneten stellten sich zudem hinter eine Forderung der belarussischen Oppositionellen Swetlana Tichanowskaja zur Bildung eines internationalen Strafgerichtshofs, um die Staatsführung in Minsk zur Rechenschaft zu ziehen.


Dax von EZB und US-Inflationsdaten unbeeindruckt

FRANKFURT/MAIN: Nach den geldpolitischen Beschlüssen der EZB und den US-Inflationsdaten hat sich für den Dax unterm Strich nicht viel getan. In den ersten Minuten der Pressekonferenz mit EZB-Präsidentin Christine Lagarde notierte der Leitindex mit plus 0,08 Prozent auf 15.594 Punkten. Der MDax für die mittelgroßen Unternehmen sank um 0,41 Prozent auf 33.667 Punkte. Der EuroStoxx 50 trat quasi auf der Stelle. Der Euro kostete 1,2176 US-Dollar. Auf dem Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von minus 0,29 Prozent am Vortag auf minus 0,30 Prozent. Der Bund-Future sank um 0,27 Prozent auf 172,09 Punkte.


Privatvermögen im Corona-Jahr auf Rekordhoch - meiste Reiche in USA

FRANKFURT/MAIN: Die Menschen rund um den Globus haben einer Studie zufolge im Corona-Jahr 2020 in der Summe so viel Reichtum angehäuft wie nie. Das private Finanzvermögen stieg gegenüber dem Vorjahr um gut 8 Prozent auf den Rekordwert von 250 Billionen Dollar (rund 205 Billionen Euro), wie aus einer Analyse der Unternehmensberatung Boston Consulting hervorgeht. Dazu trugen steigende Börsenkurse und wachsende Ersparnisse bei.


Vermieter: Mieter zahlen trotz Corona-Krise

BERLIN: Mieterhaushalte in Deutschland zahlen nach Angaben von Eigentümerverbänden trotz der Corona-Krise weiter verlässlich ihre Miete. Es gebe keine vermehrten Kündigungen oder gar Zwangsräumungen, sagte Haus-und-Grund-Präsident Kai Warnecke. «Die Sicherungssysteme in unserem Land, sie funktionieren.»


Apotheken verzeichnen Rekordumsatz im Corona-Jahr 2020

BERLIN: In der Corona-Krise haben die Apotheker in Deutschland einen Rekordumsatz verzeichnet. Die Erlöse lagen im vergangenen Jahr bei 56,71 Milliarden Euro, wie die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände mitteilte. Das waren mehr als 2 Milliarden Euro mehr als im Jahr davor.


Verzögerungen im Container-Verkehr: Industrie fürchtet um Aufschwung

BERLIN/HAMBURG: Die deutsche Industrie sorgt sich angesichts starker Verspätungen in der weltweiten Containerschifffahrt um den Aufschwung nach der Corona-Rezession. «Es muss unbedingt vermieden werden, durch künstliche Engpässe der Transportkapazitäten in den maritimen Lieferketten den Hochlauf der Industrie ins Stottern zu bringen», heißt es in einem Brandbrief an die Bundesregierung.


US-Inflation klettert auf höchsten Wert seit August 2008

WASHINGTON: In den USA hat die Inflation im Mai erneut überraschend stark angezogen. Gegenüber dem Vorjahresmonat stiegen die Lebenshaltungskosten um 5,0 Prozent, wie das Arbeitsministerium mitteilte. Das ist die höchste Rate seit August 2008. Im April hatte die Rate 4,2 Prozent betragen. Experten hatten mit einem Anstieg um lediglich 4,7 Prozent gerechnet.


EZB bleibt auf Anti-Krisen-Kurs: Keine Straffung der Geldpolitik

FRANKFURT/MAIN: Europas Währungshüter gehen trotz besserer Aussichten für die Konjunktur und steigender Verbraucherpreise vorerst nicht vom Gas. Sowohl das milliardenschwere Notkaufprogramm zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie als auch die Zinsen im Euroraum bleiben unverändert.


MAN-Werk Steyr gerettet: Investor übernimmt

STEYR/MÜNCHEN: Die VW-Tochter MAN verkauft ihr Lastwagenwerk im österreichischen Steyr nun doch an den Investor Siegfried Wolf. MAN-Vorstandschef Andreas Tostmann teilte am Donnerstag mit, der Vertrag sei bereits unterschrieben, der Aufsichtsrat habe zugestimmt: «Das Werk in Steyr bleibt erhalten!»

Die gemeinsamen Pläne mit Wolfs Firma WSA werde der großen Mehrheit der Mitarbeiter weiterhin sichere Arbeitsplätze bieten. «Der Verkauf ist für alle Beteiligten die bestmögliche Lösung. Tatsächlich war sie die einzige Alternative zur Schließung», teilte Tostmann mit. Es habe kein anderes durchdachtes Angebot zum Erhalt des Industrie-Standorts und der Arbeitsplätze gegeben.

MAN will seine leichten und mittelschweren Lastwagen künftig im polnischen Krakau statt in Österreich bauen. Das Werk Steyr beschäftigt rund 2300 Mitarbeiter. Die Belegschaft hatte im April aber gegen einen Verkauf an den ehemaligen Chef des Autozulieferers Magna gestimmt. Wolf wollte nur rund 1250 Mitarbeiter in Steyr zu deutlich niedrigeren Löhnen übernehmen, die Nutzfahrzeug-Marke Steyr wiederbeleben und in dem Werk weiterhin kleine und mittlere Lastwagen bauen. Außerdem plante er, Fahrerkabinen an den russischen Konzern GAZ zu liefern. Nach der klaren Ablehnung durch die Belegschaft hatte MAN die Schließung des Standorts Ende 2023 und Verhandlungen über einen Sozialplan angekündigt.

Tostmann teilte mit: «Die Maßnahmen zur Schließung waren bereits weit vorangeschritten. Ich freue mich deshalb sehr, dass wir gemeinsam die Rettung erreicht haben und das Werk unter der Führung von WSA eine echte Zukunft hat.»


Südafrika öffnet Strommarkt weiter für unabhängige Anbieter

JOHANNESBURG: Südafrika weicht die Restriktionen für private Investitionen in seinen Energiemarkt auf. In einer landesweiten TV-Ansprache kündigte Präsident Cyril Ramaphosa am Donnerstag eine Aufstockung der Genehmigungen für private Energieanlagen von Firmen oder Privatleuten an. Vor allem die am Kap tätigen Automobilkonzerne hatten immer wieder gedrängt, zur Absicherung ihrer Produktion eigene Energieanlagen bauen zu können.

Statt einer Begrenzung solcher Anlagen auf 50 Megawatt würden künftig Anlagen mit der doppelten Leistung genehmigt, sagte Ramaphosa. Diese Änderung stelle wichtige Weichen für eine neue Ära in der Energieversorgung des Landes. Der Präsident kündigte weitere Reformschritte für den heimischen Energiemarkt an, darunter eine Aufstockung der Kapazitäten beim Ausbau der alternativen Energien.

Mit dem Wintereinbruch auf der Südhalbkugel und dem damit einhergehenden, höheren Verbrauch werden die Südafrikaner gerade erneut von gezielten Stromabschaltungen geplagt. Weil dem Staatskonzern Eskom mit seinen überwiegend stark veralteten Kohlekraftwerken die Kapazitäten fehlen und er einen landesweiten Blackout vermeiden will, nimmt er gezielt für mehrere Stunden jeweils wechselnde Regionen vom Netz. Diese mangelnde Energiesicherheit schreckt viele Investoren ab.


EZB erwartet stärkeres Wirtschaftswachstum und höhere Inflation

FRANKFURT/MAIN: Die Aussichten für das Wirtschaftswachstum im Euroraum haben sich nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) angesichts sinkendender Corona-Infektionszahlen und der globalen Konjunkturerholung deutlich verbessert. Die Notenbank geht nun für dieses Jahr von einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 4,6 Prozent aus. Im März hatten die Währungshüter noch ein Wachstum von 4,0 Prozent vorhergesagt.

2022 wird die Wirtschaft nach der neuesten Vorhersage der EZB vom Donnerstag um 4,7 Prozent zulegen (März-Prognose: 4,1 Prozent). 2023 wird ein unveränderter Anstieg der Wirtschaftsleistung um 2,1 Prozent erwartet. Im Corona-Krisenjahr 2020 war das BIP im gemeinsamen Währungsraum eingebrochen.

Die Teuerung dürfte nach Einschätzung der Zentralbank in diesem Jahr bei 1,9 Prozent liegen. Im März war die Notenbank von einem Anstieg von 1,5 Prozent ausgegangen. Für 2022 rechnen die Währungshüter mit einer jährlichen Preissteigerung von 1,5 Prozent (1,2 Prozent) und für das folgende Jahr unverändert von 1,4 Prozent.

Mittelfristig strebt die Notenbank eine jährliche Inflationsrate von knapp unter 2,0 Prozent an - weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn dauerhaft niedrige Preise gelten als Risiko für die Konjunktur: Unternehmen und Verbraucher könnten dann Investitionen aufschieben - in der Hoffnung, dass es bald noch billiger wird.


Umweltaktivisten legen Tagebau-Bagger in Tschechien lahm

PRAG: Ein Dutzend Umweltaktivisten haben in Tschechien den Betrieb in zwei Braunkohle-Tagebauen zum Stillstand gebracht. Sie besetzten am Donnerstag nach Angaben der Agentur CTK die Schaufelradbagger der Anlagen Bilina und Nastup-Tusimice in Nordböhmen. Die Klimademonstranten forderten ein Ende des Kohleabbaus in der Region. «Wir blockieren die Zerstörung der Landschaft, unserer Leben und unserer Zukunft», hieß es auf einem Spruchband.

Die beiden Tagebaue gehören zum teilstaatlichen Energiekonzern CEZ. Die von der Regierung in Prag eingesetzte Kohlekommission hatte vor Kurzem das Jahr 2038 als Zeitpunkt für den endgültigen Ausstieg aus dem fossilen Energieträger empfohlen. Naturschutzverbände wie auch Umweltminister Richard Brabec halten das für zu spät. Das Kabinett hat den Bericht bisher nur zur Kenntnis genommen.

Das Nordböhmische Becken ist stark vom Kohleabbau geprägt. In der Vergangenheit wurden ganze Dörfer und Städte abgerissen, um Platz für die vorrückenden Braunkohlebagger zu schaffen. Gleichzeitig ist die Braunkohle-Industrie ein wichtiger Arbeitgeber in der strukturschwachen Region. Bilina liegt knapp 60 Kilometer südlich von Dresden.


Berichte: Biden will Nordirland-Frage bei Johnson ansprechen

CARBIS BAY: Bei seinem Treffen mit dem britischen Premierminister Boris Johnson will US-Präsident Joe Biden auch die heiklen Brexit-Probleme in Nordirland auf den Tisch bringen. Die britischen Zeitungen «Times» und «Guardian» berichteten am Donnerstag, dass die US-Top-Diplomatin Yael Lempert bei einem Treffen mit dem britischen Brexit-Minister David Frost deutliche Worte gefunden habe. Demnach will Biden nun Johnson deutlich machen, dass Großbritannien sich hinter das sogenannte Nordirland-Protokoll, einen Teil des Brexit-Handelsvertrags, stellen müsse.

Das Protokoll sieht vor, dass Nordirland weiterhin Regeln des EU-Binnenmarkts folgt. Damit soll eine Warengrenze zum EU-Mitglied Irland verhindert werden, um nicht neue Spannungen in der ehemaligen Bürgerkriegsregion zu provozieren. Notwendig werden damit aber Kontrollen zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs, die für Schwierigkeiten im Handel sorgen. Beide Seiten machen sich gegenseitig Vorwürfe. London hatte teilweise Kontrollen eigenhändig ausgesetzt, Brüssel daraufhin Vertragsbrüche beklagt.

Biden und Johnson wollten sich am Donnerstagnachmittag im G7-Gipfelort Carbis Bay in der südwestenglischen Grafschaft Cornwall treffen. Der US-Präsident hat irische Wurzeln und deshalb großes Interesse an der Entwicklung auf der irischen Insel. US-Diplomatin Lempert habe Frost gesagt, dass Großbritannien die Rhetorik angeheizt habe, berichteten «Times» und «Guardian». Von der britischen Regierung gab es zunächst keine Stellungnahme.

Ein Gespräch von Frost und EU-Vizekommissionspräsident Maros Sefcovic am Mittwoch hatte kein Ergebnis gebracht. Frost schrieb danach, die britische Regierung erwäge weiter «alle Optionen», um weitere Probleme für den innerbritischen Handel zu verhindern. Sefcovic kündigte an, die EU werde nicht zögern, Gegenmaßnahmen zu ergreifen.


Interessenkonflikt? EU-Parlament erwägt Kürzungen für Tschechien

STRAßBURG: Im Streit um mutmaßliche Interessenkonflikte des tschechischen Ministerpräsidenten Andrej Babis hat das Europaparlament die Anwendung des neuen Rechtsstaatsmechanismus ins Spiel gebracht. In einer am Donnerstag angenommenen Resolution hieß es, die Kommission solle auch Babis' Einfluss auf Medien und Justiz untersuchen. Gebe es Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien, solle sie den Mechanismus aktivieren. Dieser sieht vor, dass EU-Ländern Mittel aus dem Gemeinschaftshaushalt gekürzt werden können, wenn wegen Rechtsstaatsverstößen ein Missbrauch der Gelder droht.

Ein im April veröffentlichter Rechnungsprüfbericht hatte festgestellt, dass Babis als Regierungschef und Nutznießer von EU-Geldern in einem Interessenkonflikt stehe. Hintergrund ist ein Streit um die von Babis gegründete Agrofert-Holding. Er hatte sie an Treuhandfonds übertragen, damit sie weiter von Subventionen profitieren konnte, nachdem er Ende 2017 Regierungschef geworden war. Doch nach Ansicht der Rechnungsprüfer bleibt er weiter Nutznießer der Fördermittel. Die EU-Kommission betont, dass seit Ende 2018 keine Zahlungen mehr für Projekte geleistet wurden, die von Rechnungsprüfungen betroffen seien.

Um den Interessenkonflikt aufzulösen, forderten die Abgeordneten, dass Babis entweder bei Agrofert keine Interessen mehr hat, die Unternehmen des Konzerns keine öffentlichen EU-Zuschüsse mehr erhalten oder Babis nicht mehr an EU-Entscheidungen beteiligt wird, die Agrofert und dessen Interessen betreffen könnten. Die Agrofert-Unternehmen sollten außerdem alle unrechtmäßig erhaltenen Mittel zurückzahlen.

Babis warf dem EU-Parlament in einer Reaktion vor, das Ergebnis der Parlamentswahl Anfang Oktober zu seinen Ungunsten beeinflussen zu wollen. Er wandte sich gegen eine «Einmischung in die inneren Angelegenheiten» seines Landes. Tschechien sei ein souveräner Staat, sagte er der Agentur CTK zufolge am Rande eines Besuchs im mährischen Olomouc (Olmütz). Der Multimilliardär und Gründer der populistischen Partei ANO (Tschechisch für «Ja») hat immer wieder bestritten, in einem Interessenkonflikt zu stehen.


Axa bietet französischen Gastronomen 300 Millionen Euro an

PARIS: Der Versicherungskonzern Axa hat im Streit um Corona-Entschädigungen in Frankreich Zahlungen für Gastronomen angeboten. Insgesamt 300 Millionen Euro könnten etwa 15.000 Menschen zugute kommen, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte. Mit dem Angebot will Axa wohl den laufenden Rechtsstreit mit zahlreichen Restaurantbetreibern über Entschädigungszahlungen für coronabedingte Schließungen mit einem Vergleich beenden.

In Frankreich laufen derzeit mehrere Rechtsstreitigkeiten um Versicherungszahlungen wegen Schließungen. Versicherer hatten teils die Abgrenzung zwischen einer Epidemie und einer Pandemie nicht eindeutig in ihren Policen definiert. Die französische Nachrichtenagentur AFP berichtete allein für Axa von etwa 1500 Verfahren. Die Urteile fielen demnach unterschiedlich aus, Axa habe auch häufig verloren.

Ähnliche Auseinandersetzungen und auch Vergleiche gab es auch in Deutschland. Kern der Rechtsstreitigkeiten war, ob die Versicherung zahlen muss, obwohl das Coronavirus in den Policen nicht explizit genannt ist. Das Münchner Landgericht etwa hatte die nicht eindeutig formulierten Versicherungsbedingungen der Allianz kritisiert. Der Branchenprimus hatte demnach in den Verträgen zwar eine Liste von Krankheiten und Erregern festgelegt, für die der Versicherungsschutz gilt - nicht erwähnte Erreger aber auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen.


Frankreich: Ermittlungsverfahren gegen Peugeot zu Diesel-Abgaswerten

PARIS: Frankreichs Justiz hat auch gegen den Autobauer Peugeot ein Ermittlungsverfahren im «Dieselgate»-Skandal eingeleitet. Ermittelt werde wegen des Verdachts auf Betrug, der eine Gefahr für Mensch oder Tier verursache, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur in Paris am Donnerstag aus Justizkreisen. Wie Peugeots Mutterkonzern Stellantis mitteilte, laufen auch Ermittlungen gegen die Tochterfirmen Citroën und Fiat Chrysler (FCA). Die Vorwürfe wies Stellantis zurück. Die Emissionskontrollsysteme hätten zum fraglichen Zeitpunkt alle Anforderungen erfüllt und würden dies auch jetzt tun.

Stellantis präzisierte, dass es in dem Fall um den Verkauf von Dieselautos zwischen 2009 und 2015 geht. Die Ermittlungen dazu liefen bereits seit Jahren, auch gegen andere Unternehmen. Erst diese Woche waren Ermittlungsverfahren in Frankreich gegen Volkswagen und Renault gestartet worden.

Der «Dieselgate»-Skandal war seinerzeit von Europas größtem Autohersteller VW ausgelöst worden. Die Affäre um millionenfach manipulierte Stickoxid-Abgaswerte flog im September 2015 in den USA auf.


Deutsche Elektroindustrie nach Zuwächsen optimistischer für 2021

FRANKFURT/MAIN: Bei der deutschen Elektroindustrie wächst nach zuletzt zweistelligen Zuwächsen die Zuversicht für das Gesamtjahr 2021. «Diese positive Entwicklung nehmen wir zum Anlass, unsere bisherige Produktionsprognose für die deutsche Elektroindustrie von plus fünf auf plus acht Prozent heraufzusetzen», teilte der Vorsitzende der Geschäftsführung des Branchenverbandes ZVEI, Wolfgang Weber, am Donnerstag in Frankfurt mit. «Wir gehen damit davon aus, dass wir die Produktionseinbußen des vergangenen Jahres von minus sechs Prozent bereits im laufenden Jahr wieder einholen können.» Zuvor hatte das «Handelsblatt» über die Prognose berichtet.

Im April übertrafen die Auftragseingänge nach Angaben des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) den Vorjahreswert um 57 Prozent, Produktion (rund 27 Prozent Plus) und Umsatz (rund 29 Prozent Plus) legten ebenfalls zweistellig zu. Der Vorjahresmonat war allerdings auch besonders von der Corona-Krise betroffen. Doch auch wenn man die ersten vier Monate des laufenden Jahres mit dem Vorjahreszeitraum vergleicht, liegt die Branche in allen Kategorien deutlich im Plus.

Die Branche profitiert vom weltweiten Konjunkturaufschwung. Allerdings sieht der ZVEI mit Blick nach vorne auch noch Risiken. «Die größte Herausforderung liegt derzeit in der Materialknappheit und in logistischen Problemen, wie Verzögerungen in der Lieferkette», erklärte Weber.


Ölpreise fallen von Mehrjahreshochs zurück

SINGAPUR: Die Ölpreise haben am Donnerstag im frühen Handel moderat nachgegeben. Am Morgen kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 71,75 US-Dollar. Das waren 47 Cent weniger als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 43 Cent auf 69,53 Dollar.

Noch am Vortag hatten die Ölpreise mehrjährige Höchststände erreicht. Für grundsätzliche Zuversicht sorgt die entspanntere Corona-Lage vor allem in den USA, China und weiten Teilen Europa. Hintergrund sind die meist zügig verlaufenden Impfkampagnen, zurückgehenden Zahlen bei den Neuinfektionen und Lockerungen von Beschränkungen des öffentlichen Lebens.

Leichten Druck auf die Ölpreise übten allerdings neue Lagerdaten aus den USA aus. Die landesweiten Vorräte an Benzin und Destillaten sind in der vergangenen Woche nach Daten des Energieministeriums vom Mittwoch deutlich gestiegen. Die Entwicklung löste Sorgen über die Nachfrage nach Kraftstoffen aus. Eine anhaltend schwächere Entwicklung hätte negative Auswirkungen auf der Erdölnachfrage.


Euro etwas schwächer - EZB und US-Preise im Fokus

FRANKFURT/MAIN: Der Euro ist am Donnerstag etwas schwächer in einen ereignisreichen Handelstag gestartet. Im frühen Handel kostete die Gemeinschaftswährung 1,2165 US-Dollar und damit etwas weniger als in der Nacht zuvor. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Mittwoch auf 1,2195 Dollar festgesetzt.

Am Donnerstag stehen gleich zwei Großereignisse auf dem Programm. In Europa entscheidet die EZB über ihre geldpolitische Ausrichtung. Hauptthema wird sein, in welchem Tempo die milliardenschweren Wertpapierkäufe des Corona-Krisenprogramms PEPP fortgeführt werden. Seit dem Frühjahr wurde das Tempo erhöht, um steigenden Kapitalmarktzinsen Einhalt zu gebieten. Eine Mehrheit von Analysten rechnet damit, dass das erhöhte Tempo im Sommer gehalten wird.

In den USA werden Inflationsdaten für den Monat Mai erwartet. Im April war die Teuerung überraschen deutlich auf mehr als vier Prozent angestiegen, das Inflationsziel der US-Notenbank Fed von zwei Prozent wurde klar übertroffen. Dadurch wurden bestehende Inflationsängste verschärft. Für Mai wird mit einem erneuten Anstieg der Inflationsrate gerechnet.


Umstrittenes Pipeline-Projekt Keystone XL endgültig gescheitert

CALGARY: Das seit vielen Jahren von Umweltschützern bekämpfte Öl-Pipeline-Projekt Keystone XL ist von seinen Betreibern endgültig abgeblasen worden. Nach Prüfung der verbleibenden Optionen und Rücksprache mit der Regierung der kanadischen Provinz Alberta sei das Vorhaben beendet worden, teilte die TC Energy Corporation am späten Mittwoch (Ortszeit) in Calgary mit. Damit endet ein langer und zäher Konflikt zwischen der Ölindustrie und Umweltschützern, der auch Gerichte und die Politik in den USA und Kanada intensiv beschäftigte.

Die Entscheidung des Unternehmens und der kanadischen Provinz kommt wenig überraschend. US-Präsident Joe Biden hatte die von Vorgänger Donald Trump erteilte Erlaubnis für den Bau nach seinem Amtsantritt wieder zurückgenommen. Biden folgte damit der Linie von Ex-Präsident Barack Obama, der das Projekt, bevor Trump ins Amt kam, bereits wegen Umweltbedenken untersagt hatte. Keystone XL sollte ein bestehendes Pipeline-System ergänzen, um mehr Öl in die USA zu bringen. Umweltschützer fürchteten klimaschädliche Treibhausgase und Lecks.


Gamestop mit zwei neuen Top-Managern - Umsatz deutlich gestiegen

GRAPEVINE: Der durch die extreme Kursrally seiner Aktien in die Schlagzeilen geratene US-Videospielhändler Gamestop will mit einem neuen Führungsduo den Strategiewandel Richtung E-Commerce forcieren. Mit Matt Furlong und Mike Recupero verpflichtete die Firma zwei frühere Amazon-Manager als Vorstands- beziehungsweise Finanzchef, wie sie am Mittwoch nach US-Börsenschluss mitteilte. Beide Posten waren nach Rücktritten in den letzten Monaten vakant.

Gamestop will sich vom angestaubten und schwächelnden Geschäftsmodell einer klassischen Einzelhandelskette für Computerspielbedarf verabschieden und zu einem modernen Technologie-Anbieter für Online-Gamer werden. Diesem Kalkül folgt die Auswahl des Spitzenpersonals. Vor drei Monaten ging mit Jenna Owens bereits eine Tech-Veteranin als für das Tagesgeschäft zuständige Vorständin an Bord, die zuvor für die Internetriesen Google und Amazon tätig war.

Geschäftlich lief es bei Gamestop zuletzt wieder etwas besser. In den drei Monaten bis Anfang Mai stieg der Umsatz verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um rund ein Viertel auf 1,3 Milliarden Dollar (1,1 Mrd Euro) und lag damit über den Markterwartungen. Gamestop schreibt zwar weiter rote Zahlen, verringerte den Verlust laut den ebenfalls am Mittwoch veröffentlichten Quartalszahlen aber immerhin von 165,7 Millionen im Vorjahreszeitraum auf 66,8 Millionen Dollar.

Gamestop hatte Anfang des Jahres durch eine regelrechte Spekulationsschlacht an der Börse für Schlagzeilen gesorgt. Das Unternehmen steckt eigentlich schon länger in der Krise, doch angetrieben von im Internet organisierten Kleinanlegern hatten die Aktien eine atemberaubende Rally hingelegt. Das wiederum brockte Hedgefonds, die auf einen Kursverfall wetteten, enorme Verluste ein. Im Januar hatte die Aktie ein Rekordhoch von über 483 Dollar erreicht. Am Mittwoch schloss sie bei gut 302 Dollar, was einem enormen Kursplus von über 1500 Prozent seit Jahresbeginn entspricht.

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